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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 05.11.2003
Aktenzeichen: 6 U 25/02
Rechtsgebiete: VGB 88, VVG


Vorschriften:

VGB 88 § 20 Abs. 1 lit. c)
VGB 88 § 20 Abs. 1 lit. d)
VVG § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 25/02

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. t. V., den Richter am Oberlandesgericht H. die Richterin am Landgericht E.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 09.01.2002, Az.: 2 O 126/01 wird zurückgewiesen.

II.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 09.01.2002, Az.: 2 O 126/01, abgeändert und die Klage - insgesamt - abgewiesen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

VI.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 11.121,80 DM (= 5.602,08 €.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser bestehenden Gebäudeversicherung auf Zahlung eines Wasserschadens in Anspruch.

Am 08. September 2000 kam es in dem versicherten Gebäude des Klägers zu einer Überflutung. Der gesamte Fußboden, der teilweise mit Auslegeware verlegt war, sowie die vorhandenen Tapeten wurden durchnässt. Bei einem ersten Regulierungsgespräch, am 28.09.2000, mit dem Schadensregulierer der Beklagten, dem Zeugen N., begutachtete dieser den Schaden und nahm über den voraussichtlichen Ausgleichsbetrag einen "Ca.-Betrag" (vgl. Anlage K 2 (GA 11 u. 11 RS [aus Sicht des Landgerichts: "ca. 4.737,68 DM", vgl. UA Bl. 2]) auf.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.121,80 DM nebst gesetzlicher Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Sie hat geltend gemacht, gem. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 20 Abs. 1 lit. c VGB 88 von der Verpflichtung zur Leistung frei zu sein, da der Kläger in einem am 24.11.2000 stattgefundenen zweiten Regulierungsgespräch die Feststellung der konkreten Schadenshöhe durch einen tätlichen Angriff auf den Regulierungsbeauftragten, den Zeugen N., vereitelt habe.

Das Landgericht hat die Klage zum Teil abgewiesen, sie jedoch im übrigen in Höhe von DM 4.737,68 (dem vom Landgericht angenommenen Schadensfeststellungsbetrag, wie er sich im 1. Termin zur Schadensaufnahme ergeben habe) für begründet erklärt. Ausgeführt hat das Landgericht dazu: Zwar müsse grundsätzlich von einer Einstandspflicht des Versicherers, der Beklagten, für den aufgetretenen Wasserschaden ausgegangen werden. Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten sei jedoch beschränkt auf den im 1. Schadensregulierungstermin von dem Regulierungsbeauftragten, dem Zeugen N., im damaligen Zeitpunkt festgestellten Schadensbetrag (aus Sicht des Landgerichts - wie ausgeführt - : 4.737,68 DM).

Zu Recht - so das Landgericht weiter - verweigere die Beklagte jedoch die Zahlung einer darüber hinausgehenden Mehrforderung des Klägers. Denn der Kläger habe eine Obliegenheitsverletzung gem. § 6 Abs. 3 VVG, § 20 Abs. 1 Buchstabe c und Buchstabe d, Abs. 2 VGB 88 begangen. Aufgrund der - vor dem Landgericht durchgeführten - Beweisaufnahme stehe (zur Überzeugung des Landgerichts) fest, dass der Kläger die Feststellung des exakten Schadensumfangs durch einen tätlichen Angriff auf den Zeugen N., Mitarbeiter der Beklagten, verhindert und diesen darüber hinaus des Hauses verwiesen habe.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Diese richtet sich im wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts.

Der Kläger bringt vor, richtig sei zwar, dass es am 24.11.2000 zwischen ihm und dem Regulierungsbeauftragten, dem Zeugen N., zu einem Streitgespräch gekommen sei, weil der Zeuge seine telefonische Zustimmung zum weiteren Einsatz der Luftentfeuchter (mit dem Ziel der [Ab-]Trocknung des aufgetretenen Wassenschadens) bestritten habe und nur den Betrag des Kostenvoranschlages, der in der Niederschrift vom 28.09.2000 angegeben gewesen sei, habe erstatten wollen. Richtig sei weiter auch, dass der Kläger aufgrund des wahrheitswidrigen Bestreitens des Zeugen N. erregt gewesen sei und in dieser Erregung mit der flachen Hand auf den Tisch gehauen habe.

Unzutreffend indes sei, dass der Zeuge N. durch die hochspringende Tischplatte am Kopf getroffen worden sei. Richtig sei vielmehr, dass der Zeuge durch den von ihm, dem Zeugen, verursachten Emotionsausbruch des Klägers derart erschrocken gewesen sei, dass er aufgesprungen sei, fluchtartig den Raum verlassen und aufgrund seiner eigenen Erregung mit dem Kopf gegen die Glastür des Raumes gestoßen sei. Danach sei er zurückgekehrt und habe seine vom Tisch gefallenen Unterlagen aufgesammelt.

Selbst wenn das Landgericht der Darstellung des Zeugen N. folge, so sei jedenfalls die Bewertung dieses Vorfalls als ein "tätlicher Angriff" auf ihn, den Zeugen N., unzutreffend. Der Kläger haben allenfalls die gebotene Sachlichkeit bei dem Verhandlungsgespräch verletzt. Mit dem Schlagen auf den Tisch habe der Kläger lediglich der von ihm vertretenen Auffassung Nachdruck verschaffen wollen. Ein tätlicher Angriff auf den Zeugen sei damit nicht verbunden gewesen.

Wie der Zeuge N. selbst angegeben habe, sei die Tischplatte befestigt gewesen. Daher könne - folge man seiner Version - dem Kläger schon deshalb kein tätlicher Angriff auf den Zeugen unterstellt werden, da dieser nicht damit habe rechnen müssen, dass die Tischplatte hochspringen und den Zeugen am Kopf verletzen würde.

Auf die Regulierungspflicht der Beklagten habe der Vorfall auch deshalb keinen Einfluss, weil er gem. § 6 Abs. 3 VVG weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt habe. Ausweislich der Verhandlungsniederschrift des Regulierungsgespräches vom 28.09.2000 sei der Versicherungsfall und die Feststellung und der Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung bereits in diesem Termin bestimmt gewesen; es sei lediglich noch erforderlich gewesen, dass der Kläger entsprechende Rechnungen zu den durchzuführenden Instandsetzungsarbeiten vorlege. Ausschließlich der Verhandlung über die sodann von dem Kläger vorgelegten Rechnungen habe das Gespräch am 24.11.2000 gedient.

Der Kläger beantragt,

1.

Unter Abänderung des am 09.01.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Neubrandenburg - Az.: 2 O 126/01 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere DM 6.384,12 = 3.264,15 EUR zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger auf den Betrag von 11.121,80 DM = 5.686,49 EUR 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 29.09.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

und beantragt weiter im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg , 2 O 126/01, vom 09.01.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Auffassung, dass sie aufgrund der Obliegenheitsverletzung des Klägers vollumfänglich von ihrer Leistung frei geworden sei.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 05.11.2003 die Berufung zurückgenommen, die Beklagte jedoch nicht in die Rücknahme des Rechtsmittels eingewilligt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers - über die trotz der (eben) nach Beginn der mündlichen Verhandlung erklärten Rücknahme des Rechtsmittels zu entscheiden ist, da die Beklagte nicht in die Rücknahme eingewilligt hat (§ 515 Abs. 1 ZPO a.F., der vorliegend Anwendung findet, weil die mündliche Verhandlung erstinstanzlich am 19.12.2001 geschlossen worden ist [vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO]) hat keinen Erfolg (I.). Hingegen ist auf die in gleicher Weise zulässige Anschlussberufung die Klage als insgesamt unbegründet abzuweisen (II.).

I.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Regulierung des Wasserschadens aus der Wohngebäudeversicherung nicht zu, da ihm eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung gem. § 6 Abs. 3 VVG, § 20 Abs. 1 lit. c) und lit. d), Abs. 2 VGB 88 vorzuhalten ist, die den Versicherer - hier die Beklagte - von der Verpflichtung zur Leistung auf den Versicherungsfall vollen Umfangs frei werden lässt.

1.

Gem. § 20 Abs. 1 lit. d) VGB 88 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang einer Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen, auf Verlangen insbesondere einen beglaubigten Grundbuchauszug.

a)

Gegen diese Obliegenheit hat der Beklagte - nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme - dadurch verstoßen, dass er im 2. Termin zur Schadensaufnahme, am 24.11.2000, in - nach eigener Darstellung - hitziger Erregtheit (ohne dabei allerdings in seiner Steuerungs- und/oder Einsichtsfähigkeit eingeschränkt gewesen zu sein) dem Zeugen N. - mittels eines (für den Zeugen) unvorhersehbaren heftigen Schlags auf die Tischkante eines (neben dem Schreibtisch im Büro des Klägers stehenden) Beistelltisches (wodurch die Tischplatte hochschnellte und den Zeugen N. am Kopf traf) eine Kopfplatzwunde beibrachte (so dass dieser sich im Anschluss in fachärztliche Behandlung begeben musste), im weiteren die von dem Schadensregulierer mit sich geführte Tasche durch den Raum warf und diesen unter der Androhung, andererfalls werde "ihm etwas passieren", aufforderte, das Büro des Klägers zu verlassen, so dass sich der Zeuge N. genötigt sah, "auf allen Vieren" kriechend seine Unterlagen, die aus der Tasche herausgefallen waren, im Büro des Klägers zusammen zu sammeln und seiner Aufforderung zum Verlassen desselben nachzukommen, wodurch er an einer abschließenden Aufnahme des Schadens gehindert wurde.

b)

Entgegen der mit der Berufung vorgetragenen Argumentation des Klägers ist gegen die Würdigung des Landgerichts zu der - in den wesentlichen Teilen wiedergegebenen - Aussage des Zeugen N. nichts zu erinnern.

aa)

Vielmehr sprechen die Exculpationsversuche des Klägers - nämlich "seine Darstellung der Dinge" - für sich und bedürfen im Grundsatz keiner weiteren Kommentierung. Angemerkt sei lediglich, dass der Kläger - ausweislich des Protokolls zur Einvernahme des Zeugen N. vom 19.12.2001 (GA 73-74) - unzutreffend vorträgt, wenn er dem Zeugen N. "in den Mund legen" will, dieser habe bekundet, die Tischplatte des Beistelltisches sei befestigt gewesen, und deshalb erscheine seine (des Zeugen) Darstellung, er habe sich (infolge des Hochspringens der Tischplatte nach einem darauf geführten Schlag) eines tätliches Angriffs des Klägers ausgesetzt gesehen, unglaubhaft. Richtig ist vielmehr - ausweislich des Sitzungsprotokolls (GA 74) - , dass der Zeuge N. bekundet hat, "die nach meiner Meinung (Hervorhebung: hier) verschraubte Kunststoffplatte ist daraufhin (nach dem Schlag des Klägers [Ergänzung: hier]) heraufgesprungen und hat mich am Kopf getroffen". Diese Schilderung ist - bei lebensnaher Betrachtung - nur dahin zu verstehen, dass sie Aufschluss darüber geben sollte, warum sich der Zeuge eines für ihn "unverhofften" Angriffs ausgesehen hat. Nicht aber kann die - auch aus Sicht des Senates glaubhafte - Aussage des Zeugen N. dafür herangezogen werden, um den Kläger im Licht eines Unbescholtenen und zu Unrecht beschuldigten Versicherungsnehmers erscheinen zu lassen.

bb)

Der Kläger kann auch nicht damit Gehör finden, der Umfang der Entschädigungspflicht der Beklagten habe bereits aufgrund des 1. Schadensregulierungstermins vom 28.09.2000 festgestanden, weshalb eine - etwaige, ihm zuzurechnende - Obliegenheitsverletzung keinen kausalen Einfluss auf die Feststellung von Art und Umfang des Schadenfalles habe haben können (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG).

Ersichtlich diente der 2. Schadensaufnahmetermin vom 24.11.2000 vielmehr - und entgegen der Ansicht des Landgerichts - dazu, die konkreten Schadensbeseitigungskosten, insbesondere auch den Umfang der notwendigen Trocknungsarbeiten, überhaupt erst verlässlich festzustellen, denn darüber konnte sich der Zeuge N. (aus der Natur der Sache = notwendige Trocknung der in Mitleidenschaft gezogenen Wohnflächen) im 1. Termin noch gar keinen Aufschluss verschaffen. Daraus erklärt sich denn eben auch, dass im Protokoll zur 1. Schadensaufnahme (am 28.09.2000) zum Umfang des (ggf. zu regulierenden Schadens) nur "Ca.-Beträge" von dem Zeugen N. eingetragen worden sind. Diese konnten - auch aus Sicht des Klägers - noch nicht als Schadensfeststellung, die der Versicherer (die Beklagte) mit Bindungswirkung gegen sich gelten lassen wollte, gewertet werden.

c)

Die mithin als feststehend zu beurteilende Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, des Klägers, geschah (nicht nur grob fahrlässig, sondern) vorsätzlich (§ 6 Abs. 3 Satz 1 VVG). Sein Verhalten entspricht in keiner Weise der von einem Versicherungsnehmer (allgemein) zu erwartenden und in der Vorschrift des § 20 Abs. 1 lit. c) VGB 88 fixierten Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Untersuchung des Schadens und des Schadensumfangs und einer daraus herzuleitenden Pflicht des Versicherungsnehmers zur Auskunftserteilung.

Vielmehr ist in dem körperlichen Angriff des Klägers auf den Schadensregulierer der Beklagten (§ 223 StGB), dem durch den Raumwerfen der Tasche des mit der Feststellung beauftragten Schadensregulieres und seiner Verweisung aus den Büroräumen des Versicherungsnehmers - des Klägers - (sowie einer damit einhergehenden Bedrohung [§ 240 StGB] und Nötigung [§ 241 StGB]) die krasseste Form einer Auskunfts- und Untersuchungsverweigerung zu erkennen.

2.

Gem. dem "Alles oder Nichts"-Prinzip des § 6 Abs. 3 VVG (vgl. darüber nur BGHZ 47, 101; 48, 7) führt dieser Verstoß - anders als vom Landgericht angenommen (und jedenfalls dann, wenn noch keine Teilleistung des Versicherers zur Regulierung des Schadenfalles erfolgt ist) - zum vollständigen Verlust des Versicherungsanspruches. Die darin liegende Härte ist grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. hierzu Prölss/Martin, 26. Aufl., § 6 VVG, Rn. 98).

a)

Hierfür gefordert ist allerdings eine dem Versicherungsnehmer erteilte Belehrung über die Folgen der Verletzung einer ihn treffenden Obliegenheit (vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 6 VVG Rn. 98; § 34 VVG Rn. 22). Die neuere Rechtsprechung macht die Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher (folgenloser) Verletzung der Obliegenheit insofern von einer ausdrücklichen, unmißverständlichen Belehrung darüber abhängig, dass in einem solchen Fall Verwirkung auch dann eintrete, wenn die Obliegenheitsverletzung für den Versicherer keine nachteiligen Folgen gehabt hat, und zwar generell, ohne Rücksicht auf die Lage des Einzelfalls (vgl. BGHZ 47, 7; 49, 130; BGH VersR 1973, 174 = NJW 1973, 365; Prölss/Martin, a.a.O., § 32 VVG Rn. 22).

aa)

Im vorliegenden Fall liegt zwar keine Belehrung im Hinblick auf die konkret (Hervorhebung: hier) vom Kläger verübte Obliegenheitsverletzung vor. Vielmehr wurde er durch die Beklagte - in Anführungsstrichen - "lediglich" darauf hingewiesen, dass unwahre oder bewusst unvollständige Angaben zur Versagung des Versicherungsschutzes führen können.

Eine weitergehende Belehrung über die sodann konkret vom Kläger verübte Obliegenheitsverletzung war hier indessen entbehrlich. Solches wird - etwa auch - angenommen für den Fall, dass ein Versicherungsnehmer hartnäckig an falschen Angaben festhält oder arglistig handelt (vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 34 Rn. 22).

bb)

Vergleichbar liegt die Situation hier. Auch ohne konkrete Belehrung darüber, dass ihm ein körperlicher Angriff auf einen Mitarbeiter des Versicherers (mit der Folge einer Körperverletzung, § 223 StGB), ebenso wie eine Bedrohung (§ 240 StGB) oder eine Nötigung (§ 241 StGB) desselben, bei der Aufnahme des Schadensfalles untersagt ist, musste der Kläger schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei einem solchermaßen von ihm geübten Verhalten davon ausgehen, dass der Versicherungsschutz entfallen könnte. Dies gilt insbesondere in dem Fall, wo der Versicherungsnehmer - wie hier - darauf hingewiesen worden ist, dass bereits falsche, wenngleich folgenlose, Angaben zu einem Entfallen der Versicherungsleistung zu führen vermögen. Denn es drängt sich jedem objektiven, unvoreingenommen urteilenden Betrachter auf, dass in einer solchen Obliegenheitsverletzung ein Minus gegenüber einem vorsätzlichen (und strafbewehrten) tätlichen Angriff auf einen Mitarbeiter des Versicherers bei (einer noch nicht abgeschlossenen) Aufnahme des Schadensfalles zu erkennen ist (argumentum ad minori ad maius = wenn schon das fahrlässige Delikt [= falsche Auskunft] eine Obliegenheitsverletzung begründet, dann erst Recht das vorsätzliche [= vorsätzliche Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung im strafrechtlichen Sinne]).

Wollte also die Rechtsgemeinschaft einen Einwand gegen sich gelten lassen, der Rechtsunterworfene (hier: der Kläger) könne sich damit verteidigen, dass ihm eine Belehrung über das allgemein geübte (und zu erwartende) Verhalten nicht zuteil geworden sei (= "Du sollst Deinen Nächsten nicht verletzen, nicht schlagen und nicht erniedrigen"), so müsste dies einer Aufgabe der rechtlichen Verfasstheit einer menschlichen Ordnung gleichkommen. Deshalb kann kein Zweifel daran gegeben sein, dass die dem Kläger (als Versicherungsnehmer) erteilte Belehrung über die Folgen falscher Angaben zum Versicherungsfall auch den (nicht ausdrücklich mitbenannten) Fall falschen (weil sogar strafbewehrten) menschlichen Verhaltens (Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung; §§ 223, 240, 241 StGB) mitumfasst.

b)

Zutreffend ist das Landgericht im übrigen (im Rahmen eines obiter dictums) davon ausgegangen, dass durch die Obliegenheitsverletzung des Klägers nicht nur die Feststellung des exakten Schadensumfanges bzw. des Entschädigungsumfanges (durch den "Rausschmiss" des Mitarbeiters der Beklagten) verhindert worden ist, sondern - darüberhinaus - auch falsche Angaben des Klägers (zum Schadensumfang) vorgelegen haben (siehe die Korrekturen des Schadensregulieres auf der vom Kläger abgereichten Rechnung des Malermeisters H. Holz [Anlage K 3, GA 12]), die (nach dem Begehren des Klägers) zu einer überhöhten Inanspruchnahme von Versicherungsleistung führen sollten.

Damit läge - ohne dass darüber nach den vorstehenden Erwägungen noch eine abschließende Entscheidung herbeizuführen ist - eine weitere (und nicht folgenlose) Obliegenheitsverletzung vor, der nach der sogen. "Relevanzrechtsprechung" im vorliegenden Fall Bedeutung zukäme (vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 6 VVG Rn. 98), da sie auch ohne Belehrung (über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung) zum Entfallen der Versicherungsleistung führt.

II.

Aus den vorstehenden ausgeführten Gründen hat die Berufung des Klägers nicht nur keinen Erfolg, sondern vielmehr dringt umgekehrt die Beklagte mit der von ihr verfochtenen Anschlussberufung durch, die - da dem Landgericht in den genannten Punkten nicht zu folgen ist - zur Abweisung der Klage in toto führt.

III.

1.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 Abs. 1 ZPO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

2.

Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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