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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 13.04.2000
Aktenzeichen: 1 U 106/98
Rechtsgebiete: GG, BGB, BauGB, LBauO-MV, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 34
BGB § 839
BauGB §§ 14, 16
LBauO-MV § 60 Abs. 1
LBauO-MV § 80 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
1. Zivilgerichte sind grundsätzlich an rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Vorentscheidungen gebunden. Dies gilt aber nicht, wenn das Verwaltungsgericht lediglich in einem summarischen Verfahren entschieden hat.

2. Zur Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer auf § 60 Abs. 1 i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 2 LBauO-MV gestützten Untersagung der Nutzung eins Gebäudes (Nutzungsuntersagung) mit gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung, wenn Baumaßnahmen nach einer von der Gemeinde beschlossenen Veränderungs sperre durchgeführt werden.


Urteil vom 13.04.2000

1 U 106/98

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer behaupteten Amtspflichtverletzung eines Beamten ihres Bauordnungsamtes durch Untersagung der Nutzung eines Gebäudes (Nutzungsuntersagung bei gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung) in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer des im früheren Hafen von S belegenen Grundstücks. Das Grundstück ist mit drei Gebäuden bebaut, darunter mit einem alten unter Denkmalschutz stehenden Speicher und einem dreigeschossigen Gebäude ("Essighaus"). Dieses Gebäude wurde früher im Erdgeschoß als Schlosserwerkstatt genutzt, während in den beiden oberen Geschossen Büroräume eingerichtet waren. Bei dem Stadtgebiet handelt es sich um einen ehemaligen Gewerbe- und Militärstandort.

Anfang der 90er Jahre beabsichtigte die beklagte Stadt, das fragliche Gelände zu einem repräsentativen Wohngebiet zu entwickeln. Zu diesem Zwecke beschloß sie am 22.02.1991 gemäß §§ 14, 16 BauGB eine Veränderungssperre. Dessen ungeachtet ließ der Kläger in der Folgezeit an dem "Essighaus" umfangreiche Baumaßnahmen durchführen. Über eine wie auch immer geartete baurechtliche Genehmigung verfügte er nicht. Daraufhin ordnete das Ordnungsamt der Beklagten am 01.07.1993 mit sofortiger Wirkung die Einstellung sämtlicher Bauarbeiten an. Zugleich gab das Ordnungsamt dem Kläger auf, die für die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit erforderlichen Bauunterlagen vorzulegen. In dem anschließenden Verwaltungsrechtsstreit schlössen die Parteien am 30.07.1993 einen Vergleich, wonach die Beklagte den angefochtenen Bescheid aufhob und sich der Kläger verpflichtete, bis zu einer einvernehmlichen Regelung lediglich die noch nicht eingebauten Fenster einzusetzen und den Außenputz zu vervollständigen. Für den Fall, daß es nicht zu einer Einigung über den weiteren Ausbau und die Nutzung des Gebäudes kommen werde, behielt sich die Beklagte eine erneute Baueinstellung bzw. Nutzungsuntersagung vor. In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hatte der Kläger erklärt, es sei eine Nutzung der drei Etagen für Bürozwecke vorgesehen. Gegebenenfalls komme aber auch eine spätere Nutzung zu Wohnzwecken in Betracht.

Nachdem eine Ortsbesichtigung am 8. und 9. Juni 1994 ergeben hatte, daß der Kläger die Räume gleichwohl bis auf Tapezierarbeiten im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß fertiggestellt hatte, untersagte die Beklagte mit Verfügung vom 27.06.1994 erstmals mit sofortiger Wirkung die Nutzung sämtlicher Räume. Zur Begründung heißt es in der Verfügung, die durchgeführten Baumaßnahmen seien als wertsteigernde Maßnahmen anzusehen und verstießen dementsprechend gegen die Veränderungssperre. Das Gebäude entspreche nicht den Zielsetzungen der künftigen Bebauungsplanfestsetzung. Am 09.08.1994 hob die Beklagte - offenbar nach einem entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts - diesen Bescheid aus formellen Gründen wieder auf, kündigte jedoch eine baldige erneute Nutzungsuntersagung an.

Dementsprechend verfügte die Beklagte unter dem 12.08.1994 - nunmehr gestützt auf § 60 LBauO-MV - erneut eine Nutzungsuntersagung für sämtliche Räume des fraglichen Gebäudes. Zugleich ordnete sie gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieses Verwaltungsaktes an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe sich über den Vergleich vom 30.07.1993 hinweggesetzt, ohne die erforderliche Baugenehmigung genehmigungspflichtige Arbeiten weitergeführt und den Innenausbau fast vollständig beendet. Nur durch die Nutzungsuntersagung könne verhindert werden, daß der Kläger aus diesem Verhalten einen wirtschaftlichen Vorteil ziehe. Weniger belastende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Das Interesse des Klägers an einer baldigen Nutzung des Gebäudes sei angesichts seines Verhaltens nicht schutzwürdig. Die Nutzungsuntersagung sei darüber hinaus auch erforderlich, um die Verfestigung des der städtebaulichen Planung behindert würden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Beklagte mit einem besonderen öffentlichen Interesse, eine bauplanungsrechtlich zulässige Nutzung der Gebäude zu gewährleisten. Durch diese Maßnahme solle verhindert werden, daß durch die vorgesehene Nutzung des Gebäudes ein Zustand geschaffen werde, dessen Beseitigung mit fortschreitendem Zeitablauf immer schwieriger werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Zugleich beantragte er gem. § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Beschluß vom 09.02.1995 wies das Verwaltungsgericht S. diesen Antrag zurück. Es hielt die Nutzungsuntersagungsverfügung nebst der angeordneten sofortigen Vollziehung für rechtmäßig. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers stellte das OVG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen Bescheid der beklagten Stadt vom 12.08.1994 wieder her. Das OVG vertrag die Auffassung, bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Aufschubinteresse des Klägers an der Nutzung des streitigen Gebäudes. Die gebotene summarische Prüfung ergebe, daß der Widerspruch des Klägers bezüglich der Nutzuntersagung für das erste Obergeschoss voraussichtlich erfolgreich sein werde und dem Widerspruch auch im übrigen "gute Erfolgsaussichten" nicht abzusprechen seien. Es spreche vieles dafür, daß der Kläger lediglich nach § 14 Abs. 3 BauGB ohne weiteres zulässige Unterhaltungsmaßnahmen durchgeführt habe und damit ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nicht vorliege. Ungeachtet dessen liege eine ermessensfehlerhafte Entscheidung der beklagten Stadt nahe, weil nach § 14 Abs. 2 BauGB eine Ausnahme von der Veränderungssperre habe zugelassen werden können und nicht erkennbar sei, daß die Planungsabsichten der beklagten Stadt durch die Baumaßnahmen des Klägers nachteilig berührt worden seien.

Mit Bescheid vom 07.05.1996 hob die beklagte Stadt die angefochtene Nutzungsuntersagung auf.

Gestützt auf die vorbezeichnete Entscheidung des Oberverwaltungsgericht nimmt der Kläger nunmehr die Beklagte auf Schadensersatz (Mietausfall) in Anspruch, wobei er im Wege der Teilklage erstinstanzlich lediglich einen Betrag von 50.000,00 DM geltend gemacht hat.

Der Kläger sieht in der Nutzungsuntersagung vom 12.08.1994 und in der zugleich erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung eine rechtswidrige und schuldhafte hoheitliche Maßnahme, die einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG bzw. einen Entschädigunganspruch nach § 1 StHG oder nach den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs begründe.

Die beklagte Stadt ist der Auffassung, die von ihr angeordnete Nutzungsuntersagung nebst deren sofortigen Vollziehung sei entgegen der Ansicht des OVG rechtmäßig gewesen. Das Bauvorhaben des Klägers sei in formeller und materieller Hinsicht illegal gewesen. Der Kläger habe u.a. die erforderliche Baugenehmigung nicht eingeholt. Die baulichen Veränderungen seien derart gravierend, daß von einer Fortsetzung der zeitgemäß funktionsgerechten Nutzung im Sinne des Bestandsschutzes nicht mehr habe ausgegangen werden können.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die - zulässige - Berufung ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht zu. Er ergibt sich weder aus § 1 StHG noch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG noch aus den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs.

I.

Allerdings kann ein Anspruch des Klägers nach § 1 StHG nicht - wie das Landgericht dies getan hat - mit der Erwägung verneint werden, der Kläger habe das gemäß § 5 StHG erforderliche behördliche Vorverfahren nicht durchgeführt. Der Kläger hat bereits mit Schreiben vom 14.08.1995 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht und eine Berechnung des Anspruchs angekündigt. Letzteres ist mit Schreiben vom 19.09.1995 geschehen. Der Inhalt dieses Schreibens ist allerdings insoweit bemerkenswert, als dort die Höhe des geltend gemachten Anspruchs mit seinerzeit angeblich bereits erzielten Mieteinnahmen vom monatlich 4.500 DM begründet wird, obwohl der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Mieteinnahmen erst ab 01.02.1996 in Höhe von monatlich 3.000 DM vorgetragen hat. Gleichwohl hat der Kläger damit das "behördliche Vorverfahren" angestrengt. Wenn die Beklagte daraufhin den Schadensfall an den KSA weiterleitet, in der Folgezeit jedoch über 1 Jahr lang keinen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen hat, kann sie hieraus keine Rechte herleiten. Vielmehr ist der Geschädigte in einem derartigen Fall gehalten, den Anspruch vor den Zivilgerichten geltend zu machen (vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 489).

II.

Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger auch im Berufungsrechtszug die tatsächlichen Voraussetzungen für die behauptete Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung und insbesondere der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt hat.

Anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in welchem der Sachverhalt entsprechend dem Amtsermittlungsgrundsatz von Amts wegen zu ermitteln und die sogenannte materielle Beweislast für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung von der beteiligten Verwaltungsbehörde zu tragen ist, hat der Geschädigte im Amtshaftungsprozeß und dem Verfahren nach dem StHG die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine schuldhafte Amtspflichtverletzung bzw. für eine rechtswidrige Schädigung in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 59. Aufl., Anmerkung 84 zu § 839 m.w.N.).

Dem ist der Kläger nicht nachgekommen.

1. Sowohl der Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art 34 GG als auch der Staatshaftungsanspruch nach § 1 StHG setzen ein rechtswidriges staatliches (hoheitliches) Handeln voraus.

a) Dabei kommt es vorliegend entscheidend auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung an, weil allein diese Maßnahme für den behaupteten Schaden unmittelbar ursächlich geworden sein kann. Die zugrundeliegende Nutzungsuntersagung ist als solche "schadensneutral", weil sie durch die aufschiebende Wirkung des hiergegen eingelegten Widerspruchs (§ 68 Abs. 1 VwGO) zunächst nicht der weiteren Nutzung entgegenstand. Allein durch den Sofortvollzug wurde der Kläger an der weiteren Nutzung gehindert. Der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, daß die Anordnung des sofortigen Vollzuges der Nutzungsuntersagung rechtswidrig gewesen ist.

b) Besonderer Darlegungen zur Rechtswidrigkeit des hoheitlichen Handelns würde es allerdings dann nicht bedürfen, wenn die Entscheidung des OVG, mit der die Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO rechtskräftig festgestellt worden ist, den Senat insoweit bindet. Dies ist indes nicht der Fall.

Zwar sind die Zivilgerichte grundsätzlich an verwaltungsgerichtliche Vorentscheidungen gebunden. Hat ein Verwaltungsgericht einen Verwaltungsakt rechtskräftig aufgehoben, steht dessen" Rechtswidrigkeit damit fest (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 103, 242/250; BGHZ 121, 131/135; BGH NJW 1998, 2738).

Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn das Verwaltungsgericht - wie hier - lediglich in einem summarischen Verfahren entschieden hat.

Bei der Frage des Verschuldens des Beamten geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, daß der Grundsatz, wonach dem Beamten kein Schuldvorwurf gemacht werden kann, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht das Verhalten des Beamten für rechtmäßig angesehen hat, dann nicht gilt, wenn in dem Verfahren lediglich eine summarische Prüfung erfolgt ist (vgl. BGHZ 97, 97/107; BGH NJW 1986, 2954 (LS); BGHZ 117, 240/250). Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß die Zivilgerichte auch nicht an die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes durch ein Verwaltungsgericht gebunden sind, wenn dieses nur aufgrund summarischer Prüfung entschieden hat.

Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend seine Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Klägers in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO getroffen. Es hat den Sofortvollzug mit der Begründung aufgehoben, der zugrundeliegende Verwaltungsakt (Nutzungsuntersagung) werde sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Das OVG hat die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns damit lediglich summarisch und nicht abschließend geprüft. Dementsprechend entfaltet die Entscheidung des OVG zur der Frage der Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung keine Bindungswirkung. Dies gilt im vorliegenden Fall in gleicher Weise für die Frage der Rechtswidrigkeit des Sofortvollzuges, weil auch diese Frage auf der Grundlage einer summarischen Prüfung entschieden worden ist. Anders wäre es nur dann, wenn das OVG aus anderen Gründen den Sofortvollzug für unzulässig erachtet hätte, etwa weil der Sofortvollzug auch bei einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung entweder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder mangels eines öffentlichen Interesses am Sofortvollzug nicht hätte angeordnet werden dürfen. So verhält es sich vorliegend nicht.

Vielmehr hat das OVG die vermeintliche Rechtswidrigkeit des Sofortvollzugs allein mit der angenommenen Erfolgsaussicht des Widerspruchs gegen die zugrundeliegende Nutzungsuntersagung begründet, diese jedoch gerade nicht abschließend beurteilt. Aus den Gründen ergibt sich weiterhin, daß für diese Entscheidung eine für unzureichend erachtete Ermittlungstätigkeit der Beklagten maßgeblich war. Wollte man gleichwohl eine Bindungswirkung annehmen, würde dies der unterschiedlichen Darlegungs- und Beweislast in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten nicht gerecht werden.

Dementsprechend hatte der Senat die Frage der Rechtswidrigkeit des Sofortvollzuges und inzidenter auch die Frage der Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung selbst auf der Grundlage des Parteivorbringens zu prüfen.

c) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann zunächst nur dann rechtmäßig sein, wenn auch der dieser Maßnahme zugrundeliegende Verwaltungsakt (Nutzungsuntersagung) rechtmäßig ist. Denn bei einem rechtswidrigen Verwaltungsakt besteht per se kein öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung.

Der Kläger hat die Umstände, aus denen sich die behauptete Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung herleiten lassen könnte, nicht hinreichend dargelegt.

Die Beklagte hat die Nutzungsuntersagung auf § 60 Abs. 1 i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V gestützt. Der Kläger hatte mithin die Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, daß die beabsichtigte Nutzung nicht im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften stand.

Die Beklagte hat einen Verstoß gegen öffentliches Baurecht zum einen damit begründet, daß der Kläger die Baumaßnahmen ohne die nach ihrer Auffassung gemäß § 62 Abs. 1 LBauO M-V erforderliche Genehmigung durchgeführt habe. Gemäß § 62 Abs. 1 LBauO M-V bedürfen die bauliche Änderung von Gebäuden (baulichen Anlagen) oder die Nutzungsänderung grundsätzlich einer Genehmigung, die der Kläger - unstreitig - nicht einmal beantragt hatte. Der Kläger mußte mithin darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß für die von ihm durchgeführten konkreten Maßnahmen eine Baugenehmigung nicht erforderlich war, mithin die Voraussetzungen der §§ 64, 65 LBauO M-V erfüllt waren. Hierzu hätte er darlegen müssen, welche Maßnahmen er konkret durchgeführt hat und aus welchen Gründen es sich insoweit nicht um eine genehmigungspflichtige Änderung des Gebäudes gehandelt hat. Er mußte mithin darlegen, in welchem Zustand sich das Gebäude jeweils vor Beginn seiner Maßnahmen und im Zeitpunkt der beanstandeten Verfügung befand, und die einzelnen Baumaßnahmen mitteilen. Dies ist nicht geschehen.

Die Nutzungsuntersagung konnte darüber hinaus auch auf § 80 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB gestützt werden. Auch im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB hätte der Kläger vorzutragen gehabt, daß und aus welchen Gründen es sich bei seinen Baumaßnahmen nicht um ein Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB gehandelt hat. Insoweit nimmt der Senat auf die vorstehenden Ausführungen zu § 62 Abs. 1 LBauO Bezug. Zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB hätte der Kläger vortragen müssen, daß und aus welchen Gründen es sich bei seinen Baumaßnahmen nicht um erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat. Auch hieran fehlt es. Die Beklagte ihrerseits hat in erster Instanz vorgetragen, welche Baumaßnahmen von ihr festgestellt worden sind und sich hierauf auch in zweiter Instanz bezogen. Danach hat der Kläger das Gebäude neu verputzt und angestrichen, neue Fenster eingebaut, das Dach erneuert, Innenwände entfernt, neue Gasbetonwände eingebaut, vollständig neue Elektroanlagen, Abwasseranlagen sowie eine komplett neue Heizungsanlage installiert. Diesem Vortrag ist der Kläger nicht entgegengetreten. Bereits dem ersten Anschein nach handelt es sich dabei um erhebliche, jedenfalls aber um wesentlich wertsteigernde Veränderungen im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB.

Der Argumentation des OVG, es könne sich dabei um von der Veränderungssperre nicht erfaßte Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne von § 14 Abs. 3 BauGB handeln, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Einbau neuer Wände und die Installation einer komplett neuen Heizungsanlage sowie neuer Elektroanlagen gehen weit über das hinaus, was zur Erhaltung des baulichen Ist-Zustandes bzw. zur Beseitigung von baulichen Mängeln erforderlich ist. Wesentlich wertsteigernd sind diese Maßnahmen dem ersten Anschein nach allemal. Auch nach Auffassung des OVG wäre von Unterhaltungsarbeiten jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn bei Inkrafttreten der Veränderungssperre eine funktionstüchtige bauliche Anlage nicht mehr vorhanden war. Gerade in den neuen Bundesländern ist bzw. war dies häufig der Fall. Der Kläger hätte mithin wenigstes vortragen müssen, daß das Gebäude in seinem Zustand vor Beginn der Maßnahmen mehr war als eine schlichte - nach den gegenwärtigen Anforderungen nicht mehr bewohnbare oder anders wirtschaftlich sinnvoll nutzbare - Bauruine. Insoweit wäre es erforderlich gewesen, die frühere konkrete Nutzung und im Hinblick auf eine mögliche Wertsteigerung auch die seinerzeit erzielten Mieteinnahmen darzulegen. Zudem hätte er - um eine wesentliche Wertsteigerung auszuschließen - dem Senat einen Vergleich zwischen seinen Erstehungskosten und dem jetzigen Wert des Gebäudes durch entsprechenden Vortrag ermöglichen müssen.

Allerdings würde sich die Nutzungsuntersagung auch bei einer erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderung dann nicht als rechtmäßig erweisen, wenn die Beklagte bei richtiger Ausübung ihres Ermessens für die Baumaßnahmen des Klägers eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 Baugesetzbuch hätte zulassen müssen, wovon das OVG letztlich ausgegangen ist. Das OVG hat dabei aber offensichtlich allein auf die beabsichtigte Nutzung abgestellt und die Auffassung vertreten, selbst eine beabsichtigte gewerbliche Nutzung könne bei einer bauplanungsrechtlich vorgesehenen Wohnbebauung gegebenenfalls nach der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässig sein. Vorliegend geht es jedoch nicht (nur) um eine beabsichtigte Nutzungsänderung, sondern (vorrangig) um die bauliche Veränderung. Dementsprechend kann es nicht allein auf die Frage ankommen, wie einzelne Geschosse früher genutzt wurden und zukünftig genutzt werden sollen. Vor allem aber kann die Frage, ob im Rahmen einer beabsichtigten Wohnbebauung (reines Wohngebiet i.S.v. § 3 Baunutzungsverordnung) eine gewerbliche Nutzung ausnahmsweise zulässig ist, erst dann sachgerecht beurteilt werden, wenn das Ergebnis der Bauleitplanung feststeht. Im übrigen darf eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 S. 1 BauGB nur dann zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ist zu befürchten, daß durch die Zulassung die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde, ist die Ausnahme zu verweigern. Eine Ausnahme wird regelmäßig (nur) dann zuzulassen sein, wenn die durch die Veränderungssperre gesicherte Planung "Planreife" i.S.v. § 33 Abs. 1 BauGB erreicht hat (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 7. Aufl., Anm. 19 zu § 14 m.w.N.). Daß in diesem Sinne "Planreife" bei Erlaß der Nutzungsuntersagung erreicht war, hat der Kläger weder dargetan noch unter Beweis gestellt.

Dementsprechend hatte der Senat mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß bei Erlaß der Nutzungsuntersagung die Maßnahmen des Klägers im Hinblick auf die fehlende Baugenehmigung nach § 62 LBauO M-V bzw. Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 2 BauGB sowohl in formeller Hinsicht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften i.S.v. §§ 60, 80 LBauO M-V gestanden haben als auch im Hinblick auf einen Verstoß gegen die Veränderungssperre materiell baurechtswidrig waren. Daß die Beklagte im Jahre 1996 die Maßnahmen des Klägers offenbar nachträglich als mit ihrer Planung zu vereinbaren akzeptiert hat, ist unerheblich. Für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns kommt es allein auf den damaligen Rechtszustand an. Zu Unrecht beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf den am 30.07.1993 geschlossenen Vergleich. Ob die von ihm nachträglich durchgeführten Arbeiten genehmigungspflichtig waren, ist unerheblich. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der Kläger die Bedingungen des Vergleichs eingehalten hat. Dies ist nicht der Fall. Nach der darin getroffenen Vereinbarung durfte der Kläger bis zu der in Aussicht genommenen endgültigen Einigung lediglich noch die restlichen Fenster einbauen und den Außenputz vervollständigen. Darüber hinausgehend hat er jedoch - von ihm eingestanden - weitere Innenarbeiten durchführen lassen. Der Beklagten ging es bei Abschluß des Vergleichs erkennbar darum, über die zugestandenen Maßnahmen hinausgehende Arbeiten und insbesondere die Fertigstellung des Gebäudes zu verhindern. Die gewählten Formulierungen ("... daß der Antragsteller bis zu einer weiteren einvernehmlichen Regelung der Parteien ausschließlich berechtigt ist...", "... hinsichtlich eines - nach dem Vergleich nicht gestatteten - weiteren Innenausbaus zu kontrollieren.") sind eindeutig. Die Beklagte hat sich zudem eine erneute Nutzungsuntersagung ausdrücklich vorbehalten. Mit seinem Verstoß gegen diese vorläufige Regelung hat der Kläger die von ihm einzuhaltende Bedingung für die Aufhebung des Bescheides vom 01.07.1993 nicht erfüllt. Dementsprechend war auch die Beklagte an diesen Vergleich nicht mehr gebunden. Sie war deshalb nicht daran gehindert, ihre erneute Nutzungsuntersagung auf sämtliche - insbesondere auch auf die zuvor erfolgten - Maßnahmen des Klägers zu stützen.

Auf den in § 127 Abs. 4 Nr. 1 BauGB n.F. zugrundeliegenden Rechtsgedanken kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Diese Vorschrift bezieht sich allein auf die Erhaltungssatzung nach § 127 Abs. 1 BauGB, nicht aber auch auf die Veränderungssperre nach § 14 BauGB. In diesem Zusammenhang ist eine entsprechende Regelung nicht Gesetz geworden. Eine Nutzungsuntersagung ist unbeschadet dessen allerdings nur dann rechtmäßig, wenn sie ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel zur Vermeidung baurechtswidriger Zustände ist. Der Kläger hat auch insoweit nichts vorgetragen, aus dem sich ergibt, daß dies nicht der Fall war. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Baumaßnahmen des Klägers - wie von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen - bei Erlaß der Untersagungsverfügung nahezu vollständig abgeschlossen waren. Eine Stillegungsverfügung wäre mithin ins Leere gegangen. Demgegenüber ist bei einem formellen Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften, sofern die Herstellung rechtmäßiger Zustände nicht durch eine nachträgliche Genehmigung möglich ist, auch eine Abrißverfügung grundsätzlich ein geeignetes Mittel. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Maßnahme den Kläger erheblich stärker belastet hätte. Zudem war seinerzeit nicht abzusehen, ob seine Baumaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt genehmigungsfähig waren. Gem. § 60 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V hatte die Beklagte die erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu treffen. Die Nutzungsuntersagung war unter den geeigneten Maßnahmen die den Kläger am geringsten belastende und damit auch verhältnismäßig. Die Beklagte durfte davon ausgehen, daß der Kläger offensichtlich vollendete Tatsachen geschaffen hatte bzw. schaffen wollte, so daß ihr eine Untätigkeit nicht zuzumuten war.

d) Selbst bei Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes darf die Verwaltungsbehörde die sofortige Vollziehung nur dann anordnen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Dementsprechend ist eine Interessenabwägung, d. h. eine Abwägung der für den sofortigen Vollzug sprechenden öffentliche Belange und der dagegen streitenden Interessen des Betroffenen, vorzunehmen. Ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug ist dann, aber auch nur dann gegeben, wenn besondere Gründe dafür sprechen, daß der Verwaltungsakt sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft umgesetzt wird. Zwar war die Nutzungsuntersagung vorliegend ersichtlich nicht erforderlich, um einer drohenden Einsturzgefahr oder einer Gefährdung Dritter zu begegnen. § 80 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V ermöglicht die Nutzungsuntersagung aber auch schon dann, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden oder genutzt werden sollen. Bei der Interessenabwägung können durchaus auch generalpräventive Gründe, d.h. die Verhinderung unerwünschter Nachahmungen, von Bedeutung sein (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Aufl. Rn. 37 m.w.N.). Zudem war zum damaligen Zeitpunkt das Ergebnis der Bauleitplanung noch nicht abzusehen. Hätte der Kläger das Gebäude nach Beendigung der Baumaßnahmen ganz oder teilweise gewerblich genutzt, bestand die nicht fernliegende Möglichkeit, daß im Falle einer später beschlossenen reinen Wohnbebauung ohne Ausnahmemöglichkeit der Kläger bei Abschluß entsprechender Mietverträge vollendete Tatsachen, die der Festlegung des Bebauungsplanes entgegenstanden, geschaffen hatte. Gerade solche vollendeten Tatsachen soll die Veränderungssperre nach § 14 BauGB verhindern. Deshalb liegt es regelmäßig im öffentlichen Interesse, daß die Veränderungssperre konsequent durchgesetzt und die Bauleitplanung dementsprechend auch durch die Anordnung des Sofortvollzuges gesichert wird. Überwiegende Interessen des Klägers sind demgegenüber nicht ersichtlich. Dieser hat gegen die Veränderungssperre verstoßen. Er hat - offenbar sehr umfangreiche - Baumaßnahmen durchgeführt, obwohl er die möglicherweise erforderliche Baugenehmigung nach § 62 LBauO M-V oder die jedenfalls erforderliche Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 2 BauGB nicht hatte, und damit auf eigenes Risiko gehandelt. Bereits der Verstoß gegen formelles Baurecht rechtfertigt regelmäßig eine sofortige Nutzungsuntersagung, weil nur so die Einhaltung des Genehmigungserfordernisses mit hinreichender Aussicht auf Erfolg gewährleistet werden kann. Auf die Möglichkeit, ein Bußgeldverfahren durchzuführen, muß sich die Bauordnungsbehörde in derartigen Fällen nicht verweisen lassen, zumal dem Senat bekannt ist, daß entsprechende Geldbußen gelegentlich schon bei der Berechnung der Baukosten einkalkuliert werden.

2. Darüber hinaus hat der Kläger auch das für einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art. 34 GG erforderliche Verschulden der beteiligten Amtsträger der Beklagten nicht hinreichend dargetan. Selbst wenn der Kläger die Voraussetzungen für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns und damit für eine objektive Amtspflichtverletzung dargetan hätte, kann nicht ohne weiteres von einem entsprechenden Verschulden der Amtsträger ausgegangen werden. Unrichtige Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung sind nur dann fahrlässig, wenn sie gegen den klaren, bestimmten, unzweideutigen Wortlaut einer Rechtsvorschrift oder gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung verstoßen. Die hier einschlägigen Vorschriften des Baurechts sind nicht eindeutig. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung, die den von den Beamten zu entscheidenden Sachverhalt bereits umfassend und abschließend geklärt hätte, ist nicht ersichtlich. Der hohe Begründungsaufwand des OVG belegt, dass die Rechtslage alles andere als zweifelsfrei ist. Nach Auffassung des OVG war die Entscheidung zwar objektiv falsch; die Entscheidungsgründe lassen aber auch erkennen, dass jedenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob es sich vorliegend noch um Unterhaltungsarbeiten handelte, eine andere Beurteilung möglich war und in der Literatur auch vertreten wird. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Frage der Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 2 BauGB war mithin eine abweichende Beurteilung zumindest vertretbar. Selbst wenn die beteiligten Amtsträger bei der Auslegung baurechtlicher Vorschriften zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen wären, wäre ein Fahrlässigkeitsvorwurf dann nicht begründet, wenn sie ihre Entscheidung nach gewissenhafter tatsächlicher und rechtlicher Prüfung aufgrund vernünftiger Überlegungen getroffen haben (vgl. BGHZ 119, 365; BGH NJW 1994, 3158). Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass und aus welchen Gründen die Amtsträger nicht gewissenhaft geprüft haben. Auf die Auffassung des OVG, das eine unzulängliche Tatsachenfeststellung gerügt hat, kann sich der Kläger nicht berufen, weil das OVG - wie dargelegt - lediglich summarisch entschieden hat (s. o.) und die Darlegungslast hier anders liegt.

3.

Ein Anerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des Anspruchs dem Grunde nach ist nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 19.09.1995 den Vorgang dem Kommunalen Schadensausgleich zur Bearbeitung vorgelegt hat, spricht nicht für ein derartiges Anerkenntnis. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es sich bei dem KSA nicht um einen "Fond" i.S.v. § 8 StHG handelt und der KSA selbstverständlich im Rahmen seiner Tätigkeit als Haftpflichtversicherter der Beklagten den Anspruchsgrund zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen hat. Das Vergleichsangebot des KSA vom 17.06.1996 ist jedenfalls kein Anerkenntnis dem Grunde nach, durch das die Beklagte gebunden wäre. Der diesem Schreiben beigefügte Vergleichs- und Abfindungserklärung ist zudem zu entnehmen, daß der KSA eine Haftung gerade nicht anerkennen wollte.

4.

Ferner hat der Kläger den behaupteten Schaden (Mietausfall) nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Es mag sein, dass im Sommer 1993 in Schwerin bei einer gewerblichen Nutzung noch ein Quadratmeter-Preis von 20,- bzw. 25,- DM zu erzielen war. Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass er tatsächlich für den hier geltend gemachten Zeitraum (Okt. 94 bis Juli 95) einen Interessenten hatte, der bereit und in der Lage gewesen wäre, einen solchen Mietzins zu zahlen oder überhaupt einen Mietvertrag für dieses Objekt abzuschließen.

Ein entsprechender Vortrag ist allenfalls dann entbehrlich, wenn die Grundsätze des Anscheinsbeweises greifen. Sprechen typische Geschehensabläufe für eine Schadensverursachung, kann das Gericht nach § 286 ZPO den Beweis als geführt ansehen. Dies würde allerdings voraussetzen, dass ein Erfahrungssatz dahin, dass der Kläger bereits im Oktober 1994 sein Objekt überhaupt und insbesondere für den behaupteten Mietzins von 20,- DM/m² monatlich hätte vermieten und einen entsprechenden Interessenten finden können, besteht. Ein derartig allgemeiner Erfahrungssatz ist nicht ersichtlich. Zwar ist davon auszugehen, dass das Objekt ohne die Nutzungsuntersagung jedenfalls ab 01.10.1994 fertiggestellt worden wäre und zur Vermietung bereitgestanden hätte. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten waren die Räume am 09.06.1994 jedenfalls im Erd- und ersten Obergeschoß "bis auf Tapezierarbeiten" fertiggestellt. Wenn sie jetzt vorträgt, es seien hierzu noch weitere Arbeiten erforderlich gewesen, die einer Bezugsfertigkeit zum 01.10.1994 entgegengestanden hätten, ist dies widersprüchlich. Gegen einen solchen Erfahrungssatz spricht vorliegend aber, dass es dem Kläger erst am 01.02.1996, mithin 6 Monate nach der Entscheidung des OVG, gelungen ist, das Gebäude zu vermieten. Dies deutet auf erhebliche Schwierigkeiten hin, für das fragliche Gebäude einen Interessenten zu finden. Die Erklärung des Klägers hierfür, es hätten noch Schäden infolge Leerstandes beseitigt werden müssen, ist ohne Substanz und überzeugt in der Sache nicht. Auch das Schreiben des Maklers F vom 19.01.1996 spricht nicht für einen solchen allgemeinen Erfahrungssatz. Aus diesem Schreiben ergibt sich vielmehr, dass das Objekt immerhin ab Mai 1995 jedenfalls für 15,- DM/m² nicht (mehr) zu vermieten war. Der Vortrag der Klägerin, noch im Jahr 1993 sei eine erheblich höhere Miete zu erzielen gewesen wäre, ist unerheblich, weil er vorliegend Mietausfall ab Oktober 1994 geltend macht.

III.

Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff war vorliegend nicht zu prüfen, weil § 1 StHG insoweit die speziellere Norm ist (vgl. Ossenbühl a.a.O. S. 487). Hiervon abgesehen begründet die Pflicht zur Entschädigung (nicht: Schadensersatz) nach diesem Rechtsinstitut grundsätzlich nur einen Ausgleich für Substanzverlust. Folgeschäden, wozu auch Erwerbsverluste wie der hier geltend gemachte Mietausfall zählen, sind insoweit grundsätzlich nicht erstattungsfähig (vgl. Ossenbühl a.a.O. S. 266).

IV.

Dem Antrag des Klägers auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen. In der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2000 war der Beklagten für den geschlossenen Vergleich eine Widerrufsfrist bis zum 14.02.2000 eingeräumt worden. Nach erfolgtem Widerruf hatte der Kläger hinreichend Gelegenheit, durch Rechtsausführungen den ihm mitgeteilten Bedenken des Senats zur Schlüssigkeit seiner Klage Rechnung zu tragen. Die rechtlichen Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 22.03.2000 sind nicht geeignet, den Senat zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu veranlassen. Welches Tatsachenvorbringen erforderlich war, ergab sich bereits aus den Gründen des angefochtenen Urteils und der Berufungserwiderung der Beklagten vom 02.12.1998. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 22.03.2000 neue Tatsachen vorträgt, konnte dieser Vortrag gemäß §§ 523, 296 a Satz 1 ZPO keine Berücksichtigung finden. Auch rechtfertigt er nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 296 a Satz 2, 156 ZPO.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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