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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 3 W 58/04
Rechtsgebiete: PStG, BGB, TSG, EheG, FGG


Vorschriften:

PStG § 47
PStG § 47 Abs. 2
BGB §§ 1303 ff.
BGB § 1304 n.F.
BGB § 1306
BGB § 1310
BGB § 1310 Abs. 2
BGB § 1313 Satz 3
BGB § 1314
BGB § 1315 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 1316 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1316 Abs. 3
TSG § 9
TSG § 9 Abs. 1
EheG §§ 16 ff.
EheG §§ 28 ff.
FGG § 13a
FGG § 28 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 58/04

In der Personenstandssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, die Richterin am Oberlandesgericht Bartmann und die Richterin am Landgericht Feger

am 29.07.2004 beschlossen:

Tenor:

I.

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Rostock vom 30.10.2002 (24 III 33/02) und des Landgerichts Rostock vom 29.04.2004 (2 T 393/02) aufgehoben.

Der Antrag des Beteiligten zu 3) auf Berichtigung des Heiratsbucheintrags 777/1993 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beteiligte zu 3) trägt die durch seinen Antrag ausgelösten Auslagen der Beteiligten zu 1) und 2).

III.

Wert der Beschwerde: 3.000,00 €.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) wurde am 21.12.1992 als Mädchen geboren und erhielt den Namen U. B. Am 03.12.1992 beantragte er, seinen Vornamen in U. M. zu ändern; am 18.10.1993 erweiterte er den Antrag dahingehend, seine Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht festzustellen. Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts Rostock vom 26.10.1993 (15 III 65/92) führt er den Vornamen U. M. Außer der Namensänderung stellte dieser Beschluss vorab fest, dass der Beteiligte zu 1) als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen sei. Daraufhin wurde zum Geburtseintrag U. B. ein Randvermerk über die Namensänderung und die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit eingetragen. Am 31.12.1993 schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) vor dem Standesbeamten in Rostock die Ehe, die im Heiratsbuch des Jahres 1993 unter Nr. eingetragen wurde. Mit Beschluss vom 28.01.2002 stellte das Amtsgericht Rostock abschließend die Zugehörigkeit des Beteiligten zu 1) zum männlichen Geschlecht fest.

Der Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock - Standesamtaufsicht - stellte am 07.03.2002 den Antrag, den Heiratsbucheintrag gemäß § 47 Abs. 2 Personenstandsgesetz (PStG) dahingehend zu berichtigen, dass er unwirksam ist. Das Amtsgericht gab diesem Antrag statt. Das Landgericht Rostock wies am 29.04.2004 die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) mit der Begründung zurück, der Heiratseintrag sei unwirksam, weil er eine Nichtehe betreffe.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Zur Begründung führen sie aus, das Amtsgericht und das Landgericht hätten die Wirkungen des Beschlusses vom 26.10.1993 verkannt, aus dem sich die Zugehörigkeit des Beteiligten zu 1) zum männlichen Geschlecht ergebe. Der Beteiligte zu 3), der dies seinerzeit genauso gesehen habe, sei hieran gebunden, nachdem ihre Ehe seit 1993 bestehe. Es widerspreche nicht nur Art. 6 GG, sondern auch Art. 1 GG, wenn der Staat nach Belieben entscheiden könne, ob er sich an früheres Verhalten gebunden fühle oder nicht. Sie, die Beteiligten zu 1) und 2) hätten ihr Leben im Vertrauen auf die bestandskräftige Ehe geführt.

Der Beteiligte zu 3) beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen. Aus dem Beschluss vom 26.10.1993, gegen den der Beteiligte zu 1) kein Rechtsmittel eingelegt habe, ergebe sich lediglich eine Vorabfeststellung und er lasse somit erkennen, dass er keine abschließende Entscheidung beinhalte. Erst seit Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts Rostock vom 28.01.2002 sei der Beklagte zu 1) ein Mann und habe eine Frau heiraten können.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist begründet.

1.

Die Rechtswirkungen des am 31.12.1993 beurkundeten und im Heiratsbuch des Standesamtes Rostock unter eingetragenen Vorgangs bestimmen sich nach dem Ehegesetz in der seit dem 01.01.1975 und bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung und nunmehr nach den §§ 1303 ff. BGB, die durch das Eheschließungsrechtsgesetz mit Wirkung vom 01.07.1998 in das BGB eingefügt wurden. Unabhängig von der Gesetzesänderung und ungeachtet dessen, dass zwischenzeitlich auch andere Lebensgemeinschaften rechtlich anerkannt sind, ist ungeschriebene materiell-rechtliche Voraussetzung der Ehe, dass nur ein Mann und eine Frau heiraten können (BVerfG NJW 1993, 3058 = FamRZ 1993, 1419 = MDR 1993, 1208). Das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) hat nur entschieden, dass zwei Personen gleichen Geschlechts nicht in Kenntnis des unzweifelhaft gleichen Geschlechts beider heiraten können. Nicht geklärt sind die Folgen einer Eheschließung zwischen Personen gleichen Geschlechts, die sich dessen nicht bewusst waren. Amts- und Landgericht gehen mit den Beteiligten zu 3) von einer Nichtehe aus, ohne die Alternative - Aufhebbarkeit - in Betracht zu ziehen.

2.

Diese Abwägung hat der Senat nachzuholen.

a)

Das 1993 geltende Ehegesetz unterschied zwischen Nichtigkeit und Aufhebung der Ehe, wobei auch die Nichtigkeit nur in einem gerichtlichen Verfahren, jedenfalls nicht durch Berichtigung des Heiratsbuches festzustellen war. Das jetzige Eheschließungsrecht lässt die Aufhebung einer fehlerhaften Ehe in bestimmten Fällen zu. Sowohl Nichtigkeit als auch Aufhebbarkeit knüpften bzw. knüpfen an bestimmte, jeweils tatbestandsmäßig umschriebene Ehehindernisse an.

Dass die Nichtehe als ein von Beginn an rechtlich wirkungsloser Zustand, der allenfalls den Schein einer Ehe erweckt, gesetzlich nicht geregelt ist, leuchtet ohne weitere Begründung ein, denn für ein tatsächliches und rechtliches Nichts besteht kein Regelungsbedarf. Von einer Nichtehe ist indessen nur auszugehen, wenn vom Grundsatz her nichts vorhanden ist, was auf eine zivilrechtlich wirksame Ehe schließen lässt. Eine solche Nichtehe ohne jegliche familienrechtliche Wirkung ist anzunehmen, wenn die Ehe nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wurde (§ 1310 BGB n.F.) - z. B. die nur kirchlich geschlossene Ehe - oder wenn der Standesbeamte klargestellt hat, dass er zur Mitwirkung an der Eheschließung nicht bereit sei (vgl. § 1310 Abs. 1 Satz 2 BGB), aber auch wenn die bei dem Standesamt Erschienenen keine auf Eheschließung gerichtete Erklärung abgeben haben (§ 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB) (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., vor § 1313 Rn. 6; Staudinger/Strähn, BGB, 13. Bearb., 2000, § 1310 Rn. 54). In diesen genannten Fällen fehlt es entweder an der unerlässlichen Mitwirkung des Standesbeamten oder aber an den maßgeblichen Willenserklärungen der bei dem Standesbeamten Erschienenen. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. b)

Zweifelhaft ist, ob und inwieweit auch materielle Mängel es rechtfertigen, den standesamtlich ordnungsgemäß beurkundeten Vorgang als Nichtehe abzuqualifizieren. Roth (in Erman, BGB, 10. Aufl., vor § 1313 Rn. 3) nimmt eine Nichtehe nur bei Nichtbefolgung des § 1310 BGB an. Für den Fall der Eheschließung durch Personen gleichen Geschlechts treten Bosch (FamRZ 1997, 65, 72 Rn. 62), Müller-Gindullis (in MünchKomm, BGB, 4. Aufl., § 1310 Rn. 23) und Strähn (in Staudinger, a.a.O. § 1310 Rn. 12, 54) für Nichtehe ein, letzterer obwohl er im Grundsatz den Anwendungsbereich der Nichtehe auf Verstöße gegen § 1310 BGB begrenzt (a.a.O., Rn. 54). Diese Autoren gehen indessen ersichtlich von dem Fall aus, dass zweifelsfrei zwei Frauen oder zwei Männer geheiratet haben. Die zum Zeitpunkt der Eheschließung zweifelhafte Geschlechtszugehörigkeit eines Beteiligten behandeln sie nicht. Brudermüller (in: Palandt, a.a.O., vor § 1313, Rn. 6) spricht die Eheschließung eines Transsexuellen vor Rechtskraft des abschließenden Beschlusses an; er nimmt auch in diesem Fall Nichtehe ohne Heilungsmöglichkeit an.

c)

Gleichwohl betrachtet der Senat den vorliegend am 31.12.1993 als Ehe beurkundeten Vorgang nicht als Nichtehe.

Mit Ausnahme von Brudermüller gehen die genannten Autoren von dem "selbstverständlichen" Fall aus, dass zwei Personen heiraten, die zweifelsfrei demselben Geschlecht angehören. Dieses Selbstverständnis besteht indessen nicht bei Beteiligung eines Transsexuellen. Dann heiraten nicht mehr zwei zweifelsfrei demselben Geschlecht angehörige Personen; dies gilt insbesondere dann, wenn die Zugehörigkeit des Transsexuellen zum anderen Geschlecht schon vorab gemäß § 9 TSG festgestellt ist.

Dass die gesetzlichen Bestimmungen die Folgen des Verstoßes gegen dieses Ehehindernis nicht regeln, zwingt nicht zur Behandlung als Nichtehe. Geboten und sachgerecht ist vielmehr die entsprechende Anwendung der Bestimmungen zur Aufhebung der Ehe auf den vorliegenden Sachverhalt.

§ 1313 BGB lässt die Aufhebung einer Ehe als Folge eines Ehehindernisses zu und beschreibt in § 1314 BGB die Aufhebungsgründe. Sieht man den Katalog der Aufhebungsgründe in § 1314 BGB als abschließend an (so Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1313 Rn. 1; Erman/Roth, BGB, 10. Aufl., vor § 1313 Rn. 5), bleibt nur die Wahl zwischen den Extremen - Nichtehe oder bestandskräftige Ehe.

Die Aufzählung der Aufhebungsgründe in § 1314 BGB - zuvor der Nichtigkeits- und Aufhebungsgründe in §§ 16 ff., 28 ff. EheG - zwingt nicht zu der Annahme, dass alle dort nicht aufgeführten Ehehindernisse als unerheblich der Wirksamkeit der Ehe nicht entgegenstehen. Dies bedarf keiner weiteren Begründung. Ebensowenig ist indessen der Schluss gerechtfertigt, dass jede trotz eines Ehehindernisses geschlossene Ehe als Nichtehe folgenlos bleibt, es sei denn es liegt ein Aufhebungsgrund gem. § 1314 BGB vor. Vielmehr ist zu prüfen, inwieweit eine Lücke im Katalog der Aufhebungsgründe durch Analogie zu schließen ist. § 1313 Satz 3 BGB steht dem nicht entgegen; danach ergeben sich die Aufhebungsvoraussetzungen aus den folgenden Vorschriften; das Wort "nur" fehlt im Gegensatz zu den früheren §§ 16 und 28 EheG.

d)

Für die entsprechende Anwendung der §§ 1313 ff. BGB sprechen die in § 1314 geregelten Aufhebungstatbestände.

Nach § 1304 BGB n.F. kann nur ein Geschäftsfähiger die Ehe eingehen. Dies leuchtet ein, denn die Eheschließung erfordert Willenserklärungen und wenn der beim Standesamt erschienene Geschäftsunfähige nicht in der Lage ist, eine ihn bindende Willenserklärung abzugeben, so kann er keine Ehe eingehen. Gleichwohl sieht das Gesetz die Eheschließung eines Geschäftsunfähigen nicht als schlechthin unwirksam, also als Nichtehe an, sondern sieht darin lediglich einen Aufhebungsgrund (§ 1314 Abs. 1 BGB), der sogar heilbar ist, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit erkennen lässt, dass er die Ehe fortsetzten will. Hierzu reicht die faktische Bestätigung, ohne dass es nochmals einer standesamtlich zu beurkundenden Erklärung bedarf (§ 1315 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Zu dem elementaren Eheverständnis im europäischen und christlich beeinflussten Kulturkreis gehört die Monogamie. Demgemäß stellt die anderweitige Ehe gemäß § 1306 BGB ein Ehehindernis dar. Trotzdem ist die durch einen bereits Verheiraten geschlossene Ehe keine Nichtehe, wobei § 1315 Abs. 2 Nr. 1 BGB sogar die Heilung der aufhebbaren Ehe zulässt, wenn die die neue Eheschließung hindernde frühere Ehe geschieden oder aufgehoben wird.

Auch die Heirat von Geschwistern bleibt nicht als Nichtehe folgenlos, sondern führt lediglich gemäß § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Aufhebbarkeit, wobei § 1316 Abs. 3 BGB sogar in diesem gravierenden Fall die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise zulässt, wenn die Geschwister oder nahen Verwandten Kinder haben.

Den genannten Vorschriften ist somit das Bestreben der Rechtsordnung zu entnehmen, den formell ordnungsgemäß als Ehe beurkundeten Vorgang als Ehe zu behandeln und nicht folgenlos entfallen zu lassen. In der Begründung des Regierungsentwurfes zum Eheschließungsgesetz (Bundestags-Drucksache 13/4898, Seite 15) kommt dies zum Ausdruck. Ziel des § 1310 Abs. 2 BGB und auch der neu geregelten Aufhebungsbestimmungen ist es, weitergehend als das vorherige Recht eine fehlerhafte Ehe aufrechtzuerhalten, weil der frühere Rechtszustand vielfach als unbefriedigend empfunden wurde. Das Gesetz will grundsätzlich Abhilfe schaffen, indem es die Möglichkeit einer statusrechtlichen Heilung eröffnet, wenn zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Die Begründung, die sogar ausdrücklich von der "Heilung einer Nichtehe" spricht, geht somit von der Bestandskraft eines jeden standesamtlich als Eheschließung beurkundeten Vorgangs aus, lässt aber die Aufhebung fehlerhafter Ehen ebenso wie die Heilung etwaiger Ehehindernisse zu.

Diese Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es Bigamie, Ehe zwischen Geschwistern und Kinderehen in vielen Kulturkreisen gab und gibt, so dass für die gesetzlich aufgeführten Ehehindernisse, die nicht so selbstverständlich sind wie der weltweit und seit Urzeiten anerkannte Grundsatz, dass nur Mann und Frau heiraten können, Regelungsbedarf besteht.

e)

Hiervon ausgehend steht die vorliegend als Ehe beurkundete Verbindung der Beteiligten zu 1) und 2) der aufhebbaren Ehe näher als der Nichtehe. Ein stärkeres Ehehindernis als Geschäftsunfähigkeit, Bigamie oder nahe Verwandschaft der Eheschließenden, bedeutet das "schwindende" weibliche Geschlecht des Beteiligten zu 1) nicht. Ende 1993 war er in einem Zwitterzustand, nicht mehr Frau, noch nicht Mann, jedenfalls biologisch weitgehend Mann, rechtlich noch Frau.

Das Kammergericht behandelt in einem Beschluss vom 07.11.1957 (FamRZ 1958, 59, 60), der die Ehe eines Transsexuellen betraf, die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts als Nichtehe und betonte, dass die Geschlechtszugehörigkeit eines Ehepartners sich nach seiner körperlichen Beschaffenheit, nicht nach dem rechtlichen, durch das Familienbuch nachgewiesenen Status richtet. Seit 1957 haben sich die Verhältnisse indessen erheblich geändert. Das Transsexuellengesetz gilt seit 1981.

f)

Bei Abwägung, ob die standesamtlich beurkundete Eheschließung der Beteiligten zu 1) und 2) einer aufhebbaren Ehe oder einer Nichtehe näher steht, ist insbesondere der vor dem 31.12.1993 rechtskräftig gewordene Beschluss vom 26.10.1993 einzubeziehen. Er besagt nämlich, wenn auch nur als Vorabfeststellung, dass der Beteiligte zu 1), als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen sei. Diese Vorabfeststellung soll dem Transsexuellen eine gewisse Sicherheit für seine zukünftige Lebensplanung geben. Sie hat zumindest die Wirkung, dass er nicht mehr zweifelsfrei dem früheren Geschlecht angehört. Aktuell wäre dies geworden, wenn der Beteiligte zu 1) nach dem Beschluss vom 26.10.1993 erschienen wäre, um einen Mann zu heiraten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte der Standesbeamte im Hinblick auf den Beschluss vom 26.10.1993 die Mitwirkung an dieser Eheschließung verweigert und darauf verwiesen, dass der Beteiligte zu 1) nicht mehr dem weiblichen Geschlecht zugehöre. Dass in der Zwischenphase, die geraume Zeit dauern kann, der oder die Transsexuelle weder eine Frau noch einen Mann heiraten darf, ist nicht nachzuvollziehen (dazu Staudinger/Strähn, a.a.O., § 1310 Rn. 13).

g)

Vom Ergebnis her ist es nicht geboten, die Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) als Nichtehe mit den damit für die Beteiligten verbundenen Härten zu qualifizieren. Die Folgen des Ehehindernisses, sofern es nicht heilbar sein sollte, lassen sich mit der Aufhebung gem. §§ 1313 ff. BGB besser lösen als mit Annahme einer Nichtehe. Dem Interesse der Öffentlichkeit an der Beseitigung dieser mit einem Ehehindernis behafteten Ehe trägt die Aufhebung hinreichend Rechnung. Letztlich sieht der Senat keine Gründe, die unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes (Art 3 GG) die unterschiedliche Behandlung der vorliegenden und der aufhebbaren Ehe rechtfertigen könnte.

Demgegenüber lässt sich nicht einwenden, die Beteiligten zu 1) und 2) könnten nunmehr "erneut" heiraten, denn diese neue Eheschließung wirkt nur für die Zukunft.

3.

Ob die Aufhebung der Ehe hier sachgerecht oder ob eine Heilung angezeigt ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Vorliegend geht es nur darum, ob die am 31.12.1993 als Ehe beurkundete Verbindung der Beteiligten zu 1) und 2) als Nichtehe gem. § 47 PStG durch Berichtigung des Heiratsbucheintrags beseitigt werden kann.

4.

Der Senat entscheidet selbst ohne Vorlage an den Bundesgerichtshof gem. § 28 Abs. 2 FGG.

Wegen Grundsätzlichkeit ist die Vorlage nicht möglich, sondern nur bei Divergenz. Von der Entscheidung des Kammergerichts vom 07.11.1957 weicht der Senat nicht ab, denn danach wurde das Ehegesetz geändert und 1998 kam das in das BGB integrierte Eheschließungsrecht hinzu. Auch gab es 1957 das Transsexuellengesetz noch nicht. Seine Entscheidung stützt der Senat insbesondere auf die Wirkungen des § 9 Abs. 1 TSG und den darauf beruhenden Beschluss des Amtsgerichts vom 26.10.1993.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 13a FGG.

Ende der Entscheidung

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