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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 16.04.2004
Aktenzeichen: 1 W 17/03
Rechtsgebiete: ZPO, BNotO, GBO, BGB, BeurkG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 1567 Abs. 1 Nr. 1
BNotO § 19
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 1
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 2
GBO § 15
BGB § 839 Abs. 3
BGB § 873 Abs. 1
BGB § 1191 Abs. 2
BGB § 1154 Abs. 3
BeurkG § 53
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 1 W 17/03

Beschluß

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hillmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Garbe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäschke

am 16.04.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 13.11.2002 - Az.: 4 O 259/02 - geändert:

Der Klägerin wird Prozeßkostenhilfe für den 1. Rechtszug unter Beiordnung des Rechtsanwalts M. S. aus A. zu den Bedingungen eines in Neubrandenburg ortsansässigen Rechtsanwaltes bewilligt.

Ratenzahlungen werden nicht angeordnet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin sucht um die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen den Antragsteller aus notarieller Amtspflichtverletzung nach. Durch Vereinbarung vom 24.10.1998 übertrug die A. G. GmbH - nachfolgend als GmbH bezeichnet - der Antragstellerin zur Sicherung einer Darlehensforderung von 60.000,00 DM die im Grundbuch von W. Blatt 558 des Amtsgerichts P. in Abteilung III Nummer 2 eingetragene Grundschuld über den Betrag von 35.000,00 DM nebst Zinsen und sonstigen Nebenleistungen. Die von ihm notariell beglaubigte Abtretungserklärung nebst Eintragungsbewilligung vom 26.10.1998 (Urkundenrollen-Nr. 2484/98) reichte der Antragsgegner mit Schreiben vom 30.11.1998 zur Eintragung der Abtretung beim Grundbuchamt ein. Hiervon machte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schreiben vom gleichen Tag unter Beifügung der Abtretungserklärung in beglaubigter Kopie Mitteilung.

Mit dem an den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom 08.12.1998 machte das Grundbuchamt die Erledigung des Eintragungsantrages davon abhängig, daß der Zeitpunkt der Abtretung an die Antragstellerin sowie deren Geburtsdatum und Beruf angegeben werde. Nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist von zwei Monaten gewährte das Grundbuchamt mit Schreiben vom 04.03.1999 zur Erledigung der erteilten Auflage eine weitere "letzte" Frist von einem Monat unter Ankündigung einer kostenpflichtigen Zurückweisung des Eintragungsantrages im Falle eines erfolglosen Fristablaufs. Dies geschah mit Beschluß vom 08.12.1999. Der Antragsgegner will von diesen Vorgängen dem Geschäftsführer der GmbH, die am 05.05.1999 insolvent wurde, mit Schreiben vom 15.12.1998, 11.03.1999 und 11.01.2000 Kenntnis gegeben haben, wobei er mit dem letztgenannten Schreiben und dem weiteren Schreiben vom 29.04.1999 zugleich die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wegen der bislang nicht beglichenen Notargebühren ankündigte. Eine Unterrichtung auch der Antragstellerin unterblieb. Von dieser erforderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 15.05.2000 die Mitteilung ihres Geburtsdatums. Dem kam die Antragstellerin am 22.05.2000 nach. Den von ihm am 17.10.2000 gestellten erneuten Eintragungsantrag nahm der Antragsgegner mit Schreiben vom 30.11.2000 zurück, nachdem ihm bekannt geworden war, daß das betroffene Grundstück veräußert und hinsichtlich der streitigen Grundschuld über 35.000,00 DM Löschungsbewilligung erteilt worden war.

Die Antragstellerin hat eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung des Antragsgegners darin gesehen, daß dieser sich nicht um die Eintragung der Grundschuldabtretung in das Grundbuch hinreichend gekümmert, insbesondere aber sie - die Antragstellerin - weder über die Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes vom 08.12.1998 und 04.03.1999 noch über den Zurückweisungsbeschluß vom 08.12.1999 informiert habe. Daraus ergebe sich für sie die nachteilige Folge, daß sie einerseits Ansprüche gegen die GmbH wegen deren Insolvenz nicht durchsetzen könne und andererseits die Rechte aus der abgetretenen Grundschuld wegen deren Löschung nicht erlangt habe. Letzteres wäre bei pflichtgemäßem Handeln des Antragsgegners vermieden worden.

Der Antragsgegner ist dem unter anderem mit dem Hinweis entgegengetreten, daß die Antragstellerin nicht Beteiligte des in Rede stehenden Amtsgeschäfts sei. Auch sei für sie aufgrund seines Schreibens vom 30.11 1998 kein Vertrauenstatbestand begründet worden. Im übrigen habe mit der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der GmbH über die Grundschuld nicht mehr wirksam verfügt werden können. Schließlich fehle es an einem Schaden der Antragstellerin, weil das Grundstück mit Vorlasten in Höhe von 100.000,00 DM wertausschöpfend belastet gewesen sei.

Das Landgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Antragsgegner der Antragstellerin gegenüber bestehende Amtspflichten nicht verletzt habe. Die Pflicht zur Überwachung des ordnungsgemäßen Vollzuges seines Eintragungsantrages habe allenfalls gegenüber der GmbH, nicht aber auch gegenüber der Antragstellerin bestanden, weil diese nicht Beteiligte der Amtshandlung sei. Die Antragstellerin sei daran auch nicht als dritte Person, der gegenüber der Antragsgegner Amtspflichten zu erfüllen habe, beteiligt gewesen. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben des Antragsgegners vom 30.11.1998. Dieses habe lediglich der Information der Antragstellerin ohne Begründung eines Vertrauenstatbestandes gedient. Den Antragsgegner habe mithin nicht die Pflicht getroffen, die Antragstellerin über etwaige Eintragungshindernisse und den die Eintragung der Abtretung zurückweisenden Beschluß des Grundbuchamtes zu unterrichten.

Ungeachtet dessen fehle es an einem schutzwürdigen Interesse der Antragstellerin. Diese habe im Zeitpunkt der Grundschuldabtretung und auch später von den Zahlungsschwierigkeiten der GmbH gewußt und die Sicherung ihrer Darlehensforderung nicht dem Antragsgegner überlassen dürfen. Das sei ihre eigene Angelegenheit gewesen, die sie nicht wahrgenommen habe.

Mit ihrer dagegen fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde wendet die Antragstellerin ein, sie sei entgegen der Ansicht des Landgerichts unmittelbar, zumindest aber mittelbar Beteiligte des Amtsgeschäfts gewesen. Der Antragsgegner habe den Auftrag zum Vollzug zur grundbuchlichen Eintragung der Abtretung gehabt. Er habe es pflichtwidrig unterlassen, sie - die Antragstellerin - über die Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes vom 08.12.1998 und 04.03.1999 sowie über den Zurückweisungsbeschluß vom 08.12.1999 und den fehlenden Kostenausgleich durch die GmbH zu unterrichten. Bei rechtzeitiger Information durch den Antragsgegner hätten die vom Grundbuchamt genannten Eintragungshindernisse umgehend beseitigt werden und die Eintragung der Grundschuldabtretung spätestens Ende Dezember 1998 erfolgen können. Zu Unrecht werfe das Landgericht ihr Untätigkeit vor. Aufgrund des Schreibens des Antragsgegners vom 30.11.1998 habe sie davon ausgehen dürfen, daß der Antrag auf Eintragung der Grundschuldabtretung rangwahrend beim Grundbuchamt eingegangen sei. Von der Insolvenz der GmbH habe sie erst durch die spätere Einsicht in die Grundakten erfahren.

Der Antragsgegner tritt dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin entgegen und verweist darauf, daß sein Auftraggeber allein die GmbH gewesen sei. Diese habe ihm die erbetenen Informationen nicht erteilt und zudem die Kosten der Beglaubigung vom 26.10.1998 nicht beglichen, so daß ihm - dem Antragsgegner - ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden habe. In dem Verhalten der GmbH liege ein haftungsausschließendes Mitverschulden, das auch Ansprüche der Antragstellerin entfallen lasse, weil dieser nicht weitergehende Rechte zustünden als der GmbH.

Auf einen vom ihm gesetzten Vertrauenstatbestand könne sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen. Sie sei vielmehr selbst zu einer Nachfrage bei ihm gehalten gewesen.

II.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie erweist sich auch als begründet. Bei vorhandener Bedürftigkeit der Antragstellerin fehlt es dem von ihr beabsichtigten Klagebegehren nicht an der von § 114 ZPO geforderten hinreichenden Erfolgsaussicht.

Der Antragsgegner ist der Antragstellerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO daraus schadenersatzpflichtig geworden, daß die von der GmbH an die Antragstellerin vorgenommene Grundschuldabtretung nicht zur Eintragung in das Grundbuch gelangt ist.

1. Den Antragsgegner trifft der Vorwurf einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung daraus, daß er die Antragstellerin weder über die Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes vom 08.11.1998 und 04.03.1999 noch über den Zurückweisungsschluß des Grundbuchamtes vom 08.12.1999 informiert hat. Entgegen der von ihm und dem Landgericht vertretenen Ansicht traf ihn eine dahingehende Amtspflicht.

a) Die Antragstellerin war nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Funktions- und Zwecktheorie (vgl. BGH, DNotZ 1960, 157 ff), der der Senat folgt, in den persönlichen und sachlichen Schutzbereich der dem Antragsgegner aus der Beglaubigung der Abtretungserklärung obliegenden Amtspflichten einbezogen. Der Umstand, daß die Antragstellerin nicht das Amtsgeschäft mit veranlaßt hat, steht dem nicht entgegen.

(1) Allerdings ist dem Landgericht darin zu folgen, daß die Antragstellerin weder unmittelbare noch mittelbare Beteiligte des Amtsgeschäfts gewesen ist. Letzteres wäre nur der Fall, wenn sie sich anläßlich des vorzunehmenden notariellen Amtsgeschäfts oder unter Bezugnahme auf dieses an den Notar gewandt, ihm irgendwelche Belange anvertraut hätte oder im eigenen Interesse bei der Amtshandlung zugegen gewesen wäre (BGH, DNotZ 1981, 773, 774; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 19 Rdz. 89). Daran fehlt es hier insgesamt. Unstreitig hat allein die GmbH den Antragsgegner um die Beglaubigung der Abtretungserklärung ersucht. Auch ist davon auszugehen, daß der Antragsgegner die Grundschuldabtretung auf Veranlassung der GmbH gemäß § 15 GBO an das Grundbuchamt zur Eintragung eingereicht hat. Das aber schließt einen Drittschutz der Antragstellerin gemäß § 19 BNotO nicht aus.

(2) Amtspflichten können dem Notar auch gegenüber an dem Amtsgeschäft weder unmittelbar noch mittelbar beteiligten Personen erwachsen, wenn deren rechtliche und wirtschaftliche Interessen nach der besonderen Natur des Amtsgeschäfts berührt werden (BGH, WM 1969, 1178, 1179; 1986, 134, 135; 1989, 1466, 1467; BGH, DNotZ 1981, 773, 774; BGH, NJW 1996, 1062, 1064). So verhält es sich hier in der Person der Antragstellerin.

Die Grundschuldabtretung diente der Sicherung der Forderungen der Antragstellerin aus dem mit der GmbH abgeschlossenen Darlehensvertrag. Primär waren mit dem Amtsgeschäft des Antragsgegners die schutzwürdigen Belange der Antragstellerin tangiert. Diese waren darauf gerichtet, daß die Grundschuldabtretung durch Eintragung im Grundbuch gemäß §§ 1191 Abs. 2, 1154 Abs. 3 i.V.m. § 873 Abs. 1 BGB rechtswirksam wurde. Ferner mußte ihr an einer rangwahrenden Eintragung der Abtretung gelegen sein. Dazu bedurfte es eines möglichst umgehend gestellten Eintragungsantrages.

b) Aus dem von ihm vorgenommenen Amtsgeschäft traf den Antragsgegner - auch der Antragstellerin gegenüber - die Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung der Abtretungserklärung beim Grundbuchamt gemäß § 53 BeurkG (vgl. BGH, DNotZ 1979, 311, 312; 1981, 773, 774; BGH, WM 1986, 134, 135), der er mit dem Eintragungsantrag vom 30.11.1998 nachgekommen ist.

c) Ferner war der Antragsgegner gehalten, den grundbuchlichen Vollzug zu überwachen und die Antragstellerin über auftretende Eintragungshindernisse in Kenntnis zu setzen. Anders verhielte es sich, wenn er die Überwachung nicht übernommen und auch von der Ermächtigung des § 15 GBO keinen Gebrauch gemacht hätte (vgl. BGH, WM 1969, 1178, 1179). Der Antragsgegner hat indessen den weiteren Vollzug des Amtsgeschäfts weder der Antragstellerin noch der GmbH überlassen, sondern selbst den Eintragungsantrag gemäß § 15 GBO gestellt. Darüber hat er auch die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.11.1998 unterrichtet. Diesem kommt nicht nur die Bedeutung einer schlichten Information zu. Vielmehr schuf der Antragsgegner der Antragstellerin gegenüber damit einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand, so daß diese annehmen konnte und durfte, der Antragsgegner werde der ihm obliegenden Überwachungspflicht auch ihr gegenüber nachkommen. Dazu gehörte es auch, die Antragstellerin über die Zwischenverfügungen vom 08.12.1998 und 04.03.1999 sowie den Zurückweisungsbeschluß vom 08.12.1999 zu unterrichten.

Hätte der Antragsgegner dieser Pflicht genügt, so hätte er von der Antragstellerin, wie deren Reaktion auf das Schreiben vom 15.05.2000 zeigt, zeitnah noch ihm Jahr 1998, spätestens aber im Frühjahr 1999 die vom Grundbuchamt geforderten Mitteilungen erhalten mit der Folge, daß die Antragstellerin rangwahrend und insolvenzfest (§§ 878, 873 Abs. 2 BGB) als Berechtigte der Grundschuld eingetragen worden wäre.

2. Der Einwand des Antragsgegners, ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin entfalle, weil der GmbH ein haftungsausschließendes Mitverschulden anzulasten sei und ihre - der Antragstellerin - Rechte nicht weiter gehen könnten als die der GmbH, geht fehl.

a) Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.05.1997 - Az.: IX ZR 123/96 - (NJW 1997, 2327 ff) ausgeführt, daß der ein Testament pflichtwidrig nicht beurkundende Notar gegenüber einem in Aussicht genommenen Testamentserben dann nicht hafte, wenn der Erblasser es schuldhaft unterlassen habe, den Notar an die Vornahme des Amtsgeschäfts zu erinnern. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und in Analogie zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei der Drittschutz dahingehend zu begrenzen, daß die Rechte des in den Schutzbereich des § 19 BNotO einbezogenen Dritten nicht weiter gehen könnten als die des unmittelbar Beteiligten. Der Dritte müsse sich vielmehr das Mitverschulden des Vertragspartners des Schädigers anrechnen lassen.

b) Diese vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall zu übertragen, würde auf der Grundlage des Vorbringens des Antragsgegners zu dessen Haftungsausschluß führen.

Der Antragsgegner will, was die Antragstellerin bestreitet, den Geschäftsführer der GmbH mit Schreiben vom 15.12.1998, 11.03.1999 und 11.01.2000 (Bl. 70, 71, 73 d.A.) über die Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes vom 08.12.1998 und 04.03.1999 sowie über den Zurückweisungsbeschluß vom 08.12.1999 unterrichtet haben. Ferner will er den Geschäftsführer der GmbH mehrfach unter Androhung eines Zurückbehaltungsrechts erfolglos zur Begleichung der angefallenen Notarkosten aufgefordert haben. In keinem Fall hätten der Geschäftsführer oder die GmbH reagiert.

Trifft dies zu, so wäre die rechtzeitige und rangwahrende Eintragung der Grundschulabtretung im Grundbuch auch am Verhalten der GmbH gescheitert. Im Falle einer Zurechnung an die Antragstellerin entfiele eine Haftung des Antragsgegners.

c) Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.05.1997 (a.a.O.) zu dem infolge amtspflichtwidrig unterlassener Testamentsbeurkundung weggefallenen Testamentserben ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil sich die Rechtsstellung eines in Aussicht genommenen Testamentserben von der eines durch eine Grundschuldabtretung Begünstigten grundlegend unterscheidet.

Gegenüber dem Testamentserben besteht eine isolierte, selbständige Amtspflicht des Notars wegen dessen bis zum Eintritt des Erbfalls nur schwach ausgestalteten, nämlich im Sinne einer bloß in Aussicht gestellten Rechtsstellung nicht (vgl. Bader, JR 1998, 158). Der Zessionar einer Grundschuld hingegen erlangt gegenüber dem Notar eigenständige Rechte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Notar - wie hier - die Pflicht zur Einreichung der Abtretungserklärung an das Grundbuchamt sowie zur Überwachung des grundbuchlichen Vollzuges übernommen hat (vgl. oben zu II. 1. b)). Bei der Verletzung solcher auch dem Zessionar als Dritten gegenüber bestehenden Amtspflichten ist diesem ein Mitverschulden des Zedenten nicht zuzurechnen. Dessen Mitverschulden vermag daher nicht eine Haftung des Notars gegenüber dem drittgeschützten Zessionar auszuschließen.

3. Auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO kann der Antragsgegner die Antragstellerin nicht verweisen.

Zwar steht der Antragstellerin mit der GmbH, auf deren Verhalten das Scheitern einer rechtswirksamen Grundschuldabtretung ebenfalls beruht, ein weiterer Anspruchsgegner zur Seite. Der andere Ersatzanspruch muß indessen in absehbarer, angemessener Zeit realisierbar und daher zumutbar sein (vgl. BGH, NJW 1993, 1647). Daran dürfte es vorliegend schon deswegen fehlen, weil die GmbH im Mai 1999 insolvent geworden ist und die Antragstellerin von dieser gar nicht oder nur schwerlich Ersatz verlangen kann (vgl. hierzu: Senatsurteil vom 09.03.1995 - Az.: 1 U 186/94 - in DNotZ 1996, 123 ff).

4. Ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil diese es vorwerfbar unterlassen hätte, den Schaden durch den Gebrauch eines "Rechtsmittels" abzuwenden.

a) Allerdings ist anerkannt, daß eine Erinnerung des Notars an die Erledigung des Amtsgeschäfts einem "Rechtsmittel" im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB gleichzusetzen ist (BGH, NJW 1974, 639, 640). Auch kann von einem an dem Notariatsgeschäft Beteiligten verlangt werden, daß er sich nach einiger Zeit bei dem Notar erkundigt, ob die Eintragung erfolgt ist, und diesen gegebenenfalls erinnert (BGH, a.a.O.).

b) Vorliegend ist die Antragstellerin nach Erhalt des Schreibens des Antragsgegners vom 30.11.1998 bis in das Jahr 2000 hinein in dieser Angelegenheit beim Antragsgegner nicht vorstellig geworden. Sie hat erst - unverzüglich - auf dessen Schreiben vom 15.05.2000 reagiert, indem sie am 22.05.2000 die erbetenen Auskünfte erteilte. Der bis dahin verstrichene Zeitraum mag bei objektiver Betrachtung bedenklich lang erscheinen, wenngleich er die Zeitspanne in dem vom Bundesgerichtshof (a.a.O.) entschiedenen Fall weit unterschreitet.

Daß die Antragstellerin über den genannten Zeitraum untätig geblieben ist, vermag einen Haftungsausschluß gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht zu bewirken, weil ihr insoweit ein Verschulden nicht angelastet werden kann. Der Vorwurf eines fahrlässig unterlassenen Gebrauchs eines Rechtsmittels träfe sie nur, wenn die Annahme einer Amtspflichtverletzung durch den Antragsgegner dringlich nahegelegen hätte (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Dafür gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein aus dem Zeitablauf von etwa 1 1/2 Jahren mußte die Antragstellerin nicht auf ein mögliches amtspflichtwidriges Handeln des Antragsgegners schließen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, daß noch in den Jahren 1998 und 1999 die Bearbeitungszeiten der Grundbuchämter im Land Mecklenburg-Vorpommern teilweise durchaus eine Dauer von einem Jahr und mehr erreichen konnten.

5. Der Schaden der Antragstellerin ist darin begründet, daß sie die Sicherheit für ihre Darlehensforderung gegen die GmbH in Gestalt der abgetretenen Grundschuld in Höhe von 35.000,00 DM nicht erlangt hat, bei pflichtgemäßem Verhalten des Antragsgegners jedoch erlangt hätte. Ohne Substanz und daher unbeachtlich hat der Antragsgegner dem entgegengehalten, das betroffene Grundstück sei wegen vorhandener Vorlasten in Höhe von 100.000,00 DM wertausschöpfend belastet gewesen.

III. Die Beiordnung von Rechtsanwalt S. zu den Bedingungen eines am Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts beruht auf § 121 Abs. 3 ZPO.

Der Kostenausspruch folgt aus Nr. 1956 der Anlage 1 zum GKG sowie aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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