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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 09.05.2001
Aktenzeichen: 17 W 4/01
Rechtsgebiete: GWB, VOF, VOB/A, ZPO


Vorschriften:

GWB § 121
GWB § 121 Abs. 1 S. 2
GWB § 121 Abs. 1 S. 1
GWB § 121 Abs. 1
GWB § 121 Abs. 2 S. 2
GWB § 97 Abs. 1
GWB § 97 Abs. 2
GWB § 97 Abs. 5
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 S. 1
GWB § 107 Abs. 3 S. 2
GWB § 116
GWB § 115 Abs. 2 S. 2
GWB § 115
GWB § 117 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 128
VOF § 16 Abs. 3
VOF § 16
VOF § 16 Abs. 1
VOF § 16 Abs. 2
VOF § 8 Abs. 1
VOF § 8 Abs. 3
VOF § 10
VOF § 10 Abs. 3
VOF § 10 Abs. 1
VOF § 4 Abs. 2
VOB/A § 2 Nr. 2
VOB/A § 26 Nr. 2 Lit. c
ZPO § 97
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 17 W 4/01

In dem Verfahren auf Vorabentscheidung über den Zuschlag gemäß § 121 GWB hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Rostock durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts den Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht

am 9. Mai 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Vorabentscheidung über den Zuschlag wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer und Antragsteller (im Folgenden: der Beschwerdeführer) schrieb durch Bekanntmachung in den Amtsblättern von M -V und der EU am 18. Juli 2000 ein europaweites Vergabeverfahren zur Vergabe der Dienstleistung "Unterstützung der Gemeinsamen Verwaltungsbehörde (GVB) des Landes M -V bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Organisation, Begleitung und Bewertung der EU-Strukturfonds" aus. Als Verfahrensart wurde das beschleunigte Verhandlungsverfahren gewählt. Zur Begründung dieser Verfahrensart war in der Bekanntmachung der relativ späte Zeitpunkt der Vorlage der aktuellen Fassung der relevanten EU-Vorschriften angegeben. Dieser habe eine zeitlich frühere Ausschreibung in dem vierstufigen Programmierungsverfahren nicht zugelassen. Weil bereits größere Datenflüsse aus Förderungen angefallen seien und der Organisationsaufbau unverzüglich anlaufen müsse, sei dringender Handlungsbedarf gegeben.

Hinsichtlich der Kategorie der Dienstleistung und Beschreibung wurden diverse CPC-Referenznummern, CPV-Kategorien sowie CPV-Codes dargestellt. Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge war der 31. Juli 2000. Um die Teilnahme bewarben sich 13 Unternehmen.

Der Beschwerdeführer wählte 4 Unternehmen - die Beschwerdegegnerin, die B-Servis GmbH (im Folgenden: BBJ), die PWC Deutsche Revision -P W C - (im Folgenden: PWC) und das Landesförderinstitut M V (im Folgenden: LFI) - aus und forderte diese mit Schreiben vom 25.08.2000 zur Abgabe eines detaillierten und vollständigen Angebotes bis zum 04. September 2000 als Grundlage für einen abschließenden Endverhandlungstermin am 19.09.2000 auf. In dem genannten Schreiben wird ausgeführt, die Entscheidung ergehe voraussichtlich am 29.09.2000.

Dem Schreiben waren beigefügt:

1. Pflichtenheft: Aufgaben der GVB

2. Abgrenzungshilfe: Aufgabenbeschreibung für EFRE-Begleitung

3. KOM-(EG)-VO Entwürfe a. Finanzkontrolle b. Finanzkorrektur c. buchhalterische Daten

4. ergänzende Erläuterungen.

Bei dem "Pflichtenheft" handelte es sich um eine Studie der R B und Partner GmbH mit dem Titel:

Aufgaben der Zentralen Behörde zur Verwaltung der EU-Strukturfonds in M/V - 2. LA/Abschlusspräsentation - S 03. März 2000.

Diese Studie war seitens des LFI - ein Geschäftsbereich der N L G - in Auftrag gegeben worden. Die Studie stellte auf 137 Seiten die Ausarbeitung des Projektzieles dar: "Organisation und Systeme der künftigen Fondverwaltung" zu erarbeiten. Hierin findet sich der Vorschlag, einzelne Aufgaben an externe Dienstleister zu vergeben.

Den ausgewählten Teilnehmern des Verhandlungsverfahrens wurde diese Studie mit einem handschriftlich geänderten Deckblatt übersandt. Gestrichen wurde das Wort "Zentralen", über die Streichung handschriftlich gesetzt "Gemeinsamen". Hinter das Wort "Verwaltung" wurde der handschriftliche Zusatz "GVB" in einer Klammer gesetzt. Im weiteren Text der Studie war die Bezeichnung ZVB nicht abgeändert worden. Die Anlage 2 "Abgrenzungshilfe: Aufgabenbeschreibung für EFRE-Begleitung" bestand aus einem 2-seitigen Ausschnitt aus einer anderweitigen Ausarbeitung, die zahlreiche handschriftliche Streichungen sowie den handschriftlichen Zusatz "Zur Verdeutlichung der Abgrenzung zwischen der Begleitfunktion für einen der 3 relevanten Strukturfonds, (hier: EFRE) und derjenigen für die organisatorisch übergeordnete GVG" enthielt. Die Anlage 4 enthielt auf 3 Seiten "Ergänzende Erläuterungen zur Aufgabenstellung für Bewerber".

Die BBJ verzichtete mit Schreiben vom 31.08.2000 unter Hinweis auf die gesetzte Frist zur Angebotsabgabe auf eine weitere Verfahrensteilnahme. Das LFI hatte bereits unter dem 31.07.2000 seine Leistungen mit insgesamt DM 10,54 Mio. inkl. Mwst. angeboten. Mit Schreiben vom 04.09.2000 übersandte sie dieses Angebot erneut, jedoch mit einer "Ergänzung". Auch dieses Angebot endete mit DM 10,54 Mio.

Die Beschwerdegegnerin ihrerseits gab unter dem 30.08.2000 ein 50-seitiges Angebot ab, das für die Jahre 2000 bis 2006 mit einem vorläufigen Gesamtbetrag von 18,99 Mio. DM zzgl. Mwst. endete. Kalkulationsbasis sollte ein durchschnittlicher Tagessatz von mindestens 10 Arbeitskräften und 3 Bürostandorten sein. Hinzu kamen Kosten von DM 943.756,67 für die Errichtung des DV-Systems in der GVB sowie Wartungsaufwendungen.

Die PWC übersandte unter dem 01.09.2000 ein Angebot, das lediglich die Aufgaben zur sachlichen Begleitung der GVB zu einem Preis von DM 0,72 Mio. p.a. aufführte. Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und der gleichzeitigen hohen Komplexität der DV-Aufgabe sei es ihr noch nicht möglich gewesen, ein hinreichend belastbares Angebot abzugeben.

Am 19.09.2000 fanden mit den drei verbliebenen Bewerbern Verhandlungen statt, in denen diesen die Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben wurde. Die Beschwerdegegnerin monierte hierbei das Fehlen eines verwertbaren Mengen- und Leistungsansatzes. Der Beschwerdeführer entgegnete, solche lägen ihm nicht vor.

Mit Schreiben vom 22.09.2000 übersandte die Beschwerdegegnerin unter Bezugnahme auf das Vergabegespräch ein überarbeitetes Angebot, das Gesamtkosten von 8,352 Mio. DM aufwies. Die Beschwerdeführerin errechnete nach Korrektur der Angaben hingegen einen Gesamtpreis von 10,73 Mio. DM..

Das LFI kürzte seine Honorarforderung in der Folgezeit entsprechend dem Inhalt der Vergabegespräche unter entsprechender Reduzierung des Leistungsumfanges um 20 %. Ob die PWC ebenfalls eine Preiskorrektur vorgenommen hat, ist nicht vorgetragen worden.

Nach Auswertung der 3 eingegangenen Angebote teilte der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin in einem Telefonat mit, dass er ihr Angebot nicht annehmen werde.

Mit Schreiben vom 11.10.2000 wandte sich die Beschwerdegegnerin an den Beschwerdeführer und gab ihrer Verwunderung Ausdruck. Sie habe ihre Leistung, die inhaltlich allen Anforderungen entspreche, zu einem Tagessatz pro eingesetztem Personal von DM 1200 angeboten. Sie gehe davon aus, dass sie damit das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Sie bat, ihr die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes binnen 14 Tagen, spätestens 10 Tage vor der Zuschlagserteilung mitzuteilen. Weiterhin bat sie, wie bereits im Vergabegespräch angesprochen, ihr einen verwertbaren Mengen- und Leistungsansatz für den ausgeschriebenen Auftrag zukommen zu lassen. Sie bat um Rückantwort bis zum 23.10.2000.

Der Beschwerdeführer erwiderte mit Schreiben vom 19.10.2000, die Verhandlungen mit der Beschwerdegegnerin hätten gezeigt, dass sie die Aufgabenstellung tatsächlich erheblich anders aufgefasst habe, als diese den Informationsunterlagen zu entnehmen gewesen sei. Dieses sei bereits als ein deutliches Hemmnis zu werten, da es gerade die Aufgabe des Dienstleisters sein solle, die GVB angesichts eines außerordentlich komplexen Verfahrens zu unterstützen. Die Beschwerdegegnerin habe nicht überzeugend belegen können, dass sie diesen Ansprüchen gerecht zu werden vermöge. Ihr sei in der Verhandlungsrunde vom 19.09.2000 Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden. In dem 2. Angebot habe sie zwar ihre Leistungsbeschreibung im wesentlichen korrekt auf den von dem Beschwerdeführer in der 1. Verhandlungsrunde detailliert definierten Aufgabenumfang reduziert. Allerdings seien ihr einige kleine Fehler unterlaufen. Auch wenn es sich hier um Büroversehen handeln dürfte, so sei das neue Angebot gleichwohl nicht geeignet, den bereits angesprochenen Gesamteindruck in Sachen Qualität entscheidend zu verbessern. Schließlich habe das geforderte Honorar den Ausschlag dafür gegeben, dass ihr Angebot im weiteren Verfahren nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Mit insgesamt ca. 10,7 Mio. DM liege ihre Forderung weit über dem Niveau der beiden verbliebenen Bewerber. Hinzukomme, dass diese Summe die max. verfügbaren, relevanten Haushaltsmittel übersteige. Die von der Beschwerdegegnerin angeforderten genaueren Mengen- und Leistungskennzahlen gebe es nicht.

Daraufhin leitete die Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 27.10.2000 ein Vergabenachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer beim Wirtschaftsministerium M V ein.

Zur Begründung hat die Beschwerdegegnerin vorgetragen, der Beschwerdeführer habe, da er nicht in der Vergabebekanntmachung oder in der Aufgabenbeschreibung alle Zuschlagskriterien aufgeführt habe, gegen § 16 Abs. 3 VOF verstoßen. Er habe weiterhin gegen Vergabevorschriften dahingehend verstoßen, dass er zur Begründung der Ablehnung ihres Angebotes Bewertungen aus dem Bereich der subjektiven Eignung genannt habe. Der Beschwerdeführer habe zudem gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, weil er keinen Vergabevermerk erstellt habe. Auch habe der Beschwerdeführer das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verletzt. Das LFI habe an dem Vergabeverfahren teilnehmen können, obwohl dieses an der Erstellung des Pflichtenheftes mitgewirkt habe. Dies habe zu einem erheblichen Informationsvorsprung geführt. Das LFI habe auch unvollständige Ausschreibungsunterlagen eingereicht, die seitens des Beschwerdeführers angenommen worden seien. Auffällig sei in diesem Zusammenhang auch, dass das LFI sein rechtsverbindliches Angebot schon mit dem Teilnahmeantrag am 31.07.2000 habe abgeben können. Hieraus sei zu schließen, dass das LFI schon vor der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes gewusst habe, was der Auftraggeber als Leistung zu kaufen beabsichtige. Auch im weiteren Verfahren hätten der Beschwerdeführer und das LFI gemeinschaftlich das Angebot des LFI überarbeitet. Das LFI habe dann noch ein drittes Mal Gelegenheit bekommen, das Angebot zu überarbeiten. Diese Überarbeitung sei von dem Beschwerdeführer gefordert worden, da der von dem LFI angebotene Preis nicht dessen Vorstellungen entsprochen habe. Das LFI habe sich zu einer Preissenkung bereit erklärt, diese aber von der Bedingung einer Reduzierung des Leistungsumfanges abhängig gemacht. Dieser Reduzierung des Leistungsumfanges sei zugestimmt worden. Eine solche Möglichkeit sei der Beschwerdegegnerin und der PWC nicht angeboten worden.

Schließlich habe es der Beschwerdeführer unterlassen, den Preis der verschiedenen Bieter auf einer gemeinsamen Basis zu vergleichen.

Der damalige Abteilungsleiter des Beschwerdeführers, Herr R G in dessen Verantwortungsbereich die Ausschreibung gelegen habe, sei während des Vergabeverfahrens vom Beschwerdeführer zum LFI als Geschäftsführer gewechselt. Es dränge sich auf, dass dieses unter Mitnahme des Auftrages habe erfolgen sollen.

Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,

dem Beschwerdeführer in Bezug auf das Verhandlungsverfahren zur Beauftragung der Unterstützung der gemeinsamen Verwaltungsbehörde ("GVB") des Landes M -V bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Organisation, Begleitung und Bewertung der EU-Strukturfonds zu untersagen, den Zuschlag für den o. g. Auftrag zu erteilen,

a.) ohne für die Ausschreibung Vergabekriterien vorgegeben zu haben, die eine Vergleichbarkeit der Angebote gewährleisten,

b.) ohne die daraufhin gelegten Angebote der Beschwerdegegnerin zuvor einer ordnungsgemäßen Angebotsauswertung gem. § 16 VOF zu unterziehen,

c.) ohne der Beschwerdegegnerin das Ergebnis dieser Angebotsauswertung 10 Tage vor Zuschlagserteilung schriftlich mitzuteilen, sofern sie den Zuschlag nicht erhalte.

Des Weiteren hat sie beantragt,

1. den Bieter LFI vom Vergabeverfahren auszuschließen und

2. den Auftrag entsprechend den §§ 16 Abs. 1 VOF, 97 Abs. 5 GWB auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.

Der Beschwerdeführer hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag als unzulässig und unbegründet zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Die Beschwerdegegnerin sei ihrer Pflicht zu unverzüglichen Rüge gem. § 107 Abs. 3 GWB nicht nachgekommen. Das von ihr beanstandete Fehlen der Bewertungskriterien sei für sie spätestens bei der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes (Schreiben vom 25.08.2000) kenntlich gewesen. Sie habe dennoch rügelos am weiteren Verhandlungsverfahren teilgenommen.

Das überarbeitete Angebot vom 22.09.2000 der Beschwerdegegnerin habe nicht berücksichtigt werden können, da es dieser an derjenigen Sorgfalt und Zuverlässigkeit fehle, die für eine derart hochkomplexe und überaus verantwortliche Aufgabe zwingend vorausgesetzt werden müsse. Über diese Qualitätsfragen hinaus spreche auch der Preisvergleich eindeutig gegen die Beschwerdegegnerin. Die beiden übrigen Bieter lägen deutlich niedriger und bewegten sich dabei etwa auf der selben Preisschiene.

Eine vollständige Dokumentation über das Verfahren liege vor.

Es werde bestritten, dass das LFI über weitergehende Informationen über die "Mengengrößen" oder andere Kalkulationsgrundlagen verfügt habe. Die Kostenkalkulation sei auch nicht zwischen dem Beschwerdeführer und dem LFI abgestimmt worden. Dieses habe als Dienstleister des Wirtschaftsministeriums für die Begleitung des Strukturfonds EFRE in rein haushaltstechnischen Abstimmungsgesprächen mit dem EFRE-Fondsverwalter Erkenntnisse über die Finanzierungsbesonderheiten des Landeshaushalts und der relevanten Ausgabetitel gewonnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor der Vergabekammer wird auf den Inhalt der im Vergabenachprüfungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die 2. Vergabekammer bei dem Wirtschaftsministerium des Landes M -V hat durch Beschluss vom 21.03.2001 dem Beschwerdeführer aufgegeben, die Ausschreibung aufzuheben.

Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der Antrag der Beschwerdegegnerin sei teilweise zulässig. Diese habe nicht gegen ihre Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB verstoßen. Die Beschwerdegegnerin habe den vermeintlichen Rechtsverstoß der fehlenden Angabe aller Auftragskriterien nicht gekannt. Für eine dem widersprechende Annahme ergäben sich keinerlei Hinweise. Zu dem Zeitpunkt, als zumindest der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin den vermeintlichen Vergaberechtsverstoß erkannt habe, sei eine Rüge entbehrlich gewesen. Die zurückgewiesene Bieterin habe zu Recht den Eindruck gewinnen können, dass der Vertragsschluss mit einem anderen Bieter unmittelbar bevor gestanden habe. Es sei weiterhin nicht feststellbar, dass die Beschwerdegegnerin einen Verstoß gegen Vergabevorschriften dahingehend, dass nicht verwertbare Mengen- und Leistungsansätze vorlagen, gekannt habe. Voraussetzung für eine solche Annahme sei, dass die aus den Tatsachen resultierende Rechtswidrigkeit eindeutig sei. Diese Voraussetzung liege jedoch nicht vor. Hiergegen spräche bereits, dass selbst der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten habe, dass er über eine klarere Darstellung der Anforderungen nicht verfügt habe und auch nicht habe verfügen können.

Die Anträge der Beschwerdegegnerin seien auch teilweise begründet. Der Beschwerdeführer habe gegen § 16 Abs. 3 VOF verstoßen. Er habe versäumt, in der Aufgabenbeschreibung oder in der Vergabebekanntmachung alle Auftragskriterien anzugeben. Der Beschwerdeführer habe zudem gegen § 8 Abs. 1 VOF verstoßen, denn die Aufgabenstellung sei so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen könnten. Diesen Anforderungen sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Studie der K B und Partner GmbH verhalte sich über die Aufgaben der Zentralen Behörde (ZVB), wobei in dem Titel das Wort "Zentralen" durch das handschriftliche "Gemeinsamen" ersetzt worden sei, während sich die Studie selbst zu der ZVB verhalte. Diese Differenzierung sei keineswegs marginaler Natur. Es sei unklar, aus welchem Grunde der Beschwerdeführer der Bietaufforderung das Pflichtenheft überhaupt beigefügt habe. Der Beschwerdeführer habe desweiteren gegen § 8 Abs. 3 VOF verstoßen. Es hätte ihm oblegen, die für eine vollständige und zweifelsfreie Preiskalkulation erforderlichen Unterlagen beizufügen. Diese Unterlagen fehlten. Bin sauberer Wettbewerb sei ohne klare Maßstäbe nicht möglich. Der Beschwerdeführer habe auch die gegen die §§ 10, 16 VOF verstoßen. Der Ausschluss der Beschwerdegegnerin mit dem Argument, der Gesamteindruck über die zu erwartene Qualität der Leistung sei maßgeblich gewesen, stelle auf die fachliche Eignung ab. Dies sei gem. § 16 VOF unzulässig. § 16 Abs. 1 VOF stelle auf die bestmögliche Leistung, das heißt auf das wirtschaftlichste Angebot ab. Bei der Prüfung des wirtschaftlichsten Angebotes hätten Fragen der Geeignetheit außer Betracht zu bleiben.

Der Beschwerdeführer habe gegen §§ 97 Abs. 2 GWB, 4 Abs. 2 VOF verstoßen. Die Gestattung der Teilnahme des LFI am Wettbewerb sei mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren. Die B-Studie sei durch das LFI in Auftrag gegeben worden. Die Studie stelle einen wesentlichen Baustein dessen dar, was Gegenstand der Ausschreibung sei. Das LFI habe ausweislich seines Angebotes vom 31.07.2000 schon an dem Projekt "Aufgaben der Zentralen Behörde zur Verwaltung der EU-Strukturfonds in M/V" mitgearbeitet. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung bekundet, dass die Projektgruppe dazu gedient habe, die Erarbeitung der Studie ständig zu begleiten. Gerade weil die Studie nebst den weiteren Aufgabenbeschreibungen die von den Bietern zu erbringenden Leistungen nur fragmentarisch beschrieben habe, sei jede zusätzliche Information von besonderer Bedeutung gewesen. Dies stelle einen Informationsvorsprung gegenüber allen weiteren Bietern dar.

Die Anträge der Beschwerdegegnerin seien unbegründet, soweit sie rüge, der Beschwerdeführer habe mit dem LFI verhandelt, ohne dass dieses zuvor die in der Ausschreibung genannten Unterlagen beigebracht habe. Der Auftraggeber habe eine Wahlfreiheit, welche Nachweise er verlange. Ohne Bedeutung sei, dass das LFI sein 1. Angebot verfrüht eingereicht habe. Auch die kurze Frist zur Erarbeitung eines detaillierten Angebotes vom 25.08.2000 bis zum 04.09.2000 stelle einen Vergabeverstoß nicht dar, da insoweit Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Wechsel des Abteilungsleiters des Beschwerdeführers zum LFI unter Mitnahme des Auftrages zur GVB-Begleitung habe erfolgen sollen, lägen nicht vor.

Die Vergabekammer hat abschließend ausgeführt, im Ergebnis der genannten Ausführungen komme eine Weiterführung des Verfahrens nicht in Betracht. Eine bloße Verhandlung über den Preis sei sinnlos, notgedrungen gehöre zu einem Preis auch eine Leistung, über die mitverhandelt wurde. Eine saubere und sinnvolle Vergabeentscheidung könne ohne Berücksichtigung von auftragsbezogenen Kriterien nicht getroffen werden. Darüberhinaus sei die Leistung so fragmentarisch beschrieben worden, dass ein Preis-Leistungs-Verhältnis nicht habe gebildet werden können. Die Mängel der nicht ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Auftragskriterien seien nicht heilbar. Auch die Beteiligung des LFI am Verfahren stelle einen derart gravierenden Verstoß dar, dass nur die Aufhebung der Ausschreibung möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer fristgemäß sofortige Beschwerde gem. § 116 GWB eingelegt sowie einen Antrag auf Vorabentscheidung über den Zuschlag gem. § 121 GWB gestellt.

Zur Begründung führt er aus, der Vergabenachprüfungsantrag sei unzulässig gewesen.

Die Beschwerdegegnerin sei ihrer Rügeobliegenheit gem. § 107 Abs. 3 GWB nicht nachgekommen. Bezüglich aller vorgebrachter Vergabeverstöße liege keine Rüge vor. Soweit sich die Beschwerdegegnerin darauf berufe, sie habe den Umstand, dass Mengen- und Leistungsansätze fehlten, während der Bieterverhandlung vom 19.09.2000 und dann mit Schreiben vom 11.10.2000 gerügt, genüge dies den Anforderungen nicht. Die bloße Beanstandung eines Umstandes reiche nicht aus, vielmehr müsse der Rügende deutlich machen, im Falle der Nichtberücksichtigung seiner Rüge hieraus eine Rechtsfolge ableiten zu wollen. Eine solche Absicht sei Seitens der Beschwerdegegnerin vor Anrufung der Vergabekammer nicht geäußert worden.

Die Rüge sei nicht entbehrlich gewesen. Voraussetzung der Prüfung eines geltend gemachten Verstoßes sei stets die Erfüllung der jeweiligen Rügeobliegenheit. Es sei verfehlt anzunehmen, ein zunächst unzulässiges Nachprüfungsverfahren könne durch nachträgliche, ggf. sogar von Amts wegen ermittelte Vergabeverstöße zulässig Werden. Deshalb sei es erforderlich gewesen, das Fehlen von Bewertungskriterien zu rügen. Die Beschwerdegegnerin habe diesen behaupteten Vergabeverstoß bereits im Vergabeverfahren erkannt. Als "erkannte Verstöße" seien solche zu behandeln, deren maßgebliche Tatsachen der Bieter kennt und aus denen sich die zumindest laienhafte rechtliche Wertung ableiten lasse, das Vergabeverfahren sei rechtlich zu beanstanden. Eine streitige Rechtslage habe nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 3 VOF nicht angenommen werden können. Komplizierte juristische Fragestellungen zu klären, sei vorliegend nicht notwendig gewesen. Es hätte somit eine unverzügliche Rüge spätestens bei Angebotsabgabe angebracht werden können. Darüber hinaus habe eine positive Kenntnis des Vergabeverstoßes vorgelegen, da eine solche der Anbringung des Vergabenachprüfungsantrages vom 27.10.2000 denknotwendig vorausgehe. Die Anwälte der Beschwerdegegnerin hätten nicht erst am 27.10.2000 die Prüfung der Rechtslage vorgenommen. Im vorliegenden Fall hätte ohne Vergabenachprüfungsantrag die Zuschlagserteilung frühestens Mitte November 2000 erfolgen können. Diese Information habe die Beschwerdegegnerin auf Nachfrage auch erhalten. Die Beschwerdegegnerin habe sich wenige Tage vor ihrem Schreiben vom 11.10.2000 bei der Beschwerdeführerin telefonisch nach dem Stand des Verfahrens erkundigt. In diesem Gespräch sei ihr mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung noch nicht getroffen werden, das Angebot der Beschwerdegegnerin jedoch im weiteren Verfahren keine Berücksichtigung mehr finden könne. Die Beschwerdeführerin habe anlässlich dieses Gespräches deutlich gemacht, dass sie für die Entscheidungsfindung noch geraume Zeit benötige (Beweis: Zeugnis Herr D, Bl. 106 d. A.).

Der Vergabenachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Vergabeverstöße, wie sie die Vergabekammer festgestellt habe, lägen nicht vor. Zwar sei es unstreitig, dass die Beschwerdeführerin weder in der Vergabebekanntmachung noch in der Aufgabenbeschreibung Auftragskriterien angegeben habe. In einem solchen Fall könne es als selbstverständlich unterstellt werden, dass dann die gem. § 16 Abs. 2 VOF genannten Bewertungskriterien heranzuziehen seien. Den Vergabeverstoß betreffend die Änderung der Bezeichnung der zu schaffenden Behörde in dem Pflichtenheft habe die Vergabekammer von Amts wegen ermittelt. Aus dieser konzeptionellen Änderung habe sich jedoch keine Änderung des Leistungsinhaltes des zu vergebenen Auftrages ergeben.

Geändert worden seien nur die Strukturen der zu schaffenden Behörde, nicht jedoch die zu vergebenden Aufgaben. Bei dem Pflichtenheft habe es sich nicht um die Beschreibung von Aufgaben, sondern lediglich um die Darstellung der Zuordnungs- und Leitungsstrukturen gehandelt. Das Pflichtenheft habe vor allem als zusätzliche Hilfestellung zur Orientierung der Bieter gedient. Selbst wenn sich aus der Streichung eine Unklarheit für die Bieter ergeben hätte, so wäre diese Unklarheit durch einfache Nachfrage aufklärbar gewesen. Diese Frage sei auch Gegenstand der Bieterverhandlung gewesen und sei im vorgetragenen Sinne erläutert worden (Beweis: Zeugnis D, Bl. 109 d. A.). Unrichtig sei, dass die notwendigen Grundlagen für eine ordnungsgemäße Kalkulation nicht vorgelegen hätten. Die von dem Beschwerdeführer vorgelegten Verdingungsunterlagen seien ausreichend gewesen, den Leistungsumfang so zu bestimmen, dass eine ordnungsgemäße Preiskalkulation möglich gewesen sei. Die Vorlage der Angebote der übrigen Bieter belegten dieses. Insbesondere aus den "ergänzenden Erläuterungen" als Teil der Verdingungsunterlagen habe sich sehr konkret der erwartete Leistungsinhalt ergeben. Die Besonderheit der vorliegenden Vergabe sei gerade, das ein bestimmter Aufgabenbereich komplett auf einen Bieter übertragen werden sollte. Die Qualität der Leistungserbringung sei von jedem Bieter im Wesentlichen gleichermaßen erwartet worden. Mit welchem Aufwand diese Leistungserbringung dann bei dem jeweiligen Bieter erfolge, sei Sache der internen Kalkulation des Bieters und nicht der Vergabestelle. In dem hier zu vergebenen Auftrag seien weitergehende und nähere Angaben schlicht nicht möglich gewesen. Wäre dieses möglich gewesen, hätte die Vergabestelle ein detailliertes Leistungsverzeichnis erarbeitet, das nur noch bepreist hätte zurückgegeben werden müssen. Eine saubere gedankliche und wertungemäßige Trennung der beiden Stufen des Verhandlungsverfahrens gem. der §§ 10 und 16 VOF sei im Bereich der nicht beschreibbaren freiberuflichen Dienstleistungen schwierig und vorliegend nicht möglich gewesen. Es müsse dem Auftraggeber gestattet sein, den Gesamteindruck eines Bieters bei der Auswahl der bestmöglichen Leistung zu berücksichtigen. Das LFI sei nicht mit Entwurf und Planungsarbeiten für die konkrete Vergabe betraut gewesen. Auch die mögliche Tatsache eines vermeintlichen Wettbewerbsvorsprungs des LFI habe nicht die Qualität eines wettbewerbsverzerrenden Informationsvorsprunges gehabt. Im Übrigen habe die Beschwerdegegnerin diese Unterlagen auch schon Monate vor der Ausschreibung aus der Vergabe zur Begleitung der EFRE Strukturfondsverwaltung gekannt.

Der Beschwerdeführer beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses der 2. Vergabekammer beim Wirtschaftsministerium M -V vom 21.03.2001, Az.: 2 VK 23/00, den Antrag der Antragstellerin auf Vergabenachprüfung der Ausschreibung "Unterstützung der Gemeinsamen Verwaltungsbehörde (GVB) des Landes M -V bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Organisation, Begleitung und Bewertung der EU-Strukturfonds" zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie beantragt weiterhin,

die 2. Vergabekammer zu verpflichten, den Beschluss vom 21.03.2001 dahingehend zu erweitern, dass das Landesförderinstitut M V an einer weiteren Ausschreibung zur "Unterstützung der Gemeinsamen Verwaltungsbehörde (GVG) des Landes M -V bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Organisation, Begleitung und Bewertung der EU-Strukturfonds" nicht zu beteiligen sei.

Die Beschwerdegegnerin begründet ihre Anträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrages dahingehend, sie habe erstmalig während der Bieterverhandlung vom 19.09.2000 die von ihr erkannten Vergabeverstöße unverzüglich gerügt und ein Vergabenachprüfungsverfahren erst eingeleitet, als sich der Beschwerdeführer endgültig geweigert habe, dem gerügten Verfahrensverstoß abzuhelfen. Da keine Vergabekriterien vorhanden gewesen seien, sei ein sachlicher Vergleich der Angebote nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe diese Rüge auch erkannt, habe sie aber als unbegründet angesehen. Eine weitere Rüge vor Einreichung des Nachprüfungsantrages wäre eine reine Förmelei gewesen. Es habe auch deshalb keine Verpflichtung zur Rüge mehr bestanden, weil der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Angebote, das Vergabeverfahren einer Korrektur zu unterziehen, den Zuschlag "äs soon as possible" habe erteilen wollen und dies der Beschwerdegegnerin auch mitgeteilt habe (Beweis: Zeugnis A W ).

Der Nachprüfungsantrag sei auch im Wesentlichen begründet gewesen. Diesbezüglich werde auf den Beschluss der 2. Vergabekammer vom 21.03.2001 Bezug genommen. Es sei verwunderlich, dass der Beschwerdeführer an der missglückten Ausschreibung festhalten wolle. Bezüglich der notwendigen Beraterleistung der GVB sei durch das Wirtschaftsministerium mitgeteilt worden, dass man nach wie vor beabsichtige, das LFI als Berater einzusetzen, da das Wirtschaftsministerium weiterhin davon ausgehe, dass das LFI das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe (Beweis: Zeugnis M W ).

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2001 beantragt der Beschwerdeführer eine Vorabentscheidung über den Zuschlag gem. § 121 GWG.

Zur Begründung führt er aus, er habe bereits mit Schriftsatz vom 14.03.2001 vor der Vergabekammer beantragt, ihm nach Maßgabe des § 115 Abs. 2 S. 2 GWB zu gestatten, den Zuschlag zu erteilen. Eine zurückweisende Entscheidung über den Eilantrag sei am 22.03.2001 ergangen. Das Nachprüfungsverfahren laufe bereits seit dem 27.10.2000. Es drohe ein unverhältnismäßig großer Schaden, wenn nicht der Zuschlag kurzfristig erfolgen könne. Dieser bestehe insbesondere in einem Zinsschaden in Höhe von monatlich durchschnittlich 2,69 Mio. DM durch eine Vorfinanzierung aus Landesmitteln. Hinzu käme ein Schaden durch zusätzlichen Aufwand für Nacherhebungen, ein Schaden durch potenzielle, nacherhebungsbedingte Bearbeitungsmängel sowie durch potenzielle, nacherhebungsbedingte Systemfehler (Pauschalstrafen). Insgesamt sei ein Schaden von 80 - 100 Mio. DM nicht auszuschließen. Diesem drohenden Schaden stehe eine Gesamtvergütung der Beschwerdegegnerin für die gesamte Vertragslaufzeit i. H. v. ca. 8 Mio. DM gegenüber. Dem potenziellen Schadensvolumen zu Lasten der Allgemeinheit stehe ein subjektives Bieterinteresse der Beschwerdegegnerin gegenüber, das bei Weitem nicht an das Gewicht des Allgemeininteresses heranreiche. Schon dieser Gesichtspunkt trage den Antrag gem. § 121 Abs. 1 S. 2 GWB. Der Antrag sei auch gem. § 121 Abs. 1 S. 1 GWB begründet, da ihm unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der eingelegten sofortigen Beschwerde stattzugeben sei. Richtigerweise hätte der Antrag auf Nachprüfung als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

III.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Vorabentscheidung über den Zuschlag gem. § 121 Abs. 1 GWB ist nicht begründet.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers hat keine Aussicht auf Erfolg. Der" Zuschlag ist auch nicht gem. § 121 Abs. 1 S. 2 GWB zu gestatten.

1. Der Antrag auf Vorabentscheidung über den Zuschlag gemäß § 121 Abs. 1 GWB ist statthaft, insbesondere ordnungsgemäß eingelegt und begründet worden. Ein Rechtschutzinteresse des Beschwerdeführers ist gegeben.

2. Die sofortige Beschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 121 Abs. 1 S. 1 GWB).

Die Vergabekammer hat dem Beschwerdeführer zu Recht aufgegeben, die Ausschreibung "Unterstützung der Gemeinsamen Verwaltungsbehörde (GVB) des Landes M -V bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Organisation, Begleitung und Bewertung der EU-Strukturfonds" aufzuheben. Das Vorbringen des Beschwerdeführers rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Gem. § 117 Abs. 2 Nr. 1 GWB beschränkt sich die Überprüfung des Senates auf diejenigen Elemente, deren Aufhebung und Abänderung der Beschwerdeführer ausdrücklich beantragt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Aufl. 2000, § 123 Rdn. 16 ff.).

a. Der Vergabenachprüfungantrag war zulässig. Eine Verletzung der Rügeobliegenheit gem. § 107 Abs. 3 S. 1 oder S. 2 GWB ist nicht festzustellen.

(1) Die Beschwerdegegnerin hat das Fehlen von aussagefähigen Mengen- und Leistungsansätzen während der Bieterverhandlung am 19.09.2000 und nochmals mit Schreiben Vom 11.10.2000 gerügt. Dass der Beschwerdeführer im Vergabverfahren Mengen- und Leistungsansätze nicht mitgeteilt und die Beschwerdegegnerin diesen Umstand während der Bieterverhandlung am 19.09.2000 angesprochen hatte, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der Beschwerdeführer hat in seinem Schriftsatz vom 15.11.2000 (dort S. 4) vorgetragen, dass die Beschwerdegegnerin "als einzige Bewerberin monierte, die Aufgaben bezüglich eines Mengen- und Leistungsansatzes seien für eine hinreichend exakte Bestimmung des Arbeitsaufwandes nicht ausreichend". Der Beschwerdeführer führte in dem gleichen Schriftsatz (S. 7) weiterhin aus, die Forderung der Beschwerdegegnerin nach einem "noch detaillierterem Leistungs- und Mengengerüst" sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet gewesen. Dieses sei der Beschwerdegegnerin bereits im Verhandlungstermin am 19.09.2000 verdeutlicht und darüber hinaus noch einmal ausführlich mit Schreiben vom 19.10.2000 ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer, der das Begehren der Beschwerdegegnerin als "Monieren" empfand, kann sich nicht darauf berufen, dass hierdurch eine Änderung des Sachverhaltes nicht ernsthaft begehrt worden wäre (unter Bezugnahme auf die Entscheidung der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf, VK 13/2000 L, Beschluss vom 12.07.00).

Diese Rüge war auch unverzüglich i. S. v. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB, da die Beschwerdegegnerin Kenntnis davon, dass die Ausschreibungsunterlagen einen nichtverwertbaren Mengen- und Leistungsansatz beinhalteten, erst durch das Bietergespräch am 19.09.2000 erhalten hatte. In diesem Gespräch wurde ihr vor Augen geführt, dass sie angeblich der an sie gestellten Aufgabe zur Erstellung eines Angebotes nicht in sachgerechter Weise gerecht geworden sei.

Ungeachtet dessen ist Voraussetzung der Präklusion gem. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB, dass die aus den Tatsachen resultierende Rechtswidrigkeit eindeutig ist (vgl. Boesen, a.a.O., § 107 Rdn. 60). Besteht Streit darüber, ob das dem behaupteten Vergabeverstoss zugrundeliegende Verhalten des Auftraggebers tatsächlich vergaberechtswidrig ist, wird eine Rügeobliegenheit aus Abs. 3 S. 1 nicht begründet. Für die positive Kenntnis i. S. d. Vorschrift reicht es nicht aus, wenn der Antragsteller lediglich die den Vergabeverstoss begründenden tatsächlichen Umstände kennt, er aber wegen der streitigen Rechtslage zu keinem Zeitpunkt zuverlässig beurteilen kann, ob tatsächlich ein Vergabeverstoß vorliegt (vgl. Boesen, a. a. O., Rdn. 61). Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, ist die Rechtswidrigkeit des behaupteten Verstosses gegen Vergabevorschriften nicht eindeutig. Dieses ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten. Soweit der Beschwerdeführer auf das Monitum der Beschwerdegegnerin antwortete, dass das geforderte Mengen- und Leistungsgerüst nicht vorliege und auch nicht vorliegen könne, da es sich um eine neue, für alle Beteiligten unbekannte Sachaufgabe gehandelt habe, hatte die Beschwerdegegnerin keine gesicherte Grundlage, von einer anderen Beurteilung der Rechtslage auszugehen. Immerhin handelte es sich bei der Vergabestelle um ein Ministerium.

Soweit der Beschwerdeführer nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, in der Bieterverhandlung vom 19.09.2000 seien irgendwelche Rügen oder Beanstandungen bezüglich des Vergabeverfahrens nicht vorgebracht worden, hat er diese Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Nach § 121 Abs. 2 S. 2 GWB sind jedoch die zur Begründung des Antrages vorzutragenen Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen. Hierbei handelt es sich um eine Begründetheitsvoraussetzung (vgl. Boesen, a. a. O., § 121, Rdn. 21).

(2) Die Vergabekammer hat zutreffend festgestellt, dass eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB dadurch, dass die Beschwerdegegnerin das Fehlen auch der Angabe von Vergabekriterien nach § 16 VOF monierte, nicht vorliege. Diesbezüglich kann zunächst auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden. Ungeachtet dessen hat die Vergabekammer zutreffend ausgeführt, dass zu dem Zeitpunkt, als zumindest der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin den vermeintlichen Vergaberechtsverstoss erkannt habe, die Rüge entbehrlich gewesen sei.

Die Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 GWB darf nicht dazu führen, dass der Bieter Gefahr läuft, im Falle eines vorgeschalteten Rügeverfahrens seinen Rechtsschutz zu verkürzen. Eine Gefahr i. d. S. wird heraufbeschworen, wenn dem Bieter nach Einleitung eines Rügeverfahrens und eine entsprechende Stellungnahme des Auftraggebers keine ausreichend Zeit verbleibt, durch einen Antrag bei der Vergabekammer rechtzeitig den Suspensiveffekt gem. § 115 GWB herbeizuführen und dadurch den Zuschlag zu verhindern. Hierbei darf nicht die objektive Sicht entscheidend sein, sondern muss die subjektive Sicht den Ausschlag geben. Der Begriff der Unverzüglichkeit i. S. d. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB beinhaltet insoweit auch ein subjektives Element (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 10.05.2000, Az. 17 W 3/00). Für die Beschwerdegegnerin bestand nach der telefonischen Mitteilung, dass sie aus dem Vergabeverfahren ausscheide und nach Erhalt des Schreibens vom 19.10.2000 die Ungewissheit, wann es zu einer Vergabeentscheidung kommen werde. Soweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vorträgt, die Zuschlagserteilung hätte ohne Vergabenachprüfungsantrag frühestens Mitte November 2000 erfolgen können, diese Information habe die Beschwerdegegnerin auf Anfrage auch erhalten, hat der Beschwerdeführer diese Behauptung in das Zeugnis des Zeugen D gestellt; im Verfahren gem. § 121 GWB jedoch nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen wird die Behauptung, die Beschwerdegegnerin habe auf Nachfrage die Information erhalten, ohne Vergabenachprüfungsantrag hätte die Zuschlagserteilung "wohl frühestens Mitte November 2000 erfolgen können", durch den weiteren Vortrag des Beschwerdeführers, er habe anläßlich des Telefonats wenige Tage vor dem Schreiben vom 11.10.2000 deutlich gemacht, "dass er für die Entscheidungsfindung noch einen geraumen Zeitpunkt benötige", nicht gestützt.

(3) Hinsichtlich der Entscheidung des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin im weiteren Vergabeverfahren nicht mehr zu berücksichtigen, da sie nicht die bestmögliche Leistung erwarten lasse, bedurfte es einer Rüge nicht. Ungeachtet dessen, dass auch die rechtliche Bewertung dieser Tatsachen zweifelhaft sein kann, hat die Beschwerdegegnerin von einem möglichen Vergaberechtsverstoss erst mit Zugang des Schreibens vom 19.10.2000 erfahren. Im Hinblick auf ihre Besorgnis, einem Zuschlag durch den Beschwerdeführer zuvorzukommen, war die Rüge entbehrlich. Diese Besorgnis war schon nach dem Text der Ausschreibung gerechtfertigt; auch hatte der Beschwerdegegner stets kurze Fristen gesetzt.

b. Der Vergabenachprüfungsantrag der Beschwerdegegnerin war auch - soweit die Feststellungen der Vergabekammer durch den Beschwerdeführer zur Überprüfung des Senats gestellt werden - begründet.

(1) Das Vergabeverfahren beinhaltet einen Verstoß gegen § 16 Abs. 3 VOF, wonach der Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung alle Auftragskriterien anzugeben hat, deren Anwendung vorgesehen ist, und zwar möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Der Auftraggeber ist verpflichtet, alle Auftragskriterien anzugeben, die er anzuwenden gedenkt. Diese sollen möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung angegeben werden, damit alle Bewerber einschätzen können, anhand welcher Kriterien ihr Leistungspotential beurteilt wird. Bei dieser Bestimmung handelt es sich nicht um reine Formvorschrift, sondern um eine Ordnungsbestimmung, die die Transparenz des Wettbewerbs auch über die nationalen Grenzen für die gesamten Europäische Union fördern soll. Die Bewerber sollen in einem transparenten Verfahren aufgrund allen Interessenten gleich - und rechtzeitig bekannten Kriterien entscheiden können, ob die Teilnahme am Wettbewerb für sie überhaupt lohnend und die kostenträchtige Ausarbeitung eines Angebotes Erfolg versprechend erscheint. Für den Bewerber hat die fehlende Bekanntmachung der Kriterien und deren Gewichtung insofern Bedeutung, als davon abhängt, auf welche Aspekte seines Angebotes (z.B. technischer Wert oder Ästhetik) er eher besondere Schwerpunkte setzt oder ob er überhaupt ein allen Anforderungen der Auftraggeberseite gerecht werdendes Angebot einzureichen vermag (vgl. Müller-Wrede, VOF, 1999, § 16 Rdn. 47 und 48).

Mängel einer nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Auftragkriterien sind nicht heilbar (vgl. Müller-Wrede, a. a. O., Rdn. 49). Ein Hinweis auf eine innerstaatliche Rechtsvorschrift reicht insofern nicht aus (vgl. Müller-Wrede, a. a. O., Rdn. 46). Unstreitig gab der Beschwerdeführer weder in der Vergabebekanntmachung noch in der Aufgabenbeschreibung Auftragskriterien an. Wie die Vergabekammer zutreffend festgestellt hat, hatten die Bieter mithin keinerlei Anhaltspunkte dafür, nach welchen Kriterien sie ihr Angebot gestalten mussten.

(2) Die Vergabekammer hat zutreffend einen Verstoss gegen § 8 Abs. 1 VOF festgestellt, wonach die Aufgabenstellung so zu beschreiben ist, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen können.

Dieser Anforderung werden die dem Schreiben vom 25.08.2000 beigefügten Anlagen, insbesondere das "Pflichtenheft" nicht gerecht. Hierzu trägt der Beschwerdeführer selbst vor, bei dem sogenannten Pflichtenheft habe es sich nicht um die Beschreibung von Aufgaben, sondern lediglich um die Darstellung der Zuordnungs- und Leitungsstrukturen, innerhalb deren sich die zu begleitende Behörde "GVB" und natürlich auch die begleitende Auftragnehmerin bewegen werden, gehandelt. Das Pflichtenheft habe vor allem als zusätzliche Hilfestellung zur Orientierung der Bieter gedient. Dieses "Pflichtenheft" war in seiner konkreten Ausgestaltung geeignet, im Hinblick darauf, dass es nicht erkennen ließ, inwiefern die Aufgaben der ZVB und der GVB identisch sein könnten, die Bieter verwirren.

Auch aus den übrigen beigefügten Unterlagen war die Aufgabenstellung nicht im erforderlichen klaren Maße zu verstehen. Anders als die VOB/A und die VOS/A kennt die VOF keine Leistungsbeschreibung im klassischen Sinne. An die Stelle der Leistungsbeschreibung tritt in der VOF die sog. "Aufgabenbeschreibung". Diese Unterscheidung hat ihren wesentlichen Grund darin, dass die VOF schon vom Anwendungsbereich her keine eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Leistungen erfasst. Ebenso wie nach der VOL bzw. der VOB hat die jeweilige Beschreibung jedoch so zu erfolgen, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen können. Diese Zielangabe für die Aufgabenstellung ist eine notwendige Bedingung für eine sowohl ordnungsgemäße als auch wettbewerbsgerechte Vergabe. Der Auftraggeber muss sich so klar ausdrücken, dass die an dem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen unter Zugrundelegung der bei ihnen vorhandenen Fachkenntnisse die Aufgabenstellung objektiv im gleichen Sinne verstehen können. Nur wenn die Bewerber ein fest umrissenes Bild von der geforderten Leistung haben, kann man ihnen überhaupt zumuten, sich an einem Vergabeverfahren zu beteiligen (vgl. Diederichs/Kulartz in Müller-Wrede, a. a. O., § 8 Rn. 2).

Dass insbesondere die Beschwerdegegnerin die Aufgabenstellung nicht im gleichen Sinne wie die beiden anderen Bieter verstanden hatte, stellt ein erhebliches Indiz dafür dar, dass die Aufgabenstellung nicht für sämtliche Bieter im gleichen Maße verständlich war. Bezeichnend in diesem Sinne ist ebenfalls die Äußerung des freiwillig ausgeschiedenen Bieters.

(3) Zutreffend hat die Vergabekammer festgestellt, dass ein Verstoss gegen § 8 Abs. 3 VOF darin zu sehen ist, dass die für eine vollständige und zweifelsfreie Preiskalkulation erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt werden konnten. Dass solche Unterlagen nicht vorlagen, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Auch den "ergänzenden Erläuterungen" sind Grundlagen für eine vollständige und zweifelsfreie Preiskalkulation (vgl. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, VOF, 1999, § 8 Rn. 4) nicht zu entnehmen. Mit der Aufgabenbeschreibung für die Aufforderung zur Angebotsabgabe müssen die Bewerber auch die für eine vollständige und zweifelsfreie Preiskalkulation erforderlichen Unterlagen erhalten (vgl. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, a.a.O., Rn. 4). Plausible Maßstäbe für die Gesamtheit der erwarteten Leistung lagen nicht vor. Eine entsprechende Einschätzung brachte auch die PWC mit Schreiben vom 26.09.2000 zum Ausdruck. In diesem nahm die PWC Bezug auf das Gespräch vom 19.09.2000 und führte ergänzend aus "dass mit den Damen und Herren Ihres Hauses sowie mit den anderen Vertretern des Ressorts geführte Gespräch hat gezeigt, dass eine abschließende Spezifikation der von der GVB zu erfüllenden Aufgaben - insbesondere auch von Abgrenzung zu den einzelnen Fondsverwaltern - sowie eine Festlegung der organisatorischen Abläufe innerhalb der GVB noch nicht gegeben ist. Die hiermit verbundenen Imponderabilien erschweren uns verständlicherweise die Einsetzung des zur Unterstützung des GVB durch einen Dritten erforderlichen Zeitaufwandes". Auch hinsichtlich der Implementierung eines DV-Systems führte die PWC in dem genannten Schreiben aus "Wir sind dabei erneut zu dem Ergebnis gekommen, dass das uns überlassene Arbeitspapier zu den Aufgaben der gemeinsamen Behörde zur Verwaltung der EU-Strukturfonds in M -V zur Abgabe eines belastbaren Angebots nicht ausreichend ist". Zutreffend hat die Vergabekammer ausgeführt, dass der Forderung nach plausiblen Maßstäben für die Preisbildung nicht entgegengehalten werden könne, dass es auf dem betreffenden Gebiet an Erfahrung fehle. Dass es Mühe mache, jeweils einen geeigneten Maßstab zu finden, enthebe die Vergabestelle nicht von der Verpflichtung, solches zu tun. Gegebenenfalls müsse sie dafür externen Sachverstand heranziehen. Dieses gebiete § 97 Abs. 1 GWB, wonach öffentliche Aufträge im Wettbewerb zu vergeben seien. Ein sauberer Wettbewerb sei ohne klare Maßstäbe für alle in Betracht kommenden Marktteilnehmer nicht möglich.

Dem tritt der Senat bei.

(4) Dem Beschwerdeführer ist jedoch - ohne dass dies einen Erfolg der sofortigen Beschwerde begründen würde - beizutreten, soweit er rügt, dass ihm in der angegriffenen Entscheidung zu Unrecht vorgeworfen werde, Auswahlkriterien im Rahmen der zweiten Wertungsstufe berücksichtigt zu haben.

Nach § 16 Abs. 2 VOF berücksichtigt der Auftraggeber bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe "auf die erwartete fachliche Leistung bezogenen Kriterien" (vgl. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, a.a.O., § 16 Rdn. 7).

Hierbei ist er nicht gehindert, auch Fragen der Eignung, Erfahrung, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu werten. Die saubere gedankliche und wertungsmäßige Trennung der Eignungskriterien nach § 10 VOF und der Auftragskriterien nach § 16 VOF wird im Bereich der nichtbeschreibbaren freiberuflichen Dienstleistung schwierig und im Regelfall nicht möglich sein, da die Auftragsvergabe nicht auf einem konkreten Leistungsangebot basiert, sondern, wie vor allem bei Architekten- und Ingenieurleistungen, weitgehend auf einer Prognoseentscheidung beruht, die nur die personellen Qualifikationen und Kapazitäten und Referenzen über früher erbrachte Planungsleistungen des Bieters bewerten kann. Erst im Laufe bzw. nach Erbringung der Planungsleistung kann der Auftraggeber erkennen, ob seine Prognose richtig war. Dies bedeutet praktisch, dass die im § 16 Abs. 2 VOF genannten Auftragskriterien, die eigentlich auf das Projekt als solches bezogen sind, keine besonders taugliche Entscheidungsbasis für den Auftraggeber bilden. Für die Prognoseentscheidung der Auftragsvergabe von ungleich größerer Bedeutung sind daher in der Praxis bei der Vergabe nichtbeschreibbarer freiberuflicher Leistungen eigentlich die für die Bewerberauswahl vorgesehenen Auswahlkriterien der Fachkunde, Eignung, Erfahrung, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Die Prognoseentscheidung des § 16 Abs. 1 VOF wird daher letztlich auf der in den Verhandlungen mit den ausgewählten Bietern gewonnenen Überzeugung des Auftraggebers beruhen, welcher der ausgewählten geeigneten Bewerber am geeignetsten ist, d. h., welcher die bei der Bewerberauswahl nachgewiesenen und geprüften Kriterien der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit am besten erfüllt (vgl. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, a.a.O., § 16 Rdn. 10 und 11). Dem tritt der Senat bei.

Dies zugrunde gelegt war der Beschwerdeführer nicht gehindert, bei seiner Vergabeentscheidung auch die Frage zugrunde zu legen, welcher der ausgewählten Bewerber am geeignetesten war. Bei der Entscheidung dieser Frage war er nicht gehindert, die Qualität des Angebotes, die Sorgfältigkeit der Angebotserstellung sowie die Vorstellungen des Bieters über die Art und Weise der Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen zu berücksichtigen.

Die Frage, ob die von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Angebotsunterlagen Anlass gaben, ihr Angebot als nicht das "bestmögliche" zu werten, kann dahinstehen, da der Beschwerdeführer diesbezüglich ausreichende Gründe bisher nicht vorgetragen hat. Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 19.10.2000 enthält ausreichende nachprüfbare Kriterien für eine solche Wertung nicht.

(6) Ein Verstoß gegen § 97 Abs. 2 GWB, § 4 Abs. 2 VOF dadurch, dass das LFI an dem Vergabeverfahren teilnehmen konnte, ist nicht auszuschließen.

Wird ein Unternehmen von der Vergabestelle mit Entwurfs- und Planungsarbeiten betraut und beteiligt sich dieses Unternehmen anschließend an dem Wettbewerb um die Vergabe des Bauauftrages, so liegt die Gefahr nahe, dass das betreffende Unternehmen Informationsvorsprünge gegenüber anderen Bietern erlangt, die ihm im Wettbewerb nicht gerechtfertigte Vorteile verschaffen. Soweit derartige Bieter von der Teilnahme an der öffentlichen Ausschreibung nicht ausgeschlossen werden, kann eine Verletzung des für das Vergabeverfahren elementaren Diskriminierungsverbotes in § 2 Nr. 2 VOB/A die Folge sein und die Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 2 Lit. c VOB/A notwendig machen. Eine derartige Maßnahme ist allerdings auf schwerwiegende Fälle beschränkt. Wenn der den Wettbewerb verzerrende Informationsvorsprung zu einem vor allem in preislicher Hinsicht überlegenen Angebot des betreffenden Bieters führt und dieses Angebot für die Entscheidung über den Zuschlag relevant wäre, wird der Auftraggeber im Allgemeinen die Ausschreibung aufheben müssen. Bei der danach notwendigen Beurteilung der Schwere der Wettbewerbsverzerrung wird zu berücksichtigen sein, ob der betreffende Bieter lediglich an Entwurfsarbeiten für das Bauwerk beteiligt war oder ob er unmittelbar mit den Vorarbeiten für die Ausschreibung, etwa mit der Erstellung des Leistungsverzeichnisses, befasst war (Vergabeüberwachungsausschuss des Bundes, Beschluss vom 24.05.1996, Az. 1 VÜ 2/96, abgedruckt in Boesen, Entscheidungssammlung, bun 16, dort S. 9 u. 10). Dass das LFI einen solchen Informationsvorsprung gegenüber den anderen Bietern hatte, ist aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes nicht auszuschließen. So hatte das LFI bereits mit seiner Bewerbung zur Teilnahme am Vergabeverfahren ein vollständiges Angebot abgeben können, ohne zuvor von dem Beschwerdeführer im Vergabeverfahren eine Aufgabenbeschreibung erhalten zu haben. Darüber hinaus entsprach das Angebot des LFI nach Auffassung des Beschwerdeführers bereits in dieser ersten Angebotsabgabe den an das Vergabeziel gestellten Ansprüchen.

Der Informationsvorsprung des LFI hätte jedoch in diesem Vergabeverfahren durch die Vorgabe einer umfassenden und nachvollziehbaren Aufgabenbeschreibung und der Angabe der für die Preiskalkulation erforderlichen Parameter geheilt werden können.

Der Vortrag des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin habe die Studie schon Monate vor der Ausschreibung aus der Vergabe der Begleitung der EFRE-Strukturfonds-Verwaltung gekannt, so dass von einem Zeitvorsprung keine Rede sein könne, begründet eine andere Bewertung nicht. Wie bereits ausgeführt, stellte die B-Studie nebst den Erläuterungen eine geeignete Aufgabenbeschreibung nicht dar. Die konkreten Kenntnisse und Erfahrungen, die dem LFI aus der Begleitung der Erarbeitung der Studie erwachsen waren, konnten einen im vorliegenden Verfahren nicht einholbaren Informationsvorsprung bedeuten. Aus dieser Begleitung erwuchsen dem LFI ein besonderes Verständnis und Detailkenntnisse hinsichtlich der Struktur und des Umfanges der in dem Vergabeverfahren nachgefragten Leistung.

(7) Soweit die Vergabekammer festgestellt hat, es sei nicht vergaberechtswidrig gewesen, dass der Beschwerdeführer mit dem LFI verhandelt habe, ohne dass das LFI zuvor die in der Ausschreibung genannten Unterlagen vollständig beigebracht habe, tritt der Senat diesen Ausführungen bei. Gemäß § 10 Abs. 3 VOF hat der Auftraggeber eine Wahlfreiheit, welche Nachweise etwa der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie der fachlichen Eignung er überhaupt verlangen will. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber sich nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 VOF ein Bild von den Bewerbern machen kann und seine Auswahl trifft.

(8) Zutreffend hat die Vergabekammer ebenfalls festgestellt, dass es für sich genommen ohne Belang sei, dass das LFI sein erstes Angebot "verfrüht" eingereicht hat. Auch insofern tritt der Senat der Feststellung der Vergabekammer bei.

(9) Der Senat teilt die Bedenken der Vergabekammer hinsichtlich der Frage, ob die mit Schreiben vom 25.08.2000 aufgegebene Frist zur Vorlage eines detaillierten vollständigen Angebotes bis zum 04. September 2000 ausreichend gewesen ist. Zutreffend hat die Vergabekammer jedoch festgestellt, dass die Bieter nach Durchführung der Vergabeverhandlungen vom 19.09.2000 die Möglichkeit erhielten, ihr Angebot zu überarbeiten. Ein eventueller Mangel wäre durch die Verlängerung der Angebotsfrist geheilt.

(10) Der Senat tritt weiterhin der Feststellung der Vergabekammer bei, dass sich der Eindruck nicht aufdrängen musste, dass der Wechsel des früheren Abteilungsleiters des Beschwerdeführers R G zum LFI unter Mitnahme des Auftrages zur GVB-Begleitung habe erfolgen sollen. Wenn auch die Umstände dieses Wechsels im Hinblick auf das Vergabeverfahren Anlass zu einer solchen Vermutung geben könnten, können Feststellungen hierzu nicht getroffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass Herr G in irgendeiner Weise Einfluss auf das Verfahren genommen hat, sind dem Vortrag der Parteien und dem Inhalt der Akte nicht zu entnehmen.

Da der sofortigen Beschwerde der Vergabestelle Erfolgsaussichten nicht eingeräumt werden können, schied eine Gestattung des Zuschlages gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB aus.

IV.

Gemäß § 121 Abs. 1 Satz 2 den Zuschlag zu gestatten, kam im Hinblick auf die Schwere der Verletzungen der subjektiven Bieterrechte der Beschwerdegegnerin ebenfalls nicht in Betracht.

Hierbei kann nicht außer Berücksichtigung bleiben, dass das Vergabenachprüfungsverfahren bereits seit dem 27.10.2000 andauert. Der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 115 GWB wurde durch die Vergabekammer zurückgewiesen. Die Vergabekammer hat darüber hinaus in ihrer - angefochtenen - Entscheidung vom 21.03.2001 ausdrücklich auf die Schwere der Verstöße gegen Vergabevorschriften hingewiesen. Der Beschwerdeführer hätte - die von ihm vorgetragene besondere Eilbedürftigkeit des Abschlusses des Vergabeverfahrens zugrundegelegt - bereits zu einem früheren Zeitpunkt geeignete Maßnahmen ergreifen können, um die Voraussetzungen für ein den Vergabevorschriften gemäßes Verfahren zu erarbeiten. Bei einer derart schwerwiegenden Verletzung der subjektiven Bieterrechte erscheint es nicht vertretbar, den Zuschlag auch dann zu gestatten, wenn Gründe für einen schnellen Abschluss des Vergabeverfahrens sprechen könnten.

Die Vorstellung des Beschwerdeführers würde in der Konsequenz bedeuten, dass das Beschwerdegericht aus übergeordneten Gesichtspunkten einen rechtswidrigen, die Wettbewerbsposition des Bieters vernichtenden Zuschlag gestattet. Dies kann aus europarechtlichen verfassungsrechtlichen Gründen allenfalls in Ausnahmesituationen hingenommen werden. Besteht die Möglichkeit, dass die materielle Wettbewerbsposition des unterlegenen Bieters durch die verfahrensfehlerhafte Erteilung des Zuschlages beeinträchtigt wird, so ist der Zuschlag nach § 121 GWB in der Regel abzulehnen. Auch im Verfahren des § 121 GWB ist der Grundsatz zu beachten, dass die Gründe, die für einen schnellen Abschluss des Vergabeverfahrens sprechen, umso schwerer wiegen müssen, je sicherer sich ein Erfolg des Bieters in der Hauptsache vorhersehen lässt (vgl. Boesen, a.a.O., § 121 Rdn. 13).

Solche schwerwiegenden Gründe, die im Hinblick auf die bereits lange Verfahrensdauer und die damit für den Beschwerdeführer gegebene Möglichkeit, spätestens nach Zurückweisung seines Antrages gem. § 115 GWB die benannten Vergabeverstöße zu heilen, sind nicht vorgetragen worden, um dennoch den Zuschlag in Anbetracht der bestehenden groben Vergaberechtswidrigkeit zu rechtfertigen. Der öffentliche Auftraggeber ist von Verfassungs wegen an Recht und Gesetz gebunden. Er kann diese Bindung zu Lasten des Allgemeinguts Wettbewerb nicht allein mit dem Argument vorrangiger geldwerter Allgemeininteressen durchbrechen; dies jedenfalls dann nicht, wenn er ausreichend Gelegenheit hatte, diesen Bruch durch rechtzeitige Abhilfen zu vermeiden.

Die Disparität zwischen Vorteil und Nachteil ist den Tatbeständen des GWB im Regelfalle immanent, sie alleine kann deshalb nicht der Grund sein, den Normzweck aufzuheben.

V.

Im Hinblick auf die schwerwiegenden Verstöße gegen die Bieterrechte der Beschwerdegegnerin war das Vergabeverfahren aufzuheben.

Eine Fortsetzung kommt allein dann in Betracht, wenn

(1) der Beschwerdeführer den von ihm ausgewählten Bietern in einer Aufgabenbeschreibung alle Auftragskriterien angibt, deren Anwendung vorgesehen ist und dies möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung (§ 16 Abs. 3 VOF),

(2) er die Aufgabenstellung so beschreibt, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen können (§ 8 Abs. 1 VOF),

(3) er alle die Erfüllung der Aufgabenstellung beeinflussenden Umstände angibt, insbesondere solche, die dem Auftraggeber ein ungewöhnliches Wagnis aufbürden oder auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Honorare oder Preise und Fristen er nicht im Voraus abschätzen kann (§ 8 Abs. 3 VOF). Zu diesem Zwecke hat der Beschwerdeführer den Bietern ein Mengen- und Leistungsverzeichnis vorzulegen, und

(4) er eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 16 VOF trifft.

VI.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 128 GWB, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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