Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 18.04.2005
Aktenzeichen: 3 U 90/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 145
BGB § 147 Abs. 2
BGB § 150 Abs. 1
BGB § 311 b
BGB § 313
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 550
BGB § 566
BGB § 569 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 90/04

Laut Protokoll verkündet am: 18.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht E., den Richter am Oberlandesgericht Dr. J. und die Richterin am Oberlandesgericht B.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. März 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund teilweise - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - geändert und nach teilweiser Berufungsrücknahme und Verwerfung klarstellend neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.022,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 286,97 € seit dem 04.12.2001, auf jeweils 572,04 € seit dem 04.01.2002, 05.02.2002, 05.03.2002, 04.04.2002, 04.05.2002, 04.06.2002, 04.07.2002, 06.08.2002, 04.09.2002, 05.10.2002, 04.11.2002, 05.12.2002 und 06.01.2003, auf jeweils 432,96 € seit dem 04.02.2003, 04.03.2003 und 04.04.2003, auf jeweils 139,08 € für die Zeit vom 04.02.2003 bis 31.12.2004, vom 04.03.2003 bis 31.12.2004 und vom 04.04.2003 bis 31.12.2004, sowie 10,00 € Mahnkosten zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Miete für April 2003 nebst anteiliger Zinsen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 550,00 € abzuwenden, falls nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision der Beklagten wird zugelassen, soweit sie zur Zahlung der Miete für den Monat April 2003 in Höhe von 432,96 € nebst Zinsen verurteilt wird.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Mietzinsansprüche aus einem Mietvertrag über gewerblich genutzte Räume, der vom 06.01./10.01.2000 datiert. Gem. § 4 des Vertrages begann das Mietverhältnis am 01. Februar 2000. Die ordentliche Kündigung sollte frühestens zum 31.01.2005 zulässig sein. Die Beklagte unterzeichnete den Mietvertrag am 06.01.2000, die damalige Vermieterin - Rechtsvorgängerin der Klägerin - am 10.01.2000. Über der Unterschrift der Beklagten ist als Datum der 06.06.2000 angegeben, über der zweiten Ziffer "6" befindet sich eine "1". Die Vermieterin übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 14.01.2000 den von dieser unterzeichneten Mietvertrag mit dem Hinweis, dass auf der Unterschriftseite das von ihr eingetragene Datum zu korrigieren sei. Die Beklagte übernahm das Mietobjekt im Januar 2000. Dabei unterzeichneten die Mietvertragsparteien das Übergabe/Übernahmeprotokoll vom 07.01.2000/18.01.2000.

Nach dem Vertrag hatte die Beklagte einen monatlichen Bruttomietzins von 846,80 DM = 432,96 € und eine Nebenkostenvorauszahlung von 271,94 DM = 139,04 € zu zahlen. Im Dezember 2001 zahlte sie lediglich einen Teilbetrag. Danach stellte sie die Mietzahlungen vollständig ein. Mit Schreiben vom 16.09.2002 kündigte sie das Mietverhältnis aus betriebswirtschaftlichen Gründen zum 01.12.2002. Die Klägerin wies die Kündigung mit Hinweis auf die Vereinbarungen im Mietvertrag und das Fehlen eines ausreichenden Kündigungsgrundes zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30.12.2002 rügte die Beklagte mehrere Mängel, darunter niederfrequente Geräusche, die seit Mitte August 2002 aufträten und deren Quelle sich in westlicher Richtung außerhalb der angemieteten Büroräume befinde. Sie setzte zur Überprüfung und Abstellung der Geräusche eine Frist bis zum 10.01.2003 und kündigte an, sämtliche Rechte, die sich aus der Störung ergäben, geltend zu machen. Andere Mieter des Objekts beschwerten sich nicht über Geräuschbelästigungen.

Mit Schreiben vom 15.01.2003 kündigte die Beklagte den Mietvertrag fristlos unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 30.12.2002, wobei sie ausführte, vornehmlich in der zweiten Tageshälfte hätten die Geräuschsbelästigungen gesundheitsstörende Qualität hätten. Gleichzeitig bot sie der Klägerin die Übergabe der Räume zum 31.01.2003 an. Diese nahm die Räume nicht ab.

Die Klägerin wandte gegenüber die Kündigung ein, dass keine Geräuschbelästigung vorliege; die beanstandungslos funktionierenden GEA-Dachentlüftungsgeräte schieden als einzig theoretisch mögliche Ursache aus.

Erstinstanzlich machte die Klägerin rückständige Miete und Nebenkosten i. H. v. 9.439,66 € für die Zeit von Dezember 2001 bis April 2003 geltend. Die Beklagte, die Klageabweisung beantragte, behauptete, die festgestellten Geräusche störten derart, dass sie dadurch Konzentrationsstörungen, Unwohlsein und Kreislaufstörungen während des Aufenthaltes in den Büroräumen erlitten habe.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete und Nebenkosten. Zur Begründung führte es aus, mangels eines Grundes zur außerordentlichen Kündigung sei das Mietverhältnis nicht beendet. Gründe zur Mietminderung lägen nicht vor.

Bezüglich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand und die Gründe des angefochtenen Urteils.

Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten. Nachdem sie in der Berufungsbegründung den Antrag, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, angekündigt hatte, nahm sie ihr Rechtsmittel in Höhe von 5.482,49 € (Miete für die Zeit von Dezember 2001 bis Dezember 2002) zurück. Der Senat wies die Berufung mit Beschluss vom 29.06.2004 teilweise wegen der Verurteilung zu Betriebskostenvorauszahlungen für Januar bis Dezember 2000 ( 12 x 139,04 € = 1.668,96 €) sowie zur Zahlung der Miete einschließlich Betriebskostenvorauszahlung für Januar 2003 (572,04 €) zurück. Im Streit sind somit noch die Mieten und Nebenkostenvorauszahlungen für Februar 2003 bis April 2003 in Höhe von insgesamt 1.716,12 €.

Die Beklagte wiederholt und vertieft zur Begründung ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere den zur Gesundheitsschädigung. Das Landgericht, so rügt sie, habe an sie, die im Termin anwesende Beklagte, Fragen richten können, die sie zu Protokoll hätte beantworten können. Da dies nicht geschehen sei, liege ein Verstoß gegen § 139 Abs. 1 ZPO vor. Auf Nachfrage hätte die Beklagte vortragen können, dass die Geräusche über mehrere Stunden die Lautstärke eines Kühlschrankmotors erreicht hätten, d. h. unter Zimmerlautstärke geblieben seien. Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätte sie konkretisieren können.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stralsund vom 10.03.2004 die Klage abzuweisen, soweit nicht die Berufung zurückgenommen bzw. durch Beschluss verworfen wurde.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag unter Verteidigung des angefochtenen Urteils.

II.

Die zulässige Berufung ist - soweit sie nicht zurückgenommen und nicht als unzulässig verworfen wurde - teilweise begründet.

1.

Das Rechtsmittel hat bezüglich der Verurteilung zur Entrichtung der Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Februar bis April 2003 in Höhe von 417,12 € Erfolg.

a)

Der Klägerin steht insoweit kein Anspruch gem. § 535 Abs. 2 BGB mehr zu. Mittlerweile trat Abrechnungsreife ein, so dass sie keine Vorauszahlungen mehr verlangen kann. Spätestens ein Jahr nach Ende des Zeitraumes, für den der Mieter Vorauszahlungen geleistet hat oder hätte leisten müssen, muss der Vermieter abrechnen. Mit Abrechnungsreife entfällt das Bedürfnis des Vermieters, Vorauszahlungen zu erlangen, denn sie sollen nur vorläufig dessen Aufwendungen abdecken. Die Klägerin hätte die Hauptsache für erledigt erklären oder die Klage auf Zahlung des Saldos umstellen sollen (OLG Hamburg NJW-RR 1989, 82 = ZIP 1988, 1404; OLG Frankfurt NZM 2000, 186; OLG Rostock OLG-Report 2001, 440). Auf die fehlende Begründetheit von Vorauszahlungsansprüchen in solchen Fällen wies der Senat die Parteien in dem Prozesskostenhilfebeschluss vom 28.05.2004 (3 W 59/04) hin. Zwar betraf dieser die Nebenkostenvorauszahlungen für 2002, indessen bedurfte es keines erneuten Hinweises an die Klägerin, dass mit Ende des Jahres 2003 hinsichtlich der Betriebskosten für 2003 Abrechnungsreife eintrat.

b)

Solange die Beklagte mit den Nebenkostenvorauszahlungen in Verzug war, hat sie diese zu verzinsen. Die Verzinsungspflicht endet mit Eintritt der Abrechnungsreife.

2.

Die Klage auf Zahlung der Mieten für die Monate Februar, März und April 2003 ist gem. § 535 Abs. 2 BGB begründet. Das Mietverhältnis bestand bis April 2003 ungekündigt fort.

a)

Da die Vertragsparteien ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingingen (§ 542 Abs. 2 BGB), konnte die Beklagte vor Ablauf der Mietzeit - dies ist der 31.01.2005 - nicht ordentlich kündigen. Die in eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin umdeutbare außerordentliche Kündigung vom 16.09.2002 wirkt nicht zum 31.03.2003.

Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB ist erfüllt, deshalb ist der Mietvertrag nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen und nicht zum 31.03.2003 kündbar. Die Schriftform soll dem späteren Erwerber im Hinblick auf § 566 BGB ermöglichen, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des Mietvertrages zu unterrichten. Auch hat sie Warn- und Beweisfunktion (BGHZ 81, 46 = NJW 1981, 2246; BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 25; BGH NJW 1998, 2664). Diesen Zwecken genügt die vorliegende Beurkundung des Mietvertrages, insbesondere sind für einen Nacheigentümer der wesentliche Vertragsinhalt und die Vertragsparteien ersichtlich.

Die Vertragsurkunde muss auch den Vertragsschluss, d. h. Antrag und rechtzeitige Annahme wiedergeben. Die Schriftform ist daher im Zweifel verfehlt, wenn eine Partei ihre Vertragserklärung erst geraume Zeit (§ 147 Abs. 2 BGB) nach Unterzeichnung der Urkunde durch die andere Partei unterschreibt. Die verspätete Annahme gilt nämlich gem. § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag, dessen Annahme sich jedoch nicht aus der Urkunde erschließt (KG Report 1990, 143; Lindner-Figura/Hartl, NZM 2003, 750; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rdn. 104). Im vorliegenden Fall unterzeichnete die Beklagte die Urkunde in Abwesenheit der Vermieterin. Beide Vertragsparteien unterschrieben ohne erheblichen zeitlichen Abstand im Januar 2000. Damit war die Annahme des Vertragsangebotes gem. §§ 145, 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig. Trotz des offenkundig unzutreffenden Datums über der Unterschrift der Beklagten ist die Schriftform gewahrt. Bei der Datumsangabe ""06.06.2000" handelte es sich augenscheinlich um einen Schreibfehler der Beklagten, der der Wirksamkeit der Beurkundung nicht entgegensteht. Entsprechend beurteilt die Rechtsprechung unrichtige Angaben bei Beurkundung von Grundstückskaufverträgen. Haben die Parteien etwa bei einem notariellen Vertrag unbewusst Unrichtiges beurkunden lassen, obwohl sie über das in Wahrheit Gewollte einig waren, ist der Vertrag gültig: falsa demonstratio non nocet (Palandt/Hein- richs, BGB, 64. Aufl., Rdn. 37 zu § 311 b; BGHZ 87, 150, 152; NJW-RR 1988, 970, 971). So sind in notariellen Grundstücks-kaufverträgen unschädlich die falsche Kataster- oder Grundbuchbezeichnung (BGH NJW 1969, 2045), das versehentliche Weglassen eines Flurstückes (BGHZ 87, 150), die falsche Beschreibung der Grenzlinie (BGH WM 1971, 1084) oder die unrichtige Bezeichnung des Verpflichteten (BGH WM 1973, 869). Scheitert bei notariellen Verträgen der wirksame Vertragsschluss nicht an der fehlerhaften Beurkundung, so kann die Rechtslage bei einer versehentlich falschen Datumsangabe in einen privatschriftlichen Vertrag nicht anders sein. Durch die Beachtung der Formvorschrift des § 311 b BGB soll der Inhalt der Vereinbarung klar und genau festgestellt und die Beweisführung gesichert werden (BGHZ 87, 154). Ebenso ist es bei § 566 BGB a.F. bzw. § 550 BGB n.F. Dieser Zweck wird zwar im Fall der Anerkennung der Unschädlichkeit der irrtümlichen Falschbezeichnung außer acht gelassen. Andererseits darf aber nicht überschätzt werden, was die Beurkundung wirklich zu leisten vermag. Ein Streit über den Inhalt eines beurkundeten Vertrages kann, da auch ausdrückliche Formulierungen unklar, missverständlich oder mehrdeutig sein können, nicht aus der Urkunde allein entschieden werden. Es müssen vielmehr auch außerhalb der Urkunde liegende, zur Erforschung des Vertragsinhalts geeignete Umstände herangezogen werden. Dieser Notwendigkeit trägt die für die Auslegung von beurkundeten Willenserklärungen entwickelte sogenannte Andeutungsformel Rechnung. Nach ihr sind auch Urkunden über formbedürftige Rechtsgeschäfte nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Dabei dürfen aber außerhalb der Urkunde liegende Umstände nur berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweise Ausdruck gefunden hat (BGHZ 63, 359, 362, BGHZ 74, 116, 119). Müssen aber im Falle von Unstimmigkeiten zwischen den Parteien zur Erforschung des wirklichen Inhalts der Vereinbarung auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen und berücksichtigt werden und kommt damit der ausdrücklichen Urkundenerklärung eine Indizwirkung zu, so kann der Beweiszweck der Urkunde der Anerkennung der Unschädlichkeit der irrtümlichen Falschbezeichnung nicht entscheidend entgegengehalten werden. Der denkbare Widerspruch zwischen den Beurkundungszwecken einerseits und der Forderung nach Geltung des übereinstimmenden, aber nicht beurkundeten Parteiwillens anderseits bestand von Beginn der Rechtsprechung zur Unschädlichkeit der irrtümlichen Falschbezeichnung an und wurde nicht übersehen. Dennoch wurde der frühere § 313 BGB, jetzt 311 b BGB von Anfang an so angewendet, dass nicht das objektiv Erklärte, sondern das übereinstimmend Gewollte gilt, wenn nur das objektiv Erklärte dem Formerfordernis genügt (BGHZ 87, 155).

Für den gem. §§ 566 BGB a.F. bzw. 550 BGB n.F. erforderlichen Formzwang bei der Immobilienmiete können jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Vertragsinhalt zweifelsfrei zutreffend beurkundet ist und die falsche Beurkundung nur das Datum der die Erklärung der Parteien abdeckenden Unterschriften unrichtig ist, die Anforderungen nicht strenger sein als bei einer notariellen Beurkundung. Insbesondere zwingt der vorrangige Formzweck, die Unterrichtung eines etwaigen Grundstückserwerbers über den Vertragsinhalt, nicht zu einem verschärften Formzwang. Auch bei der Schriftform gem. §§ 566 BGB a.F. bzw. 550 BGB n.F. lässt die Rechtsprechung den Rückgriff auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zu (vgl. BGHZ 142, 158 = NJW 1999, 2591; BGH NJW 1999, 3257). Die Parteien haben objektiv ihren übereinstimmenden Willen in der Urkunde erklärt. Die rechtzeitige Annahme des Vertragsangebotes ist aus dem im Januar 2000 gefertigten Übernahme-/Übergabeprotokoll zu ersehen, das zwar kein zwingendes, aber doch ein hinreichendes Indiz dafür bietet, dass die Beklagte die Vertragsurkunde nicht erst im Juni 2000 unterschrieben hat.

b)

Das Mietverhältnis endete nicht durch außerordentliche Kündigung (§ 542 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ein Kündigungsrecht gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB stand der Beklagten nicht zu.

Erstinstanzlich legte sie nicht substanziiert dar, dass sich die Räume in einem gesundheitsgefährdenden Zustand befanden, sondern begnügte sich mit dem Vortrag, seit Mitte August 2002 habe sie täglich hauptsächlich in der zweiten Tageshälfte einen Brummen auf Grund einer externen Geräuschquelle festgestellt. Diese Geräusche hätten bei ihr Kopfschmerzen, Unwohlsein, Übelkeit und Kreislaufstörungen hervorgerufen. Hierzu legte sie ein Schreiben des Prof. Dr. H. vom 19.12.2003 vor. Dieses Schreiben war nicht geeignet, einen gesundheitsgefährdenden Zustand der Mieträume zu belegen, denn er war nicht dort und konnte folglich das störende Geräusch nicht wahrnehmen; er begnügt sich mit der theoretischen Darlegung, dass tieffrequente Geräusche die Gesundheit beeinträchtigen können.

Der neue Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ist gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Entschuldigungsgründe für die Verspätung trägt sie nicht vor. Das Unterlassen substanziierten Vortrags beruht nicht auf einem Verfahrensfehler des Landgerichts. In der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2004 wies es die Beklagte darauf hin, dass mit ihrem Vorbringen eine erhebliche Gesundheitsgefährdung nicht dargetan ist; damit genügte es seiner Hinweispflicht gem. § 139 ZPO. Sie hatte nunmehr Gelegenheit, ihr Vorbringen zu ergänzen, insbesondere die Art, Stärke und die Zeiten der Geräusche näher zu beschreiben. Dies hätten die anwesende Beklagte und ihr Prozessbevollmächtigter in der Verhandlung tun können; auch konnten sie Schriftsatznachlass oder Vertagung beantragen. Da sie trotz des deutlichen gerichtlichen Hinweises nichts dergleichen taten, war das Gericht nicht gehalten, sie ausdrücklich zu weiterem Vortrag aufzufordern, von Amts wegen einen Schriftsatznachlass anzuordnen oder gar selbst das Beklagtenvorbringen durch gezielte Nachfragen zu ergänzen, denn die gerichtliche Fürsorgepflicht wird durch die Pflicht zur Unparteilichkeit begrenzt.

c)

Der Anspruch auf Miete für die Monate Februar und März 2003 besteht selbst dann, wenn man wegen fehlender Schriftform des Mietvertrages von einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag ausgeht (§ 550 BGB). Auch bei Umdeutung der außerordentlichen Kündigung vom 16.09.2002 in eine ordentliche wirkt diese erst zum 31.03.2003 (§ 580 a Abs. 2 BGB).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.

Der Senat hat gem. § 543 Abs. 2, S. 1 Nr. 2 ZPO die Revision zur Klärung der Rechtsfrage zugelassen, ob die Schriftform des § 566 BGB a.F. bzw. § 550 BGB n.F. bei einem Schreibversehen verfehlt ist.

Ende der Entscheidung

Zurück