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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 26.02.2008
Aktenzeichen: 1 U 20/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 282
ZPO § 283
ZPO § 296a
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 528 Abs. 1
ZPO § 528 Abs. 2 a.F.
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 20/08

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 26.02.2008 einstimmig beschlossen: Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.09.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 4 O 64/07) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert der Berufung: 8.282,12 €.

Gründe:

I.

1.

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 sind zu den fehlenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels der Klägerin folgende Hinweise erteilt worden:

"Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, wird das Urteil voraussichtlich den Berufungsangriffen standhalten.

Insofern folgt der Senat den zutreffenden und überzeugenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, macht sich diese zu Eigen und nimmt auf dieselben zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

2.

Das Vorbringen zur Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a)

Mit dem Landgericht - und entgegen der Ansicht der Klägerin - geht auch der Senat davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil es an einem Sachmangel (hier: Kilometerlaufleistung) im Zeitpunkt der Übergabe (31.01.2006) des streitgegenständlichen Fahrzeugs fehlt, da eine zu diesem Zeitpunkt vorliegende (vertraglich geschuldete) Beschaffenheit (max. Kilometerlaufleistung) zwischen den Parteien nicht vereinbart worden ist. Dem vermag die Klägerin nicht entgegen zu setzen, der Kilometerstand habe die Beschaffenheit der Kaufsache mitkonstituiert. Denn selbst wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Kilometerstand (210.000 km) festgehalten wurde, so besagt dieser Umstand doch angesichts der unstreitigen Vereinbarung zugunsten des Beklagten, das Fahrzeug bis zur Übergabe am 31.01.2006 nutzen zu dürfen, überhaupt nichts darüber, welche Kilometerlaufleistung im Zeitpunkt der Übergabe geschuldet sein sollte.

Wenn die Klägerin dagegen anzuführen sucht, unter den vorgenannten Umständen könne es nie zu einer vertraglich geschuldeten Beschaffenheitsqualität auf Seiten des Verkäufers kommen, so ist dies zwar richtig, jedoch ihrem eigenen Verhalten (und damit ihrem Risiko) geschuldet, da sie es unterlassen hat, entsprechende Vereinbarungen mit dem Beklagten zu treffen.

b)

Auch mit ihrer Rechtsauffassung, der mit der Klage geltend gemachte Anspruch rechtfertige sich jedenfalls unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten (als einem von dem Beklagten zu vertretenden Sachmangel), da ihm eine Offenbarungspflicht zur mangelnden Funktionstüchtigkeit des Kilometerzählers getroffen habe (§ 241 Abs. 2 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB), bzw. da der Beklagte schadensersatzpflichtig nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB sei, kann die Klägerin kein Gehör finden.

Denn die dem zugrunde liegende Annahme der Klägerin, der Beklagte "dürfte" bei Abschluss des Kaufvertrages von einer weit höheren Kilometerlaufleistung (als den eingetragenen 210.000 km) aufgrund der Funktionsuntüchtigkeit des Kilometerzählers gewusst haben, erweist sich als reine - durch keinerlei Beweisantritt unterlegte - Mutmaßung."

3.

Die zu diesen Hinweisen abgegebene Stellungnahme der Klägerin vermag im Ergebnis an der Inaussichtgestellten Entscheidung des Senats nichts (mehr) zu ändern.

a)

Zuzugeben ist der Klägerin, dass sie nunmehr einen Sachverhalt vorträgt, der mit relativ großer Wahrscheinlichkeit den Schluss darauf zulässt, dass dem Beklagten eine seit dem 16.03.2004 vorliegende Funktionsunfähigkeit des Kilometerzählers an dem von ihm an die Klägerin veräußerten - streitgegenständlichen - Fahrzeug bekannt war, bzw. er sich einer entsprechenden Kenntnis zumindest grob fahrlässig verschlossen hat, so dass ihn bei Abschluss des Kaufvertrages eine Aufklärungs- und Offenbarungspflicht - über diese Tatsache - traf und die Unterlassung dieser Pflicht ihn grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichten könnte, weil eine hypothetisch anzunehmende zusätzliche Kilometermehrlaufleistung von 50.000 km - gegenüber der im Kaufvertrag eingetragenen Laufleistung von 210.000 km - eine erhebliche Abweichung der Beschaffenheitsangabe darstellen musste, die für die Ankaufentscheidung der Klägerin von Bedeutung war.

Angesichts dieses neuen Vorbringens der Klägerin - und der sich daraus darstellenden materiellen Rechtslage - kann der vorstehende Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO keinen (jedenfalls nicht in der erteilten Form) Bestand haben.

b)

Gleichwohl zeitigt dieser Befund aus prozessrechtlichen Gründen kein anderes - für die Klägerin günstigeres - Ergebnis. Denn mit ihrem neuen Parteivortrag ist sie von Gesetzes wegen (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) präkludiert (aa), so dass der Senat es - auch im Rahmen einer Gerechtigkeitskontrolle - nicht zu berücksichtigen vermag (bb).

aa)

Nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur dann zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Jederzeit zulässig sind damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufgefundene oder entstandene Beweismittel (nova reperta und nova producta; vgl. OLG Zweibrücken, OLGR 2003, 34; OLG Saarbrücken; OLGR 2003, 239). Ansonsten muss die Partei, die neues Vorbringen einführen will, sich entschuldigen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 531 Rn. 30). Daran fehlt es hier.

aaa)

Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind alle zur Begründung des Sachantrags oder zur Verteidigung dagegen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge, nicht aber Angriff und Verteidigung selbst, d.h. Sachanträge oder deren Änderung. Neu sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, wenn sie nicht schon in 1. Instanz vorgebracht sind. Maßgeblich ist der Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, neu also auch alles Vorbringen in nicht nachgelassenen Schriftsätzen, oder einem Schriftsaz, der die Grenzen des § 283 ZPO überschreitet, oder zwar nachgelassen ist, aber verspätet eingeht, und deshalb nach § 296a ZPO unberücksichtigt bleibt. Ob das Angriffs- oder Verteidigungsmittel neu ist, wird anhand des (ggf. berichtigten) Tatbestands des Ersturteils und des Protokolls geprüft (vgl. zu allem Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 22). Die mit der ZPO-Reform (insgesamt) neu geschaffene Präklusionsregelung des § 531 ZPO umfasst und erweitert damit die Präklusionsmöglichkeiten des § 528 Abs. 1, Abs. 2 ZPO a.F. Was auf Grund eines Fehlers des erstinstanzlichen Gerichts, sei es in der materiellen Würdigung (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. ZPO), im Verfahren (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) oder wegen versehentlichen Übergehens (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. ZPO) nicht vorgebracht wurde, kann in die Berufungsinstanz eingeführt werden. Ansonsten kann nicht mehr vorgetragen werden, was der Partei vor Schluss der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz hätte bekannt sein müssen, also bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt (einfache Fahrlässigkeit als Verschuldensmaßstab) bereits hätte vorgetragen werden können. D.h.: was nach altem Recht schuldhaft entgegen einer Fristsetzung in der I. Instanz (§ 528 Abs. 1 ZPO a.F.) oder unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht nach § 282 (§§ 528 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht vorgetragen wurde, beruht allemal auf Nachlässigkeit der Partei und muss jetzt - ohne Rücksicht auf die Frage der Verzögerung des Rechtsstreits - zurückgewiesen werden, wenn der Vortrag nicht wegen Fehlern des Gerichts unterblieb. Ob die Voraussetzungen zur Zulassung nach § 531 Abs. 2 ZPO vorliegen, ist hierbei aus Sicht des Berufungsgerichts zu beurteilen (zu allem Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 21).

bbb)

Die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen liegen nach den Erkenntnissen des Senats nicht vor.

aaaa)

Der mit dem Stellungnahmeschriftsatz gelieferte Sachvortrag - mit Ausnahme der bereits erstinstanzlich vorgetragenen Beweisbehauptung, das streitgegenständliche Fahrzeug habe schon anlässlich einer am 16.03.2004 vorgenommenen Reparatur bei der B./. GmbH ("Autorisierter Mercedes Benz Verkauf und Service") einen Kilometerstand von 212.348 km aufgewiesen , die im Schriftsatz vom 03.07.2007 in das Zeugnis des Herrn W. H. als Erwerber des vom Beklagten an die Klägerin veräußerten Fahrzeugs gestellt wurde (der wiederum - erfolgreich - ob dieses Umstandes seinen Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Klägerin durchzusetzen vermochte) - ist neu.

Denn die nunmehr vorgelegten Auszüge aus der elektronischen Reparaturbuchhaltung der B./B. GmbH, von denen die Klägerin - nunmehr - nachvollziehbar darstellt, dass an den im (vormaligen) Eigentum des Beklagten stehenden Fahrzeugs am 14.11.2001 (bei einem eingetragenen Kilometerstand von 161.380 km, am 09.02.2002 bei einem Kilometerstand von 168.723 km und am 16.03.2004 bei einem Kilometerstand von 212.348 km) Reparaturen in der genannten Reparaturwerkstatt durchgeführt worden sind, sind erstinstanzlich - wie sich aus Tatbestand und Protokoll, aber auch aus dem Akteninhalt im übrigen ergibt - nicht im gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht unterbreitet worden.

Aus diesen Dokumenten ergibt sich zwar - im Zusammenhang mit der schon in erster Instanz präsentierten Fotodokumentation, die zweitinstanzlich nur "verfeinert", sprich "vergrössert" worden ist - , dass der im Datum des Kaufvertragsschlusses (20.06.2005) auf dem Kilometerzähler ablesbare - und fotographisch festgehaltene Kilometerstand - von 212.348 km exakt der gleiche war wie er zuletzt bei der Reparatur des Fahrzeugs in der Reparaturwerkstatt der B./B. GmbH "festgestellt" oder zumindest abgelesen worden ist.

Die Klägerin zieht daraus folgenden - aus Sicht des Senates zutreffenden - Schluss:

"Der Umstand, dass am 16.03.2004 und am 20.06.2005 das vom Beklagten an die Klägerin veräußerte Fahrzeug denselben Kilometerstand aufwies, spricht für sich und ist entsprechend zu würdigen. Dass dem Beklagten an seinem Fahrzeug, das er nach eigenem Vortrag in ständigem Gebrauch hatte, über 15 Monate hinweg nicht aufgefallen sein soll, dass der Kilometerzähler sich nicht veränderte, sondern offenbar stehenblieb, bedarf keines weiteren Kommentars. (...) Festzuhalten ist, dass das Fahrzeug spätestens seit dem 16.03.2004 über keinen funktionsfähigen Kilometerzähler verfügte. In der damit tatsächlich indizierten Kenntnis dieses Umstandes, jedenfalls aber in grob fahrlässigen Unkenntnis, unterließ der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrages jede Aufklärung der Klägerin darüber, dass der Kilometerzähler seit rund 15 Monaten nicht funktionierte" und - wie aus dem Vorbringen der Klägerin zu ergänzen ist - damit hypothetisch tatsächlich eine Abweichung von etwa 50.000 km zwischen dem am 20.06.2005 "ablesbaren" und dem tatsächlichen Kilometerstand vorlag.

bbbb)

Die Klägerin hat (was keiner abschließenden Bewertung bedarf) mit dieser Beurteilung - die wiederum Folgerungen für die materiell-rechtliche Würdigung des Falles in sich trägt - "Recht", kann gleichwohl im (Berufungs-) Rechtsstreit nicht obsiegen, da sie - aus den schon ausgeführten und noch zu benennenden Gründen - mit den neu gelieferten Angriffsmitteln präkludiert ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Denn die neuen Tatsachenmaterialien hat sie (bzw. ihr Prozessbevollmächtigter) aus Nachlässigkeit versäumt schon vor dem Landgericht als Gericht I. Instanz vorzutragen.

aaaaa)

Nachlässigkeit liegt immer dann vor, wenn eine Partei fahrlässig (einfache Fahrlässigkeit genügt, so ausdrücklich Begr. BT/Drs. 14/4722, S. 102) in der 1. Instanz nicht vorgetragen hat. Hierzu zählt also jedes Versäumnis des Vortrags, das gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht verstößt. Geschieht dies nicht, muss die Partei von sich aus Gründe darlegen, warum sie Vorbringen zurückgehalten hat (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 31). Die mit dem am 01.01.2002 in Kraft getretenen ZPO-ReformG vom 27.07.2001 (BGBl. I., S. 1887) beabsichtigte Beschleunigung des Zivilprozesses - die ihren Ausdruck in einer Umgestaltung der Berufung als weiterer Instanz in ein Instrument der Fehlerkontrolle und -beseitigung (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Einleitung Rn. 15) gefunden und ihre Präzisierung darin erfahren hat, dass die Erfassung der Tatsachengrundlagen grundsätzlich der 1. Instanz zu überlassen ist (vgl. BT/Drs. 14/4722, S. 64), woraus wiederum - vom Gesetzgeber - abgeleitet wurde, dass die Berücksichtigung neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz nur ausnahmsweise möglich (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 530 Rn. 1 m.w.N.) und an die vorstehend benannten (hier einschlägigen) Voraussetzungen geknüpft ist - fordert, dass nicht die subjektiven Vorstellungen der Partei über ihre Prozesstaktik bei der Beurteilung dafür maßgebend sind, ob sie wesentliches Vorbringen zurückgehalten hat. Jede Partei muss mit Zurückweisung rechnen, wenn sie mit möglicherweise liquiden Anspruchsbegründungen oder Einwendungen zurückhält und erst einmal abwartet, wie sich das Gericht zu dem schon vorgebrachten Prozessstoff stellt (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 32).

Hierbei hat die Partei darzulegen (und ggf. zu beweisen), dass sie in erster Instanz nicht nachlässig war. Wird keine Erklärung (dafür) abgegeben, kann das Gericht keine der Partei günstige Überzeugung gewinnen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 33). Ob die Verfahrensbeteiligte sich genügend entschuldigt hat, entscheidet das Berufungsgericht in freier Überzeugung (§ 286 ZPO) (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., ebenda, m.w.N.). Die säumige Partei muss dem Gericht die Überzeugung verschaffen, dass einer der Ausnahmetatbestände (hier: "ohne Nachlässigkeit") vorliegt. Gelingt ihr dies nicht, muss sie die Folgen der Beweisfälligkeit tragen, die in der Nichtberücksichtigung des neuen Vorbringens bestehen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 35 m.w.N.). Diese Sanktion ist zwingend, das Gericht hat also kein Ermessen, die fehlerhafte Zulassung kann allerdings - umgekehrt - die Revision begründen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 36).

Weiterhin zu berücksichtigen sind die Verfassungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßgebotes (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 36). In diesen Grundsätzen zum Ausdruck gebracht ist - u.a. - , dass die versagte Zulassung neuen Vorbringens nicht willkürlich sein und damit nicht erkennbar gegen das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verstoßen darf, weshalb die unberechtigte Zurückweisung neuen Vorbringens in einem nicht rechtsfähigen Urteil (hier einem [gleichgestellten] Beschluss) die Verfassungsbeschwerde zu begründen vermag, wenn ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG (hier in Form eines Willkürverstoßes, vgl. dazu allgemein BVerfGE 62, 192; 80, 51; 86, 62; 96, 203; siehe auch Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 321a Rn. 11 m.w.N.) vorliegt (vgl. BVerfG, NJW 1980, 278; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl. § 531 Rn. 19 m.w.N.).

bbbbb)

Indes vermögen hier die vorstehend benannten Voraussetzungen - zu Gunsten der Klägerin - nicht bejaht zu werden.

aaaaaa)

Berechtigterweise hat das Gericht erster Instanz von der Erhebung von Beweisen abgesehen, da der Vortrag der Klägerin, das Fahrzeug habe schon am 16.03.2004 einen Kilometerstand von ca. 212.000 km aufgewiesen, erstinstanzlich nicht entscheidungserheblich sein konnte. Der Beklagte hatte diese - mittelbar schon in der Klageschrift vorgebrachte - Behauptung in Abrede genommen und dargestellt, dass er die Erfahrung gemacht habe, die Angaben der Kilometerlaufleistungen durch Reparaturwerkstätten seien unzuverlässig, ihnen könne kein hinreichender Beweiswert zugemessen werden. Auch die Benennung des Herrn W. H. als Zeuge für die Beweisbehauptung, am 16.03.2004 sei im Rahmen einer Reparatur bei der Firma B./B. in G. eine Kilometerlaufleistung von ca. 212.000 km festgestellt worden, vermochte hieran nichts zu ändern. Denn der Zeuge H., der Aufkäufer nach der Klägerin, stellte sich als "lediglich" mittelbare Beweisperson dar. Er hatte diesen Kilometerstand durch Nachfrage bei der B./B. GmbH in Erfahrung gebrachte, konnte jedoch keine Aussage dazu machen, aufgrund welcher Umstände es zu dieser Kilometerstanderfassung gekommen war und vor allem, ob sie richtig war.

bbbbbb)

Hinzutritt, dass die Klägerin ihren erstinstanzlich unterbliebenen - und jetzt in der Berufungsinstanz gelieferten - Beweisantritt in keiner Weise (genügend) entschuldigt hat. Sie sucht den Eindruck zu suggerieren, es sei ihr vor dem Landgericht nicht möglich gewesen, die entsprechenden Beweistatsachen vorzutragen, weil sie erst am 08.02.2008 - auf von ihrem Prozessbevollmächtigten angestellter Nachfrage hin - von der Rechtsanwältin des Herrn H., der benannten Zeugin K.-A., erfahren habe, dass eventuell noch eine Dokumentation über die Reparaturen des Fahrzeugs bei der B./B. GmbH in G. vorhanden sein könnte, die sie sich dann von dort habe übermitteln lassen. Das kann sie indes nicht exculpieren. Denn entsprechende Ermittlungen waren ihr schon erstinstanzlich möglich und zumutbar; sie sind nur fahrlässig unterblieben. Denn aufgrund des von dem Aufkäufer W. H. ausgeübten Rücktrittsrechts, wusste die Klägerin zuverlässig einerseits, "dass das Fahrzeug bis zum Jahr 2004 bei der Fa. B.-B., in G. regelmäßig durch den Voreigentümer zur Reparatur gegeben worden ist", sie hatte andererseits durch das genannte Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten, der Rechtsanwältin K.-A., auch Kenntnis davon, "dass am Reparaturtag (16.03.2004) das Fahrzeug bereits eine Laufleistung von rd. 212.000 km aufwies" - dazu waren ihr sogar entsprechende "Anlagen" übermittelt worden. Auf das - dargestellte - prozessuale Bestreiten des Beklagten in dem Verfahren vor dem Landgericht hätte die Klägerin also spätestens Anlass gehabt, weitere Nachforschungen anzustellen, und dazu im Prozess vorzutragen. Das ist fahrlässig nicht geschehen.

bb)

Auch die Gründe der materiellen Gerechtigkeit bieten keinen Anlass für eine andersgeartete Entscheidung des Senats. Denn den von ihr geltend gemachten Schaden, der ihr aus dem Weiterverkauf des (ehemals) klägerischen Fahrzeugs an Herrn W. H. entstanden sein soll, hat sie selber verursacht. Insofern irrt die Klägerin bzw. verstellt sich, wenn sie vorbringt, das (nach ihrer Darstellung betrügerische) Verhalten des Beklagten sei kausal dafür geworden, dass das Fahrzeug auf Grundlage des abgelesenen Kilometerstandes mit einer Angabe von 213.000 km an den Käufer W. H. weiterverkauft wurde und später die mit der Klage geltend gemachten Schäden entstanden. Die Klägerin verstrickt sich in ihren eigenen widersprüchlichen Parteivortrag. Sie hat schon erstinstanzlich vorgebracht, das Fahrzeug habe am Tage der Besichtigung, dem 20.06.2005, einen Kilometerstand von 212.348 km aufgewiesen; hierüber sei durch den Zeugen B. eine Fotodokumentation gefertigt worden. Dieses Vorbringen wiederholt sie nunmehr nochmals. In Kenntnis dieses von ihr erfassten Kilometerstandes beließ die Klägerin anschließend - nach dem Vertragsschluss am 20.06.2005 - dem Beklagten das Fahrzeug für weitere gut 7 Monate, um es am 31.01.2006 schließlich zu übernehmen. Hierbei war ihr bewusst (dass ergibt sich schon aus der Tatsache eines im Gegenzuge zum Verkauf vom Beklagten bei der Klägerin erworbenen neuen Verkaufsfahrzeugs), dass das "alte" Fahrzeug vom Beklagten weiterhin als Verkaufsfahrzeug genutzt, also bewegt werden würde. Wenngleich sie also damit rechnen musste, dass das Fahrzeug während dieser Nutzungszeit (durch den Beklagten) "auch weitere Kilometer fahren" würde (und damit der Kilometerstand weiter - im Vergleich zu dem erfassten Stand: 212.348 km - anwachsen würde), verkaufte sie sodann das Fahrzeug (nach der Übernahme) an Herrn W. H. mit einer - von ihr - angegebenen Kilometerlaufleistung von "ca. 213.000 km". Damit muss sie es sich selber zum Vorwurf gereichen lassen, falsche Angaben gegenüber dem Käufer W. H. gemacht und ihn über die wahre Kilometerlaufleistung nicht aufgeklärt zu haben, denn für sie als Fahrzeugwerkfirma musste es ohne weiteres auf der Hand liegen, dass das Fahrzeug in der Zeit, in der es dem Beklagten noch belassen war (und von ihm genutzt wurde) eine zusätzliche Laufleistung zurückgelegt hatte, weshalb der dem Aufkäufer W. H. bezeichnete Kilometerstand nicht zutreffen konnte (und dieser berechtigt sein Rücktrittsrecht ausgeübt hat). Den ihr aus diesem Kaufgeschäft mit Herrn W. H. entstandenen Schaden hat sie - wie schon das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - selbst kausal verursacht.

4.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. 3 ZPO).

II.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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