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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 28.04.2003
Aktenzeichen: 3 W 43/03
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 182
Die angezeigte Masseunzulänglichkeit zwingt nicht dazu, den Streiwert für die Klage auf Feststellung einer Geldforderung zur Insolvenztabelle nach der niedrigsten Gebührenstufe zu bestimmen, wenn der Insolvenzverwalter eine materiell-rechtlich aussichtsreiche und auch durchsetzbare Forderung der Masse verfolgt.

Allein der Umstand, dass der Rehctsstreit rügelos vor dem Landgericht verhandelt wird, ist kein Grund, den Gebührenstreiwert der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts anzupassen.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 43/03

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht

am 28.04.2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Stralsund vom 16.01.2003 (5 O 372/02) der Streitwert auf 3.000,00 € festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

1. Mit der am 13.09.2002 bei dem Landgericht Stralsund eingegangenen und dem Beklagten am 23.09.2002 zugestellten Klage erstrebte der Kläger die Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung von 25.564,59 € zur Insolvenztabelle. Der Beklagte trug in Erwiderung auf die Klage schriftsätzlich vor, er habe am 30.08.2002 Masseunzulänglichkeit angezeigt und eine Quote sei nicht zu erwarten. Ohne die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu rügen, erkannte er im Termin am 16.01.2003 die Forderung an. Das Landgericht setzte den Streitwert auf 0,00 € fest.

Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung tragen sie vor, der Kläger erwarte eine 100 %-ige Quote, weil die Insolvenzmasse gegen eine Gläubigerin erfolgversprechend eine Forderung von 400.000,00 € verfolge, bei deren Realisierung die Insolvenzgläubiger vollständig befriedigt würden. Der Beklagte verweist auf die angezeigte Masseunzulänglichkeit und ergänzt, dass die offenen Forderung der Insolvenzmasse sich nur auf 273.000 € belaufe, die die Vollstreckung eines Titels gegen die Gläubigerin jedoch keinen Erfolg verspreche. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab.

2. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

a) Nach § 182 InsO richtet sich der Streitwert nach dem Betrag, der bei der Verteilung zu erwarten ist. Ist mit einer Insolvenzquote nicht zu rechnen, so bewegt sich der Streitwert in der niedrigsten Gebührenstufe (BGH NJW 1964, 1229; BGH ZIP 1993, 50). Die Auffassung, der Streitwert liege pauschal bei 10 % der festzustellenden Forderung (so OLG Frankfurt ZIP 1986, 1063; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 61. Aufl., Anh § 3 Rn. 73) wird dem Zweck des § 182 InsO nicht gerecht; diese Vorschrift soll gewährleisten, dass die Kosten der Rechtverfolgung in einem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des Prozesses stehen (Münch Komm-Schumacher, InsO, § 182 Rn. 1). b) Vorliegend rechtfertigt die angezeigte Masseunzulänglichkeit nicht die Annahme, dass eine Verteilungsquote nicht zu erwarten ist. Auch wenn für diese Prognose die Verhältnisse bei Klageerhebung maßgebend sind, so ist nicht von andauernder Masseunzulänglichkeit auszugehen, denn die Anzeige schreibt die Masseunzulänglichkeit nicht endgültig fest. Vielmehr sind die bei Klageerhebung gegebenen Chancen, eine der Masse zustehende Forderung zu realisieren, einzubeziehen. Obsiegt der Kläger als Verwalter im Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin in dem Rechtsstreit gegen die Gläubigerin und kann er die titulierte Forderung durchsetzen, so wird Masse vorhanden sein. Der Beklagte selbst bezeichnet die Forderung als in materiell-rechtlicher Hinsicht erfolgversprechend. Der Senat nimmt nicht an, dass er auf Kosten der ohnehin derzeit unzulänglichen Masse einen Rechtsstreit führt, wenn nach Obsiegen die Vollstreckung des Titels erfolgslos bleiben wird. Auch kann sich der Senat nicht vorstellen, dass der Kläger bei einem Prozesskostenhilfegesuch verschwiegen haben sollte, dass die eingeklagte Forderung sich in der Zwangsvollstreckung als uneinbringlich erweisen wird.

c) Demgemäß ist der Streitwert im Rahmen des dem Gericht zustehenden Ermessens unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu schätzen (BGH NJW-RR 2000, 354). Demgemäß geht der Senat nicht von einer bleibenden Masseunzulänglichkeit, sondern von einer Verteilungsquote aus, die er mangels weiterer Anhaltspunkte auf etwa 10 % schätzt.

d) Der vereinzelt vertretenen Auffassung (LG Göttingen ZIP 1990, 61, 62; MünchKomm-Schumacher, InsO, § 182 Rn. 8; Pape EWiR 1990, 85, 86), bei einem Rechtsstreit vor dem Landgericht könne das Gericht den Streitwert nicht unterhalb des seine Zuständigkeit begründenden Wertes ansetzen, ist nicht zu folgen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht in einer Sache verhandelt und entscheidet, für die es an sich sachlich nicht zuständig ist. Dies zwingt jedoch nicht dazu, den Streitwert der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts anzupassen. Für eine Klage auf Feststellung einer Insolvenzforderung zur Tabelle gilt nichts anderes. Maßgeblich bleibt zudem der Normzweck des § 182 InsO, Kosten zu vermeiden, die außer Verhältnis zu der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitstoffes stehen.

3. Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 25 Abs. 4 GKG.

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