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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 3 W 36/06
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 2
ZPO § 93
ZPO § 567
RVG § 2 Abs. 2
RVG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 36/06

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht E., den Richter am Oberlandesgericht Dr. J. und die Richterin am Oberlandesgericht B.

am 31.05.2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 28.02.2006 - 3 O 429/05 - geändert:

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 16 % und die Beklagte 84 % zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger nach einem Gegenstandswert von 224,50 € auferlegt.

Gründe:

I.

Der Kläger forderte von der Beklagten im Wege der insolvenzrechtlichen Anfechtung Rückgewähr eines Betrages von 8.981,78 €. Die Klage wurde der Beklagten am 07.11.2005 zugestellt. Am 09.11.2005 überwies sie die Klagesumme an den Kläger. Auf den bereits in der Klageschrift gestellten Antrag des Klägers erließ das Landgericht am 30.11.2005 im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte. Hiergegen legte diese rechtzeitig Einspruch ein und trug vor, die Klagesumme sei bezahlt. Mit Schriftsatz vom 20.12.2005 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Am 09.01.2006 schloss die Beklagte sich der Erledigungserklärung an und stellte ihrerseits Kostenantrag mit der Begründung, der Kläger habe die zusätzlichen durch seine verspätete Erledigungserklärung entstandenen Kosten zu tragen.

Mit dem angefochtenen Beschluss erkannte das Landgericht, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Als unterliegende Partei treffe sie die Kostentragungspflicht. Aus § 93 ZPO ergebe sich nichts anderes, da die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass sie keine Veranlassung zur Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt habe. Auch die Kosten der Säumnis habe die Beklagte zu tragen, da es ihr oblegen hätte, nach Zustellung der Klage innerhalb der zweiwöchigen Frist zur Anzeige der Verteidigungsabsicht die Erfüllung anzuzeigen und so den Erlass eines Versäumnisurteils zu verhindern. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, der das Landgericht nicht abhalf.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ZPO zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 €, denn die Beklagte wehrt sich gegen die Auferlegung der Kosten des Versäumnisurteils in Höhe von 224,50 €.

Das Rechtsmittel ist auch begründet, denn das Landgericht hat der Beklagten zwar richtig überwiegend die Kosten auferlegt, zu Unrecht jedoch auch die Kosten des Versäumnisurteils. Die im Rahmen des § 91 a ZPO gebotene analoge Anwendung des § 93 ZPO führt nicht dazu, die Kosten überwiegend dem Kläger aufzuerlegen, denn es liegt kein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten vor. In der kommentarlosen Zahlung liegt weder eine Prozesshandlung noch ein Anerkenntnis. Außerdem hätte die Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass sie keine Veranlassung zur Klage gegeben hatte, dazu fehlt entsprechender Vortrag (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 93, Rn. 4 unter "Beweislast"). Da sich der Klageanspruch schlüssig aus dem Klagevortrag ergab und die Beklagte die Klageforderung ausglich, mussten ihr die Kosten zum überwiegenden Teil auferlegt werden.

Im Rahmen der gemäß § 91 a ZPO zu treffenden Ermessungsentscheidung ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Erledigung verspätet erklärte. Bei der Billigkeitskorrektur zu beachten ist auch der frühestmögliche Zeitpunkt der Erledigungserklärung; so ist die Entstehung zusätzlicher Kosten bei verspäteter Abgabe der Erklärung zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer, aaO, Rn. 25 zu § 91 a). Die Verzögerung der Erledigungserklärung durch den Kläger führt in Realisierung des Prinzips der Kostentragung nach Veranlassung dazu, dass der Kläger mit etwaigen hierdurch erwachsenen weiteren Kosten belastet wird (Lindacher in Münch/Komm, ZPO, 2. Aufl., Rn. 60 zu § 91 a; OLG Köln MDR 1979, 407; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1567). Dem Kläger, der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand obsiegt hätte, können nach billigem Ermessen die Kosten anteilig auferlegt werden, die dadurch angefallen sind, dass er die Erledigung verspätet abgegeben hat (OLGR Frankfurt 1998, 71). Dies entspricht dem Grundsatz des § 91 Abs. 1 ZPO, dass dem Gegner nur die Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Mit Erlass des Versäumnisurteils entstanden nicht notwendige vermeidbare Kosten. Diese bestanden in der Terminsgebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3104 Nr. 1 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG in Höhe von 224,50 €. Diese wäre nicht angefallen, wenn der Kläger den Rechtsstreit unverzüglich nach Eingang der Zahlung vom 09.11.2005 für erledigt erklärt hätte, was ihm zuzumuten war. Diese Obliegenheitsverletzung fällt ihm kostenmäßig zur Last

Die Gerichtskosten in Höhe von 543,00 € wären auch entstanden, wenn der Kläger die Erledigungserklärung sogleich nach der erfolgten Zahlung abgegeben hätte. Die Parteien stellten widerstreitende Kostenanträge. Daher hätte das Landgericht gemäß § 91 a ZPO über die Kostentragungspflicht entscheiden müssen, so dass 3,0 Gerichtsgebühren gemäß Nr. 1210 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum GKG angefallen wären. Eine Ermäßigung auf eine Gebühr gemäß Nr. 1211 des Kostenverzeichnisses findet nur statt, wenn nach Erledigungserklärung keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Mit Erlass des Versäumnisurteils fielen damit keine besonderen Gerichtskosten an.

Das Verhältnis der sich so ergebenden Mehrkosten zu den Gesamtkosten des Rechtsstreits bestimmt die von dem Kläger zu tragende Kostenquote.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Danach waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Kläger im vollen Umfang aufzuerlegen, denn die Beklagte wandte sich mit ihrem Rechtsmittel lediglich gegen die Auferlegung der Kosten des Versäumnisurteils, die weiteren Kosten waren im Beschwerdeverfahren nicht mehr im Streit.

Ende der Entscheidung

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