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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 17 Verg 3/06
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 7
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
GWB § 123 Satz 3
VOL/A § 2 Nr. 3
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 3
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a)
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d)
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

17 Verg 3/06

Verkündet am: 03.05.2006

In dem Vergabebeschwerdeverfahren

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. H..., den Richter am Oberlandesgericht L... und die Richterin am Amtsgericht a.w.A.f. Ri'in J...

am 03.05.2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin, festzustellen, dass die Antragsgegnerin durch die Vergabe der Lose 2 und 3 der mit Vergabebekanntmachung vom 13.09.2003 ausgeschriebenen Versicherungsdienstleistungen die Rechte der Antragstellerin verletzt habe, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB.

Die Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Beigeladenen werden für notwendig erklärt.

Gründe:

Die Antragsgegnerin schrieb mit Vergabebekanntmachung vom 13.09.2003 europaweit Versicherungsleistungen für den Landkreis Güstrow in 3 Losen aus:

Die Antragstellerin bewarb sich ebenso wie die Beigeladene um alle Lose. Der Zuschlag für die Lose 2 und 3 wurde der Beigeladenen erteilt.

Die Antragstellerin rügte am 16.12.2005 die Verletzung von Vergabevorschriften. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

Hiergegen erhob die Antragstellerin sofortige Beschwerde, mit der sie beantragte,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Haupt- und etwaigen Nebenangebote der Beigeladenen in dem Verfahren über die Vergabe von Versicherungsdienstleistungen für den Landkreis Güstrow zu den Losen 2 (Elektronikversicherung) und 3 (Musikinstrumentenversicherung) auszuschließen und eine Neubewertung der verbliebenen Angebote zu den Losen 2 und 3 anzuordnen.

Nachdem die Antragsgegnerin der Beigeladenen den Zuschlag für die Lose 2 und 3 erteilt hatte, stellte die Antragstellerin ihren Antrag gemäß § 123 Satz 3 GWB um.

Sie hält folgende Rügen aufrecht:

Die Punkteermittlung im Bereich Schadensverhütungsberatung für die Beigeladene sei angesichts der Kürze deren diesbezüglicher Ausführungen zu hoch ausgefallen. Bei einer niedrigeren Wertung wäre der Zuschlag an sie selbst erteilt worden.

Die Beigeladene weise nicht die erforderliche Zuverlässigkeit auf. Sie habe den Kreis der Nicht-Mitgliederverträge überschritten, der nach der Satzung das Verhältnis von mitgliedsfreien Einnahmen zu Gesamtbeitragseinnahmen von 10% nicht überschreiten dürfe. Hierdurch sei der Eintritt einer Unterdeckung nicht ausgeschlossen, was die Unzuverlässigkeit der Beigeladenen indiziere.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Antragsgegnerin durch die Vergabe der Lose 2 und 3 der mit Vergabebekanntmachung vom 13.09.2003 ausgeschriebenen Versicherungsdienstleistungen die Rechte der Antragstellerin verletzt habe.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt zudem den Antrag, die Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Der Senat hat mit Beschluss vom 27.02.2006 den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.

Das Nachprüfungsverfahren hat sich durch die Erteilung des Zuschlages erledigt. Der umgestellte Antrag auf Feststellung, dass die Antragstellerin durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt ist, ist zulässig, § 123 Satz 3 GWB.

Der Antrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist durch das angegriffene Vergabeverfahren nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben in der mündlichen Verhandlung versichert, dass mit dem Zuschlag und dem Abschluss des Versicherungsvertrages keine Zwangsmitgliedschaft in der Beigeladenen verbunden sei. Die Antragstellerin hat ihre Behauptung, das Angebot der Beigeladenen sei nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) und d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A zwingend von der Wertung im Vergabeverfahren auszuschließen, da es keine vollständigen Preise aufweise, für diesen Fall nicht weiterverfolgt.

Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beigeladenen bestehen nicht. Ein Ausschluss gemäß §§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, 2 Nr. 3 VOL/A ist nicht veranlasst.

Ob und wieweit die Beigeladene gegen ihre eigene Satzung verstößt, ist, worauf die Vergabekammer bereits hingewiesen hat, nicht Sache des Vergabenachprüfungsverfahrens. Für die Vermutungen der Antragstellerin, dass die Versicherungsabschlüsse ohne Vereinsbeitritt die 10%-Grenze überschreiten würden und bereits hätten und hiermit eine "Erosion der Beitragskalkulation" sowie ein Einschreiten der Versicherungsaufsicht verbunden sei, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Darlegungen der Antragstellerin lassen an der Zuverlässigkeit der Beigeladenen keine greifbaren Zweifel aufkommen, zumal der Verfahrensbevollmächtigte der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung anwaltlich aus eigener Kenntnis versichert hat, dass der Anteil der Fremdgeschäfte der Beigeladenen unterhalb des Wertes von 10% liege.

Auch wenn -theoretisch- die Überschreitung der 10%-Marge mangels für relevant erachteter sonstiger Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann, wird hierdurch die Zuverlässigkeit der Beigeladenen zum entscheidungserheblichen gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Frage gestellt. Denn es bestehen -außerhalb einer bloßen Spekulation- keinerlei erhebliche Anhaltspunkte, dass a) eine Liquiditätsschwäche der Beigeladenen zu besorgen ist noch b), dass bei Eintritt einer größeren Deckungsverpflichtung das (nachschießende) Umlageverfahren notleidend würde.

Schließlich führt auch die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe das Kriterium "Schadensverhütung und -unterstützung" (zu Los 2) für die Beigeladene zu hoch bewertet, nicht zum Erfolg.

Die Ausübung des der Vergabestelle zustehenden Beurteilungsspielraums unterliegt nur einer eingeschränkten rechtlichen Prüfung auf Beurteilungsfehler. Die Prüfung des Beschwerdegerichts ist in tatsächlicher Hinsicht darauf zu beschränken, ob der Bewertung schwere, offenkundige Fehler anhaften (OLG Jena, Beschluss vom 22.12.1999, AZ: 6 Verg 3/99, BauR 2000, 396f). Dieses wäre z.B. der Fall, wenn die Wertung willkürlich, unangemessen oder abweichend von der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen erfolgt wäre. Ein derartiger Fehler ist nicht feststellbar.

Zwar ist das Angebot der Beigeladenen zur "Schadensverhütung und -unterstützung" im Vergleich zu der ausführlicheren Darstellung der Antragstellerin sehr kurz gefasst. Anhaltspunkte für die Annahme, das Angebot der Beigeladenen sei inhaltlich weniger erschöpfend oder sogar unzureichend, ergeben sich jedoch nicht. Die Beigeladene hat die ausgeschriebene Leistung als unentgeltliche fachliche Beratung in Sicherheitsfragen durch einen eigenen Sachverständigen und damit in dem von der Vergabestelle geforderten Umfang angeboten.

Das Angebot der Antragstellerin ist durch die Antragsgegnerin besserrangig mit 10 Punkten bewertet worden. Die Bewertung des Angebotes der Beigeladenen mit 8 Punkten stellt unter Berücksichtigung dessen Vollständigkeit eine nachvollziehbare Abwägungsentscheidung dar. Eine weitere Herabsetzung der Wertung hätte, wie der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, im Verhältnis zur Vollpunktzahl eine nicht feststellbare Mangelhaftigkeit impliziert.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind der Antragstellerin aufzuerlegen, § 91 ZPO, §§ 154, 162 VwGO analog.

Der Beschwerdewert beträgt 2.002,53 €, § 12a Abs. 2 GKG

Los 2:|12.315,14 € Los 3:|1.035,05 € 13.350,19 € x 3 Jahre| 40.050,57 € hiervon 5%| 2.002,53 €

Ende der Entscheidung

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