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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 11.03.2003
Aktenzeichen: 3 U 28/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
Keine Aussicht auf Erfolg hat die Berufung auch dann, wenn die Begründung des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler aufweist oder die nach § 529 ZPO im Berufungsrechtszug zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, das Urteil sich aber im Ergebnis mit anderer Begründung aufrechterhalten lässt.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 U 28/03

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht

am 11.03.2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.09.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 2 O 262/01) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert der Berufung: 134.314,52 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die die zwischenzeitlich insolvente K.-H. P. GmbH mit Baustoffen belieferte, verlangt von der Beklagten, Ehefrau des Geschäftsführers und Prokuristin der K.-H. P. GmbH, laut Vortrag in der Berufungsbegründung auch Gesellschafterin, Zahlung von 134.314,52 €. Ihren Anspruch stützt die Klägerin auf eine von der Beklagten am 09.03.1998 mit "ppa P." unterzeichneten Garantieerklärung. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Garantieerklärung benachteilige die Beklagte unangemessen, weil sie - anders als Geschäftsführer oder Gesellschafter - der Erklärung die Reichweite ihres Risikos nicht haben entnehmen können, da sie keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der K.-H. P. GmbH haben nehmen können. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie unter Vorlage einer Ablichtung der Gesellschafterliste aus den Handelregisterakten betreffend die K.-H. P. GmbH vorbringt, die Beklagte sei Gesellschafterin gewesen.

Mit Verfügung vom 09.01.2003 wies der Senatsvorsitzende die Klägerin gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hin, dass die Zurückweisung des Rechtsmittels durch Beschluss erwogen werde; die Berufung habe u. a. deshalb keine Aussicht auf Erfolg weil die Beklagte mit der Unterzeichnung der Garantieerklärung unter Hinzufügung des Zusatzes "ppa" keine persönliche Verpflichtung übernommen habe. Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 07.03.2003 hierzu Stellung.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1.

Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

a)

Der Klägerin ist zuzugeben, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, ihren neuen Vortrag, die Beklagte sei Gesellschafterin der K.-H. P. GmbH gewesen, zu berücksichtigen, da er - urkundlich belegt - im Berufungsrechtszug unstreitig bleiben dürfte.

b)

Gleichwohl hat die Berufung im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg, weil die Beklagte mit Unterzeichnung der Garantieerklärung am 09.03.1998 keine eigene Zahlungs- oder Einstandspflicht übernahm.

Sie unterschrieb als Prokuristin der GmbH unter Beifügung des Zusatzes "ppa". Ein Prokurist, der mit diesem gem. § 51 HGB vorgesehenen Zusatz zeichnet, stellt in der im Handelsverkehr üblichen Weise klar, dass er als Vertreter dessen handelt, der ihm Prokura erteilt hat. Gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt somit die Garantieerklärung, soweit die Beklagte sie unterzeichnet hat, für und gegen die von ihr vertretene K.-H. P. GmbH.

Die von der Beklagte mit dem Zusatz "ppa" unterzeichnete Erklärung ist nicht entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut als eigene, ihre persönliche Haftung begründende Erklärung auszulegen. Die Klägerin zeigt keine Gesichtspunkte auf, die gem. § 133 BGB eine solche Auslegung rechtfertigen.

Dass die Klägerin eine persönliche Einstandspflicht des Geschäftsführers und der Prokuristin der K.-H. P. GmbH erstrebte, liegt auf der Hand. Indessen ist nicht offensichtlich, dass die Beklagte ebenfalls eine persönliche Haftung eingehen wollte. Der Vortrag der Klägerin zu deren Erklärungswillen beschränkt sich darauf, dass die Beklagte die Garantieerklärung unterzeichnet habe. Unklar bleibt, welche Vorstellungen sie damit verband. Insbesondere ist nicht ersichtlich, über welche kaufmännische Erfahrungen sie verfügte. Nicht ausgeschlossen erscheint, dass sie den von der Klägerin mit der Garantieerklärung verfolgte Zweck nicht erkannt und diese als Schuldanerkenntnis mit dem Ausschluss von Einwendungen gegen die Forderungen der Klägerin verstanden oder missverstanden hat. Umgekehrt ist sogar denkbar, dass sie kaufmännisch nicht unerfahren war und den Zusatz "ppa" bewusst zur Verhinderung ihrer eigenen Haftung hinzugefügt hat. Auffällig ist jedenfalls, dass sie die Urkunde vom 18.02.1998 zur Übernahme einer Bürgschaft gegenüber der Raiffeisenbank eG in A. mit ihrem Namen ohne einen auf ihre Prokura hinweisenden Zusatz unterschrieb.

Selbst wenn eine "Garantieerklärung" der K.-H. P. GmbH keinen Sinn ergeben sollte, weil sie ohnehin der Klägerin gegenüber zur Zahlung verpflichtet war, so geht die Erklärung ins Leere; dies zwingt jedoch nicht zu einer der Klägerin günstigen Auslegung. Obwohl sie die persönlichen Zahlungspflicht der Beklagten herbeiführen wollte, hat sie es versäumt, auf Unterzeichnung der Garantieerklärung ohne Hinweis auf die Prokura zu bestehen.

Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 07.03.2003 vorgelegte Urteil des OLG Rostock vom 24.07.1996 (Az.: 6 U 358/96) bietet zur einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Diesem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass der auf Zahlung verklagte Unterzeichner der Garantieerklärung diese mit einem deutlichen Hinweis auf sein Handeln als Vertreter der Hauptschuldnerin unterschrieben hatte.

2.

Der Senat ist nicht gehindert, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO mit einer Begründung zurückzuweisen, die die Parteien und das Gericht erstinstanzlich nicht bedacht haben.

Keine Aussicht auf Erfolg hat die Berufung auch dann, wenn die Begründung des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler aufweist oder die nach § 529 ZPO im Berufungsrechtszug zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, das Urteil sich aber im Ergebnis mit anderer Begründung aufrechterhalten lässt. Zwar wird man bei dieser Konstellation die Berufung nicht als offensichtlich aussichtslos abtun können, indessen ist die offensichtlich fehlende Erfolgsaussicht nicht Voraussetzung der Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO (OLG Celle NJW 2002, 2800; ebenso BVerfG NJW 2003, 281).

§ 522 Abs. 2 ZPO hebt als Zurückweisungsvoraussetzung die fehlende Aussicht auf Erfolg hervor. Erfolg hat ein Rechtsmittel nur, wenn das Urteil zu Gunsten des Rechtsmittelführers abgeändert wird; mit welcher Begründung dies geschieht, ist unerheblich. Der Normzweck der Neuregelung spricht ebenfalls dafür, den "Austausch" der Begründung im Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Zweck des Gesetzes ist es, nicht unnötig richterliche Arbeitskraft durch intensive Befassung mit substanzlosen Berufungen zu binden (BT-Drucksache 14/4722, S. 97). Demgemäß schreibt das Gesetz die Zurückweisung der Berufung zwingend vor, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies liegt im Sinn beider Parteien. Der Berufungsbeklagte soll möglichst bald erfahren, ob das angefochtene Urteil rechtskräftig ist. Dem Berufungskläger kann an einer mündlichen Verhandlung nicht gelegen sein, wenn eine Abänderung des ihm nachteiligen erstinstanzlichen Urteils im Ergebnis auszuschließen ist. Beide Parteien sind daran interessiert, die durch die Berufung ausgelösten Kosten niedrig zu halten. Diese Aspekte sprechen dagegen, über eine Berufung nur deshalb mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden, weil die Begründung des angefochtenen Urteils dessen Ergebnis nicht oder aufgrund neuen, in der Berufungsinstanz zu berücksichtigenden Sachvortrages nicht mehr trägt.

3.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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