Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 6 U 1/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGFGB, FGB


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 5
ZPO § 447
ZPO § 448
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 891 Abs. 1
BGB § 894
EGFGB § 4
EGFGB § 11
EGFGB § 11 Abs. 1
FGB § 13 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 6 U 1/08

verkündet am 29.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 15.04.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.02.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Schwerin - 3 O 549/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs von S . Die Parteien sind Eheleute. Sie haben im Jahre 1963 geheiratet. Sie leben jedenfalls seit Januar 2006 getrennt voneinander. Ein Ehescheidungsverfahren ist beim Familiengericht S rechtshängig .

Mit notariellem Kaufvertrag vom 19.5.1965 hat der Beklagte das in Rede stehende Grundstück erworben. Er ist als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück wurde zu Wohnzwecken der Familie genutzt. Zugunsten der Klägerin wurde durch Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 22.6.2006 ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht des Beklagten im Grundbuch eingetragen.Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird auf das angefochtene Urteil und den Akteninhalt im übrigen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nicht zu. Denn sie habe die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bewiesen. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird ebenfalls Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das Verfahren und das Urteil des Landgerichts seien fehlerhaft. Das Landgericht sei seiner Hinweispflicht nicht rechtzeitig nachgekommen. Der richterliche Hinweis sei erst kurz vor der mündlichen Verhandlung erteilt worden. Gelegenheit zur Erklärung, wie dies § 139 Abs. 5 ZPO vorsehe, habe ihr das Gericht nicht gegeben, sondern ein sogenanntes Stuhlurteil verkündet.

In der Sache habe das Landgericht nach den üblichen Beweislastregeln gemäß § 894 BGB entschieden, ohne auf den gesonderten Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 11 EGFGB, der lex speziales gegenüber § 894 BGB gewesen sei, einzugehen. Das BGB habe in der DDR bis 1.1.1976 gegolten. Der Gesetzgeber des FGB habe sich für den gesetzlichen Stand der Gütergemeinschaft (§ 14 FGB) entschieden. Dieser habe nur vertraglich abbedungen werden können, allerdings nicht unbeschränkt bzw. mit einer entscheidenden Einschränkung. So sei die Überführung des Gesamtgutes in Sondergut ausgeschlossen gewesen, wenn der gemeinsamen Lebensführung der Familie dienende Sachen betroffen gewesen seien. Hierzu hätten auch selbst genutzte Grundstücke (vgl. FGB-Kommentar 1982, § 14 Rn. 1.2) gehört. Von dem gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft unterscheidbares Vermögen habe das FGB der DDR in § 13 Abs. 2 geregelt. Danach gehörten jedem Ehegatten die vor der Eheschließung erworbenen Vermögensgegenstände allein und auch die während der Ehe als Geschenk oder Auszeichnung oder Erbschaft erlangten Sachen und Vermögensrechte. Gemäß § 4 EGFGB sei das vor Inkrafttreten des Familiengesetzbuches der DDR von Eheleuten erworbene Vermögen dem gesetzlichen Güterstand zugeordnet, sofern die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 FGB zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs vorlagen.

Erstinstanzlich sei ungeklärt geblieben, ob das Grundstück, das der Beklagte nach der Eheschließung der Parteien allein erworben und das der Familie zu Wohnzwecken gedient habe, durch "Arbeit oder aus Arbeitseinkünften" der Parteien oder aus dem alleinigen Vermögen des Beklagten erworben worden sei. Dort befinde sich bis heute die Ehewohnung der Parteien. Das Landgericht sei von dem Regelfall des § 894 BGB ausgegangen, wonach der die Unrichtigkeit des Grundbuchs Behauptende hierfür die Beweislast trägt, ohne sich mit Fragen der Rechtsgeschichte zu befassen. Es hätte jedoch erkennen müssen, dass zugunsten der ehelichen Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des FGB eine Umkehr der Beweislast eintrete. Für die Klägerin streite die gesetzliche Vermutung der Unrichtigkeit des Grundbuchs, die der Beklagte unter Beweisantritt zu widerlegen habe.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts S vom 21.2.2007 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, seine Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs von S insoweit zu erteilen, als dass die Klägerin neben dem Beklagten Miteigentümerin zu 1/2 dieses Grundstückes ist.

3. Hilfsweise wird der Beklagte verurteilt, seine Zustimmung zur Berichtigung des genannten Grundbuches von Schwerin zu erteilen, dass die Klägerin neben dem Beklagten gemeinsam Eigentümer des Grundstückes in ehelicher Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuches der DDR ist.

4. Äußerst hilfsweise, die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.

Der Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Denn der Klägerin steht der geltend gemachte Grundbuchberichtigungsanspruch nicht zu.

1.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet für die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Grundbuchberichtigungsanspruches ist. Dies folgt - unabhängig von dem Vorbringen der Klägerin zu den zu DDR-Zeiten geltenden spezialgesetzlichen Vorschriften - bereits aus § 891 Abs. 1 BGB. Denn der Beklagte steht als alleiniger Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch. Die gesetzliche Vermutung aus § 891 Abs. 1 BGB wird auch nicht dadurch erschüttert, dass die Klägerin die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch erwirkt hat; vielmehr muss die Klägerin den vollen Beweis für das von ihr behauptete Miteigentum erbringen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 891 Rn. 8).

2.

Das landgerichtliche Urteil beruht auch nicht auf einer Hinweispflichtverletzung. Die Frage nach der Beweislastverteilung war und ist die zentrale Frage dieses Rechtsstreits. Dies war der Klägerin bewusst, wie sich nicht zuletzt aus ihrem Schriftsatz vom 12.2.2007 ergibt. Mit Verfügung vom 14.2.2007 (Bl. 63 d.A.) hat das Landgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass es ihre Rechtsauffassung zu dieser Frage nicht teile. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung die späte Erteilung dieses Hinweises rügt, ist festzustellen, dass die Klägerin im Termin am 21.2.2007 weder weiteren Beweis angetreten noch Schriftsatznachlass (§ 139 Abs. 5 ZPO) beantragt hat. Bei dieser Sachlage war es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht am Schluss der Sitzung ein Urteil verkündet hat. Die Klägerin - die in ihrer Berufungsbegründung an der Auffassung festhält, nicht beweisbelastet zu sein - legt auch nicht dar, was sie bei früherer Erteilung des Hinweises erstinstanzlich noch vorgebracht hätte.

3.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Mittel für die Finanzierung des Grundstücks während der Ehe durch Arbeit oder aus Arbeitseinkünften eines oder beider Ehegatten (§ 13 Abs. 1 FGB) stammten. Diesen Beweis hätte die Klägerin möglicherweise dadurch führen können, dass sie den unstreitig während der Ehe der Parteien erfolgten Erwerb des Grundstücks aus bestimmten Mitteln nachweist, wenn dies nach dem seinerzeit geltenden Recht zur Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums und daraus folgend später zur Entstehung von Miteigentum nach Bruchteilen geführt haben sollte. Das Landgericht hat allerdings zu Recht keine Veranlassung gesehen, über diese Frage Beweis zu erheben. Soweit in der Klageschrift die Behauptung aufgestellt worden ist, das Geld für den Grundstückskauf stamme aus gemeinsamen ehelichen Mitteln, ist bereits fraglich, ob sich der Beweisantritt - Parteivernehmung - auf diese Behauptung beziehen soll. Selbst wenn man dies unterstellt, handelte es sich nicht um einen ordnungsgemäßen Beweisantritt, weil die Klägerin nicht angegeben hat, welche Partei hierzu vernommen werden sollte. Die Voraussetzungen des § 447 ZPO waren jedenfalls nicht erfüllt. Das Landgericht war weder verpflichtet, auf die erforderliche Zustimmung der Gegenseite hinzuwirken (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 447 Rn. 2), noch bestand Veranlassung, nach § 448 ZPO zu verfahren. Letzteres war umso weniger veranlasst, als der nicht beweisbelastete Beklagte substantiiert zur Herkunft der Mittel für den Grundstückskauf vorgetragen hat und die beweisbelastete Klägerin sich darauf beschränkt hatte, diesen Vortrag zu bestreiten. Sie hat lediglich eine Zeugin vom Hörensagen für die für sich genommen unerhebliche Behauptung benannt, das Geld für den Grundstückskauf sei aus Autogeschäften gekommen.

Der neue Beweisantritt in der Berufungsbegründung (Zeugnis des Bruders der Klägerin) ist nicht zu berücksichtigen. Denn es handelt sich um ein neues Angriffsmittel, und die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere kann aus den oben dargelegten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Beweisantritt bei früherer Hinweiserteilung noch erstinstanzlich erfolgt wäre. Auf die inhaltlichen Bedenken gegen diesen Beweisantritt (Ausforschung, solange nicht klargestellt ist, was von den Behauptungen auf eigener Wahrnehmung des Zeugen beruhen soll) kommt es mithin nicht an.

4.

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass ihr bereits seit dem 1.4.1966 (Inkrafttreten des FGB der DDR) ein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 11 EGFGB zustehe, führt dies nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Eine Grundbuchberichtigung war nach § 11 Abs. 1 EGFGB ausgeschlossen, wenn das Grundstück zwar während der Ehe, aber nicht aus Arbeitseinkünften eines oder beider Ehegatten erworben worden war, sondern z.B. aus Erbschaft oder Schenkung stammte (vgl. Kommentar zum FGB, § 11 EGFGB Rn. 1.7.2.). Im Streitfall hätte die Klägerin also auch seinerzeit die Herkunft der zum Erwerb des Grundstücks verwendeten Mittel beweisen müssen, um sich auf gemeinschaftliches Vermögen gemäß § 4 EGFGB und somit die Unrichtigkeit des Grundbuchs berufen zu können. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, weshalb sie - sogar nach schriftlicher Aufforderung durch den Liegenschaftsdienst in den 70er Jahren - diesen Anspruch erst nach der Trennung von ihrem Ehemann geltend gemacht hat.

III.

1.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

2.

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

Zurück