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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 17.04.2007
Aktenzeichen: 3 W 38/06
Rechtsgebiete: VBVG


Vorschriften:

VBVG § 5
VBVG § 5 Abs. 2 Satz 1
VBVG § 5 Abs. 3
Auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in dem der Betreute aufgrund strafrechtlicher Verurteilung untergebracht ist, sind die Vergütungsbestimmungen entsprechend anzuwenden, die bei einem gewöhnlichen Aufenthalt des Betreuten in einem Heim gelten.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 38/06

In dem Betreuungsverfahren betreffend

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 17.04.2007 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg (4 T 37/06) vom 09.03.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gegenstandswert der weiteren Beschwerde: bis 1.000,00 €

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin, die berufsmäßig Betreuungen führt, betreut seit 05.01.1995 den aufgrund eines Strafurteils vom 17.12.2001 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten mittellosen Betreuten. Mit Schreiben vom 27.09.2005 beantragte die Betreuerin eine pauschalierte Jahresvergütung in Höhe von 1.848,00 € aus der Landeskasse, zahlbar in vier Raten zu je 462,00 €. Am 31.01.2006 setzte das Amtsgericht die Quartalsvergütung auf 264,00 € fest, wobei es der Betreuerin nur die Pauschale für die Betreuung eines in einem Heim untergebrachten Betreuten zubilligte.

Ihre sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss blieb erfolglos. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer von dem Landgericht Neubrandenburg zugelassenen weiteren Beschwerde.

II.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegt weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die pauschalierte Vergütung für die Betreuung eines in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten mittellosen Betreuten sich nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VBVG bestimmt. Auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in dem der Betreute aufgrund strafrechtlicher Verurteilung untergebracht ist, sind die Vergütungsbestimmungen entsprechend anzuwenden, die bei einem gewöhnlichen Aufenthalt des Betreuten in einem Heim gelten.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München (Beschl. v. 04.07.2006 - 33 Wx 60/06, FamRZ 2006, 1562 = BtPrax 2006, 183 = OLGRep 2006, 695) und des Oberlandesgerichts Hamm (Beschl. v. 24.08.2006 - 15 W 210/06, FamRZ 2007, 501) ist eine Justizvollzugsanstalt nach dem Zweck der pauschalen Vergütung des Betreuers ein "Heim" im Sinn des § 5 VBVG. Dasselbe gilt auch für ein psychiatrisches Krankenhaus, in dem der Betreute aufgrund strafrechtlicher Verurteilung untergebracht ist (OLG München, Beschl. v. 28.07.2006, 33 Wx 75/06, FamRZ 2007, 83 = BtPrax 2006, 182 = OLGRep 2006, 693). Dieser Auffassung folgt der Senat. Zuzugeben ist, dass § 5 VBVG in Absatz 1 und 2 lediglich darauf abstellt, ob der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim hat. Auch die Legaldefinition in § 5 Abs. 3 VBVG zwingt nicht zu der Annahme, dass die Unterbringung in eine Justizvollzugsanstalt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus dem gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim gleichzustellen ist.

Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten indessen die entsprechende Anwendung. Durch das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) vom 21.04.2005 wurde zur Vereinfachung an Stelle der Vergütung nach Einzelnachweisen und jeweiligen Betreuungsaufwand ein Pauschalisierungssystem eingeführt. In Vorbereitung ließ der Gesetzgeber eine Vielzahl von Betreuungsakten auswerten, um auf diese Weise für die einzelnen Fallgruppen den jeweiligen Zeit- und Betreuungsaufwand zu ermitteln. Sodann wurden Pauschalsätze festgesetzt, wobei, wie die Begründung des Gesetzes (BT-Drucksache 15/2494, S. 31) ausweist, durchaus hingenommen wird, dass im Einzelfall der der Pauschalvergütung zugrunde liegende Arbeitsaufwand geringer, umgekehrt aber auch höher sein kann. Da der berufsmäßige Betreuer nicht nur einen Betreuten hat, gleicht sich der unterscheidliche Aufwand in den einzelnen Betreuungsfällen aus. Trotz dieser grundsätzlichen Pauschalisierung hielt der Gesetzgeber indessen eine Unterscheidung nach der Art der Unterbringung für geboten. Hierbei berücksichtigte er, dass gerade erhebliche Zeiten für die Wohnungsangelegenheiten eines Betreuten aufzuwenden sind, weil Mietverhältnisse in derartigen Fällen häufig nicht störungsfrei verlaufen. Demgemäß weist die Ermittlung des vom Bundesjustizministerium seinerzeit mit der Auswertung der Betreuungsakten beauftragten Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) aus, dass der Zeitaufwand von der Art der Unterbringung abhängt. Die Gesetzesbegründung (BT-DR 15 2494/S. 36) belegt diese Unterschiede mit Zahlen, wobei sie hinsichtlich der Wohnsituation nur danach unterscheidet, ob der Betreute zu "Hause" wohnt oder in einer Einrichtung untergebracht ist. Die höhere pauschale Vergütung ist angezeigt, wenn der Betreute eine eigene Wohnung hat. Gleichwohl stellt § 5 VBVG lediglich darauf ab, ob der Betreute seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Heim hat, ohne die Unterbringung in sonstigen Einrichtungen zu erwähnen.

Diese planwidrige Lücke ist nach Auffassung des Senats nur mit der entsprechenden Anwendung der Vergütungsbestimmungen für einen in einem Heim wohnenden Betreuten zu schließen. Er verkennt nicht, dass möglicherweise auch die Betreuung eines in einer Justizvollzugsanstalt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten Betreuten zeitlichen Mehraufwand erfordert. Andererseits ist nicht zu vergessen, dass der Betreute in dem psychiatrischen Krankenhaus weitgehend versorgt wird, die Betreuerin muss sich nicht um Wohnungsangelegenheiten kümmern, auch Verpflegung und Bekleidung des Betreuten sind sichergestellt, ebenso die Gesundheitsfürsorge; diese Umstände reduzieren den Betreuungsaufwand.

2. Angesichts der auf geraume Zeit angelegten Unterbringung des wegen Totschlags verurteilten Betreuten in einem psychiatrischen Krankenhaus ist davon auszugehen, dass er außerhalb des psychiatrischen Krankenhauses keinen weiteren Schwerpunkt seiner Lebensführung hat.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 131 KostO.

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