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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 15.08.2008
Aktenzeichen: 1 U 156/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 116 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 156/08

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 15.08.2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

1.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet.

a)

Eine inländische juristische Person erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn - neben der hinreichenden Erfolgsaussicht und fehlenden Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 116 Satz 2 i.V.m. § 114 ZPO) - die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Das Vorliegen der beiden letztgenannten Voraussetzungen kann hier jedoch nicht festgestellt werden, da die Klägerin ihrer insoweit bestehenden Darlegungspflicht (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 116 Rn. 13, 14) trotz richterlichen Hinweises vom 30.04.2008 nicht ausreichend nachgekommen ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt daher nicht in Betracht.

b)

So genügt der Vortrag der Klägerin zu ihrem wirtschaftlichen Unvermögen nicht. Die mit Schreiben der Steuerberater der Klägerin vom 16.06.2008 vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Klägerin und deren alleinige Aktionärin, der E. Beteiligungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: E. KG) lassen zwar den Schluss zu, dass beide Unternehmen im Zeitraum Januar bis April 2008 nur über geringe Einkünfte bei gleichzeitig hohen Kosten verfügten. Nicht ersichtlich ist hingegen, ob und ggfs. über welches Vermögen die Klägerin und insbesondere die E. KG verfügen. Dazu hätte umso mehr Erläuterungsbedarf bestanden, als die Klägerin in der - mit dem PKH-Antrag vorgelegten - Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse "Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung" angegeben hat, was darauf schließen lässt, dass die Klägerin (E. AG) über Grundbesitz verfügt. Aus dem Schreiben der Steuerberater geht dagegen lediglich hervor, dass die E. KG Eigentümerin eines - belasteten - Grundstücks ist. Keine Angaben macht die Klägerin schließlich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschafter der E. KG. Diese sind jedoch wirtschaftliche Beteiligte der Klägerin i.S.d. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO, da sich das Obsiegen oder Unterliegen der Klägerin wirtschaftlich auf deren Vermögen wirtschaftlich auswirkt (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 13).

c)

Zu der Frage, ob das Unterlassen der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwider laufen würde, verhält sich die Klägerin überhaupt nicht.

Eine juristische Person hat grundsätzlich nur dann eine von der Rechtsordnung anerkannte Existenzberechtigung, wenn sie ihre Ziele aus eigener Kraft verfolgen kann (BVerfGE 35, 348 [356]; BGH, MDR 2006, 113; Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Begehrt sie hierfür staatliche Unterstützung in Form von Prozesskostenhilfe, muss die Rechtsverfolgung im allgemeinen Interesse liegen. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die juristische Person an der Erfüllung ihrer der Allgemeinheit dienenden Aufgaben gehindert wäre, falls der Rechtsstreit nicht durchgeführt werden könnte oder wenn die Entscheidung größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens ansprechen und soziale Auswirkungen nach sich ziehen würde (BVerfG, a.a.O. [353 f.], Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 15). Weiter verlangt das allgemeine Interesse die Prozessführung, wenn dadurch eine Gesellschaft erhalten werden kann, die eine große Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt (BVerfG a.a.O.; Zöller/Philippi, a.a.O.).

Dagegen genügt das bloße Interesse an einer richtigen Entscheidung, also das Interesse lediglich der Partei an der Beseitigung eines unrichtigen Urteils, nicht (Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.). Gleiches gilt im allgemeinen, wenn die juristische Person ihren Geschäftsbetrieb bereits eingestellt und ihre Arbeitnehmer entlassen hat (OLG Celle, OLGR 1996, 33 [34]; OLG Hamm, NJW-RR 1989, 382 [383]; Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 16).

Danach kann vorliegend Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Vielmehr ist nach dem Schreiben der Steuerberater vom 16.06.2008 und den betriebswirtschaftlichen Auswertungen davon auszugehen, dass die Klägerin jedenfalls seit April 2008 keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt (Personalkosten = 0,00 Euro im Gegensatz zu 34.390,45 Euro für den Zeitraum Januar bis April 2008) und wohl auch nicht mehr werbend tätig ist ("Das operative Geschäft wurde zwischenzeitlich zum 31.01.2008 eingestellt"). Anderes hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist aus den Akten auch nicht ersichtlich.

2.

Über den - hilfsweise gestellten, aber nicht näher ausgeführten - Antrag der Klägerin vom 19.06.2008, den Gerichtskostenvorschuss zu stunden (§ 8 LJKG M-V) hat nicht der Senat, sondern die dafür zuständige Stelle - hier die Landeszentralkasse Mecklenburg-Vorpommern - zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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