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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 3 U 37/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, LSchG


Vorschriften:

ZPO §§ 1025 ff.
ZPO § 1027
ZPO § 1029
BGB § 133
BGB § 139
BGB § 157
BGB § 546
BGB § 985
LSchG § 2
LSchG § 6
LSchG § 9
LSchG § 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 U 37/06

Verkündet am: 18.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. J., die Richterin am Oberlandesgericht B. und den Richter am Oberlandesgericht B.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert der Berufung: 7.527,16 € (§ 41 GKG)

Gründe:

I.

Die klagende Gemeinde nimmt die Beklagten auf Räumung und Herausgabe eines gepachteten Gutshauses nebst Parkanlage in P., ausgenommen einiger näher bezeichneter Wohnungen, in Anspruch. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung, dass der zwischen ihr und der Beklagten zu 1. geschlossene Pachtvertrag vom 28.06.2004 unwirksam ist.

Die Klägerin schloss mit der Beklagten zu 1., einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter seinerzeit die Beklagten zu 2. - 5. waren, am 28.06.2004 einen Pachtvertrag über das Gutshaus nebst Parkanlage, wobei bereits bestehende Mietverträge mit den Beklagten zu 2. - 5. gem. § 1 des Vertrages übernommen wurden. Auf Seiten der Klägerin wurde der Vertrag vom Bürgermeister der Klägerin und seinem Stellvertreter unterzeichnet sowie gesiegelt. Der Pachtvertrag sollte für die Dauer von dreißig Jahren geschlossen werden und das Pachtverhältnis zum 01.07.2004 beginnen. Als jährliche Pacht vereinbarten die Parteien 4% des gutachterlich festgestellten Verkehrswertes, mithin 7.527,16 €. In § 4 des Vertrages übernahm die Beklagte zu 1. eine Investitionsverpflichtung, zu deren Absicherung die Klägerin sich eine grundbuchlich gesicherte Bürgschaft zu stellen verpflichtete. § 8 bestimmte ein Vorkaufsrecht der Beklagten zu 1., § 9 regelte einen Entschädigungsanspruch der Beklagten zu 1. bei vorzeitiger Vertragsbeendigung.

§ 10 des Vertrages lautet:

"Meinungsverschiedenheiten über Auslegung und Durchführung des Vertrags sollen auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden. Vor Anrufung eines Gerichts muss ein Schlichtungsversuch vor dem Schiedsgericht unternommen werden." Dem Abschluss des Pachtvertrages war der Beschluss Nr. .../2004 der Gemeindevertretung vom 18.06.2004 vorausgegangen, den die untere Rechtsaufsichtsbehörde am 06.07.2004 gem. § 81 Abs. 1 der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern beanstandete.

Mit der Klage vom 25.08.2004 verlangte die Klägerin, ohne zuvor ein Schiedsgericht oder eine Schlichtungsstelle anzurufen, die Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes mit Ausnahme der von den Beklagten zu 2. - 5. und einem Herrn K. bewohnten Wohnungen, hilfsweise die Feststellung der Unwirksamkeit des Pachtvertrages. Der zwischen ihr und der Beklagten zu 1. geschlossene Pachtvertrag sei unwirksam und sie über die in § 12 des Vertrages enthaltene salvatorische Klausel nicht verpflichtet, auf eine Genehmigungsfähigkeit des Vertrages hinzuwirken.

Die Beklagten beriefen sich erstinstanzlich auf die Schiedsvereinbarung.

Mit Urteil vom 25.10.2005 wies das Landgericht Stralsund die Klage als gegenwärtig unzulässig ab. Der Klage stehe die Schiedsgerichtsvereinbarung in § 10 des Pachtvertrages entgegen. In der Sache selbst hielt das Landgericht einen Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht für gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin Aufhebung des Urteils sowie ihre Anträge weiter. Sie rügt, dass das Landgericht den Unterschied zwischen einer Schiedsvereinbarung und einer reinen Schlichtungsvereinbarung nicht hinreichend erkannt und dies deshalb dahinstehen lassen habe, so dass es auch die unterschiedlichen Anforderungen nicht erkannt habe. Die Parteien hätten in § 10 des Vertrages keine Schiedsvereinbarung treffen wollen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Parteien die Streitigkeiten einem Schiedsgericht übertragen und insoweit den ordentlichen Gerichtsweg hätten ausschließen wollen. Vielmehr habe dem gerichtlichen Verfahren ein Schlichtungsversuch, in dem die Schlichtungsstelle keinerlei Entscheidungsbefugnis haben sollte, vorgeschaltet werden sollen. Nach Durchführung des Schlichtungsversuches sollte nach dem Wortlaut des § 10 der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sein. Die Schlichtungsklausel stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, weil die Klägerin ein Schlichtungsverfahren nicht hätte durchführen müssen. Dabei hänge die Wirksamkeit der Schlichtungsvereinbarung von der Wirksamkeit des Hauptvertrages ab. Zwar habe der Bundesgerichtshof mehrfach festgestellt, dass eine Schiedsklausel von der Wirksamkeit des Vertrages unabhängig Geltung erlange; für Schlichtungsvereinbarungen sei eine solche Rechtsprechung nicht ersichtlich. Des weiteren sei die Klausel in § 10 des Vertrages zu unbestimmt, weil nicht bestimmt sei, welche Stelle als Schlichtungsstelle anzurufen ist. Da es an einer Regelung zur Bestimmung der Schlichtungsstellen in der ZPO fehle, kämen allenfalls die gemeindlichen Schlichtungsstellen, wie sie im Land Mecklenburg-Vorpommern teilweise eingerichtet sind, in Betracht, wovon auch die Beklagten ausgegangen seien. Dann wäre es aber der Klägerin nicht zuzumuten gewesen, vorab einen Schlichtungsversuch durchzuführen. Die nach dem Schiedsstellengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuständige Schiedsstelle hätte einen Schlichtungsversuch nicht durchführen dürfen, so dass von vornherein klar gewesen sei, dass ein Schlichtungsversuch schlicht und ergreifend nicht durchführbar sei. Gem. der Verwaltungsvorschrift zum Landes Schiedsstellengesetz - Erlass des Justizministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 28.03.2002 - III 360/3180-4SH - habe sich die Schiedsstelle solcher Fälle zu enthalten, in denen die Klärung komplizierter Rechtsfragen im Vordergrund stehe. Das sei hier der Fall, so dass die Durchführung des Verfahrens nach § 19 Schiedsstellengesetz hätte abgelehnt werden können. Der Erlass des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern sehe zudem in Ziff. 13.3 c. vor, dass die Schiedsstelle in Fällen nicht schlichten dürfe, an denen die Gemeinde beteiligt sei.

Die Beklagten beantragen Zurückweisung der Berufung. In § 10 Abs. 2 des Vertrages sei nach dessen Wortlaut, wonach gerade eine Anrufung der staatlichen Gerichte ausgeschlossen sein sollte, eine Schiedsvereinbarung zu sehen. Auch der Wille der Parteien sei auf den Ausschluss der staatlichen Gerichte und damit ein Schiedsverfahren gerichtet gewesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die Klage als derzeit unzulässig zurückgewiesen.

1. Der zulässigen Klagerhebung steht es entgegen, dass die Klägerin unmittelbar Klage vor dem ordentlichen Gericht erhoben hat, ohne eine Schiedsstelle für den Versuch einer gütlichen Einigung angerufen zu haben. Diese Verpflichtung hatten sich die Parteien aber mit § 10 des Pachtvertrages auferlegt.

Bei § 10 des Pachtvertrages handelt es sich zwar nicht um eine Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO, sondern um eine sogenannte Schlichtungsvereinbarung. Notwendiger Inhalt einer Schiedsvereinbarung nach § 1029 ZPO ist es, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits den staatlichen Gerichten entzogen und den Schiedsrichtern übertragen wird. Wenn der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nach dem Scheitern des Versuchs, die Meinungsverschiedenheiten anderweitig beizulegen, offen bleiben soll, liegt nur eine Güte- oder Schlichtungsvereinbarung vor (OLG Naumburg Beschl. vom 20.01.2005 - 10 SchH 2/04 - BauR 2005, 1509 = OLGR 2006, 76; BGH Urt. vom 23.11.83 - VIII ZR 197/82 - NJW 1984, 669).

Dem Wortlaut der Klausel ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Durchführung des Vertrages hierüber verhandeln sollen, vor der Anrufung eines Gerichts aber ein Güteversuch vor dem Schiedsgericht versucht werden muss. Inhalt und Umfang einer solchen Klausel sind zum einen ihrem Wortlaut, zum anderen ihrem Zweck zu entnehmen (BGH Urt. vom 23.11.1983 - VIII ZR 197/82 - NJW 1984, 669). Dem Wortlaut des § 10 des zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. geschlossenen Vertrages kann ohne weiteres entnommen werden, dass die Parteien gerade nicht die Verhandlung vor einem ordentlichen Gericht ausschließen wollten, sondern vor der Anrufung des ordentlichen Gerichtes mit der Hilfe eines neutralen Dritten als Schiedsstelle eine gütliche Einigung versuchen sollten. Der einvernehmlichen Verfahrensausgestaltung als Schlichtungsvereinbarung steht es dabei nicht entgegen, dass die Parteien des Vertrages bei der Abfassung der Formulierung statt des Begriffes "Schiedsstelle" den Begriff "Schiedsgericht" verwandt haben. Der Regelungswille, den Weg zu den ordentlichen Gerichten nicht gänzlich zu verschließen, wird hierdurch nicht außer Kraft gesetzt, da es sich insoweit nur um eine Falschbezeichnung handelt, der wirkliche Einigungswille der Parteien gleichwohl aber klar erkennbar bleibt.

Haben die Parteien allerdings eine solche Schlichtungsvereinbarung getroffen, ist eine Klage, die ohne die vorherige Anrufung der Schlichtungsstelle und damit vor dem Versuch des Schlichters, eine Einigung herbeizuführen oder die Durchführung eines solchen Verfahrens für gescheitert zu erklären oder sonst abzulehnen erhoben wird, als derzeit unzulässig zurückzuweisen (BGH Urt. vom 18.11.1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647; BGH Urt. vom 23.11.1983 - VIII ZR 197/82 - NJW 1984, 669; AG Köpenick Urt. vom 27.08.2002 - 16 C 43/02 - NZM 2004, 307 [LS]). 2. Das Gericht hat dabei die Durchführung des Schlichtungsverfahrens nicht von Amts wegen als Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage zu prüfen. Die Prüfung, ob eine Schieds- oder Schlichtungsvereinbarung der Anrufung des ordentlichen Gerichtes entgegensteht, ist nur vorzunehmen, wenn sich eine der Parteien auf diese Klausel beruft (BGH Urt. vom 18.11.1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647). Hiervon haben die Beklagten Gebrauch gemacht. 3. Soweit die Klägerin einwendet, die Vereinbarung in § 10 des Pachtvertrages stehe der Anrufung des ordentlichen Gerichtes nicht entgegen, da sie Bestandteil eines unwirksamen Vertrages und damit gleichermaßen unwirksam sei, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.

Für die Schiedsvereinbarung nach §§ 1025 ff. ZPO hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass diese auch den Streit um die Wirksamkeit des Vertrages erfassen kann (BGH Urt. vom 22.09.1977 - III ZR 144/76 - BGHZ 69, 260 = NJW 1978, 212). Eine Unwirksamkeit des Hauptvertrages habe daher nach § 139 BGB im Zweifel nicht auch die Unwirksamkeit der Schiedsklausel zur Folge. Vielmehr sei durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien dem Schiedsgericht auch die Entscheidung über die Wirksamkeit des Hauptvertrages übertragen haben. Im Zweifel sei im Rahmen einer solchen Auslegung anzunehmen, dass die Vertragsparteien eine umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichtes gewollt haben (BGH Urt. vom 23.05.1991 - III ZR 144/90 - BGHR ZPO § 1025; BGH Urt. vom 28.05.1979 - III ZR 18/77 - BGHZ 53, 315). Hieraus folgt, dass die Parteien bei Vorliegen einer Schiedsvereinbarung diesen Inhaltes auch die Prüfung der Wirksamkeit des Hauptvertrages der schiedsrichterlichen Entscheidung unterwerfen wollten, also auch zu dieser Frage nicht unter Berufung auf die Unwirksamkeit des Hauptvertrages die ordentlichen Gerichte angerufen werden können.

Der Senat hält diese Grundsätze auch auf die Schlichtungs- bzw. Güteklauseln, mit denen die Parteien eine Anrufung des ordentlichen Gerichtes davon abhängig machen, dass zuvor eine Schiedsstelle zum Zwecke eines gütlichen Einigungsversuches angerufen werden muss, für übertragbar. Der Bundesgerichtshof selbst hat im Zusammenhang mit der Beurteilung eines treuwidrigen Verhaltens einer der Parteien festgestellt, dass eine solche Schlichtungsklausel einer Schiedsklausel in wesentlichen Zügen ähnlich ist (BGH Urt. vom 18.11.1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647).

Daher muss es den Parteien zugebilligt werden, dass sie auch den Streit um die Wirksamkeit des Hauptvertrages zunächst einer einvernehmlichen Lösung zuführen wollen. So hat das OLG Celle entschieden, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses vereinbaren können, dass die gerichtliche Geltendmachung eines sich aus diesem Verhältnis ergebenden Anspruchs, soweit sie über ihn verfügen können, ganz oder teilweise ausgeschlossen sein soll, insbesondere, dass der Klageerhebung bestimmte Handlungen der Parteien vorauszugehen haben, wie etwa der Versuch einer außergerichtlichen Einigung. Die Vertragsparteien haben also die Möglichkeit für einen Anspruch die Zugangsrechte zu den ordentlichen Gerichten ganz oder teilweise zu beschränken (OLG Celle Urt. vom 31.07.1970 - 2 U 30/70 - NJW 1971, 288 [289] m.w.N.; vgl. auch AG Köpenick Urt. vom 27.08.2002 - 16 C 43/02 - NZM 2004, 307 [LS]).

Das gilt auch für den Streit um die Wirksamkeit des Vertrages, soweit sich dies durch entsprechende Auslegung der Schlichtungsklausel ergibt. Eine Unwirksamkeit des Vertrages führt daher nach Auffassung des Senates nicht ohne weiteres auch zur Unwirksamkeit der Schlichtungsklausel. Ansonsten hätte es jede der Parteien in der Hand, durch eine Berufung auf eine schwebende oder endgültige Unwirksamkeit des Vertrages im Nachhinein das gewillkürte Schlichtungserfordernis zu umgehen.

Eine anderweitige Beurteilung ist auch mit Blick darauf nicht geboten, dass § 1027 ZPO für die Schiedsklausel eine vom Hauptvertrag getrennte privatschriftliche Vereinbarung fordert, während das Gesetz für die Schlichtungsklausel ein solches Formerfordernis nicht regelt. Bereits vor Einführung dieses Formerfordernisses hatte das Bayerische Oberste Landesgericht entschieden, dass eine in einem sonst formnichtigen Vertrag enthaltende Schiedsvereinbarung nicht schon wegen der Formnichtigkeit des Vertrages unwirksam ist (BayObLG Urt. vom 30.04.1915, BayObLGZ 1916, 86).

Vorliegend ist die Klausel in § 10 des Pachtvertrages nach Ansicht des Senates dahin gehend auszulegen, dass auch bei Streit über die Wirksamkeit des Vertrages zunächst eine Schiedsstelle anzurufen ist. Der Schlichtungsvereinbarung haben die Parteien des Vertrages Streitigkeiten über die Auslegung und Durchführung des Vertrages unterworfen. Die Durchführung des Vertrages, also einerseits die Verpflichtung des Verpächters zur Gebrauchsüberlassung und andererseits die Verpflichtung des Pächters zur Entrichtung des Entgeltes und deren Umsetzung hängen maßgeblich von der Frage der Wirksamkeit des Vertrages ab. Ob also die vorbezeichneten Hauptpflichten der Vertragsparteien bestehen und durchgesetzt werden können, wird regelmäßig auch durch die Frage bestimmt, ob der Vertrag von Anfang an nichtig, schwebend unwirksam oder in vollem Umfang wirksam ist.

4. Die in § 10 Abs. 2 des Vertrages enthaltende Schlichtungsklausel ist hinreichend bestimmt und daher auch unter diesem Gesichtspunkt wirksam. Die dort gewählte Klausel muss den wesentlichen Inhalt der Vereinbarung wiedergeben. Dabei unterliegt eine solche Vertragsklausel den allgemeinen für Schuldverträge geltenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Somit sind auch Schlichtungsvereinbarungen nach dem Willen der Parteien auszulegen, wobei auch die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen sind (OLG Frankfurt Beschl. vom 04.09.2003 - 3 SchH 1/03 - OLGR 2004, 9). Dies gilt auch dann, wenn die Parteien die Person des Schlichters nicht namentlich bestimmt haben (zur Benennung der Schiedsstelle vgl. KG Berlin Beschl. vom 15.10.1999 - 28 SchH 17/99 - KGR 2001, 49).

Vorliegend haben die Parteien in § 10 Abs. 2 des Pachtvertrages die Zusammensetzung der Schiedsstelle nicht näher bestimmt und folglich auch die Person des Schlichters nicht namentlich bezeichnet. Gleichwohl kann der Klausel entnommen werden, dass Parteien vor Anrufung des ordentlichen Gerichtes vor einer hierfür eingerichteten Stelle einen Schlichtungsversuch durchführen sollten. Insoweit kann in ergänzender Vertragsauslegung auf eine Schiedsstelle zurückgegriffen werden, die der Gesetzgeber gerade zur Schlichtung vermögensrechtlicher Streitigkeiten eingerichtet hat. Gem. § 1 des Gesetzes über die Schiedsstellen in den Gemeinden vom 13.09.1990 (GBl. DDR I, S. 1527) sind auch in Mecklenburg-Vorpommern durch die Gemeinden Schiedsstellen einzurichten, deren Aufgabe die Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten ist. Diese können gem. § 13 des Gesetzes in vermögensrechtlichen Streitigkeiten angerufen werden und haben gem. § 14 Abs. 1 des Gesetzes die Aufgabe, den Versuch einer gütlichen Einigung durchzuführen. Somit stimmen die Zielsetzungen des Gesetzes und der durch die Formulierung des § 10 Abs. 2 des Pachtvertrages dokumentierte Wille der Vertragsparteien überein.

5. Der Verpflichtung der Klägerin, vor Anrufung der ordentlichen Gerichte eine Schiedsstelle anzurufen, steht es auch nicht entgegen, dass gem. § 19 des Landesschiedsstellengesetzes die Schiedsperson die Durchführung eines Schiedsverfahrens ablehnen kann, wenn Gegenstand des Streites die Klärung komplizierter Rechtsfragen ist. Auch wenn die Erläuterungen im Erlass des Ministeriums der Justiz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 28.03.2002 zu § 19 des Landesschiedsstellengesetzes ausführen, dass sich die Schiedsperson in Sachen, in denen die notwendige Klärung von komplizierten Rechtsfragen im Vordergrund steht einer Tätigkeit zu enthalten hat, kann die Klägerin hieraus für sich nicht herleiten, dass sie die Schiedsstelle von vornherein entgegen der Vereinbarung in § 10 Abs. 2 des Pachtvertrages nicht anzurufen brauchte. Der vorbezeichnete Erlass ist eine Verwaltungsvorschrift, die eine unmittelbare Bindungswirkung nur im verwaltungsrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis entfalten kann und eine Weisungsgebundenheit der Betroffenen voraussetzt. Da aber die Klägerin als Partei eines zivilrechtlichen Vertrages in Schlichtungsfragen nicht der unmittelbaren Weisungsbefugnis des Justizministeriums untersteht, entfaltet die Verwaltungsvorschrift für sie keine unmittelbare Bindungswirkung. Das gilt erst recht für die Beklagten.

Auch auf eine mittelbare Bindungswirkung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Aus § 2 des Landes Schiedsstellengesetzes ergibt sich, dass die Schiedsperson ehrenamtlich tätig ist und gem. § 6 des Landes Schiedsstellengesetzes in diese Funktion berufen wird. Sie hat ihre Aufgaben unparteilich wahrzunehmen und unterliegt in ihrer Tätigkeit gem. § 9 des Landes Schiedsstellengesetzes der Aufsicht durch den Direktor des Amtsgerichts. Diese Aufsichtsbefugnis des Direktors des Amtsgerichts erstreckt sich gemäß den Erläuterungen zu § 9 des Landes Schiedsstellengesetzes in vorbezeichnetem Erlass auf die dienstliche und fachliche Aufsicht über die Tätigkeit der Schiedspersonen. Eine darüber hinausgehende fachliche Weisungsbefugnis des Direktors des Amtsgerichtes oder einer anderweitigen Verwaltungsbehörde - hier des Justizministeriums - sieht das Gesetz nicht vor. Somit können die zur Auslegung des § 19 des Landesschiedsstellengesetzes in vorbezeichnetem Erlass gegebenen Hinweise zwar eine Orientierungshilfe für die Schiedsperson sein, binden diese aber nicht. Es liegt letztlich in der Entscheidungskompetenz der Schiedsperson, ob sie die Sache zum Versuch einer gütlichen Einigung im Schlichtungsverfahren annimmt. Die Verwaltungsvorschrift ihrerseits vermag allenfalls Bindungswirkung für die Ausfüllung der Aufsichtspflicht des Direktors des Amtsgerichts und soweit das Landesschiedsstellengesetz ein Tätigwerden der Gemeinde verlangt, für diese zu entfalten.

Aus gleichen Gründen scheidet die Anwendung der Schlichtungsklausel des § 10 Abs. 2 des Pachtvertrages auch nicht deshalb aus, weil Vertragspartei die Gemeinde ist. Auch insoweit kann sich die Klägerin auf eine unmittelbare oder mittelbare Bindungswirkung der Verwaltungsvorschrift nicht berufen.

6. Haben die Parteien in der Schlichtungsklausel vorgesehen, dass zunächst die Schiedsstelle angerufen werden muss, entfällt diese Verpflichtung nicht schon deshalb, weil eine der Vertragsparteien im Nachhinein - etwa wegen Vertragsreue - das Interesse an einer gütlichen Einigung verloren hat. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass auch diese Vertragspartei unter Mitwirkung eines neutralen Dritten und Vorlage eines fundierten Einigungsvorschlages das Interesse an einer gütlichen Einigung zurückgewinnt (so auch BGH Urt. vom 23.11.1983 - VIII ZR 197/82 - NJW 1984, 669). Auch in einem solchen Fall ist also die Anrufung des ordentlichen Gerichtes zumindest so lange ausgeschlossen, wie der Schlichter nicht einen Einigungsversuch vorgenommen oder die Durchführung des Schiedsverfahrens abgelehnt hat.

7. Selbst wenn die Schlichtungsklausel nicht für und gegen die Beklagten zu 2. - 5. wirkt, würde gleichwohl der Räumungsanspruch der Klägerin gegen diese als Gesellschafter der Beklagten zu 1. nicht durchgreifen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung billigt zwischenzeitlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine eigene Rechtspersönlichkeit zu, soweit diese als solche im Rechtsverkehr auftritt. Vorliegend ist die Beklagte zu 1. als Mieterin bei Vertragsschluss aufgetreten. Damit besteht ein Räumungsanspruch sowohl aus § 546 BGB als auch aus § 985 BGB nur gegen diese. Ein unmittelbarer Anspruch gegen die Gesellschafter der Gesellschaft besteht dagegen nicht.

Nun wird überwiegend eine Haftung der Gesellschafter mit ihrem Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft angenommen, wenn die Einzelheiten hierzu auch in Rechtsprechung und Literatur umstritten sind (Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 714 Rn. 11 ff.). Vorliegend aber geht es um einen Räumungsanspruch, der gerade nicht Gegenstand einer vermögensrechtlichen Verbindlichkeit ist und daher nicht aus dem Vermögen des Gesellschafters statt dem Gesellschaftsvermögen bestritten werden kann. Gegenstand der Räumung ist vielmehr die Vornahme einer Handlung, die ausschließlich vom Anspruchsgegner, hier der GbR, erbracht werden kann. Insoweit wäre die Klage auch aus diesem Grunde gegenüber den Beklagten zu 2. - 5. abzuweisen gewesen, so dass die Berufung auch deshalb keinen Erfolg haben kann.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat misst der Frage, ob eine Schlichtungsklausel in einem Pachtvertrag deshalb unwirksam ist, weil der Pachtvertrag an sich nichtig oder schwebend unwirksam ist, sowie der Frage, ob im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zur Bestimmung einer Schiedsstelle auf die vom Gesetzgeber zur Schlichtung von Streitigkeiten vorgesehenen Schiedsstellen zurückgegriffen werden kann, grundsätzliche Bedeutung zu. Insoweit wird die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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