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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: 6 U 34/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 224 Abs. 2
ZPO § 225
ZPO § 520 Abs. 2 S. 3
ZPO § 522 Abs. 2 S. 2
1. Die zur Verlängerung der Frist für die Berufungsbegündung (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) höchstrichterlich entwickelte "Vertrauensrechtsprechung" findet auf den Antrag zur Verlängerung der nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmten Stellungnahmefrist keine uneingeschränkte Anwendung. Im Anwendungsbereich des § 522 Abs. 2 ZPO sind die eine Fristverlängerung rechtfertigenden "erheblichen Gründe" restriktiver zu beurteilen.

2. Ein Vertrauen auf eine Verlängerung der Stellungnahmefrist (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ist nicht gerechtfertigt, wenn die gerichtlich auf einen Monat bestimmte Frist zugleich mit dem Hinweis verbunden wird, dass eine Fristverlängerung grundsätzlich nicht gewährt werden kann, der Berufungsführer aber erst am letzten Tag des Fristablaufs eine Verlängerung beantragt, ohne eingehend zu den "erheblichen Gründen" vorzutragen.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 6 U 43/03

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen, den Richter am Oberlandesgericht Hanenkamp, die Richterin am Amtsgericht Paulmann

am 27.05.2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

I. Der Antrag der Beklagten vom 26.05.2003 auf Fristverlängerung zur gerichtlichen Verfügung vom 24.04.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.09.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund (Az.: 7 O 500/01) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

III. Streitwert der Berufung: 8.801,58 € (= 17.214,40 DM).

Gründe:

A.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte mit dem am 18.09.2002 verkündeten Urteil zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 8.801,58 € nebst Zinsen. Zur Begründung führte es aus, gegenüber der dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Klageforderung greife die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung nicht durch, da die streitgegenständlichen Abtretungen nicht hinreichend bestimmt seien.

Mit ihrer dagegen gerichteten, form- und fristgerechten eingelegten Berufung vertritt die Beklagte - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - die Auffassung, es sei von einer ausreichenden Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungsmehrheit auszugehen.

Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 23.04.2003, der Beklagten zugestellt am 25.04.2003, hat der Senat - unter näherer Darlegung seiner Rechtsauffassung - darauf hingewiesen (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO), dass beabsichtigt ist die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Zurückweisung durch einstimmigen Beschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO) als erfüllt anzusehen sind. Die Frist zur Stellungnahme für die Berklagte zu diesem Hinweis ist auf 1 Monat bemessen und dazu wie folgt ausgeführt worden:

"Somit kommt die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht. Sie haben Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen. Mit einem Monat - genauso lang wie die Berufungsbegründungsfrist - ist die Äußerungsfrist ausreichend bemessen, denn nach Abfassung der Begründungsschrift erübrigt sich eine erneute Einarbeitung in die Akten. Innerhalb dieser Frist sollte es auch einem arbeitsmäßig stark belasteten Rechtsanwalt möglich sein, mit der Mandantschaft zu sprechen, das weitere Vorgehen abzustimmen und den Schriftsatz zu fertigen. Die Frist wird deshalb nicht verlängert werden."

Mit Schriftsatz vom 26.05.2003, eingegangen per Telefax bei Gericht am gleichen Tage, hat die Beklagte Fristverlängerung zur gerichtlichen Verfügung bis zum 10.06.2003 beantragt. Zur Begründung hat der Beklagtenvertreter ausgeführt, er sei "aufgrund andauernder krankheitsbedingter Ausfälle im Büro arbeitsmäßig so stark in Anspruch genommen, dass eine abschließende Stellungnahme mit zugrundeliegender Rücksprache mit der Mandantschaft nicht erarbeitet werden konnte."

B.

I.

Der Antrag auf Fristverlängerung zu dem gerichtlichen Hinweis zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ist zurückzuweisen, da erhebliche Gründe für eine Fristverlängerung nicht glaubhaft gemacht sind (§ 224 Abs. 2 ZPO).

1.

§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO schreibt zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vor, dass den Parteien - wie hier geschehen - vor der Beschlussfassung des Senats nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO Gelegenheit gegeben wird, zu den dafür anzuführenden Gründen Stellung nehmen zu können (vgl. hier nur Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 522 ZPO Rn. 34). Die vom Gericht oder dem Vorsitzenden zu setzende Frist muss angemessen sein. Mangels gegenteiliger gesetzlicher Anhaltspunkte, ist insoweit auf die Frist zur Klageerwiderung nach § 277 Abs. 3 ZPO abzustellen (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O.), die zwei Wochen beträgt. Diese gesetzliche Frist lässt erkennen, dass Gesetzgeber grundsätzlich die Zwei-Wochen-Frist für ausreichend erachtet, damit sich eine Partei im Rahmen der auch ihr obliegenden Prozessförderungspflicht zur Sache einlassen kann. Auch das Unverzüglichkeitsgebot in § 522 Abs. 2 ZPO spricht dafür, eine Frist von 14 Tagen genügen zu lassen, um das Grundrecht auf rechtliches Gehör zu gewährleisten (vgl. Meyer-Seitz, in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 522 ZPO Rn. 28).

b)

Den Parteien ist (im übrigen) Gelegenheit gegeben, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Verlängerung einer solchen gerichtlichen Frist zu beantragen (§ 224 Abs. 2 ZPO). Das gilt auch bei Bestimmung einer Frist nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O.). Über die Fristverlängerung ist im Verfahren nach § 225 ZPO zu entscheiden.

aa)

Maßgeblich für eine Friständerung, die grundsätzlich im (unfechtbaren, § 225 Abs. 3 ZPO) Ermessen ("können", § 224 Abs. 2 ZPO) des Gerichts steht, können - ausgehend von der Bindung an das Gebot der Verfahrensbeschleunigung und mit Rücksicht auf die Interessen des Antragsgegners (zutreffend insoweit Zöller/Stöber, a.a.O., § 224 Rn. 6) - nur "erhebliche Gründe" sein (§ 224 Abs. 2 ZPO), die grundsätzlich glaubhaft (§ 294 ZPO) zu machen sind (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O.). Als erhebliche Gründe solcher Art werden u.a. angesehen: Arbeitsüberlastung, Erkrankungen des Personals, Urlaube, Beschaffungsschwierigkeiten bei Beweisurkunden, Rücksprache mit der Partei, deren Notwendigkeit sich erst aus der Einsicht in die Gerichtsakte ergibt, fehlende Information, u.a.m (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 520 ZPO Rn. 19). Wird ein üblicherweise als erheblich eingestufter Grund angegeben, dann verstösst es gegen das Gebot der Gewährung eines fairen Verfahrens, wenn der Verlängerungsantrag wegen mangelnder Substantiierung zurückgewiesen wird (vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; 1998, 3703; 2000, 1634; 2001, 812).

bb)

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird darüber hinaus ein Vertrauen auf die Bewilligung der Fristverlängerung im Falle des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO beim 1. Verlängerungsantrag anerkannt, wenn dafür ein erheblicher Grund i.S. dieser Vorschrift vorgebracht wird (vgl. BGH, VersR 1985, 972; 1993, 771; NJW 1991, 1359; 93, 134; 94 2957; 97, 400; 99, 430). Ob dem zu folgen ist (kritisch insoweit mit beachtlichen Gründen Zöller/Greger, a.a.O., § 233 ZPO Rn. 23, Stichwort: "Fristverlängerung" - weil die erheblichen Gründe durch den Richter, nicht aber durch die antragstellende Partei zu beurteilen sind, denn die Herrschaft über die Fristen ist der Parteiherrschaft weitgehend entzogen (vgl. Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl., § 224 ZPO Rn. 2), kann hier unentschieden bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf ein Rechtsanwalt zwar auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung vertrauen. Das gilt jedoch nicht, wenn ihm eine strengere, aber noch rechtmäßige Handhabung durch das Berufungsgericht bekannt sein musste (vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; 2001, 812; 98, 3703 = MDR 1998, 1364; NJW-RR 2000, 1366; 2001, 1076).

cc)

Zu beurteilen sind die "erheblichen Gründe" vor dem Hintergrund des gesetzlichen Regelungszwecks sowohl des Verfahrens zur Fristverlängerung (§§ 224, 225 ZPO) wie des Verfahrens zur Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO). Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach § 224 ZPO hat sich - wie bereits angesprochen - nicht einzig an den Interessen der antragstellenden Partei, sondern ebenso an denen der Gegenpartei und den übergeordneten Belangen der Prozessförderung und der Prozesswirtschaftlichkeit zu orientieren (vgl. auch Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl., § 224 ZPO Rn. 2). Dieser Regelungszweck trifft sich mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen eines Zurückweisungsbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO. Er dient zum einen der Verfahrensbeschleunigung und soll der Einlegung von Rechtsmitteln allein in der Absicht, das Verfahren und den Eintritt der Rechtskraft zu verzögern, wirksam begegnen (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 62, 64; Meyer-Seitz, a.a.O., § 522 ZPO Rn. 2).

dd)

Nach diesen Maßstäben ist vorliegend für die Gewährung der beantragten Fristverlängerung kein Raum.

aaa)

Die angeführte "Vertrauensrechtsprechnung" des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zur Verlängerung der Frist für die Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) kann auf den hier zu entscheidenden Fall keine Anwendung finden, weil die Voraussetzungen der Fristverlängerung nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO und nach §§ 522 Abs. 2 Satz 2, 224 Abs. 2, 225 ZPO sowohl nach dem Normgehalt wie nach dem Normzweck unterschiedlich geregelt sind.

Nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist die Fristverlängerung durch den Vorsitzenden - ohne Einwilligung des Gegners - daran gebunden, dass entweder der Rechtsstreit - nach freier Überzeugung des Vorsitzenden - nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Zur Verlängerung für die Stellungnahmefrist nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO weist die Anwendung findende Vorschrift von § 224 ZPO hingegen alleine aus, dass "erhebliche Gründe" für ein begründetes Verlängerungsgesuch geltend zu machen sind. Angesichts der dargelegten, vom Gesetzgeber mit der ZPO-Reform 2002 erstrebten Beschleunigungs- und Entlastungseffekte (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 97), kann indes nicht angenommen werden, dass auf das Merkmal der "Verzögerung" im Rahmen der pflichtgemäßem Ermessen folgenden Entscheidung nach §§ 522 Abs. 2 Satz 2, 224 Abs. 2 ZPO verzichtet werden sollte. Vielmehr spricht der Gesetzeszweck des § 522 Abs. 2 ZPO sogar für das Gegenteil, so dass bei der Beurteilung der erheblichen Gründe für die Verlängerung der Stellungnahmefrist stets die dadurch eintretende - automatische - Verfahrensverzögerung (denn ansonsten würde das Berufungsgericht nach Ablauf der Frist regelmäßig durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO) entscheiden) mitzubedenken ist. Dies führt aber nach Auffassung des Senats dazu, dass die "erheblichen Gründe", die für das Verlangen, die Frist zu verlängern, anzuführen sind (§§ 522 Abs. 2 Satz 2, 224 Abs. 2 ZPO), restriktiver noch als im Falle der Frist zur Verlängerung der Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) zu beurteilen sind.

bbb)

Unbeschadet davon bleibt eine Anwendung der wiedergegebenen verfassungsgerichtlichen und höchstrichterlichen Fachgerichtsrechtsprechnung vorliegend indes auch deshalb ausgeschlossen, weil für die Beklagte gerade kein Vertrauenstatbestand auf eine Verlängerung der Frist aus "erheblichen Gründen" geschaffen worden ist.

aaaa)

Dem Beklagtenvertreter ist mit dem ergangenen gerichtlichen Hinweis eine Frist zur Stellungnahme binnen eines Monats gewährt worden. Diese Frist ist nicht nur ausreichend, sie ist sogar doppelt so lang bemessen, wie die an sich nur gebotene Stellungnahmefrist.

bbbb)

Desweiteren ist die Beklagte auch bereits mit dieser Fristsetzung darauf verwiesen worden, dass eine weitere Fristverlängerung grundsätzlich nicht gewährt wird. Die Beklagte konnte daher kein Vertrauen darauf begründen, dass ihrem - erst am Tag des Fristablaufs gestellten - Antrag stattgegeben wird, wie umgekehrt der Kläger Vertrauen darin zu setzen vermochte, dass der Senat an der bestimmten Fristsetzung festhält, und nicht allein deshalb, um der Beklagten Zeitgewinn oder Raum für weiteren Sachvortrag zu geben, einem Begehren auf Fristverlängerung folgt.

cccc)

Die von der Beklagten nur formelhaft vorgetragenen Gründen - zu denen es im übrigen an einer Glaubhaftmachung fehlt, die zwar nicht unbedingt nach § 294 ZPO zu erfolgen hat (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 224 ZPO Rn. 7), aber doch überhaupt in anderer Weise erfolgen muss - rechtfertigen unter Berücksichtigung der angeführten gegenläufigen Interessen und Belange die beantragte Fristverlängerung nicht.

aaaaa)

Insoweit fehlt es an jeder näheren Darlegung, durch welche krankheitsbedingten Ausfälle im Büro des Beklagtenvertreters ihm welche arbeitsmäßigen Belastungen entstanden sind, die es ihm trotz der über Gebühr langen Stellungnahmefrist nicht möglich gemacht haben, innerhalb der gesetzten Frist die beabsichtigte Stellungnahme abzugeben. Hierbei ist auch zu gegenwärtigen, dass das vorgebrachte Argument einer Rücksprache mit der Mandantschaft nicht zu verfangen vermag. Denn bei dem vom Senat erteilten Hinweis zu den (fehlenden) Erfolgsaussichten der Berufung (dazu unter II.) ging es einzig um die Beurteilung einer Rechtslage, auf die der Beklagtervertreter (notwendiger Weise) auch allein mit Rechtsausführungen zu antworten gehabt hätte. Dafür bedurfte es einer Rücksprache mit der vertretenen Partei nicht, weil diese rechtliche Beurteilung dem Rechtsvertreter selbst obliegt.

bbbbb)

Hinzutritt, dass der Beklagtenvertreter das Verlängerungsgesuch vorliegend erst am letzten Tag, mit Ablauf der Frist, bei Gericht angebracht hat. Ebenso wie die Entscheidung über das Gesuch rechtzeitig vor Fristablauf zu ergehen hat, muss der Anwalt umgekehrt dafür Sorge tragen, dass er seinen Antrag entsprechend frühzeitig anbringt, um zu sichern, dass er bei formellen Mängel des Begehrens - auf Hinweis des Gerichts - die befristete Prozesshandlung noch in offener Frist vornehmen kann (vgl. BGH, VersR 1982, 1191 [1192]; Zöller/Stöber, a.a.O., § 225 Rn. 2). Durch den rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung hat er auch Vorsicht zu üben, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird (vgl. BGH, NJW 1963, 584; Zöller/Greger, a.a.O., § 233 ZPO Rn. 23 Stichwort: "Fristverlängerung, rechtzeitigen Antrag").

Rechtzeitig ist ein Verlängerungsgesuch dabei nur dann, wenn es vollständig ist. Dabei verlangt Vollständigkeit auch die schlüssige Angabe "erheblicher Gründe" i.S. von §§ 224 Abs. 2, 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) (vgl. BGH, VersR 1984, 895; Zöller/Greger, a.a.O.).

In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall hat sich der Beklagtervertreter - unter Missachtung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten - selbst der Möglichkeit beraubt, durch den Senat auf die mangelnde Schlüssigkeit des Antragsgesuchs hingewiesen zu werden, da der Antrag erst mit Fristablauf eingegangen ist. Selbst wenn der Senat also noch einen Hinweis gegeben hätte, wäre es der Beklagten nicht möglich gewesen, noch innerhalb der gesetzten Frist das Verlängerungsgesuch zu spezifizieren.

Dabei war der Beklagtenvertreter erkennbar nicht an einer frühzeitigeren Anbringung des Antrags gehindert. Denn wenn - wie von ihm angeführt - "andauernde" krankheitsbedingte Ausfälle im Büro ihn in der Situation geführt haben, die beabsichtigte Stellungnahme (schließlich) nicht mehr rechtzeitig (innerhalb der Frist) vorlegen zu können, so war ihm diese Lage doch seit längerer Zeit und nicht etwa erst am Tage des Fristablaufs bekannt. Er hätte das Gesuch also früher - rechtzeitiger - stellen können, um für diesen Fall noch die Aussicht darauf zu erhalten, sein unschlüssiges Begehren schlüssig zu gestalten.

ccccc)

Im vorliegenden Fall ist außerdem - bei Erwägung der den Gesetzgeber leitenden Vorstellungen zur Stärkung der Verfahrensbeschleunigung im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO -in dem Unterbleiben einer (beabsichtigten) Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist eine Verletzung der allgemeinen Prozessförderungspflicht zu erkennen, die sich die Beklagte als ein Versäumnis ihres Parteivertreters zuzurechnen lassen hat.

Gerade der Umstand, dass der Senat auf die Absicht hingewiesen hatte, einem Fristverlängerungsbegehren im Grundsatz nicht entsprechen zu wollen, hätte der Beklagten Anlass sein müssen, eingehend und rechtzeitig vor Fristablauf zu den "erheblichen Gründen" vorzutragen, aus denen heraus ihr ausnahmsweise ein Recht zu Verlängerung der Frist zugestanden werden sollte. Denn es war ihr aus diesem Hinweis bekannt, dass der Senat einen schärferen - aber eben noch rechtmäßigen - Maßstab für einen begründeten Fristverlängerungsantrag anzusetzen gedachte (und gedenkt), als im Falle der Verlängerung einer Berufungsbegründungsfrist (vgl. vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; 2001, 812; 98, 3703 = MDR 1998, 1364; NJW-RR 2000, 1366; 2001, 1076).

Solches ist hier nicht geschehen, weshalb die Beklagte mit ihrem Antrag nicht zu obsiegen vermag.

II.

Die Berufung der Beklagten war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1.

Sie hat keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1, Nr. 1 ZPO).

a)

Es mag dahinstehen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Vereinbarung vom 15.12.2000 (GA 15) um die Abtretung einer künftigen Forderung, oder aber um die Abtretung mehrerer, bereits fälliger Forderungen (Anlage B 5 - B 9, GA 85ff., zur Gesamtsumme von 39.006,16 DM, vgl. Ss. der Beklagten 07.05.2002/17.01.2002, Bl. 2 = GA 77) in Höhe eines Teilbetrages (20.000,00 DM; siehe Abtretungsvereinbarung vom 15.12.2000) handelt, wovon offenbar die Beklagte und Berufungsklägerin ausgeht (vgl. Berufungsbegründung vom 19.12.2002, Bl. 4 = GA 159), wohingegen jedoch Überwiegendes für die vom Landgericht vertretene Auffassung spricht. Indes bedarf diese Frage - wie schon das Landgericht erkannt hat - keiner Entscheidung.

b)

Denn auch bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit, bestehend aus einzelnen bereits fällig gewordenen Forderungen, ist dem Grundsatz der Bestimmbarkeit nicht genügt, wenn nicht erkennbar ist, auf welche Forderungen oder Teilforderungen sich die Abtretung bezieht (vgl. Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., § 398 BGB Rn. 15 m.w.N.). So verhält es sich aber hier, da aus der Abtretungserklärung - auch mit erheblichem Arbeits- und Zeitaufwand - nicht ersichtlich wird, welche der Einzelforderungen (zum genannten Gesamtbetrag von 39.009,16 DM) - in welchem Umfang - auf den bestimmten Höchstbetrag (von 20.000,00 DM) abgetreten sein sollen. Da es sich nach der Darstellung der Beklagten (GA 159) um bereits fällige - und eben auch rechnerisch belegte - Forderungen handeln sollte, kann die Bestimmbarkeit sich jedenfalls nicht aus dem ergänzenden Zusatz in der Abtretungsvereinbarung ("sofern diese Summe ... rechnungsmäßig belegt und zur Zahlung fällig sind") ergeben.

2.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. 3 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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