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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 10 UF 96/05
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 22 S. 1
1. Bei einer Verurteilung zur Auskunftserteilung richtet sich der Beschwerdewert nach dem Aufwand an Zeit und Kosten für die Erteilung.

2. Der Zeitaufwand für eine eigene Auskunft kann entsprechend § 22 S. 1 JVEG mit höchstens 17 € pro Stunde bewertet werden.


Az.: 10 UF 96/05

Beschluss

In der Familiensache

hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Rostock am 27. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 21.4.2005 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Ludwigslust (Az.: 5 F 516/02) wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes des Berufungsverfahrens wird auf 560 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um von der Klägerin verlangten Zugewinnausgleich. Das Amtsgericht hat ein Teilurteil erlassen; der Beklagte begehrt Änderung des Urteilsausspruchs zu I.1., der ihm Auskunft in dort näher bestimmter Weise auferlegt hat. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass er "sowohl vorgerichtlich als auch im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens Auskunft über den Bestand seines Endvermögens" erteilt und "über das im Normalfall hinausgehende Maß" Belege ausgehändigt habe. Er habe die Jahresabschlüsse für die maßgebenden Jahre, Bilanzen sowie die jeweiligen Gewinn- und Verlustrechnungen mit Anlagespiegeln vorgelegt. Gleichwohl lege ihm das Amtsgericht Auskunftspflichten auf, und das nur deshalb, weil der Sachverständige mehr Material begehre. Die Art der Wertermittlung sei für den Leistungsanspruch bedeutsam, nicht jedoch für die Auskunftsstufe.

Er könne im Einverständnis mit den ihm (früher) verbundenen Mitgesellschaftern Immobilien und Inventar auflisten, nicht aber die stillen Reserven, die "durchaus unterschiedlich bewertet werden könnten", was überdies wiederum Gegenstand der Leistungsstufe sei.

Auf die Verfügung des Gerichts vom 7. Dezember 2005, sich zum Beschwerdewert zu äußern und diesen glaubhaft zu machen, hat der Beklagte ergänzt, er benötige die Hilfe eines Steuerberaters, für den etwa eine Arbeitswoche zu veranschlagen sein dürfte, was er später auf vorsichtig "einige Tage" reduziert hat, weil es um länger zurückliegende Vorgänge ginge. Er geht davon aus, dass seine Beschwer einen Wert von mehr als 600 Euro ausmache.

Die Klägerin sieht den Wert der Beschwer im Bereich von 10.000 Euro; sie stellt auf einen Bruchteil des von ihr verfolgten Hauptsacheverlangens ab.

II.

Die Berufung ist zu verwerfen; sie ist unzulässig, weil der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO maßgebende Wert der Beschwer von mehr als 600 Euro nicht erreicht wird.

Die Beschwer eines Auskunftspflichtigen ist mit dem Aufwand an Zeit und Kosten anzusetzen, der ihm durch das Erteilen der Auskunft erwächst (BGH FamRZ 2005, 104; 2003, 1923 li. Sp.); für die abweichende Meinung der Klägerin besteht kein Raum. Der Aufwand des Beklagten ist im konkreten Fall als unterhalb der maßgebenden 600 Euro anzunehmen. Er macht zumindest - auch nach wiederholtem Hinweis - nicht glaubhaft, dass dieser Betrag überschritten ist.

Sollte der Beklagte - wie er ursprünglich darlegt - die Auskunft bereits erteilt haben, wäre sein Aufwand schon nach seinem eigenen Vortrag gering, weil er die Auskunft nur wiederholen müsste. Ihm entstünde Aufwand also nur aus dieser erneuten Vornahme (Übersenden von Ablichtungen o.ä.). Der Zeitaufwand dafür ist schwerlich mit mehr als vielleicht zwei bis drei Stunden anzunehmen. Und die Kosten für das Vervielfältigen von Schriftstücken wird einen zweistelligen Eurobetrag kaum wesentlich überschreiten.

Unterhalb des Wertes von 600 Euro ist die Beschwer des Beklagten indessen auch anzunehmen, soweit man die Auskünfte zu lit. a bis e des angegriffenen Urteils betrachtet. Der Beklagte hat gemäß lit. a (nach den Worten "durch die Vorlage" im Urteilstenor) aufzulisten, für welches Wirtschaftsgut welche Sonderabschreibung vorgenommen worden sind (womit Abschreibungen im Sinne des § 4 FöGbG gemeint sein dürften). Vergleichbare Listen hat er zu erstellen im Hinblick auf lit. b, c und d; insgesamt also eine nach den Gegenständen Inventar, Pachtverträge und Immobilien aufgegliederte Zusammenstellung, was ungeachtet von Besonderheiten jeden Einzelfalles regelmäßig zur ordnungsgemäßen Auskunft gehören wird (vgl. zu landwirtschaftlichen Betrieben OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 168 [169 re. Sp.]). Für die hier zu beurteilende Beschwer geht es allerdings nur um den dem Beklagten daraus erwachsenden Aufwand.

Nur scheinbar zu Recht beanstandet der Beklagte die ihm auferlegte Pflicht, die stillen Reserven aufzustellen. Einzuräumen ist ihm insoweit eine unglückliche Formulierung des Urteilstenors zu lit. e, die auf einem vergleichbar unglücklichen Antrag der Klägerin fußt.

Unter "Stiller Reserve" ist die Differenz zwischen dem Buchwert und dem auf den Stichtag des Jahresabschlusses bezogenen Zeitwert eines Bilanzpostens zu verstehen. Dabei handelt es sich um in der Bilanz nicht ausgewiesenes Eigenkapital. Zum Aufdecken der stillen Reserven bedürfte es einer vergleichenden Betrachtung des Bilanzwertes des Wirtschaftsgutes mit seinem Zeitwert, mithin dessen aktueller Bewertung, was nach einhelliger Auffassung nicht Gegenstand der Auskunftspflicht des § 1379 BGB ist (vgl. Staudinger/Thiele [2000] § 1379, Rn. 18 mit Rspr.-Nachweisen). Deshalb ist lit. e des Urteilstenors verständig zu lesen und demgemäß so zu verstehen, dass der Beklagte in der Bilanz enthaltene Posten zu beschreiben hat, deren Zeitwert er als höher annimmt, als es die Bilanz ausweist. Folglich geht es auch in diesem Fall lediglich um eine Liste bestimmter Gegenstände mit der Angabe ihrer wertbildenden Eigenschaften.

Für das Erstellen fünf solcher Auflistungen mit Beschreibungen nimmt der Senat im Wege einer Schätzung für jeden der im Urteilstenor eingangs genannten drei Betriebe einen Arbeitstag, zusammen also drei Arbeitstage an. Insoweit orientiert sich der Senat nunmehr an der Angabe "mehrere Arbeitstage" im Schriftsatz des Beklagten vom 7. März 2007. Legt man vorsorglich 10 Arbeitsstunden pro Tag zu Grunde, ergeben sich insgesamt 30 Stunden, was bei einem Stundensatz von 17 Euro, den § 22 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes einem Zeugen als Verdienstausfall höchstens zubilligt, zu 510 Euro führt. Auch mit einem weiteren Betrag für Sachaufwendungen, der hier vorsorglich mit 50 Euro angenommen wird, verbleibt es bei einem Gesamtbetrag, der den Grenzwert von 600 Euro nicht übersteigt.

Unerheblich ist hier das Honorar eines hinzugezogenen Steuerberaters oder sonst helfender Dritter. Der Beklagte schuldet die Auskunftstätigkeit persönlich. Das obliegt ihm aus § 1580 BGB und der zwischen den Parteien insoweit noch geltenden familienrechtlichen Beziehung.

Aufwendungen für das Hinzuziehen eines Dritten sind im Sinne der Beschwer nur dann beachtlich, wenn diese Kosten zwangsläufig entstehen, die Auskunft also andernfalls nicht in sachgerechter Weise erteilt werden kann (BGH FamRZ 2003, 1267 ff.).

Die Hilfe eines Steuerberaters ist nicht wegen notwendiger besonderer Sachkunde erforderlich. Dem Beklagten wird zumutbare Tätigkeit abverlangt. Er hat bestimmte Vermögensgegenstände der Unternehmen aufzulisten und zu beschreiben, an denen er als Gesellschafter beteiligt ist, und deren andere Gesellschafter mitwirkungsbereit sind. Es ist nicht ersichtlich, warum es für diese Tätigkeit spezifischer Fachkenntnisse bedürfen soll. Es liegen insbesondere keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte, ein an mehreren Gesellschaften beteiligter Unternehmer, geschäftsungewandt und deshalb außerstande ist, die verlangte Auskunft ohne fremde Hilfe zu erteilen.

Sachverständige Hilfe wird wahrscheinlich geboten sein, soweit es um das Bewerten der stillen Reserven geht, weil das sachgerechte Ermitteln des Zeitwerts der in Betracht kommenden bilanzierten Wirtschaftsgüter, insbesondere des Anlagevermögens, einzeln oder als Sachgesamtheit wahrscheinlich spezifischer fachlicher Erfahrungen und Kenntnisse des Marktes im landwirtschaftlichen Bereich bedürfen wird. Ob ein vom Beklagten für notwendig gehaltener Steuerberater über solche Kenntnisse verfügt, mag zumindest zweifelhaft sein und sei hier nur als insoweit wenig taugliches Argument für den Vortrag zum Beschwerdewert erwähnt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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