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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 10 WF 204/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, RPflG


Vorschriften:

ZPO § 121
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO §§ 567 ff
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 55
RVG § 56 Abs. 2
RPflG § 11 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 WF 204/08 10 WF 34/09

Beschluss

In der Familiensache

hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Rostock am 12.3.2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die als Erinnerung auszulegende Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Gebührenfestsetzungsbeschluss vom 10.7.2008 wird zuständigkeitshalber an das Familiengericht verwiesen.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 4.8.2008 gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 15.10.2007 wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden niedergeschlagen (§ 21 GKG).

Gründe:

A. Zum Rechtsmittel gegen den Gebührenfestsetzungsbeschluss ( Ziffer 1. des Tenors):

I. Der Rechtsmittelführer ist dem Antragsgegners in einer Scheidungssache gemäß § 121 ZPO beigeordnet worden. Mit dem angefochtenen Gebührenfestsetzungsbeschluss hat das Familiengericht von den von ihm geltend gemachten Kosten Reisekosten in Höhe von 50 Euro zzgl. MwSt. von 9,50 Euro = insgesamt 59,50 Euro abgesetzt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Beschwerdeführers.

II. Das Rechtsmittel ist als Erinnerung auszulegen. Gemäß §§ 33 Abs. 3, 55, 56 Abs. 2 RVG ist eine Beschwerde gegen einen Gebührenfestsetzungsbeschluss nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder das Rechtsmittel vom Gericht, das die angefochtenen Entscheidung erlassen hat, zugelassen worden ist. Beides liegt nicht vor. Für die Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 11 Abs. 2 RPflG das Familiengericht zuständig. Die angefochtene Entscheidung ist von einer Rechtspfleger getroffen worden.

B. Zur sofortigen Beschwerde vom 4.8.2008 gegen den ("Prozesskostenhilfe - ") Beschluss des Familiengerichts vom 15.10.2007 (Ziffer 2. des Tenors):

I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht dem Antragsgegner den Beschwerdeführer gemäß § 121 ZPO als Rechtsanwalt beigeordnet. Nach der diesem übersandten Leseabschrift ist die Beiordnung ohne jegliche Einschränkung erfolgt. Das vom zuständigen Richter unterschriebene Original enthält die Einschränkung "...Die Beiordnung erfolgt zu den Sätzen eines ortsansässigen Rechtsanwalts...". Nachdem das Gericht mit Schreiben vom 17.7.2008 auf den genannten Fehler hingewiesen und eine neue berichtigte Leseabschrift übersandt hat, hat der Beschwerdeführer gegen den Beschluss vom 15.10.2007 Beschwerde eingelegt.

II. Die nach den § 127 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. §§ 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass zwischen dem erstmaligen Zugang der (fehlerhaften) Abschrift des Beschlusses vom 15.10.2007 beim Beschwerdeführer und dem Eingang der Rechtsmittelschrift ein Zeitraum von mehr als einem Monat verstrichen ist. Denn entscheidend für den Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist ist der Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer vom korrekten Inhalt des Beschlusses Kenntnis hat erlangen können. Die berichtigte Abschrift des genannten Beschlusses ist dem Beschwerdeführer erst mit Schreiben vom 17. Juli 2008 übersandt worden. Das Rechtsmittel gegen den Beschluss ist am 5.8.2008 beim Familiengericht eingegangen, mithin innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Maßgebend für den Umfang der Beiordnung ist die Urschrift des Beschlusses (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Auflage § 121 Rn. 32 sowie § 120 Rn.3 m.w.N.; OLG Stuttgart Justiz 1986, 18) und nicht die falsche Ausfertigung. Denn nur die Urschrift enthält die erforderliche richterliche Willensbildung. Der Urkundsbeamte kann diese nicht durch die Hinausgabe einer falschen Abschrift abändern. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdeführer zitierten Kommentierung bei Zöller (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Auflage § 119 Rn. 49). Diese beschäftigt sich mit der Frage, ob die Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann, wenn sie fehlerhaft bewilligt worden ist. Die Frage, ob für die Bewilligung die Urschrift oder die Abschrift des Bewilligungsbeschlusses maßgeblich ist, ist nicht Inhalt der genannten Kommentierung.

Zu Recht hat das Familiengericht den Beschwerdeführer nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Anwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ist nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen. Er ist in W geschäftsansässig. Durch seine einschränkungslose Beiordnung würden - wie der Vorgang zeigt - der Staatskasse weitere Kosten entstehen . Denn neben den regulär anfallenden Gebühren fallen Fahrt- und Abwesenheitskosten (Auslagentatbestände 7004 und 7005) an.

Der Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts steht auch nicht entgegen, dass das Familiengericht nicht vor seiner Entscheidung über den Beiordnungsantrag die Zustimmung des Beschwerdeführers zu dieser Einschränkung eingeholt hat. Der Senat folgt der Ansicht des BGH (BGH FamRZ 2007, 37 - mit einer ausführlichen Darstellung des Streitstandes zu dieser Frage), dass ein Rechtsanwalt Kenntnis vom Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO hat. Beantragt er dennoch bei einem auswärtigen Gericht seine Beiordnung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er konkludent seine Zustimmung zu einer Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalt" erklärt.

Ende der Entscheidung

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