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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 2 U 31/06
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 59k Abs. 1 S. 1
Die gemäß § 59k Abs. 1 S. 1 BRAO geforderte Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" ist auch in der gebräuchlicheren Form "Rechtsanwalts GmbH" zulässig.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

2 U 31/06

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 12.12.2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 07.07.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock - Az.: 3 O 143/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit seiner wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage wendet sich der Kläger gegen die Firmierung der beklagten Anwaltskanzlei als "Rechtsanwalts GmbH". Er ist der Auffassung, die Beklagte müsse nach der eng auszulegenden und insofern zwingenden Vorschrift des § 59 k BRAO die Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" führen. Die Beklagte hält sich dagegen für berechtigt, als "Rechtsanwalts GmbH" zu firmieren. Sie ist der Auffassung, diese Bezeichnung werde dem Anliegen des § 59 k BRAO, den Rechtsverkehr vor irreführenden Bezeichnungen zu schützen, hinreichend gerecht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil dem Kläger kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zustehe. Zwar verstoße die Firmierung der Beklagten gegen den Wortlaut des § 59 k BRAO, bei dem es sich auch um eine Vorschrift i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG handele. Es liege jedoch in diesem Verstoß keine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung zum Nachteil der Mitbewerber oder der Verbraucher, da die Firmenbezeichnung "GmbH" unmissverständlich über die damit verbundene Haftungsbeschränkung aufkläre. Mit seiner dagegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel, die Benutzung der Abkürzung "GmbH" im Zusammenhang mit Anwaltsfirmen zu unterbinden, weiter und meint, die Auffassung des Landgerichts sei so eindeutig und offensichtlich falsch, dass weitere Ausführungen (zur Wettbewerbsrelevanz) überflüssig seien. Der Verstoß gegen § 59 k BRAO sei offenkundig und das berufliche Auftreten unter dem GmbH-Deckmantel habe doch erhebliche wettbewerbsrechtliche Vorteile gegenüber dem Auftreten als vollhaftender Einzelanwalt, weshalb er darauf bestehen müsse, dass Wettbewerber sich den gleichen gesetzlichen Vorschriften unterwerfen müssten wie er. - Die Beklagte tritt der Auffassung des Landgerichts bei und hält ihre Firmierung für hinreichend normzweckentsprechend.

II.

1.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet und daher mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen.

a) § 59 k Abs. 1 S. 1 BRAO schreibt vor, eine als GmbH auftretende Anwaltskanzlei müsse (neben dem Namen wenigstens eines Gesellschafters) die Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" führen. Das bedeutet, dass diese Bezeichnung im Interesse von Firmenklarheit, -wahrheit und Mandantenschutz auch in der weitaus gebräuchlicheren Form "Rechtsanwalts GmbH" benutzt werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "dient die Vorschrift der eindeutigen Außendarstellung der Rechtsanwaltsgesellschaften und damit dem Schutz der Öffentlichkeit vor Irreführungen und der Wahrung der Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes" (BGH NJW 2004, 1099, 1100). In der Begründung der 1998 in die BRAO eingeführten Vorschrift findet sich kein Hinweis zu dem Erfordernis einer ausgeschriebenen Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" (BR-Dr. 1002/97, S. 19). Dagegen wird an mehreren Stellen der Begründung ausdrücklich die Abkürzung "Anwalts-GmbH" oder - wie vorliegend - "Rechtsanwalts GmbH" verwendet (a.a.O. S. 12 re. Sp., S. 14 re. Sp., S. 19 re. Sp.). Ebenso finden sich entsprechende Abkürzungen des Gesellschaftsbegriffes in der neueren Kommentarliteratur, selbst wenn der Wortlaut des § 59 k BRAO im Text in Bezug genommen wird (z. B. Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl., § 59 c Rn. 1, 2 und pass.).

b) Eine solche Auslegung des § 59 k BRAO ist folglich nach dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck geboten. Die teleologische Auslegung einer Norm, die sich am Gesetzeszweck (ratio legis) orientiert, ist seit langem als vorrangig anerkannt und überschreitet daher nicht, wie der Kläger meint, die durch Art. 20 Abs. 3, 97 GG gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesbindung (MünchKomm/Säcker, BGB - Allgemeiner Teil - 4. Aufl. Einl. Rn. 60 ff.; 128 ff.). Das zeigt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des § 4 Abs. 2 GmbHG a. F., der ebenfalls die ausgeschriebene Zusatzbezeichnung "mit beschränkter Haftung" für die Firmierung der GmbH verlangte: Seit BGHZ 62, 230, 232 f. ist allgemein anerkannt, dass der Zweck der Vorschrift, die beschränkte Haftung in der Firma erkennbar zu machen, es nicht erfordert, den Zusatz auszuschreiben, weil die Kurzform geläufiger, charakteristischer und damit einprägsamer als der ausgeschriebene Zusatz ist. - So verhält es sich auch bei der hier angegriffenen Bezeichnung Rechtsanwalts GmbH: Auch sie ist deutlich klarer, eingängiger und damit für das rechtssuchende Publikum noch besser verständlich als die seltener verwendete Abkürzung "Gesellschaft mbH". Diese wäre zwar nach § 4 GmbHG (n. F.) ebenso zulässig wie die hier angegriffene Bezeichnung. Aber aus der Bezugnahme in § 59 k Abs. 1 S. 3 BRAO auf anderweit vorgeschriebene Firmenbestandteile ergibt sich gerade, dass eine Bezeichnung, die das GmbHG im Interesse der Firmenklarheit zulässt, nach der BRAO ebenfalls möglich ist.

c) Schließlich spricht für diese Auslegung der Vorschrift auch die Akzeptanz der angegriffenen Firmierung durch die Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern, die im Rahmen der Zulassung der Beklagten dagegen keine Einwände erhoben hat.

d) Soweit der Kläger geltend macht, das berufliche Auftreten unter dem GmbH-Deckmantel habe wettbewerbsrechtliche Vorteile gegenüber dem Auftreten als vollhaftender Einzelanwalt, trifft diese wettbewerbsrechtliche Kritik den vorliegenden Fall ersichtlich nicht, da die Beklagte mit ihrer Firmierung gerade nicht den Eindruck einer aus persönlich haftenden Einzelanwälten bestehenden Kanzlei (Sozietät) hervorruft.

e) Danach kann dem Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch zustehen, so dass die Berufung in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat.

2.

Die vorliegende Rechtssache hat weder Grundsatzbedeutung, noch ist ihre Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO). Der Senat weicht mit seiner Rechtsauffassung nicht, wie der Kläger meint, von der Rechtsprechung anderer Gerichte zu der gleichen Rechtsfrage ab, erst recht nicht kann von einer andersartigen "einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur" gesprochen werden. Die einzige vom Kläger angeführte Gerichtsentscheidung dazu ist eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO, in deren Rahmen das Landgericht Leipzig in summarischer Prüfung der inzwischen erledigten Streitfrage eine strenge, allein am Wortlaut des § 59 k BRAO orientierte Auslegung erkennen lässt. Allerdings ging es dort um die andersartige Firmierung "Rechtsanwälte Dr. A & Kollegen GmbH", die infolge der anfänglichen Alleinstellung "Rechtsanwälte" beim flüchtigen Betrachter eher den Eindruck hervorrufen kann, es handele sich um eine Personen-Sozietät. Das ist im vorliegenden Fall infolge der unmittelbaren Genitiv-Anbindung "Rechtsanwalts GmbH" anders, die das Überlesen des GmbH-Zusatzes verhindert. - Der Kostenbeschluss des Landgerichts Leipzig, das sich schon infolge des andersartigen Sachverhalts mit der bisherigen Rechtsauffassung nicht auseinanderzusetzen hatte, stellt mithin keine Rechtsprechung dar, von der mit einer Entscheidung im vorliegenden Falle abgewichen würde. Angesichts dieser vereinzelt gebliebenen Auffassung und des weitverbreiteten und unbeanstandeten Gebrauchs der Abkürzung "Rechtsanwalts GmbH" (eine entsprechende Internetrecherche über gängige Suchmaschinen wie "Google" weist zahllose Kanzleien nach, die sich dieser Firmierung bedienen) kann auch von einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden.

3.

Da der Senat überzeugt ist, dass der Berufung die Erfolgsaussicht fehlt, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine rechtsmittelfähige Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert, ist die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO auf Kosten des Berufungsklägers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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