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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: 3 U 96/06
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 145 Abs. 2
Rechtsnachfolger i.S. d. § 145 Abs. 2 InsO ist die Bank auch dann nicht, wenn der auf einem bei ihr geführten Konto gutgeschriebene Geldbetrag aufgrund der Buchungen und der Belege nachvollziehbar erfasst werden kann.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 96/06

Verkündet am: 26.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.04.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 2 O 300/04) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe stellt.

Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert der Berufung: 409.000,00 €.

Gründe:

I.

Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. B. und T. GmbH nimmt die Beklagte nach Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung von 409.000,00 € zur Insolvenzmasse in Anspruch; hilfsweise stützt er seine Forderung auf sittenwidrige Schädigung.

Gesellschafter der Schuldnerin, die bei der Beklagten mehrere Konten unterhielt, waren H. K., K. G. und W. N..

Ihnen persönlich hatte die Beklagte am 19.01.1999 jeweils sogenannte CBM-Ratentilgungsdarlehen über 818.520,00 DM bzw. 819.460,00 DM gewährt. Der Gesellschafter N. ist verstorben. Die bekannten Erben haben den Nachlass ausgeschlagen. Über das Vermögen des Gesellschafters K. ist ein Insolvenzverfahren anhängig. Den Gesellschafter G. verurteilte das Landgericht Neubrandenburg am 13.01.2006 rechtskräftig zur Zahlung von 536.013,64 € nebst Zinsen an den Kläger und zwar gesamtschuldnerisch neben dem Gesellschafter K. und den Erben des Gesellschafters N.

Die Gesellschafter K., G. und N. waren zugleich Gesellschafter der H. GbR, der das Grundstück gehörte, auf dem die Schuldnerin ihr Unternehmen führte.

Die drei Gesellschafter waren zudem Gesellschafter der T. T. C. GmbH (T. alt). Am 29.04.2002 schlossen die Schuldnerin und die T. alt rückwirkend zum 01.09.2001 einen Verschmelzungsvertrag, mit dem die T. alt ihr Vermögen auf die aufnehmende Schuldnerin übertrug.

Die T. T. D. C. GmbH (T. neu) wurde am 27.03.2002 gegründet und am 13.05.2002 in das Handelsregister eingetragen. Die Gesellschafter und Geschäftsführer H. Z. und G. P. waren zuvor bei der Schuldnerin tätig.

Die Beklagte gewährte der T. (neu) ein Darlehen über 920.000,00 €. Dieses war unter anderem bestimmt für den Erwerb des Betriebsvermögens der T. (alt) zum Kaufpreis von 409.325,39 €. Die T. (neu) überwies am 14.06.2002 an die Schuldnerin 409.325,39 €, und zwar auf das zuvor neu eingerichtete Konto der Schuldnerin bei der Beklagten Nr. 688294800. Gleichfalls am 14.06.2002 überwies die Schuldnerin auf das Konto H. GbR Nr. 688082700, aufgeteilt in zehn Einzelüberweisungen mit verschiedenen Verwendungszwecken, insgesamt 409.326,02 €. Ebenfalls am 14.06.2002 überwies H. GbR an ihre Gesellschafter G., K. und N. jeweils 136.441,80 €, und zwar jeweils auf deren Darlehenskonten bei der Beklagten. Mit diesen Gutschriften reduzierten sich die Debetsalden auf diesen Konten um jeweils 136.441,80 € auf ca. 100.336,00 €.

Schematisiert stellen sich die Zahlungswege wie folgt dar:

Beklagte

Gesellschafter

T. neu

H.

Schuldnerin

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe das Gesamtgeschehen auf Kosten der Gläubiger der Schuldnerin initiiert, um ihr Darlehensrisiko gegenüber deren Gesellschaftern herabzusetzen. Dieser Weg zur insolvenzfesten Rückführung der den Gesellschaftern gewährten Darlehen sei sittenwidrig.

Die Beklagte wendet ein, die Zahlungsvorgänge nicht beeinflusst zu haben. Die Schuldnerin habe lediglich berechtigte Forderungen ihrer Gesellschafter beglichen. Zu jener Zeit sei ihr, der Beklagten, eine Überschuldung der Schuldnerin nicht bekannt gewesen. Sie, die Beklagte, sei nicht Rechtsnachfolgerin der H. GbR bzw. ihrer Gesellschafter.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zu deren Begründung trägt er vor:

1. Die von dem Gesellschafter K. der H. GbR angewiesene Zahlung an die Beklagte zur Darlehensrückführung sei nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Es habe sich hierbei nämlich um eine mittelbare Zuwendung der Schuldnerin an die Beklagte gehandelt, die das Vermögen der Schuldnerin zu Gunsten der Beklagten gemindert habe. Die H. GbR bzw. deren Gesellschafter habe auf Weisung der Schuldnerin gehandelt. Die Zahlungsvorgänge basierten auf einem von der Beklagten initiierten und mit der Schuldnerin bzw. deren Gesellschafter abgestimmten Konzept. Zielsetzung dieser Transaktion sei es gewesen, mit dem Erlös für das Anlagevermögen der T. (alt) die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber ihren Gesellschaftern und auf diese Weise zugleich deren Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten entscheidend zu reduzieren, wobei die Überweisung an die H. GbR von vornherein nur als Zwischenstation gedacht gewesen sei. Es handele sich demnach bei der Überweisung des von der T. GmbH (neu) erhaltenen Kaufpreises um eine mittelbare Zuwendung an die Beklagte mit Hilfe der H. GbR und deren Gesellschaftern. Wirtschaftlich sei auf diese Weise das Vermögen der Schuldnerin zu Gunsten der Beklagten gemindert worden. Dies müsse erst recht deshalb gelten, weil die Schuldnerin sich für die letztlich zurückgeführten Gesellschafterdarlehen selbstschuldnerisch verbürgt habe.

2. Zutreffend führe das Landgericht aus, dass die Zahlungen an die H. GbR bzw. deren Gesellschafter gemäß § 135 Nr. 2 InsO i.V.m. § 32 a, 32 b GmbHG anfechtbar sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Beklagte Einzelrechtsnachfolgerin der H. GbR bzw. der Gesellschafter im Sinne des § 145 Abs. 2 InsO. Der verbotswidrig an die Gesellschafter ausgezahlte Betrag sei nämlich gemäß dem vorgefassten Plan direkt an die Beklagte weitergeleitet worden. Mit Eingang des Verkaufserlöses auf dem bei der Beklagten geführten Konto der H. GbR hätten die eingegangenen Zahlungen dem durch § 14 der AGB der Banken begründeten Pfandrecht der Beklagten unterlegen und somit einer Einzelrechtsnachfolge durch Schaffung eines beschränkten Rechts an dem anfechtbar erworbenen Gut begründet. Es könne hierbei keinen Unterschied machen, ob die Gesellschafter freiwillig den Geldeingang an die Beklagte weitergeleitet hätten oder ob diese unmittelbar aufgrund ihres Pfandrechts hätte Zugriff nehmen können. Dies gelte umso mehr, weil die Beklagte darauf bestanden habe, dass der von der T. neu gezahlte Kaufpreis auf ein bei ihr, der Beklagten geführtes, zu diesem Zweck neu eingerichtetes Konto überwiesen werde.

3. Schließlich hafte die Beklagte gemäß § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung. Die Schädigung liege darin, dass die Beklagte die Insolvenzmasse zu Lasten der übrigen Gläubiger um den Kaufpreis in Höhe von 409.000,00 € vorsätzlich verkürzt habe. Schon per 31.12.2001 sei die Schuldnerin überschuldet gewesen. Dies geht aus dem Jahresabschluss hervor, der der Beklagten bekannt gewesen sei. Auch der Bericht der H.- M. C., der ebenfalls der Beklagten bekannt gewesen sei, weise dies aus. Vor diesem Hintergrund könne die Beklagte nicht ernsthaft einwenden, eine Sanierung der Schuldnerin für möglich gehalten zu haben. Die Transaktion am 14.06.2002 seien Teil des von der Beklagten zusammen mit den Gesellschaftern der Schuldnerin entwickelten Konzepts gewesen. Die Beklagten habe ihre Leitungsmacht als kreditgebende Bank gezielt dafür eingesetzt, ihren Ausfall in der Insolvenz zu minimieren.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neubrandenburg die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit Herrn K. G. zu verurteilen, an den Kläger 409.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Klage sei unzulässig, weil der geltend gemachte Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter G. rechtskräftig tituliert sei. Der sich nach Anfechtung ergebende Rückgewähranspruch gemäß § 143 Abs. 1 InsO bestehe entweder gegen den Anfechtungsgegner oder aber gegen dessen Rechtsnachfolger.

Die Zahlung der Schuldnerin an die H. GbR am 14.06.2006 sei nicht nach § 135 Nr. 2 InsO i.V.m. § 32 a, 32 b GmbHG anfechtbar. Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin sei zudem nicht befugt, die Verrechnung der Zahlungen auf dem Kontokorrentkonto der H. GbR anzufechten; dies sei allenfalls ein Insolvenzverwalter über deren Vermögen. Sie, die Beklagte habe die Zahlungsvorgänge nicht initiiert und auch nicht mit der H. abgesprochen. Den Gesellschaftern der H. GbR sei es bei den weiteren Überweisungen um die Tilgung ihrer eigenen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten gegangen. Schließlich sei die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin der H. GbR bzw. deren Gesellschafter. Ihr Pfandrecht gemäß Ziff. 14 ihrer AGB habe die Beklagte nicht ausgeübt. Einen Schädigungsvorsatz der Beklagten habe der Kläger nicht dargetan.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Rechtskraft des gegen den Gesellschafter G. erstrittenen Urteil hindert den Kläger nicht, die aus der Insolvenzanfechtung resultierenden Ansprüche gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin geltend zu machen. Die Rechtskraft des Urteils im Anfechtungsprozess gegen den Ersterwerber bindet den Einzelrechtsnachfolger im Sinne des § 145 Abs. 2 InsO ebensowenig (RGZ 103, 113, 120; OLG Düsseldorf ZIP 196, 185, 187; MünchKomm-Kirchhof, InsO, § 145 Rn. 39) wie die Abweisung der Klage gegen den Empfänger der anfechtbaren Leistung den in Anspruch genommenen Einzelrechtsnachfolger (Kirchhof a.a.O.). Unabhängig davon schließt die Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers die Haftung des Empfängers der anfechtbaren Leistung nicht aus; ggfs. haftet der Empfänger der anfechtbaren Leistung gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO auf Wertersatz (Kirchhof a.a.O., § 145, Rn. 33; Jaeger/Henkel KO § 40 Rn. 24; Wimmer/Dauernheim, InsO, 4. Auflage, § 145 Rn. 22).

2. Die Klage ist nicht begründet.

2. 1. Die Voraussetzungen einer unmittelbar gegen die Beklagte durchgreifenden Anfechtung sind nicht gegegeben. Bei der Beteiligung mehrerer an den anfechtungsrechtlich relevanten Vorgängen kommt wie im Bereicherungsrecht grundsätzlich die Insolvenzanfechtung nur in der jeweiligen Leistungsbeziehung in Betracht (BGH, Urt. v. 05.02.2005 - IX ZR 473/00, NJW-RR 2004, 983 = ZIP 2004, 914 = NZI 2004, 134). Dies sind vorliegend die zehn Überweisungen über insgesamt 409.326,02 € durch die Schuldnerin an die H. GbR sowie die Rückführung der debetorischen Darlehenskonten der Gesellschafter infolge der Überweisungen der H. GbR an diese.

Letzteres, d. h. die teilweise Befriedigung der Darlehensforderungen der Beklagten gegen die drei Gesellschafter - sieht der Kläger als den anfechtungsrechtlich relevanten Vorgang an. Soweit er Kläger die Deckungsanfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO geltend macht, übersieht er, dass Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin nicht betroffen waren.

Als Anfechtungstatbestände kommen daher allenfalls § 132 InsO (unmittelbar nachteilige Rechtshandlung) oder § 133 InsO (vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung) in Betracht. Die Geltendmachung darauf basierender Rückgewähransprüche setzt indessen voraus, dass der auf Rückgewähr in Anspruch Genommene an der gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung beteiligt ist. Mittelbare Zuwendungen, bei denen der Schuldner Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson ohne unmittelbare Rechtsbeziehungen an den gewünschten Empfänger verschiebt, sind im Grundsatz nicht ausgeschlossen (vgl. MünchKomm Kirchhof, a.a.O., § 129 Rn. 68). Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die einzelnen Zahlungsvorgänge beruhten auf nachvollziehbaren wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen. So ging es der Schuldnerin darum, Verbindlichkeiten gegenüber der H. GbR zu bedienen, aber nicht darum, der Beklagten wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Die Gesellschafter wollten ihre persönlichen Darlehensverbindlichkeiten reduzieren; diesem Gesichtspunkt wäre oder ist in den Insolvenzverfahren über das Vermögen oder den Nachlass der Gesellschafter, so es ein solches gibt, nachzugehen. Jeder Zahlungsvorgang hatte ein eigenen Zweck, ohne dass ersichtlich ist, dass die Zwischenstationen nur eingeschaltet wurden, um Vermögen von der Schuldnerin zur Beklagten zu verschieben.

2.2. Die Voraussetzung der Haftung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Gesellschafter gem. § 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO sind nicht gegeben.

Als den Rückgewähranspruch auslösende anfechtbare Rechtshandlungen kommen die zehn Überweisungen der Schuldnerin an die H. GbR sowie die Rückführung der persönlichen Darlehen der Gesellschafter in Betracht.

aa) Der Kläger leitet die Rechtsnachfolge aus dem Pfandrecht her, das die Banken gemäß Nr. 14 der AGB- Banken an Zahlungseingängen des Kunden hat. Indessen weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass die Klägerin den Zahlungseingang auf dem Konto der Gesellschafter verrechnet und auf diese Weise die Debetsalden reduziert hat, ohne auf das Pfandrecht zugegriffen zu haben. Wenn allein der Zahlungseingang schon den Zugriff aufgrund des Pfandrechts bedeuten würde, so hätten die transferierten 410.000,00 € von vornherein dem Pfandrecht unterlegen, denn dann entstand es schon mit Überweisung des Kreditbetrages an die T. neu und auch der Zahlungseingang auf dem Konto der Schuldnerin am 14.06.2002 war mit dem Pfandrecht belastet.

bb) Mit der Erwägung, sie habe von den Gesellschaftern und letztlich von der Schuldnerin die zur Darlehensrückführung bestimmten Mittel erhalten, lässt sich die Rechtsnachfolge der Beklagten nicht begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 24.06.2003 - IX ZR 228/02, BGHZ 155, 1999 = ZIP 2003, 1554) setzt jede Rechtsnachfolge im Sinne des § 145 InsO voraus, dass der Nachfolger den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangt. Die Norm ist nicht anwendbar, wenn schon dem Ersterwerber die Rückgewähr in Natur vor Eintritt der Rechtsnachfolge unmöglich geworden sei. Der Zweck des § 145 Abs. 2 InsO liegt darin, dem Anfechtenden unter bestimmten Voraussetzungen einen erleichterten Zugriff auf den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst zu ermöglichen. Für die bloße, von Anfang an bestehende Schuld einer Geldsumme gelten dagegen die allgemeinen bürgerlichen und handelsrechtlichen Vorschriften über die Rechtsnachfolge. Insbesondere würde die mögliche Haftungsbegrenzung gemäß §§ 1975 ff. BGB oder §§ 25 Abs. 2, 28 Abs. 2 HGB für bedeutsame Fälle der Gesamtrechtsnachfolge unterlaufen.

Zu überlegen bleibt die Parallele zur Aussonderung und Ersatzaussonderung (§§ 47, 48 InsO). Eine Geldsumme oder Buchgeld können nicht ausgesondert werden (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.1972 - VIII ZR 40/71, BGHZ 58, 257=NJW 1972, 872). Gleichwohl bleibt Geld, das der Insolvenzverwalter durch Einziehung einer der Masse nicht zustehenden Forderung für diese vereinnahmt, grundsätzlich bei Einzahlung auf ein allgemeines Bankkonto aussonderungsfähig, wenn es aufgrund der Buchungen und der dazugehörigen Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann (BGH, Urteil vom 15.11.1988 - IX ZR 11/88 ZIP 1989, 118 = MDR 1989, 350; BGH, Urteil vom 11.03.1989 - IX ZR 164/98, BGHZ 141, 116 = NJW 1999, 1709 = ZIP 1999, 626).

Vorliegend ist die Herkunft der Beträge, um die die Debetsalden der Gesellschafter auf den bei der Beklagten geführten Darlehenskonten verringert wurden, hinreichend nachweisbar. Gleichwohl verbietet sich die Angleichung an das Aussonderungs- oder Ersatzaussonderungsrecht. Hiergegen sprechen die vom BGH (a.a.O.) dargelegten grundsätzlichen Bedenken gegen die Ausweitung der Rechtsnachfolgerhaftung. Auch geht es zu weit, aus der Führung eines Kontos schon die Rechtsnachfolge im Sinne des § 145 Abs. 2 Nr. 1 abzuleiten. Wäre dem so, so würde eine Bank chronisch der Gefahr unterliegen, als Rechtsnachfolgerin eines Anfechtungsgegners in Anspruch genommen zu werden. Insbesondere würde ihr zugemutet, Überweisungsaufträge daraufhin zu überprüfen, ob ihnen anfechtungsrechtlich relevante Vorgänge zugrunde liegen.

2.3. Wegen sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) ist die Beklagte der von dem Kläger verwalteten Insolvenzmasse nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Eine nach §§ 130 ff InsO anfechtbare Rechtshandlung ist nicht per se sittenwidrig; dies gilt auch für eine die Absichtsanfechtung nach § 133 InsO auslösende Handlung. Demgemäß sind die Beteiligung an anfechtbaren Handlungen Dritter oder die Anstiftung dazu nicht sittenwidrig. Hinzukommen müssen vielmehr zusätzliche Elemente, die das Geschehen als verwerflich erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 4. 3. 1993 - IX ZR 151/92, NJW 1993, 2041 = ZIP 1993, 602; BGH, Urt. v. 19.03.1998 - IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 = NJW 1998, 2592 = ZIP 1998, 733). Solche Umstände können vorliegen, wenn das mit der angefochtenen Handlung verfolgte Ziel besonders sozialschädlich ist, wenn die eingesetzten Mittel besonders verwerflich sind und wenn der Schädiger über die anfechtbare Handlung hinaus in weitere geschützte Rechte Dritter eingreift. Von wesentlicher Bedeutung ist insbesondere, ob der letztlich Begünstigte schutzwürdige eigene Interessen verfolgt oder ob ihm vorrangig an der Vereitelung der Rechte Dritter, insbesondere der Gläubiger, gelegen ist (MünchKomm-Kirchhof, InsO, vor §§ 129 bis 147 Rdn. 63).

Dass die Beklagte mit dem vorrangigen Bestreben handelte, die Gläubiger der Schuldnerin zu schädigen, trägt der Kläger nicht vor. Er wirft ihr lediglich vor, ihre Leitungsmacht als kreditierende Bank bewusst eingesetzt zu haben, um ihre insolvenzbedingten Ausfälle zu minimieren. Die Verfolgung eigener Vermögensinteressen, insbesondere das Bestreben, insolvenzbedingte Abschreibungen gering zu halten, sind nicht verwerflich. Auch ist der Beklagten nicht als erschwerender Umstand vorzuwerfen, dass sie im Rahmen des, so jedenfalls der Kläger, unter ihrer Mitwirkung erarbeiteten Gesamtkonzepts die gegen § 32a GmbHG verstoßenden Auszahlungen der Schuldnerin an ihre Gesellschafter zugelassen oder gefördert hat. Aufgabe der Beklagten als Hausbank ist nicht die Kapitalerhaltung ihrer Kundin.

Gegen die Sittenwidrigkeit führt das Landgericht zu Recht an, dass am 14.06.2002 noch nicht über das beantragte Konsolidierungsdarlehen entschieden war, so dass das Fehlschlagen der Sanierung noch nicht abzusehen war. Wenn man, wie der Kläger, das Gesamtkonzept als einheitlichen Vorgang begreifen will, so darf man nicht erst mit den Zahlungsvorgängen vom 14.06.2006 beginnen. Nicht unberücksicht kann bleiben, dass das von der Schuldnerin an ihre Gesellschafter weitergereichte Geld aus der Kaufpreiszahlung der T. GmbH neu stammte, die diese mit einem Kredit der Beklagten bestritten hatte. Selbst wenn die T. neu ein anderes Unternehmen mit besserer Bonität als die Gesellschafter der Schuldnerin ist, so ist nicht zu übersehen, dass das Geld in diesem Kreislauf letztlich von der Beklagten aufgebracht wurde und ihr Risiko fortbestand.

III. Die Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 97, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Der Senat lässt gem. § 543 ZPO die Revision zu, um den Kläger die Möglichkeit zu geben, die restriktive Anwendung des § 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO in Hinblick auf die Parallele zur Ersatzaussonderung revisionsrechtlich überprüfen zu lassen.

Ende der Entscheidung

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