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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 1 U 90/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 292
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 426
BGB § 679
BGB § 683
BGB § 684
1. Zu den Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA).

2. Ausgeschlossen bleiben muss die Anwendung der Grundsätze über die GoA, soweit dadurch die in anderen Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts normierte Risikoverteilung unterlaufen würde. Zu den solchermaßen mit einem Anspruch zusammenhängenden Risiken rechnen auch die Grundsätze zur Verjährung desselben. In diesem Sinne statuiert für den Ausgleich im Innenverhältnis von Gesamtschuldnern die gesetzliche Regelung von § 426 BGB einen Vorrang vor der GoA (§§ 677, 683 BGB)

3. Die Voraussetzungen einer GoA hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der aus ihrem Vorliegen Rechtsfolgen für sich herleitet. Hierbei ist zu beachten, dass die Vermutung eines Fremdgeschäftsführerwillens bei eigenen und zugleich fremden Geschäften grundsätzlich widerleglich ist. In diesem Zusammenhang reicht es zur Widerlegung einer richterrechtlich formulierten Vermutung aus, wenn der nach der Lebenserfahrung anzunehmende Kausalzusammenhang - hier: die Vermutung über das Vorliegen des Willens zur Fremdgeschäftsführung - zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) von der beweispflichtigen Partei nicht geführt werden kann.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 90/08

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 10.07.2008 beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellung des Klägers vom 26.06.2008 gegen den Beschluss des Senats vom 24.06.2008, Az.: 1 U 90/08, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Gegenvorstellung ist unbegründet. Derzeit sind vor dem Senat zu (nahezu) identischen Sach- und Rechtsfragen gegen den Beklagten zwei Verfahren anhängig: jenes zum Az.: 1 U 173/07 und das vorliegende Verfahren zum Az.: 1 U 90/08. In beiden Fällen stützt der Kläger seine weitere Rechtsverfolgung auf den Gedanken, der Klageanspruch könne aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag begründet sein. In genau dieser Weise verhält sich auch die Gegenvorstellung des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit, die ihrerseits wiederum auf den ergänzenden Sachvortrag Bezug nimmt.

Der Senat erlaubt sich - umgekehrt - auf die Zurückweisung eines Anspruches aus GoA (§§ 677, 683 BGB) und die dafür gelieferten Gründe zu verweisen, wie sie im Verfahren 1 U 173/07 mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO dargestellt worden sind (denn auch bei Abweichungen in Einzelpunkten [die soweit möglich gestrichen wurden] ist keine grundsätzlich andersgeartete Sichtweise auszumachen). Diese Gründe lauten - teilweise abgewandelt und auf den vorliegenden Rechtsstreit bezogen - wie folgt:

1.

Das Ziel seiner Rechtsverfolgung stützt der Kläger jetzt (offenbar) allein noch auf die Inanspruchnahme des Beklagten auf der Grundlage der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB). Auch mit einer solchen Klagebegründung kann er keinen Erfolg haben.

a)

Denn die Voraussetzungen einer GoA bei der Zahlung des Klägers an die Gläubigerin hat er nicht hinreichend dargetan.

aa)

Als Geschäftsführer ohne Auftrag handelt, wer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern - mindestens auch - als fremdes besorgt, also mit dem Bewusstsein, der Erkenntnis und dem Willen handelt, (auch) im Interesse eines anderen tätig zu werden (BGHZ 16, 12, 13; 65, 354, 357; 114, 248, 249f.; NJW 2000, 72; Palandt/Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 3 m.w.N.). Das Geschäft muss für den Geschäftsführer keinen objektiv fremden Bezug aufweisen, sondern es genügt i.d.R. dessen Fremdgeschäftsführungswille. Dieser verlangt allerdings das Bewusstsein (kognitives Element) und den Willen (voluntatives Element), das (wenn auch objektiv eigene oder neutrale) Geschäft für den Anderen zu führen (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Soergel/Beuthien, BGB, 13. Aufl., § 677 Rn. 3 m.w.N.); in diesen Sinne muss das Geschäft objektiv der Sorge eines anderen obliegen (vgl. MünchKomm/Seiler, a.a.O., § 677 Rn. 3 m.w.N.). Hierbei sind je nach der Art des Geschäftes an den Fremdgeschäftsführungswillen unterschiedliche Anforderungen zu stellen, außerdem darf die gesetzliche Risikoverteilung nicht unterlaufen werden (vgl. BGH, NJW 2000, 72 Tz. 7 u. 10; NJW 2007, 63, Tz. 12 u. 14, zit. jeweils nach: juris).

bb)

Zur Geschäftsführung ohne Auftrag unterscheidet der Bundesgerichtshof zwischen objektiv und subjektiv fremden Geschäften. Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- und Interessenkreis eingreifen (wie etwa bei der Hilfe eines Verletzten, der Tilgung fremder Schulden oder der Veräußerung einer fremden Sache) wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Dasselbe gilt für den Willen, ein fremdes Geschäft mit zu besorgen, falls es sich auch um ein objektiv fremdes Geschäft handelt, wozu genügt, dass das Geschäft seiner äußeren Erscheinung nach nicht nur dem Besorger, sondern auch dem Dritten zugute kommt (vgl. BGHZ 40, 28, 31; 65, 354, 357; 82, 323, 330f.; 98, 235, 240; NJW 1999, 858, 860; NJW 2000, 72, 73; NJW 2007, 63, 64; jeweils m.w.N.).

Hingegen erhalten objektiv eigene oder neutrale Geschäfte ihren Fremdcharakter erst durch den Willen des Geschäftsführers (auch) zu einer Fremdgeschäftsführung. Dafür besteht grundsätzlich keine tatsächliche Vermutung; der Wille, ein solches Geschäft zugleich für einen anderen zu führen, muss vielmehr hinreichend nach außen in Erscheinung treten (vgl. BGHZ 4, 28, 31; 82, 323, 330f.; 114, 248, 250; NJW 2000, 72, 73; siehe zu allem auch Palandt/Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 6 m.w.N.).

cc)

Für die Abgrenzung, ob der Geschäftsführer - beim zugleich eigenen und fremden Geschäft - neben der Wahrung eigener Interessen zugleich (auch) mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt, wird zugunsten einer dahingehenden Vermutung insbesondere darauf abzustellen sein, ob und inwieweit das Interesse des Anderen an der Vornahme der Handlung im Vordergrund steht (vgl. BGH, NJW 2000, 72 Tz. 9-10; NJW 2007, 63 Tz. 10-14, zit. jeweils nach: juris; Palandt/Sprau, a.a.O.).

dd)

Ausgeschlossen ist die Annahme einer Fremdgeschäftsführung und damit die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag, insgesondere des § 683 BGB, soweit ausdrückliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn bestehen oder soweit dadurch die in anderen Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts vorgesehene Risikoverteilung unterlaufen würde (vgl. BGH, NJW 2000, 72 Tz.: 7ff., zit. nach: juris; Palandt/Sprau, a.a.O., Rn. 7a m.w.N.; Einf v § 677 rn. 8/9). Dadurch wird der Gefahr einer zu weiten und unpassenden Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag vorgebeugt (Palandt/Sprau, a.a.O.). Der Vorrang der gesetzlichen Risikoverteilung - und zwar unabhängig davon, ob sie durch ein vertragliches (etwa § 433 BGB) oder ein gesetzliches (z.B. § 426 BGB) Schuldverhältnis begründet worden ist - hat also etwa zu gelten, wenn der Geschäftsführer nach dem Gesetz seine Aufwendungen selbst tragen soll, oder wenn eine Vergütung nach allgemeinen Grundsätzen lediglich auf vertraglicher Grundlage geschuldet ist (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. m.w.N. a.d.Rspr.). In diesem Sinne statuiert im Grundsatz für den Ausgleich im Innenverhältnis von Gesamtschuldnern die gesetzliche Regelung (und Risikoverteilung) von § 426 BGB einen Vorrang vor der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB) (vgl. BGH, NJW 1963, 2068; Palandt/Sprau, a.a.O.; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn. 1 u. 8; zum Mitbürgen vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 774 Rn. 14 m.w.N.).

ee)

Für den Aufwendungsersatzanspruch gem. § 683 BGB ist außerdem gefordert, dass eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt, d.h. die Übernahme der Fremdgeschäftsbesorgung muss dem Interesse sowie, außer im Falle des § 679 BGB, dem Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, gilt § 684 BGB , Aufwendungsersatz wird also nur gewährt bei einer Genehmigung der Geschäftsführung (Satz 2) oder bei einer ungerechtfertigten Bereicherung des Geschäftsherrn (Satz 1) (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 3).

Das Interesse des Geschäftsherrn an der Übernahme ist an Hand der konkreten Sachlage im Einzelfall nach der objektiven Nützlichkeit und subjektiv bezogen auf das Verhalten des Geschäftsherrn festzustellen. Entspricht die Geschäftsführung dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn, ist sein Interesse zu unterstellen, im übrigen besteht es in der Regel, wenn die Übernahme dem Geschäftsherrn irgendwie nützlich ist (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 4 m.w.N.). Der Wille des Geschäftsherrn muss darauf gerichtet sein, dass der Geschäftsführer die Besorgung gerade für ihn übernimmt. Das wirkliche oder mutmaßliche Einverständnis mit dem zu erlangenden Vorteil genügt nicht (BGH, BB 1982, 331; Palandt/Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 5). Um entsprechenden Einfluss zu ermöglichen, hat der Geschäftsführer die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn alsbald anzuzueigen und im Grundsatz dessen Entschließung abzuwarten (§ 681 BGB). Zum Willen des Geschäftsherrn ist in erster Linie der wirkliche geäußerte Wille, ausdrücklich oder konkludent, maßgeblich. Ansonsten entscheidet der mutmaßliche Wille. Das ist nicht der, den der Geschäftsführer subjektiv, sei es auch schuldlos irrtümlich annimmt, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Mangels anderer Anhaltspunkte ist als mutmaßlich der dem Interesse des Geschäftsherrn entsprechende Wille anzunehmen (vgl. BGHZ 47, 370, 374, NJW-RR 1989, 970; Palandt/Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 6 u. 7 m.w.N.).

ff)

Für die Voraussetzungen einer solchermaßen gearteten Geschäftsführung ohne Auftrag und den Anspruch auf Ersatz der getätigten Aufwendungegn ist - nach allgemeinen Grundsätzen - derjenige beweispflichtig, der aus ihrem Vorliegen Rechtsfolgen für sich herleitet (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 677 Rn. 1 m.w.N.). Zu beachten steht im besonderen, dass die Vermutung des Fremdgeschäftsführerwillens bei eigenen und zugleich fremden Geschäften grundsätzlich - ebenso wie anderen Fällen des Beweiserleichterung mit dem Zugeständnis der Vermutung - widerleglich ist (vgl. etwa zur Widerlegung der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunde Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 125 Rn. 15).

Das ergibt sich zugleich auch aus der prozess-rechtlichen Regelung von § 292 ZPO, wonach in den Fällen, in denen ein Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung aufstellt, der Beweis des Gegenteils zulässig bleibt (sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt). An eine solche Beweisführung werden in der Regel strenge Anforderungen zu stellen sein (vgl. BGH, NJW 1989, 898, zu § 125 BGB). Allerdings ist das Beweismaß, welches an die Widerlegung gesetzlicher Vermutungstatbestände (§ 292 ZPO) gestellt wird - der Beweis des Gegenteils ist danach erst dann geführt, wenn die Unwahrheit der vermuteten Tatsache feststeht oder Tatsachen voll bewiesen sind, aus denen sich ergibt, dass die Vermutung nicht oder anders besteht bzw. bestanden hat (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 292 Rn. 4 m.w.N.) - auf den Fall tatsächlicher Vermutungen, wie sie in der Rechtsprechung verschiedentlich - u.a. bei der Geschäftsführung ohne Auftrag - entwickelt worden sind (zum Streitstand siehe dabei Baumgärtel/Laumen, a.a.O., § 677 Rn. 4 m.w.N.) - nicht (ohne weiteres) zu übertragen.

Vielmehr sind die vom Gesetz aufgestellten, mithin normierten, Vermutungen von den in der Judikatur begründeten tatsächlichen Vermutungen (dazu Zöller/Greger, a.a.O., § 284 Rn. 33) zu unterscheiden (Zöller/Greger, a.a.O., § 292 Rn. 3). Sie finden im Gesetz und im Beweislastverteilungssystem keine Stütze, fallen insbesondere nicht unter § 292 ZPO (Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 284 Rn. 33 m.w.N.). Es handelt sich vielmehr um die der freien richterlichen Beweiswürdigung zuzuordnende Verwertung von Erfahrungswissen oder um richterrechtliche Modifizierungen von schwer beweisbaren Tatbestandsmerkmalen des materiellen Rechts (Zöller/Greger, a.a.O.).

Das bedeutet, dass es zur Widerlegung richterrechtlich formulierter Vermutungen hinreicht, wenn der nach der Lebenserfahrung anzunehmende Kausalzusammenhang - d.h. im Fall der GoA: die Vermutung über das Vorliegen des Fremdgeschäftsführungswillens bei der Führung eines eigenen und zugleich auch fremden Geschäfts - zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) von der beweispflichtigen Partei (also derjenige, die aus der Geschäftsführung ohne Auftrag Rechte für sich herleiten will) nicht geführt werden kann, also nicht mit hinreichender Gewissheit festzustellen ist (in diesem Sinne auch Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 284 Rn. 35 m.w.N.).

b)

Nach diesen vorstehenden Maßstäben kann dem Kläger sowohl aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen kein Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zugebilligt werden.

aa)

Zu konzedieren ist dem Kläger, dass die Prozessparteien des vorliegenden Rechtsstreits als Mitbürgen wie Gesamtschuldner für die Kreditverbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber der Gläubigerin einzustehen hatten und sie deshalb - im Innenverhältnis - in einem Ausgleichverhältnis gem. § 426 BGB zueinander standen. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile des Klägers auf den Beklagten hatte der Erstgenannte die dem Beklagten im Außenverhältnis zur Gläubigerin obliegende Bürgschaftsverpflichtung im Innenverhältnis allein noch zu tragen.

Mit der an die Gläubigerin - im Anschluss zu dem mit ihr im Rechtsstreit vor dem Landgericht Neubrandenburg geschlossenen Vergleich - geleisteten Zahlung in Höhe von insgesamt 10.000,00 € hat der Kläger nach den objektiven Umständen sowohl ein eigenes Geschäft (um sich aus der Inanspruchnahme durch die Gläubigerin zu befreien) wie zugleich ein fremdes Geschäft (da auch der Beklagte als Mitbürge in die Haft hätte genommen werden können) geführt.

bb)

Dies allein gereicht jedoch nicht - wie ausgeführt - , um schon allein aus diesen objektiven Gegebenheiten auf einen Fremdgeschäftsführerwillen des Klägers schließen zu können. Eine dahingehende Vermutung wird nach Ansicht des Senats durch das eigene prozessuale und außerprozessuale Verhalten des Klägers erschüttert, so dass sich eine gesicherte Überzeugung (§ 286 BGB) eines dahingehenden Willens und Wollens des Klägers nicht begründen lässt.

aaa)

Gegen eine entsprechende Willensrichtung ist zunächst das Verhalten im Verfahren zwischen dem Kläger und der D. Bank AG (Gläubigerin) zur Inanspruchnahme aus der Bürgschaft anzuführen. In diesem Rechtsstreit hat der Kläger - unstreitig - zu keinem Zeitpunkt den Einwand eines ihm zustehenden Befreiungsanspruchs gegen den Beklagten eingeführt. Diese unterbliebene Verteidigung des Klägers nährt die Zweifel über das Vorliegen seines Willens, den Prozess mit der Gläubigerin zugleich auch als Geschäft des Beklagten besorgen zu wollen. Denn jedenfalls wäre es ihm möglich gewesen, dem Beklagten in jenem Rechtsstreit - unter Hinweis auf den gegen ihn gegebenen Freistellungsanspruch - den Streit zu verkünden und ihn zur Streithilfe auf seiner Seite aufzufordern. Im diesem Bewusstsein handelte der Kläger jedoch ersichtlich nicht und in diesem Sinne sorgte er auch nicht dafür, dass sich der Beklagte des hiesigen Rechtsstreits im Verfahren mit der Gläubigerin gemeinsam mit ihm gegen den verfolgten Klageanspruch hätte verteidigen können.

ccc)

Entscheidend gegen ein darüber vorhandenes Bewusstsein und eine dementsprechende Willensrichtung spricht vor allem auch der Umstand, dass der Kläger kurze Zeit nach dem Vergleichsschluss vom 28.05.2004 die zwei geschuldeten Raten auf den Vergleichsbetrag von 10.000,00 an die Gläubigerin leistete, ohne zuvor auch nur den Versuch zu unternehmen, den Beklagten auf den ihn gegebenen Befreiungsanspruch hinzuweisen und die entsprechenden Mittel zur Begleichung der Schuld einzufordern. Alle diese Gesichtspunkte lassen erkennen, dass der Kläger den Prozess mit der Gläubigerin und die erbrachte Leistung zum Zeitpunkt der Führung des Geschäfts einzig als eine gegen sich gerichtete Forderung verstanden, sich entsprechend verteidigt und gehandelt hat. Für einen daneben gegebenen Fremdgeschäftsführungswillen fehlt es mithin an einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage.

ddd)

Beleg dafür ist zusätzlich der Umstand, dass der Kläger erst mehr als zwei Jahre nach den geleisteten Zahlungen, nämlich mit Schreiben seiner (jetzigen) Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2006 den Befreiungsanspruch gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat. Wiederum ist nicht ersichtlich, wie sich dieser Zeitraum erklärt, wenn der Kläger schon im Zeitpunkt der Geschäftsführung den Willen zur Fremdgeschäftsführung gehabt haben will. Denn dann hätten bei objektiver Beurteilung umgehend Maßnahmen eingeleitet werden müssen (oder sollen), um in Anbetracht eines für den Beklagten geführten Geschäftes Ersatz für seine ihm entstandenen Aufwendungen zu suchen.

cc)

Mit der Art der betriebenen Rechtsverfolgung kann der Kläger außerdem schon aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben, weil mit einer dermaßen geübten Berufung auf die Geschäftsführung ohne Auftrag die Vorrangregelung des § 426 BGB und die damit verbundenen Risikozuweisungen (dazu nochmals Palandt/Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 7a m.w.N.) unterlaufen würden.

aaa)

Zu den solchermaßen mit einem Anspruch - sei er vertraglicher oder gesetzlicher Natur - zusammenhängenden Risiken rechnen auch die Grundsätze zur Verjährung desselben. Die Verjährung wird - soweit sie begründete Ansprüche (wie hier den Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB) betrifft - durch den Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens gerechtfertigt (vgl. BGHZ 128, 82ff.; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Überbl v § 194 Rn. 7, 8 u. 9 m.w.N.). Zwar gilt der Grundsatz, dass im Falle der Anspruchskonkurrenz, d.h. soweit ein und derselbe Sachverhalt mehrere nebeneinander bestehende Ansprüche begründet, jeder Anspruch selbständig in der für ihn geltenden Frist verjährt (BGHZ 9, 303; 116, 300; ZIP 2004, 1810; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 195 Rn. 17 m.w.N.). Ein Vorrang der kurzen Verjährung besteht jedoch dann, wenn sie nach ihrem Schutzzweck auch die konkurrienden Ansprüche erfassen will. Solches ist insbesondere anzunehmen, wenn - etwa - das Recht des Gläubigers, nach Verjährung des Vertragsanspruches weiterhin Ansprüche aus Delikt oder aus anderen Rechtsgründen geltend zu machen, die kurze Verjährung aushöhlen würde (vgl. BGHZ 66, 317; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 195 Rn. 18 m.w.N.).

bbb)

Dieser Gesichtspunkt lässt sich gleichfalls auf das Verhältnis des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB (im Falle der Mitbürgenhaftung nach § 774 BGB) und der Geschäftsführung ohne Auftrag übertragen. Die Vorrangstellung des § 426 BGB und die mit diesem gesetzlichen Schuldausgleichsverhältnis verbundene Risikoverteilung, die sich letztlich auch in Beginn und Ende der für den Ausgleichsanspruch geltenden kurzen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB) manifestiert (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 17), lässt es nicht zu, dem Gläubiger des Ausgleichsanspruchs (hier dem Kläger) die Befugnis einzuräumen, dem durch die Verjährung des Anspruchs nach § 426 BGB ihm eingetretenen Risiko dadurch zu entgehen, dass er auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag ausweicht (weil ein abweichender Verjährungsbeginn ihm günstiger wirkt).

dd)

Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage ist der Senat indes enthoben. Denn außer am fehlenden Fremdgeschäftsführungswillen scheitert ein Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach § 683 BGB schließlich auch daran, dass jeglicher Vortrag des Klägers zum Interesse des Geschäftsherrn an der Übernahme, einem dahingehend von diesem geäußerten (oder jedenfalls doch mutmaßlichen) Willen und einer diesbezüglich geführten Unterrichtung des Beklagten als Geschäftsherrn über die Führung des Geschäftes (auch seines, des Beklagten) durch den Kläger (§ 681 BGB) fehlt.

Davon aber konnte der (beweisbelastete) Kläger nicht absehen, denn entgegen seiner Behauptung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte - ob der erklärten Absicht der Gläubigerin, die Bürgen in Anspruch nehmen zu wollen - auch von der tatsächlichen Inanspruchnahme des Klägers wusste und dementsprechend hätte geneigt sein können, die Führung des Prozesses mit der Gläubigerin durch den Kläger - hier in Gestalt des geschlossenen Vergleiches - billigen zu wollen. Über einen irgendwie gearteten Willen des Beklagten zu dieser Frage lassen sich unter Berücksichtigung des wechselseitigen Parteivortrages nur Mutmaßungen anstellen, nicht aber Feststellungen treffen, so dass auch von daher der Berufung des Beklagten auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB) kein Erfolg zukommen kann.

2.

Die Gegenvorstellung kann nach allem keinen Erfolg haben.

Ende der Entscheidung

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