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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 01.11.2004
Aktenzeichen: 3 U 166/03
Rechtsgebiete: KO, HGB, ZPO, BGB


Vorschriften:

KO § 48
KO § 58 Nr. 1
KO § 58 Nr. 2
KO § 59
KO § 59 Abs. 1 Nr. 1
KO § 59 Abs. 1 Nr. 3
KO § 59 Abs. 1 Nr. 4
KO § 60
KO § 60 Abs. 1 Nr. 3
KO § 163
KO § 204
KO § 204 Abs. 1 S. 2
HGB § 128
ZPO § 51 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 533
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
BGB § 242
BGB § 812
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 166/03

Laut Protokoll verkündet am: 01.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, die Richterin am Oberlandesgericht Bartmann und die Richterin am Landgericht Feger

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.05.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund - Az.: 5 O 401/02 - aufgehoben, soweit es die Abweisung der Klage betrifft. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Stralsund zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 22.873,94 €

Gründe:

I.

Der Kläger macht als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin, der Fa. D. GmbH & Co.KG, gegen die Beklagten einen Zahlungsanspruch i. H. v. 22.873,94 € wegen rückständiger Miete einschließlich Nebenkosten für den Zeitraum Juni 1997 bis März 1999 sowie aus Nebenkostenabrechnungen für den Zeitraum August bis Dezember 1997 und 1998 geltend. Es wird auf die Aufstellung des Klägers in der Anspruchsbegründung vom 27.09.2002 (Bl. 12, 13 d. A.) verwiesen. Hilfsweise begründet er seinen Anspruch auf Mietzahlung für das Jahr 1997 i. H. v. 5.863,08 DM mit dem in der Aufstellung im Schriftsatz vom 15.01.2003 (Bl. 170, 171 d. A.) für die Monate Januar bis März 1999 aufgeführten Differenzbetrag i. H. v. 6.090,00 DM.

Am 07.11.1996 schlossen die Gemeinschuldnerin und die Beklagte zu 1) einen Mietvertrag über im Erdgeschoss des L. Palais in S. liegende Geschäftsräume zur Betreibung eines italienischen Eiscafés. Mit Nachträgen vom 26.11.1996 und vom 18.04.1997 vermietete die Gemeinschuldnerin weitere Nutzflächen an die Beklagte zu 1), wobei die Regelungen des Mietvertrages vom 07.11.1996 unverändert fortgelten sollten, soweit in den Nachträgen nichts anderes vereinbart war.

In § 20 des Mietvertrages vom 07.11.1996 bestimmten die Vertragsparteien folgendes:

Der Mieter kann gegenüber der Miete und den Nebenkosten mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht hieran nur ausüben, soweit die Gegenforderung unstrittig oder gerichtlich rechtskräftig festgestellt ist.

Am 27.01.1997 trat die Gemeinschuldnerin alle bestehenden und zukünftigen Mietforderungen an die Sparkasse G. ab.

Mit Vereinbarung vom 16.06.2003 trat die Sparkasse G. den Mietzins und den Anspruch auf Mietnebenkosten für die Jahre 1997 und 1998 an den Kläger zurück ab.

Der Kläger hat behauptet, die Sparkasse G. habe ihn als Konkursverwalter ermächtigt, die Mieteinnahmen für das Objekt L. Palais selbständig einzuziehen. Er habe mit der Sparkasse vereinbart, dass 80 % der erzielten Einnahmen aus dem Mietobjekt an diese abzuführen seien und 20 % an die Masse gehen.

Die Beklagte zu 1) hat vorrangig die Prozessführungsbefugnis des Klägers bestritten und in der Sache behauptet, ihr stehe ein Minderungsrecht aufgrund Mängel der Mietsache zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit am 16.05.2003 verkündetem Urteil wies das Landgericht Stralsund die Klage des Klägers und die erstinstanzlich erhobene Widerklage der Beklagten zu 1) ab.

Zur Begründung für die Abweisung der Klage führte das Landgericht aus, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Die gewillkürte Prozessstandschaft für die Sparkasse G., auf die sich der Kläger als Konkursverwalter berufe, sei rechtsmissbräuchlich. Die Sparkasse G. mache keine Rechte als absonderungsberechtigte Gläubigerin geltend, sondern verlange Befriedigung in Verbindung mit der Abtretung. Der Kläger habe nicht näher dargelegt, weshalb er die Abtretung zugunsten der Sparkasse G. nicht angefochten habe. Auf jeden Fall stehe es dem Konkursverwalter nicht zu, ohne korrekten Abschluss des Konkursverfahrens und ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger einseitige Vereinbarungen mit einem Gläubiger zu treffen und zugunsten dieses Gläubigers Forderungen einzuziehen. Ein Vorteil für die weiteren Gläubiger sei nicht zu erkennen.

Gegen das ihm am 20.05.2003 zugestellte Urteil legte der Kläger mit am 21.05.2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung ein, die er mit am 18.07.2003 eingegangenen Schriftsatz begründete.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, hinsichtlich der Nebenkostenforderung klage er aus eigenem Recht, da die Gemeinschuldnerin mit der Vereinbarung vom 27.01.1997 nicht die Mietnebenkosten an die Sparkasse G. abgetreten habe.

Hinsichtlich der Mieten habe er als Konkursverwalter ein berechtigtes Eigeninteresse nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozessstandschaft zur Geltendmachung des Rechtes der Sparkasse G. Hierfür genüge bereits sein Interesse an der ordnungsgemäßen Abwicklung des Konkursverfahrens. Im Übrigen beruhe sein berechtigtes Interesse auf die Zusage der Sparkasse, dass er 20 % der Nettomieten für die Konkursmasse erhalte. Diese Verwertungsvereinbarung widerspreche nicht den Verteilungsvorschriften der Konkursordnung. Eine Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor. Die Sparkasse G. sei aufgrund der Sicherungsabtretung vom 27.01.1997 absonderungsberechtigt. Die Gemeinschuldnerin habe ihr sämtliche Mietzinsforderungen zur Sicherung ihrer Ansprüche vor Konkursreife abgetreten. Anhand der vorgefundenen Unterlagen habe er keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergebe, dass die Gemeinschuldnerin am 27.01.1997 bereits konkursreif gewesen sei und die Sparkasse G. Kenntnis davon gehabt habe. Der Antrag auf Verfahrenseröffnung sei erst am 30.06.1997 gestellt worden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Sparkasse G. aufgrund ihrer Grundpfandrechte das Mietobjekt im Wege der Zwangsverwaltung hätte verwerten können mit der Folge, dass sämtliche Mieten ausschließlich an sie als Grundpfandrechtsgläubigerin geflossen wäre.

Schließlich verweise er darauf, dass die Sparkasse G. zwischenzeitlich mit Urkunde vom 16.06.2003 die Klageforderung an ihn zurückabgetreten habe.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2004 hat der Kläger die Klage auf den Beklagten zu 2), einen der Gesellschafter der Beklagten zu 1) erweitert.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 16.05.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 22.873,94 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2000 zu zahlen mit der Maßgabe, dass die Mieten von Januar bis März 1999 an die Sparkasse G. zu zahlen sind;

hilfsweise

das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, die Erweiterung der Klage in der Berufungsinstanz sei unzulässig. Der Beklagte zu 2) widerspreche der Klageerweiterung. Sie sei nicht sachdienlich. Vorsorglich erhebe er die Einrede der Verjährung.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und tragen ergänzend zur Ordnungsgemäßheit der Konkursverwaltung vor, die Eröffnung des Konkursverfahrens am 24.07.1997 sei seinerzeit nur deshalb möglich gewesen, weil die Sparkasse G. bereit gewesen sei, einen Massekostenvorschuss zu leisten, auf dessen Rückgabe sie nicht verzichtet habe. In den Verwalterberichten vom 14.01.1998 und vom 24.08.1999 habe der Kläger den Ausgleich der bis dahin entstandenen Masseschulden i. H. v. 11.979,93 DM nicht als sicher dargestellt und erklärt, eine Prognose, ob das Konkursverfahren nach § 163 KO aufzuheben oder nach § 204 KO mangels Masse einzustellen sei, sei noch nicht möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten werde auf den Inhalt der Verwalterberichte vom 14.01.1998 (Bl. 531 - 536 d. A.) und vom 24.08.1999 (Bl. 537 - 546 d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 28.06.2004 Beweis durch Einholung der schriftlichen Aussagen der Zeugen Richter am Amtsgericht K. P. J., M. L. und Rechtsanwalt Dr. H.-J. G. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlich eingeholten Zeugenaussagen (Bl. 473, 487 f., 502 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die Abweisung der Klage betrifft, und zur Zurückverweisung an das Landgericht Stralsund.

1.

Die Erweiterung der Klage auf den Beklagten zu 2) ist zulässig.

Die Ausdehnung des Rechtsstreites auf einen weiteren Beklagten in der Berufungsinstanz ist zuzulassen, wenn der neue Beklagte zustimmt oder die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich ist (BGH, Urteil vom 18.03.1997, NJW 1997, 2885 ff.). Der Widerspruch des Beklagten zu 2) gegen seine Einbeziehung ist rechtsmissbräuchlich.

Eine irgendwie geartete beachtliche Schlechterstellung ist für ihn aus dem Gesichtspunkt der Akzessorietät seiner Haftung zur Schuld der Beklagten zu 1) nicht zu befürchten. Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft haften grundsätzlich persönlich mit ihrem eigenen Vermögen für die Schuld der Gesellschaft. Überwiegend wird für die Außengesellschaft - wie sie hier vorliegt - eine in Anlehnung an § 128 HGB entwickelte akzessorische Gesellschafterhaftung angenommen (BGH, Urteil vom 29.01.2001, NJW 2001, 1056 ff.). Einwendungen kann der Gesellschafter nur in dem Umfang geltend machen, in dem sie der Gesellschaft zustehen (§ 129 HGB analog), ausgenommen sind lediglich die persönlichen Einwendungen des Gesellschafters.

Die Reform der Zivilprozessordnung mit der Neuregelung für die Zulässigkeit neuen Tatsachenvortrages in der Berufungsinstanz lässt die o. g. Grundsätze unberührt(OLG Bamberg, Urteil vom 10.04.2002, OLGR Bamberg 2002, 444 f.; KG, Urteil vom 28.05.2002, BauR 2004, 135). Trotz der Beschränkung des Prüfungsumfanges des Berufungsgerichts bleiben die Klageänderung, die Aufrechnungserklärung und die Widerklage in der Berufungsinstanz unter den besonderen Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig. Gem. § 533 ZPO analog ist als weitere Voraussetzung bei einer Ausdehnung des Rechtsstreits auf einen weiteren Beklagten neben der Frage der rechtsmissbräuchlichen Zustimmungsverweigerung zu prüfen, ob die Klageerweiterung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht nach § 529 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Neue Tatsachen zur Begründung des Klageanspruches gegen den Beklagten zu 2) außer dessen unstreitiger Gesellschafterstellung hat die Klägerin vorliegend angesichts der akzessorischen Haftung des Beklagten zu 2) zur Schuld der Beklagten zu 1) nicht vorzutragen. Soweit der Beklagte zu 2) sich gegen seine Inanspruchnahme mit persönlichen Einwendungen wehrt, ist sein neues Vorbringen gem. § 529 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen, da dies wegen der erst in der Berufungsinstanz erfolgten Klageerweiterung nicht auf einer Nachlässigkeit beruht. Damit droht keine Schlechterstellung des Beklagten zu 2).

2.

Die Berufung des Klägers ist begründet.

a)

Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin befugt, die streitgegenständlichen Miet- und Nebenkostenforderungen im eigenen Namen geltend zu machen.

Es kann dabei dahinstehen, ob die Gemeinschuldnerin auch die Nebenkostenforderungen sicherungshalber an die Sparkasse G. abgetreten hatte, da der Kläger in Folge der zwischenzeitlichen Rückabtretung durch die Sparkasse Rechtsinhaber der Mietzins- und Nebenkostenforderungen in den Jahren 1997 und 1998 ist.

Daneben ist der Kläger gemäß § 51 Abs. 1 ZPO befugt, die von der Rückabtretung nicht umfassten Mietzinsansprüche für den Zeitraum Januar bis März 1999 im eigenen Namen in gewillkürter Prozessstandschaft für die Sparkasse Gießen klageweise einzuziehen.

aa)

Die gewillkürte Prozessstandschaft setzt eine entsprechende Ermächtigung durch den Rechtsinhaber und deren Offenlegung im Prozess voraus.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass die Sparkasse G. als Rechtsinhaberin der abgetretenen Mietzinsforderungen für Januar bis März 1999 den Kläger zu deren Einziehung ermächtigte.

Die Zeugen M. L. als Mitarbeiter der Sparkasse G. und Dr. H.-J. G. als sachbearbeitender Rechtsanwalt des Klägers bekundeten, dass die Sparkasse G. den Kläger als Konkursverwalter mit der Einziehung sämtlicher Mietzinsforderungen gegen die Beklagte ermächtigt habe und 20 % der eingezogenen Forderung zur Masse gelangen sollten. Sie legen beide ein Schreiben der Sparkasse G. an den Kläger vom 09.10.1997 vor, in dem unter Ziffer 1 bestätigt wird, dass der Konkursverwalter über das Objekt L. Palais verfügungsberechtigt ist, Mieten einziehen kann und die Sparkasse 20 % der Nettomieten zur Verfügung stellt. Der Zeuge L. bestätigte, dass er dieses Schreiben selbst unterzeichnet habe.

Die Aussage des Richters am Amtsgericht K. P. J. ist für das Beweisergebnis unergiebig. Er gibt an, er sei bei den Gesprächen zwischen dem Kläger und der Sparkasse G. nicht anwesend gewesen.

Der Einwand der Beklagten, die durch den Kläger behauptete Ermächtigung durch die Sparkasse G. am 23.07.1997, also vor der Eröffnung des Konkursverfahrens, sei an den Kläger als Privatperson erfolgt, greift nicht durch. Aus den Umständen ist offensichtlich, dass sich die Ermächtigung an den Kläger als zukünftigen Konkursverwalter richtete. Denn es ging nicht um die Einziehung von Mietzinsansprüchen des Klägers, sondern der Gemeinschuldnerin. Zudem sagte die Sparkasse G. damals gleichzeitig zu, dass 15 % der Nettomieten in die Masse der Gemeinschuldnerin fließen sollten. Für die Ermächtigung des Klägers in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter spricht schließlich der enge zeitliche Zusammenhang, da das Konkursverfahren bereits einen Tag später am 24.07.1997 tatsächlich eröffnet wurde. Im Übrigen hat die Sparkasse G. nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im weiteren Verlauf mit Schreiben vom 09.10.1997 nochmals die Einzugsermächtigung für den Kläger als Konkursverwalter wiederholt.

Der Kläger legte die eigentliche Rechtsinhaberschaft der Sparkasse G. im hiesigen Prozess offen.

bb)

Die gewillkürte Prozessstandschaft setzt weiter ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers bei gleichzeitigem Fehlen schutzwürdiger Belange der Beklagten voraus.

In seiner Entscheidung vom 03.12.1987 (NJW 1988, 1210 ff.) erachtete der Bundesgerichtshof eine gewillkürte Prozessstandschaft des Konkursverwalters als zulässig, der mit Ermächtigung eines absonderungsberechtigten Gläubigers eine diesem zustehende Forderung teilweise zugunsten der Masse gerichtlich geltend machte. Dem entspricht der vorliegende Sachverhalt. Die Sparkasse G. ist aufgrund der am 27.01.1997 erfolgten Sicherungsabtretung absonderungsberechtigte Gläubigerin gemäß § 48 KO i.V.m. Art. 103 a EGInsO. Eine mögliche Anfechtbarkeit der sicherungshalber abgetretenen Forderungen ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Sicherungsabtretung vom 27.01.1997 tatsächlich anfechtbar ist. Unabhängig davon bestünde gerade bei einer Anfechtbarkeit ein Eigeninteresse des Klägers als Konkursverwalter, diese Forderungen zur Masse einzuziehen.

Ebensowenig sind die Ausführungen des Landgerichts zur Verteilungsgerechtigkeit für sämtliche Gläubiger der Gemeinschuldnerin haltbar, da der Sparkasse G. an den Mietzinsforderungen ein Absonderungsrecht gem. § 48 KO zusteht. Insoweit dient es den Interessen der übrigen Gläubiger, wenn der Kläger mit der Sparkasse vereinbart, 20% der eingezogenen Nettomieten für die Konkursmasse verwerten zu können.

3.

Auf den Hilfsantrag des Klägers hebt der Senat das angefochtene Urteil gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO auf, soweit die Klage abgewiesen wurde, und verweist die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.

a)

Die Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO kommt auch dann in Betracht, wenn das erstinstanzliche Gericht rechtsfehlerhaft eine unzulässige Klage als unbegründet abweist.

Es entspricht Sinn und Zweck der Zurückverweisungsbestimmung, eine Entscheidung der sachlichen Streitpunkte durch das erstinstanzliche Gericht immer dann nachholen zu lassen, wenn dieses aus prozessualen Gründen zu Unrecht von einer Sachentscheidung absieht (BGH, Urteil vom 11.03.1983, MDR 1983, 1010; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.1990, MDR 1990, 822).

Das Landgericht Stralsund verneint im angefochtenen Urteil die Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft des Klägers und setzt sich nicht mehr mit der Klage in der Sache auseinander. Dabei prüft es rechtsfehlerhaft die Frage der gewillkürten Prozessstandschaft nicht im Rahmen der Zulässigkeit der Klage bei der Prozessführungsbefugnis, sondern im Rahmen der Begründetheit bei der Aktivlegitimation.

b)

Das Verfahren ist nicht entscheidungsreif. Es bedarf einer aufwändigen Beweisaufnahme zur Frage, ob die zahlreichen Mängel, auf die die Beklagten ihr Minderungsrecht stützen, tatsächlich bestehen bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden. Daneben ist auch über die streitigen Nebenkostenforderungen des Klägers in der Sache zu befinden.

aa)

Die Beklagten sind mit der Geltendmachung der Mietminderung nicht ausgeschlossen. Die Berufung des Klägers auf die Vereinbarung in § 20 des Mietvertrages, wonach der Mieter nur aufrechnen oder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht ausüben kann, soweit die Gegenforderung unstrittig oder gerichtlich rechtskräftig festgestellt ist, verstößt nach § 242 BGB gegen Treu und Glauben. Denn das Aufrechnungs- bzw. Minderungsverbot würde für die Beklagten aufgrund des Konkurses der Vermieterin zu einem endgültigen Forderungsverlust führen (vgl. für das Aufrechnungsverbot: BGH, Urteil vom 12.12.1990, NJW-RR 1991, 971 f.; BGH, Urteil vom 19.09.1988, ZIP 1998, 1340 ff.).

Die Masse reicht nicht aus, um einen möglichen Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten Miete gem. § 812 BGB als Masseschuld i.S.d. § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO voll erfüllen zu können.

Nach dem Gutachten des Klägers vom 22.07.1997 befanden sich im Vermögen der Gemeinschuldnerin seinerzeit drei Grundstücke, u. a. das L. Palais, das mittlerweile verkauft ist. Alle Grundstücke sind mit Grundschulden belastet. Der Verkaufserlös gelangt daher nicht zur Masse, sondern fließt an die Grundpfandrechtsgläubiger. Anderweitiges aktives Vermögen der Gemeinschuldnerin liegt nicht vor. Aus diesem Grund wurde das Konkursverfahren nur wegen des durch die Sparkasse G. geleisteten Massekostenvorschusses über 75.000,00 DM i.S.d. § 204 Abs. 1 S. 2 KO eröffnet, auf dessen Rückzahlung die Sparkasse nicht verzichtete. Die Masse konnte in der Folge nicht wesentlich vergrößert werden. In den Verwalterberichten vom 14.01.1998 und vom 24.08.1999 erklärte der Kläger als Konkursverwalter, er könne keine Prognose abgeben, ob das Verfahren ordnungsgemäß beendet oder mangels Masse gem. § 204 KO einzustellen sein wird.

Daneben ist zu berücksichtigten, dass die alte Konkursordnung im Gegensatz zur neuen Insolvenzordnung (dort §§ 54, 55 InsO) eine größere Anzahl von Ansprüchen als bevorrechtigte Masseschulden i.S.d. § 59 KO einstufte und zwischen ihnen gem. § 60 KO eine unterschiedliche Rangordnung bestand. Der Befriedigung der Beklagten aus § 812 BGB i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO geht zunächst die Vereinbarung des Klägers mit der Sparkasse G. nach § 60 KO i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO vor, wonach nur 20% der eingezogenen Mieten zur Masse gehen und der Rest an die Sparkasse G. abgeführt wird. D. h. maximal gehen ca. 8.250,00 DM in die Masse. Vorrangig sind weiterhin die Massekosten i.S.d. § 58 Nr. 1 und 2 KO (Gerichtskosten, Verwaltervergütung) zu erfüllen. Erst danach sind in § 60 Abs. 1 Nr. 3 KO die Masseschulden i.S.d. § 59 Abs. 1 Nr. 3 und 4 KO zu befriedigen. Neben dem Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen bereits gleichrangige Masseschulden i.H.v. insgesamt 11.979,93 DM der AOK E., der Verwaltungsberufsgenossenschaft H. sowie der Arbeitnehmerin D.

Den Beklagten kann vorliegend nicht entgegengehalten werden, dass sie durch die Nichtzahlung der Mieten den Konkurs der Gemeinschuldnerin erst herbeiführten. Seit dem Abschluss des Mietvertrages im November 1996 zahlten die Beklagten die Miete in voller Höhe (mit Ausnahme des geringfügigen Betrages von 45,07 DM im Juni 1997). Am 24.07.1997 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Vermieterin eröffnet. Die Beklagten zahlten weiter die volle Miete bis einschließlich September 1997. Erstmals ab Oktober 1997 minderten sie die Miete, wobei sie ihre Mietzahlungen niemals völlig einstellten.

c)

Daneben ist über die eingeklagten Nebenkostenforderungen in der Sache zu entscheiden.

Der Kläger macht seinen Zahlungsanspruch aus den Betriebskostenabrechnungen durch die zwischenzeitlich mit Schriftsatz vom 30.06.2004 erfolgte Übersendung der Belege an die Beklagten nunmehr gemäß § 5 Ziffer 6 des Mietvertrages ordnungsgemäß geltend.

III.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Aufhebende und zurückverweisende Urteile sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da nur dann das Vollstreckungsorgan zwingend eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen hat (Zöller/Gummer, Kommentar zur ZPO, 23. Aufl., § 538 Rn. 59).

Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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