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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: 8 U 10/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 305 c ff
BGB § 652
BGB § 670
1. Zum Abschluss eines Maklerwerkvertrages und zum Vergütungsanspruch des Finanzmaklers.

2. Zum Aufwendungsersatzanspruch des Finanzmaklers.


Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

8 U 10/05

Verkündet am 19. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. Dezember 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.220,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die sie mit Vereinbarung vom 6. März 2003 mit der "Entwicklung eines Finanzkonzepts/Problemlösung des Auftraggebers" beauftragt hat, die Rückzahlung einer Bearbeitungsgebühr von 5.220,00 Euro.

Die Klägerin wandte sich im März 2003 zwecks Erstellung eines Finanzierungskonzepts für die Renovierung ihr gehörender Wohnungen an die Beklagten. Am 6. März 2003 schlossen die Parteien auf einem von den Beklagten verwandten Formularsatz eine Vereinbarung, wonach die Beklagten von der Klägerin den Auftrag zur Entwicklung eines Finanzkonzepts erhielten, dessen Inhalt weiter die Beschaffung von Finanzmitteln, Beteiligungen und Banksicherheiten sein konnte. Die Beklagten versprachen ein "optimales Konzept zur Problemlösung" vorzubereiten, anzupassen und zu realisieren (Ziffer I.). Dafür sollten sie gemäss Ziffer VII. im Erfolgsfalle eine Bearbeitungsgebühr von 5,5 % der Finanzierungssumme bzw. des Finanzkonzeptes zuzüglich Mehrwertsteuer erhalten. Weiterhin war die Klägerin verpflichtet, mit Abschluss der Vereinbarung eine - im Erfolgsfall anzurechnende - Bearbeitungsgebühr für die während des Bearbeitungsprozesses entstehenden Kosten in Höhe von 4.500,00 Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Klägerin zahlte daraufhin gemäß Rechnung der Beklagten vom 6. März 2003 einen Betrag von 5.220,00 Euro. Nach Ziffer III. sollte die vereinbarte Beratungsgebühr im Fall der fristlosen Beendigung des Vertragsverhältnisses bei den Beklagten verbleiben; ein Erstattungsanspruch sollte nicht bestehen. In der Folgezeit erstellten die Beklagten ein - eine Schreibmaschinenseite umfassendes - Finanzkonzept. Die Zusammenarbeit der Parteien endete spätestens zum Jahreswechsel 2003/2004. Die Forderung der Klägerin, die Bearbeitungsgebühr zurückzuzahlen, lehnten die Beklagten ab.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung; sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 5.220,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertreten die Auffassung, dass die Bearbeitungsgebühr die ihnen entstandenen Kosten abdecken solle. Sie sei auch der Höhe nach gerechtfertigt. Im Übrigen verweisen sie darauf, dass die Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien auf von der Klägerin zu vertretenden Gründen beruhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete, mithin zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin kann von den Beklagten die Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr von 5.220,00 Euro fordern. Eine Vergütung oder Provision haben die Beklagten nicht verdient; Aufwendungen können sie nicht erstattet verlangen.

Die auf einem von den Beklagten verwandten Formular geschlossene Vereinbarung der Parteien vom 6. März 2003 ist ein Maklerwerkvertrag, also ein besonderer, im Gesetz nicht geregelter Vertragstyp, der sowohl Elemente des Maklervertrags als auch solche des Werkvertrags enthält (vgl. dazu BGH NJW 1988, 967, 968; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., vor § 652 Rdnr. 7). Das folgt aus den von den Parteien in der genannten Vereinbarung getroffenen Abreden. Gemäß Ziffer I. schuldeten die Beklagten nicht nur ein Tätigwerden, sondern auch einen Erfolg (Beschaffung von Finanzmitteln, Beteiligungen und Banksicherheiten); das "Konzept zur Problemlösung" sollte nicht nur vorbereitet, sondern auch realisiert werden. Dafür spricht auch die Höhe des den Beklagten im Erfolgsfalle geschuldeten Honorars, das 5,5 % der Finanzierungssumme ausmacht (Ziffer VII. der Vereinbarung). In dieser Klausel heißt es weiterhin, dass die Beklagten die Bearbeitungsgebühr für die Beschaffung von Finanzierungsmitteln und für individuelle Problemlösungen erhalten; sie schuldeten mithin die Herstellung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines Erfolgs. Eine Vertragsgestaltung, bei der lediglich die Tätigkeit als solche vergütet wird, bei der also das Entgelt unabhängig vom Erfolg der Bemühungen des Vermittlers zu zahlen ist (sog. Maklerdienstvertrag), liegt darin nicht.

Der Auffassung des Landgerichts, die Beklagten hätten aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ein bloßes Tätigwerden geschuldet, vermag der Senat nicht zu folgen. An die Auslegung der Vereinbarung durch den erstinstanzlichen Tatrichter ist der Senat als Berufungsgericht nicht gebunden, weil sie die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB nicht beachtet und den Inhalt des Vertragswerks nur unvollständig berücksichtigt (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO).

Die Vergütungspflicht richtet sich daher entweder nach Werkvertragsgrundsätzen oder nach § 652 BGB, nicht aber nach den Bestimmungen des Dienstvertragsrechts. Werklohn steht den Beklagten nur zu, wenn sie durch ihre Leistung den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeigeführt haben; Maklerprovision können sie nur beanspruchen, wenn die Verträge, mit deren Herbeiführung sie beauftragt waren, tatsächlich zustande gekommen sind. An beidem fehlt es unstreitig.

Den Ersatz von "während des Bearbeitungsprozesses entstehenden Kosten" (Ziffer VII. der Vereinbarung) können die Beklagten weder aufgrund § 652 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den vertraglichen Vereinbarungen noch aufgrund von § 670 BGB unter dem Gesichtspunkt der Erstattung erforderlicher Aufwendungen (vgl. dazu OLG Karlsruhe NJWRR 2003, 1426, 1427) noch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten verlangen.

Die Parteien haben in Ziffer VII. der Vereinbarung verabredet, dass die Beklagten eine Gebühr von 4.500,00 Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer für die während des Bearbeitungsprozesses entstehenden Kosten erhalten; diese Bearbeitungsgebühr war fällig mit Abschluss der Vereinbarung. Ein derartiger erfolgsunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch kann gemäß § 652 Abs. 2 BGB grundsätzlich individualvertraglich unter Festlegung der Einzelheiten vereinbart werden; das folgt schon daraus, dass durch Individualvereinbarung sogar eine erfolgsunabhängige Maklerprovision begründet werden kann (vgl. MünchKommBGB/Roth, 4. Aufl., § 652 Rn. 212). Hier fehlt es aber an einer wirksamen Vereinbarung. Die fragliche Klausel findet sich in einem von den Beklagten verwandten Formularsatz, der unzweifelhaft als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist. Um in allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam zu sein, muss sich die Klausel wirklich und ausschließlich auf den Ersatz von konkretem Aufwand beziehen; es darf nicht im Gewande des Aufwendungsersatzes in Wahrheit eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart werden, denn dies läuft, weil es von dem gesetzlichen Leitbild des Makler und des Werkvertrags erheblich abweicht und der Vertragspartner des Verwenders damit nicht zu rechnen braucht, dem Verbot der §§ 305 c, 307 BGB zuwider (vgl. BGHZ 99, 374, 383 f; MünchKommBGB/Roth a. a. O., Rn 213 f.; Palandt/Sprau a.a.O., § 652 Rdnr. 62). So liegt es hier. In Ziffer III. der Vereinbarung heißt es, dass die vereinbarte Beratungsgebühr (in Ziffer VII. als Bearbeitungsgebühr bezeichnet) den Beklagten verbleibt, wenn das Vertragsverhältnis seine fristlose Beendigung findet; ein Erstattungsanspruch seitens des Auftraggebers soll nicht bestehen. Schon dieser Umstand belegt, dass mit der Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr jedenfalls auch die Zahlung einer erfolgsunabhängigen Provision vereinbart wird. Weiteres Indiz ist die Höhe der Bearbeitungsgebühr. Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelter Aufwendungsersatz muss sich auf den Ersatz des tatsächlichen Aufwands im Rahmen des konkreten Auftrags (ohne allgemeine Geschäftsunkosten und Zeitaufwand) beziehen; er darf - ähnlich den Reisekosten und den Post und Schreibgebühren des Rechtsanwalts - einen mäßigen Höchstbetrag nicht überschreiten (vgl. BGH a.a.O.). Der vereinbarte Betrag von 4.500,00 Euro netto liegt bei weitem darüber. Eine Vergütung für Zeitaufwand und Bemühungen des Maklers gehört nicht zu den in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässigerweise zu regelnden Aufwendungsersatzansprüchen, weil darin durchweg ein verschleiertes Provisionsversprechen liegt.

Soweit daneben noch ein Anspruch der Beklagten aus § 670 BGB in Frage kommen kann, steht dies der Klageforderung ebenso wenig entgegen. Zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr wären die Beklagten nämlich nur dann nicht verpflichtet, wenn diese für Aufwendungen im Sinne von § 670 BGB (Post und Schreibgebühren, Reise und Veröffentlichungskosten u. ä.) verbraucht worden wäre. Dafür sind sie in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Substantielles Vorbringen dazu fehlt. Ihre Tätigkeit hat in der Erstellung eines Finanzkonzepts bestanden. Zu den dafür erforderlichen konkreten Aufwendungen fehlt hinreichendes Vorbringen; das gilt auch für die außerhalb der dafür gesetzten Frist bei Gericht eingegangene Berufungserwiderung und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Es kann lediglich festgestellt werden, dass die Beklagten Telefongespräche mit der Klägerin geführt haben, nicht aber, dass tatsächlich Reisekosten angefallen sind. Auch die Schätzung (§ 287 ZPO) eines nennenswerten Mindestbetrags ist anhand dieser Angaben nicht möglich. Der eigene Zeitaufwand ist aus den bereits angeführten Gründen nicht zu ersetzen.

Die Beklagten machen ansonsten geltend, dass die Klägerin für das Scheitern der vertraglichen Beziehungen verantwortlich sei; sie sei alsbald nach Vertragsschluss nicht mehr daran interessiert gewesen, das vorhandene Finanzkonzept umzusetzen und habe die erforderlichen Informationen nicht erteilt. Damit berufen sich die Beklagten auf Ziffer III. der Vereinbarung, in der vereinbart ist, dass sie die vereinbarte Beratungsgebühr (gemeint ist offenbar die Bearbeitungsgebühr nach Ziffer VII.) behalten, wenn das Vertragsverhältnis seine fristlose Beendigung findet. Diese Klausel könnte die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes beinhalten. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch sind aber schon nicht hinreichend dargetan. Dabei kann dahinstehen, wer von den Parteien die alsbaldige Beendigung des Vertragsverhältnisses herbeigeführt hat; jedenfalls fehlt es an einer fristlosen Kündigung nach vorangegangener Nachfristsetzung durch die Beklagten, wie Ziffer III. der Vereinbarung es fordert. Zudem wäre die Klausel auch bei dieser rechtlichen Bedeutung unwirksam, weil sie dem Vertragspartner des Verwenders nicht ausdrücklich den Nachweis gestattet, dass ein Schaden nicht entstanden oder mindestens niedriger angefallen ist, § 309 Nr. 5 b BGB). Als Vertragsstrafeversprechen oder Reueprovisionsvereinbarung wäre die Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung ebenfalls unwirksam (§ 309 Nr. 6 BGB).

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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