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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 28.06.2004
Aktenzeichen: 9 W 29/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104
ZPO § 717
Eine sogenannte Rückfestsetzung ist unzulässig, wenn der Schuldner gegen den Rückzahlungsanspruch aufrechnet.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

9 W 29/04

In der Beschwerdesache

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter

am 28. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Osnabrück vom 23.04.2004 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Wert: 2.097,78 €

Gründe:

I. Der Beklagte war durch zweitinstanzliches Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess voll in die Kosten verurteilt worden. Auf der Grundlage dieses Vorbehaltsurteils erging ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Osnabrück am 15.07.2002 über 3.720,38 € zu Lasten des Beklagten.

Im Nachverfahren erging eine geänderte Kostengrundentscheidung, wonach der Kläger mit 25 % an den Kosten zu beteiligen war. Das Landgericht Osnabrück erließ unter dem 01.12.2003 einen neuen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach der Beklagte nur 1.923,41 € zu zahlen hatte.

Da der Beklagte zuvor auf den alten Kostenfestsetzungsbeschluss bereits 2.097,78 € an den Kläger gezahlt hatte, verlangte er nunmehr Rückfestsetzung dieses Betrages. Das Landgericht hat unter dem 23.04.2004, wie beantragt, den Betrag "rückfestgesetzt".

Dagegen wendet sich der Kläger, der bereits vor dem Landgericht vorgebracht hat, er habe dem Rückzahlungsanspruch gegenüber mit Mietzinszahlungsansprüchen aufgerechnet. Er halte im übrigen die Rückfestsetzung für unzulässig.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Rückfestsetzung war unzulässig, weil der Kläger Einwendungen erhoben hatte.

Es ist zwischenzeitlich anerkannt, dass eine Rückfestsetzung von Gebühren entsprechend § 717 II ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren möglich ist (vgl. nur ZöllerHerget, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rn.21 "Rückfestsetzung"). Zwar muß der Schadensersatzanspruch aus § 717 II ZPO grundsätzlich im Hauptverfahren anhängig gemacht werden; aus Gründen der Prozessökonomie haben Rechtsprechung und Schrifttum jedoch, soweit Kostenerstattungsansprüche betroffen sind, auch die Geltendmachung im Kostenausgleichungsverfahren für statthaft erachtet (vgl. Nachweise bei Hansens JurBüro 1987, 967, 967 f.). Bedingung dafür ist jedoch immer, dass der Anspruch nach Grund und Höhe unstreitig ist, denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht das geeignete Verfahren, Feststellungen zu diesen Fragen zu treffen.

Da der Kläger vorliegend jedoch geltend macht, mit außerprozessualen Ansprüchen wirksam aufgerechnet zu haben, kommt eine Rückfestsetzung nicht in Betracht.

Die vorgenannte Frage, ob nämlich der Aufrechnungseinwand die Rückfestsetzung ausschließt, wird unterschiedlich beantwortet; so gibt es Stimmen, die eine Rückfestsetzung gleichwohl zulassen (OLG Hamburg JurBüro 1990, 1483; zustimmend SteinJonas / Bork, ZPO, 21. Aufl., § 104 Rn.62; a.A.: OLG Koblenz JurBüro 1979, 1896; ZöllerHerget, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rn.21 "Rückfestsetzung"; Lappe, Anm. zu OLG Hamburg, Kostenrechtsprechung Nr.126 zu § 104 ZPO).

Das Gericht schließt sich dieser Ansicht allerdings nicht an. Lappe (a.a.O.) weist zutreffend darauf hin, dass es bei einer Rückfestsetzung durch den Rechtspfleger - anders als bei der ursprünglichen Kostenfestsetzung an einer richterlichen Grundentscheidung fehlt. Diesen Umstand mag man ignorieren, wenn zwischen den Parteien über Grund und Höhe kein Streit besteht. In diesem Fall mag das Interesse an effektiver Aufgabenerledigung eine Beschlussentscheidung durch den Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren rechtfertigen. Das Gericht vollzieht mit der Rückfestsetzung in diesem Fall im Grunde übereinstimmenden Parteiwillen.

Völlig anders liegt der Fall aber, wenn zwischen den Parteien Streit über die Rückzahlungsforderung besteht. In diesem Fall wäre mit dem Rückfestsetzungsbeschluss eine echte Streitentscheidung verbunden, für welche das Beschlussverfahren ungeeignet ist und dem Rechtspfleger die Zuständigkeit fehlt (s. § 717 II ZPO). Die Befürworter der Rückfestsetzung wollen diesen Konflikt vermeiden, indem sie diesen Teil der Streitentscheidung einfach aus dem Kostenverfahren herausnehmen (vgl. OLG Hamburg a.a.O.) und damit den Aufrechnenden seinerseits auf die Klage verweisen, wenn er seine zur Aufrechnung gestellten Ansprüche realisieren will. Indessen fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für eine solche weitgehende Beschränkung von Parteirechten (im Verfahren nach § 19 BRAGO ist der Gesetzgeber den anderen Weg gegangen und verweist den Gebührengläubiger bei materiellen Einwänden des Schuldners auf das Klageverfahren). Nicht das Institut der Aufrechnung ist eine richterrechtlich gebildete Ausnahme vom geschriebenen Recht, sondern die sog. Rückfestsetzung. Allein diese Wertigkeit rechtfertigt bereits die Entscheidung, die Rückfestsetzung bei streitiger Aufrechnung nicht zuzulassen.

Sofern der Beklagte meint, die Aufrechnung sei unsubstantiiert, greift dies nicht durch. Er selbst hat unwidersprochen ausgeführt, die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche seien Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Osnabrück. Damit sind die Ansprüche zwischen den Parteien hinreichend individualisiert. Dies reicht, um die Rückfestsetzung zu Fall zu bringen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.

Ende der Entscheidung

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