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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 24.01.2005
Aktenzeichen: 3 W 118/04
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 1
FGG § 22 Abs. 2
FGG § 24 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 1 S. 2
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 66
FGG § 69 Abs. 1 Nr. 6
FGG § 69 g Abs. 1 S. 1
FGG § 69 g Abs. 4
FGG § 69 g Abs. 4 Nr. 1
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftszeichen 3 W 118/04

In dem Betreuungsverfahren

betreffend Frau H. M., geb. am

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht E., den Richter am Oberlandesgericht Dr. J. und die Richterin am Oberlandesgericht B.

am 24.01.2005 beschlossen:

Tenor:

Die weiteren sofortigen Beschwerden der Betroffenen vom 19.11.2004 und 09.12.2004 gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 12.11.2004 werden verworfen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 06.09.2004 bestellte das Amtsgericht Bad Doberan den Beteiligten zu 2) zum Berufsbetreuer der Betroffenen, bestimmte als Aufgabenkreise die Sorge für die Gesundheit der Betroffenen, die Aufenthaltsbestimmung und die Vermögenssorge einschließlich Wohnungsangelegenheiten und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt an. Er nahm außerdem als Strafverteidiger die Interessen des Lebensgefährten K. der Betroffenen in verschiedenen Strafverfahren wahr. Diesem übergab die Betroffene am 06.09.2004 7.000,00 Euro, die sie zuvor von einem ihrer Sparbücher abgehoben hatte. Weiterhin bestellte sie ihm ein lebenslanges Wohnrecht an dem ihr gehörenden Haus.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte die Betroffene am 20.09.2004 Beschwerde ein. Nach Anhörung der Betroffenen, deren Lebensgefährten sowie ihrer Tochter bestimmte das Landgericht Rostock mit Beschluss vom 12.11.2004, dass anstelle des Beteiligten zu 2) die Beteiligte zu 3) als Betreuerin bestellt werde, da ersterer dazu ungeeignet sei, weil er den Lebensgefährten der Betroffenen verteidigt habe, was dem notwendigen Vertrauensverhältnis entgegenstehe. Im Übrigen wies es die Beschwerde zurück. Bezüglich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Gegen den ihr am 17.11.2004 zugestellten Beschluss vom 12.11.2004 legte die Betroffene mit am 19.11.2004 bei dem Landgericht eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde ein. Der Senat wies sie darauf hin, dass die Beschwerde unzulässig sei, da sie durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein müsse. Mit Schriftsatz vom 09.12.2004 beantragte Rechtsanwalt für die Betroffene, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, im Hinblick auf die vakante Geschäftsfähigkeit der Betroffenen sei es ihr nicht möglich gewesen, eine fristgerechte und ordnungsgemäße Beschwerde einzulegen. Nach Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand werde für sie die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12.11.2004 eingelegt. Das Rechtsmittel beschränke sich darauf, dass eine neue Betreuerin bestellt worden sei. Die Tatsache, dass der bisherige Betreuer Herrn M. K. in diversen Strafverfahren vertreten habe, sei kein Grund, die Betreuerbestellung aufzuheben. Dem Schriftsatz vom 09.12.2004 war eine Vollmacht beigefügt, die von dem Beteiligten zu 2) unterzeichnet ist.

Die Beteiligte zu 3) meint, der Antrag sei unzulässig, da der Beteiligte zu 2) bereits am 12.11.2004 als Betreuer entlassen worden sei. Der Antrag sei auch unbegründet, da zukünftige Rechtsstreitigkeiten zwischen der Betroffenen und Herrn K. nicht auszuschließen seien. Bei der Schwierigkeit der Familienverhältnisse sei eine Neutralität des Betreuers im Sinne der Betreuten erforderlich.

II.

1.

Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen vom 19.11.2004 ist unzulässig. Gem. § 29 Abs. 1 S. 2 FGG muss die Beschwerdeschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies ist bei dem am 19.11.2004 eingegangenen Rechtsmittel nicht der Fall, da die Betroffene das Schreiben persönlich verfasst und unterzeichnet hat.

2.

Das als sofortige weitere Beschwerde gem. §§ 27 Abs. 1, 20 Abs. 1, 29 Abs. 2, 69 g Abs. 4 FGG auszulegende Schreiben vom 09.12.2004 ist unzulässig.

a)

Die Beschwerde ist nicht verspätet eingelegt, so dass die Beschwerdeführerein keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 22 Abs. 2 FGG benötigt, denn sie hat keine Frist versäumt. Zwar liegt ein Fall der sofortigen weiteren Beschwerde gem. § 69 g Abs. 4 Nr. 1 FGG vor. Das Amtsgericht ordnete einen Einwilligungsvorbehalt an und das Landgericht bestätigte diese Entscheidung in den Gründen ausdrücklich. Eine Rechtsmittelbelehrung des Beschwerdegerichts ist nach §§ 69 g Abs. 1 S. 1, 69 Abs. 1 Nr. 6 FGG geboten, wenn das Beschwerdegericht die gegen eine Betreuerbestellung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes gerichtete Beschwerde zurückweist Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Rn 36 zu § 69 g; BayObLG NJW-RR 1987, 781). Da die erforderliche Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtene Beschluss fehlt, wurde die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Rn 9 zu § 69). Die am 09.12.2004 eingelegte sofortigen weiteren Beschwerde ist noch fristgemäß.

b)

Die von Rechtsanwalt für die Betroffene eingelegte weitere Beschwerde ist unzulässig, weil er keine wirksame Vollmacht nachweisen kann. Bei Rechtsmitteln, die im fremden Namen eingelegt sind, ist neben der Beschwerdeberechtigung des Vertretenen auch die prozessuale Befugnis des Vertreters zur Ausübung des Beschwerderechts zu prüfen Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., Rn 21 zu § 20).

Gem. § 66 FGG ist die Betroffene im Betreuungsverfahren ohne Rücksicht auf ihre Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig. Sie konnte deswegen selbst einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragen. Dass sie Rechtsanwalt S. beauftragt hat, ist der Akte nicht zu entnehmen. Rechtsanwalt N. konnte dies nach seiner Entpflichtung nicht mehr tun, denn mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses wurde seine Entpflichtung sofort wirksam (LG Düsseldorf, MittRhNotK 1964, 651/654; BayObLGZ 1964, 267, 271). Gem. § 24 Abs. 1 FGG hatte die Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss keine aufschiebende Wirkung.

3.

Die Beschwerden sind auch unbegründet. Der Senat hat als Rechtsbeschwerdegericht gem. § 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO die angefochtene Entscheidung eingeschränkt lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Der Beschluss des Beschwerdegerichts lässt in materieller Hinsicht keine Rechtsfehler erkennen. Danach ist der Beteiligte zu 2) als Betreuer nicht geeignet und gem. § 1908b Abs. S. 1 BGB zu entlassen, da er die Interessen des Lebensgefährten der Betroffenen wahrnahm. Er befindet sich in einem Interessenkonflikt, da er möglicherweise zu prüfen hat, inwieweit Rechtsgeschäfte, die die Betroffene unmittelbar vor der Betreuerbestellung vornahm, wirksam waren. Gegebenenfalls muss er Rückforderungsansprüche gegen Herrn K. geltend machen. Bei einer Interessenkollision ist ein Betreuer ungeeignet (dazu Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., Rn 5 zu § 1908b). Die Einsetzung der Beteiligten zu 3) als Betreuerin ist nicht zu beanstanden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist gem. § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2, S. 1 KO.

Ende der Entscheidung

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