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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 16.12.2004
Aktenzeichen: 1 U 28/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 280 Abs. 1
BGB a.F. § 283
BGB a.F. § 398
BGB a.F. § 401
BGB a.F. § 607
BGB a.F. § 766
1. Die Erklärung des Vaters gegenüber einem Gläubiger seines Sohnes, dessen Verbindlichkeit werde in seinem Beisein am Tage "X" getilgt und er werde bis zu jenem Tag seinem Sohn zu diesem Zweck ein Darlehen gewähren, ist eine harte Patronatserklärung, die auch im Verkehr unter Privaten anzuerkennen ist.

2. Die verbindliche Ausstattungsverpflichtung begründet das Recht des Gläubigers, unmittelbar vom Patron Zahlung zu verlangen, wenn der Schuldner in die Insolvenz gerät oder die durch die Patronatserklärung gesicherte Verbindlichkeit nicht erfüllt.

3. Der Patron kann gegen seine Inanspruchnahme nicht mit Erfolg einwenden, der Schuldner habe sich geweigert, von ihm das Darlehen entgegenzunehmen.

4. Ein formbedürftiges Rechtsgeschäft wird nicht durch eine mündliche Nebenabrede nichtig, wenn diese den Verpflichteten entlastet.

5. Der Grundsatz, wonach die Beweislast für das Fehlen einer aufschiebenden Bedingung derjenige trägt, der aus dem Rechtsgeschäft Rechte herleitet, gilt dann nicht, wenn es sich bei der streitigen Bedingung um einen Umstand handelt, der außerhalb der Urkunde liegt.


Oberlandesgericht Rostock Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 1 U 28/04

Lt. Protokoll verkündet am: 16.12.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 16.12.2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H., den Richter am Oberlandesgericht Dr. G. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. J.

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 19.12.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg - 3 O 117/03 - teilweise geändert und wie folgt gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 12.782,30 nebst 6 % Jahreszinsen vom 15.09.1997 bis 15.07.1999 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.

B.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen auch begründet.

I. Der Beklagte schuldet dem Kläger aus seiner schriftlichen Erklärung vom 14.04.1999 in Verbindung mit §§ 280 Abs. 1, 283, 607 Abs. 1, 398, 401 BGB a.F. (im folgenden sind die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung gemeint) den geltend gemachten Hauptsachebetrag.

1. Die vom Beklagten unterzeichnete Urkunde enthält eine harte Patronatserklärung. Darin verpflichtete er sich als Patron gegenüber dem Zedenten Dr. F., dessen Schuldner - den Sohn des Beklagten - bis zum 15.07.1999 mit einem Darlehen auszustatten, um diesen in die Lage zu versetzen, seine mit einem Schuldanerkenntnis vom 02.08.1998 untersetzte Verbindlichkeit aus dem Darlehensvertrag vom 26.04.1996 zu erfüllen. Um diesen Erfolg wollte er sich nicht nur bemühen, sondern für diesen einstehen. Dies ist seiner Erklärung zu entnehmen, derzufolge die Rückzahlung des Darlehens unter Einschluß von Zinsen am 15.07.1999 in seinem Beisein erfolgen sollte. Damit übernahm der Beklagte eine verbindliche Ausstattungsverpflichtung, die Gegenstand einer harten Patronatserklärung ist. Zwar hat die garantieähnliche Patronatserklärung eine wirtschaftlich erhebliche Bedeutung nur im Konzernzusammenhang; rechtlich anerkannt ist sie aber auch außerhalb dessen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 1116: Erklärung eines Lieferanten für seinen Abnehmer; Obermüller, ZIP 1982, 915 [918]: Erklärung von Gesellschaftern/Aktionären gegenüber Dritten). Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gebietet es, das Sicherungsmittel der Patronatserklärung - ebenso wie die nicht kodifizierte Garantie - auch im Verkehr unter Privaten anzuerkennen.

2. Indem der Gläubiger Dr. F. seine Darlehensforderung in Höhe eines Teilbetrages von DM 25.000,- an den Kläger abtrat, gingen auf diesen gemäß § 401 BGB im selben Umfang auch die Rechte aus der Patronatserklärung über (vgl. Habersack, in: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., vor § 765 Rn. 51).

3. Dazu zählt das Recht des Gläubigers, unmittelbar vom Patron - aus §§ 280, 283 Abs. 1 BGB oder entsprechend dem Inhalt und Zweck des garantie- und bürgschaftsähnlichen Rechtsinstituts - Zahlung zu verlangen, wenn der Schuldner in die Insolvenz gerät oder die durch die Patronatserklärung gesicherte Verbindlichkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1042 [1043f]; BGHZ 117, 127 [133f]). Der Beklagte kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, sein Sohn habe sich geweigert, von ihm ein weiteres Darlehen entgegenzunehmen. Das ist unerheblich. Zwar kann der Schuldner nicht gezwungen werden, ihm angebotene Darlehensmittel anzunehmen (vgl. Rümker, WM 1974, 990 [991]). Mit der Ausstattungsverpflichtung übernimmt der Patron aber zugleich die Garantie für seine Leistungsfähigkeit und die hierfür erforderliche Mitwirkung Dritter, im Streitfall also für die Annahmebereitschaft des Sohnes. Für sein Unvermögen haftet der Patron ebenso auf Schadensersatz wie bei Nicht- erfüllung der Erklärung (vgl. Obermüller, a.a.O., S. 918 f).

4. Ebenso vergeblich ist die weitere Behauptung des Klägers, er habe gegenüber Herrn Dr. F. die finanzielle Ausstattung seines Sohnes nur für den Fall angeboten, daß ein weiteres Rußland-Geschäft zustandekommen werde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Patronatserklärung der Schriftform des § 766 BGB bedarf (so wohl Habersack, a.a.O., Rn. 51) oder nicht (so Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl., § 766 Rn. 2 für nur bürgschaftsähnliche Geschäfte). Auch bei Annahme einer Formbedürftigkeit hätte die nicht aufgenommene Nebenabrede keine Nichtigkeit der Verpflichtungserklärung zur Folge, weil die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung den Patron entlastet und deshalb formfrei getroffen werden kann (vgl. BGH, NJW 1994, 1656). Hiervon unabhängig versagt die Behauptung des Beklagten, weil er sie trotz konkludenten Bestreitens des Klägers nicht unter Beweis gestellt hat. Insoweit trifft den Beklagten die Beweislast. Zwar trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast für das Fehlen einer aufschiebenden Bedingung, der aus dem Rechtsgeschäft Rechte herleitet (BGH, NJW 1985, 497; NJW 2002, 2862). Hier kehrt sich jedoch die Beweislast, weil es sich bei der behaupteten Bedingung um einen Umstand handelt, der außerhalb der Urkunde liegt (vgl. BGHZ 20, 109; BGH, NJW 1999, 1702).

II. Der Zinanspruch des Klägers ist nur zum Teil gerechtfertigt.

1. Der Kläger kann für die Zeit vom 15.09.1997 bis zum 15.07.1999 eine sechsprozentige Verzinsung seiner Hauptforderung verlangen. Der Anspruch aus § 280 BGB richtet sich auf das positive Interesse. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei gehöriger Erfüllung stehen würde (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 280 Rn. 5). In diesem Fall hätte der Kläger bis zum 15.07.1999 neben dem Darlehensbetrag die vertraglich vereinbarten Zinsen in Höhe von 6 % p.a. erhalten.

2. Dem Käger stehen unter dem Gesichtspunkt des Verzuges weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2002 zu (§ 288 Abs. 1 BGB) zu. Mit Zustellung des Mahnbescheides vom 12.11.2002 geriet der Beklagte in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB).

3. Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht. Der Kläger hat weder einen über den gesetzlichen Zins hinausgehenden Schaden (§ 288 Abs. 4 BGB) noch einen früheren Verzugseintritt (§§ 286 Abs. 2 und 3 BGB) schlüssig dargelegt.

a. Die Leistung des Beklagten war nicht nach dem Kalender bestimmt (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Ausstattungspflicht hatte er "bis zum 15. Juli 1999" zu erfüllen.

b. Der Behauptung des Klägers, der Beklagte habe sich geweigert, die Forderung auszugleichen, kann nicht entnommen werden, wann und ob auch ernstlich und endgültig die Weigerung erklärt wurde (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

c. Die Zahlungsaufforderung des Klägers vom 18.06.2001 ist keine Rechnung oder eine ihr gleichwertige Zahlungsaufstellung im Sinne des § 286 Abs. 3 BGB. Sie betrifft keine Forderung, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung einer Dienstleistung gerichtet ist (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 286 Rn. 27). Sie enthält auch keinen Hinweis auf die Folgen des § 286 Abs. 3 BGB.

C.

I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Zinsmehrforderung des Klägers war nicht verhältnismäßig geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 ZPO.

II. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. III. Die Revision war nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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