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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 16.07.2007
Aktenzeichen: 6 U 37/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
Die fehlerhafte Zuerkennung eines Feststellungsbegehrens neben einem (begründeten) Leistungsantrag kann bei der Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) in der Weise korrigiert werden, dass im Tenor der Entscheidung (nach vorherigem Hinweis ) die Feststellungsklage als unzulässig verworfen und im übrigen die Berufung in der Sache zurückgewiesen wird.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

6 U 37/07

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 16.07.2007 einstimmig beschlossen: Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.01.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund (Az.: 3 O 26/05) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag zu 1.), festzustellen,

dass das Anstellungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten vom 28.09.2001 nicht durch Kündigung vom 01.09.2004 beendet wurde, sondern bis zum 01.10.2006 ungekündigt fortbestand,

als unzulässig verworfen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Streitwert der Berufung: 137.660,28 €.

Gründe:

I.

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit Verfügung vom 25.04.2007 hat der Senat nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO folgende Hinweise erteilt:

1.

Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, wird das angefochtene Urteil voraussichtlich den Berufungsangriffen standhalten.

Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht zu der angefochtenen Entscheidung gelangt.

2.

Das Vorbringen zur Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a)

Die Beklagte ist der Auffassung, es habe - nachdem der Kläger seine Ansprüche leistungsmäßig beziffert habe - an einem Feststellungsinteresse gefehlt, so dass der Feststellungsantrag als unzulässig habe verworfen werden müssen, jedenfalls keinen Bestand neben dem ausgeurteilten Leistungsanspruch haben könne. Dem ist die Zustimmung nicht zu versagen (aa); jedoch gibt diese verfehlte Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis keinen Grund zu ihrer Aufhebung, sondern nur zur abändernden Klarstellung, die im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ausgesprochen werden kann (bb).

aa)

Das Landgericht war der Meinung, der Feststellungsanspruch begründe sich aus Gründen der Klarheit und weil die Feststellung zugleich Voraussetzung für die begehrten Zahlungsanträge sei. Dem kann so nicht gefolgt werden. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass jedes Leistungsurteil - wie vorliegend unter Ziff. 2. und 3. erkannt - neben dem Leistungsbefehl zugleich auch eine Feststellungswirkung enthält (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rn. 1). Für die gesonderte Feststellungsklage ist deshalb das Fehlen einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit vorausgesetzt. Ist jedoch Klage auf Leistung möglich und zumutbar, wird im Interesse an der endgültigen Klärung des Streitstoffes in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 7a). Dabei muss das Feststellungsinteresse als Prozessvoraussetzung grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, sonst wird die Klage ex nunc unzulässig; anderenfalls muss der Kläger für erledigt erklären (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 7c)).

Letzteres hat der Kläger nicht getan, gleichzeitig aber mit seinem Schriftsatz vom 20.12.2006, mit dem die neuen Klageanträge angebracht worden sind, zum Ausdruck gebracht, dass nach Beendigung des - ohnehin befristeten - Vertragsverhältnisses (zum 01.10.2006) nunmehr die dem Kläger aufgrund der fristlosen Kündigung zustehenden Gehaltsansprüche beziffert werden könnten. Für ein fortbestehendes Feststellungsinteresse hat er selber keine Gründe angeführt. Auch dem landgerichtlichen Urteil sind solche nicht zu entnehmen, denn die zuerkannten Ansprüche decken vollständig die nach einem vormaligen Feststellungsinteresse in Betracht kommenden Leistungen ab. Der ausgeurteilte Feststellungsantrag gewährt dem Kläger kein Mehr an Leistung oder Rechtssicherheit als das Leistungsurteil selber; denn Grundlage des Leistungsanspruchs musste die - inzidente - Prüfung sein, ob die ausgesprochene Kündigung Bestand hat oder nicht.

bb)

Gleichwohl bleibt diese verfehlte Rechtsanwendung im Ergebnis ohne Folgen. Solche hätten vor allem in kostenrechtlicher Hinsicht entstehen können, soweit nämlich für den Feststellungsantrag ein gesonderter Streitwert bestimmt worden wäre, der sich im Falle seiner Verwerfung als unzulässig zu Lasten des Klägers ausgewirkt hätte. Solches ist jedoch nicht zu erkennen. Denn das Landgericht hat im Einvernehmen mit den Parteivertretern den Streitwert allein nach den gestellten Leistungsanträgen bemessen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 23.01.2007, Bl. 3 = GA 161, Bd. I) und der geringfügigen Zuvielforderung bzw. der teilweisen Klageabweisung der geltend gemachten Leistungsansprüche keinen kostenrechtlich erheblichen Wert zugemessen (§ 92 Abs. 2 ZPO). Damit hat das Landgericht indirekt zu erkennen gegeben, dass für den Feststellungantrag ein selbstständiger Raum und ein Interesse nicht (mehr) bestand. Für die Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts ist indes kein Anlass gegeben, nachdem sich die Parteien mit der Streitwertfestsetzung einverstanden erklärt haben, da allein bei einer selbstständigen Festsetzung eines Streitwerts für die Feststellungsklage eine Grundlage für eine andere kostenrechtliche Bewertung geschaffen wäre.

Festzustellen ist mithin, dass sich die fehlerhafte Zuerkennung eines Feststellungsbegehren nicht ausgewirkt hat. Der Senat beabsichtigt, bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO nur zur Klarstellung auszusprechen, dass die Feststellungsklage als unzulässig zu verwerfen war. Darin liegt kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot (vgl. allgemein Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 308 Rn. 1), außerdem lässt die Beschlusszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO einen Austausch der Begründung (der erstinstanzlichen Entscheidung) zu (vgl. OLG Rostock, MDR 2003, 828 u. 1073; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 522 Rn. 14); der Beschluss erwächst mit seinem Erlass in Rechtskraft (Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., Rn. 22).

b)

Zudem ist die Beklagte der Meinung, der Antrag des Klägers auf Zahlung von 25.564,50 € an die Pensionskasse habe mangels hinreichender Bestimmtheit - über die Vertragsnummer oder eine sonstige vertragliche Konkretisierung - zurückgewiesen werden müssen; außerdem gebe es einen Versicherer in der Person der C.-Versicherung gar nicht mehr, da diese von der französischen Versicherung A. übernommen worden sei. Im Übrigen habe der Kläger gar keinen Vertrag bei der Pensionskasse (C. Versicherung), sondern er habe selbst seine Zustimmung erteilt, die Versorgungszusage durch Abschluss einer Rückdeckungsversicherung bei der A. zu sichern. Diesen Einwendungen ist nicht zu folgen.

Die vertragliche Vereinbarung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung ist im Anstellungsvertrag getroffen worden. Der insofern zu unbestimmte Klageantrag ( I: "... an die Pensionskasse für die betriebliche Altersversorgung") ist auf Intervention des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2007 dahingehend klargestellt worden, dass die zugesicherten vertraglichen Leistungen an die C.-Versicherung zu erbringen sind. Sollte diese Versicherung tatsächlich vollständig von der A.-Versicherung übernommen worden sein, so ist unschwer zu bestimmen, dass an sie als deren Rechtsnachfolgerin zu leisten ist. Die von der Beklagten angeführte Versorgungszusage gibt zu dem Nichtbestehen einer betrieblichen Altersversorgung, wie sie mit der C.-Versicherung vereinbart worden sein soll (und für die die Beklagte im Übrigen verantwortlich war), nichts her. Denn die dort genannte Rückdeckungsversicherung bei der A.-Versicherung auf das Leben des Klägers diente nur der Absicherung eines Vertrages zum Bezug der Altersversorgung.

c)

Weiter wendet die Beklagte ein, das Landgericht habe zu seiner Entscheidung keine Klärung darüber herbeigeführt, ob der Anstellungsvertrag des Klägers als Dienst- oder Arbeitsvertrag einzustufen sei. Bei einer Gesamtbetrachtung des Tätigwerdens des Klägers sei er als Arbeitnehmer zu behandeln, so dass er, der Kläger, gegen die ausgesprochene Kündigung das zuständige Arbeitsgericht habe anrufen müssen. Da dies nicht geschehen sei, könne die Kündigung nicht mehr erfolgreich angegriffen werden. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte kein Gehör finden.

Die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen, als dem erstinstanzlich angerufenen Gericht, ist von diesem wiederholt angesprochen worden, die Beklagte, die einen entsprechenden Antrag zur Verweisung hätte stellen können (§ 97 GVG), hat davon keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen - und das ist entscheidend - ist der Anstellungsvertrag des Organmitglieds einer juristischen Person - hier des Klägers als Geschäftsführer einer GmbH - regelmäßig als Dienst- nicht aber als Arbeitsvertrag einzustufen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., Einf v § 611 Rn. 23 m.w.N.), so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten führen musste. BGH und BAG wenden nur dann Arbeitsrecht an, soweit es sich um Vorschriften handelt, die sich auf das Schutzbedürfnis von Personen beziehen, die aus ihrer persönlichen Dienstleistung ihren Lebensunterhalt beziehen. Hierfür wird eine eindeutig begrenzbare Doppelstellung als Arbeitnehmer und als Organvertreter vorausgesetzt (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Dafür ist aber weder hinreichend vorgetragen noch sonst Ausreichendes ersichtlich. Der Hinweis der Beklagten, der Kläger habe als Organ mit anderen Dienstpflichtigen zusammenarbeiten müssen und sei vom Aufsichtsrat kontrolliert worden, spricht nicht zwingend für eine Arbeitnehmereigenschaft. Der erste Aspekte stellt sich selbstredend bei einer Geschäftsführertätigkeit als Regel dar; die nach dem Gesellschaftsvertrag geforderte Überwachung durch den Aufsichtsrat (§ 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, Anlage B 3, GA 86, Bd. I) nahm dem Kläger nicht seine Selbständigkeit in seinem Aufgabenbereich (vgl. § 7 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages, Anlage B 3, GA 84, Bd. I), sondern hatte nur Abstimmungsprozesse in bestimmten Angelegenheiten zur Folge (vgl. § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, Anlage B 3, GA 86, Bd. I).

d)

Außerdem führt die Beklagte an, entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht habe es zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung in formeller Hinsicht nicht des Beschlusses des Aufsichtsrates der GWG bedurft. Dazu wiederholt sie ihre in erster Instanz vorgebrachten Argumente, wonach die Kündigung durch den den Anstellungsvertrag zeichnenden Bürgermeister der Stadt G. ausgesprochen worden sei und dieser auf sein Kündigungsrecht nach § 626 BGB - als unabdingbarer Norm - nicht habe verzichten können. Zudem lasse sich § 3 Abs. 4 des Anstellungsvertrages nicht entnehmen, welcher Aufsichtsrat welcher Gesellschaft habe zuständig sein sollen; im Übrigen seien faktisch sämtliche Verhandlungen bezüglich der Anstellungsverträge der Gesellschaft immer mit dem Bürgermeister direkt geführt worden. Diese Argumentation überzeugt nicht; sie wirkt rabulistisch und steht im Widerspruch zum eigenen Vortrag der Beklagten.

Denn die Beklagte hat mit der Berufungsbegründung und schon mit der Klageerwiderung vorgebracht, dass der Kläger aufgrund des Anstellungsvertrages als Geschäftsführer der GWG mbH G. tätig geworden sei; für eine sonstige Tätigkeit bei der Beklagten ist nichts ersichtlich oder dargestellt. Sie selbst hat sich auch für von ihr angeführte Verfehlungen des Klägers auf Verstöße gegen den Gesellschaftsvertrag dieser Gesellschaft i.V.m. der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates dieser GmbH berufen. Die Beklagte hat also als Partei selber die Verknüpfung zwischen dem Anstellungsvertrag des Klägers, seiner Beschäftigung als Geschäftsführer bei der GWG mbH G. und des für diese Gesellschaft geltenden Gesellschaftsvertrages hergestellt und in diesem Sinne das Vertragsverhältnis und die sich daraus begründenden wechselseitigen Vertragspflichten konkretisiert. Umgekehrt will sie § 3 Abs. 4 Satz 2 des Anstellungsvertrages, wonach der Vertrag aus wichtigem Grund nur vom Aufsichtsrat gekündigt werden kann, nicht gegen sich gelten lassen. Darin liegt ein prozessual unbeachtliches widersprüchliches Verhalten. Aus dem Anstellungsvertrag i.V.m. mit dem Gesellschaftsvertrag lässt sich hinreichend bestimmen, welcher Aufsichtsrat welcher Gesellschaft für den Ausspruch der Kündigung zuständig war und welche Voraussetzungen (siehe § 9 des Gesellschaftsvertrages, Anlage B 3) zur Beschlussfassung und zur Zusammensetzung des Aufsichtsrates (§ 8 Abs. 2 des Vertrages) dabei einzuhalten waren; ob die Geschäftsordnung des Aufsichtsrates darüber noch nähere Einzelheiten begründete, ist irrelevant. Diese Voraussetzungen sind - unstreitig - bei der Kündigungserklärung nicht eingehalten worden; auf eine entgegenstehende Praxis vermag sich die Beklagte angesichts der vertraglich formulierten Prämissen nicht zu berufen. Auch für eine ergänzende Vertragsauslegung eines angeblich lückenhaften Vertrages ist kein Raum.

e)

Ins Leere läuft im Weiteren der Einwand fehlender Passivlegitimation der Beklagten. Sie meint, sie schulde dem Kläger keine Leistungen, weil der Kläger seine Vertragspflichten ausschließlich zugunsten der GWG erbracht und allein von dieser Gehaltsleistungen (ohne Beteiligung der Beklagten) erhalten habe.

Dazu vermag sich die Beklagte nicht auf das von ihr vorgelegte Lohnkonto 2003 und 2004 zu berufen, denn dieses weist als ausstellende Gemeinde gerade die Beklagte, nicht aber die GmbH aus. Außerdem war die Beklagte Partei des Anstellungsvertrages. Wenn sie als Alleingesellschafterin der GWG mbH G. die Entscheidung getroffen hat, den Kläger bei dieser Gesellschaft als Geschäftsführer zu beschäftigen, so wirkt es einerlei, ob die Gehaltszahlungen des Klägers unmittelbar von der Gesellschaft oder der Beklagten geleistet worden sind; darüber konnte die Beklagte disponieren, vermag sich dadurch jedoch nicht ihrer Passivlegitimation zu entziehen.

f)

Nicht zu überzeugen vermag daneben das Argument der Beklagten, es habe kein Verzug der von der Beklagten geschuldeten Vertragsleistungen eintreten können, da der Kläger in der Zeit vom 01.09.2004-29.02.2005 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und nach Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit ein wörtliches Angebot zur Anerbietung seiner Leistungen hätte unterbreiten müssen. Die Beklagte hatte das Anstellungsverhältnis fristlos zum 01.09.2004 gekündigt, so dass schon deshalb Zweifel an der vertretenen Auffassung bestehen. In jedem Fall hätte das verlangte Angebot des Klägers sich als leere Förmelei darstellen müssen, da die Beklagte durch das Verlangen, sämtliche Schlüssel und Unterlagen der GWG herauszugeben, ihren unbedingten Willen erklärt hatte, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger nicht fortsetzen zu wollen.

g)

Schließlich kann die Beklagte auch nicht mit der von ihr erneut vertretenen Meinung gehört werden, dem Kläger ständen die geltend gemachten Lohn- und Urlaubsgeldansprüche jedenfalls nicht in der begehrten Höhe zu, weil vor der Einigungsstelle des Arbeitsgerichts Stralsund am 01.03.2004 ein Teilverzicht auf solche Ansprüche erklärt worden sei. Unstreitig ist diese Vereinbarung ohne Beteiligung des Klägers zustandegekommen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 23.01.2007. Bl. 1 = GA 159, Bd. I), so dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, sie habe keine Verbindlichkeit für den Kläger gehabt.

h)

Von einer Auseinandersetzung mit den vorgetragenen inhaltlichen Gründen zur fristlosen Kündigung sieht der Senat ab, da ihnen infolge der formellen Unwirksamkeit zum Ausspruch der Kündigung keine Bedeutung zukommt.

3.

Die zu diesen vorstehenden Hinweisen abgegebene Stellungnahme der Beklagten verhält sich zu den vom Senat im Einzelnen angeführten Rechtsüberzeugungen nicht. Der Senat macht insofern von der angenommenen Befugnis Gebrauch, im Tenor der Entscheidung zur Klarstellung auszusprechen, dass der Feststellungsantrag als unzulässig zu verwerfen war.

a)

Die Beklagte bringt in ihrer Stellungnahme allerdings - als neu - vor, das Gericht habe bei seiner Entscheidung die Einwirkung der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) übersehen. Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 KV M-V sei der Bürgermeister gesetzlicher Vertreter der Gemeinde und gem. § 38 Abs. 2 Satz 2 KV M-V auch Dienstvorgesetzter der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gemeinde. In diesem Aufgabenbereich könne er nur einzelne Befugnisse übertragen (§ 38 Abs. 2 Satz 5 KV M-V), darunter sei nicht die vermeintliche Delegation des Kündigungsrechts eines mit der Stadt geschlossenen Vertrages auf eine nicht in § 38 Abs. 2 Satz 4 KV M-V genannte Person, hier den Aufsichtsrat der GWG, nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des Anstellungsvertrages zu verstehen. Ob des zwingenden, unabdingbaren Rechts in § 38 Abs. 2 Satz 1 KV M-V sei die Verlagerung des Kündigungsrechts in § 3 Abs. 4 Satz 2 des Anstellungsvertrages auf den Aufsichtsrat unwirksam und nichtig. In der Folge sei der Vertrag gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass der Kläger durch den Bürgermeister der Beklagten habe gekündigt werden können

b)

Diese Argumentation ist rechtsirrtümlich. Die Beklagte übersieht, dass die Gemeinde, also die Stadt G., nach § 69 KV M-V befugt ist, ein wirtschaftliches Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts zu errichten, sich daran zu beteiligen oder auf andere Wirtschaftsbereiche auszudehnen. Von dieser Befugnis hat die Beklagte - ganz offensichtlich - mit der Gesellschaftsgründung der GWG (vgl. Gesellschaftsvertrag, Anlage B 3, GA 83ff., Bd. I) Gebrauch gemacht (ohne dass von ihr selbst irgendwelche Verstöße gegen kommunales Recht angeführt würden). Privatwirtschaftliche Unternehmen haben - allgemein- und gerichtsbekanntermaßen - eine autonome Satzungs- bzw. Gestaltungsbefugnis. Dementsprechend bestimmt der Gesellschaftsvertrag (im Zusammenhang mit dem Anstellungsvertrag des Klägers), welche Organe des Unternehmens in welchen Fragen die Entscheidungsbefugnis (im Rahmen des Gesetzes) tragen sollen. Die KV M-V gibt in § 69 Abs. 1 Nr. 2 nur vor, dass durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung sichergestellt sein muss, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt wird und dass die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält und dieser durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder in anderer Weise gesichert wird (§ 69 Abs. 1 Nr. 3 KV M-V). Im Weiteren bestimmt § 71 Abs. 1 Satz 1 KV M-V, dass der Bürgermeister die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung oder in dem dieser entsprechenden Organ der Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen die Gemeinde beteiligt ist, vertritt. Diese Voraussetzungen zu einem bestimmenden Einfluss der Beklagten im Aufsichtsrat der GWG sind im Gesellschaftsvertrag gewahrt. Denn § 8 Abs. 2 des Vertrages bestimmt, dass der Aufsichtsrat aus fünf Mitgliedern besteht, die von der Stadtvertretung der Stadt G. gewählt werden. Außerdem geht aus § 11 hervor, dass der Bürgermeister der Stadt G. den Gesellschafter, die Stadt G., gem. § 71 Abs. 1 KV M-V kraft Amtes vertritt (vgl. Anlage B 3, Bl. 4 u. 6 = GA 85 u. 87, Bd. I). Dementsprechend sind auch keine rechtliche Erwägungen dagegen anzuführen, wenn in § 3 Abs. 4 Satz 2 des Anstellungsvertrages (Anlage K 1, GA 5ff., Bd. I), der selbst von dem Bürgermeister der Stadt G. gezeichnet wurde, geregelt worden ist, dass eine Kündigung dieses Vertrages in die - ausschließliche - Befugnis des Aufsichtsrates fallen sollte.

c)

Fraglich könnte nach dem mit der Stellungnahme vorgelegten Schreiben des Aufsichtsrates vom 19.08.2004 (Anlage B 9, GA 68-69, Bd. II), auf das auch im Kündigungsschreiben des Bürgermeisters vom 01.09.2004 mittelbar Bezug genommen wird (vgl. Anlage K 2, Bl. 3, letzter Abs. = GA 10), indes sein, ob dem Bürgermeister nicht seitens des Aufsichtsrates die Befugnis zuerkannt wurde, die Kündigung des Klägers auszusprechen. Denn in dem benannten Schreiben bringt der Aufsichtsrat zum Ausdruck, aus seiner Sicht erlaube sich weder eine Entlastung des Klägers in seinem Amt als Geschäftsführer noch seine Weiterbeschäftigung. Abschließend wird der Bürgermeister "um kurzfristige Entscheidung zum Geschäftsführer" gebeten.

aa)

Nach § 185 Abs. 1 BGB ist eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt. Hierbei ist die Einwilligung grundsätzlich auch auf Gestaltungsgeschäfte - wie eine Kündigungserklärung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Übbl v § 104 Rn. 17) - anwendbar (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 185 Rn. 2). Die Einwilligung zur Verfügung kann dem Nichtberechtigten eine Ermächtigung genannte Rechtsmacht verschaffen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 185 Rn. 7); möglich ist es, die Einwilligung ausdrücklich oder auch durch schlüssige Handlung zu erteilen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 185 Rn. 8).

bb)

Hier wirkt bereits zweifelhaft, ob eine entsprechende Einwilligung zur Kündigung durch den Aufsichtsrat erteilt wurde, da ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein, ein ihm, dem Aufsichtsrat, zustehendes Kündigungsrecht an den Bürgermeister delegieren zu wollen, wird in dem Schreiben nicht zum Ausdruck gebracht. Einen entsprechenden Rechtsfolgewillen hat der Erklärungsempfänger (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, a.a.O., Einf v § 116 Rn. 17 m.w.N.), wird in ihm nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der zu Kündigende selbst gesehen, nicht unterstellt, denn dieser hat die Kündigung als formell unwirksam betrachtet.

Hinzutritt, dass bei einer Ermächtigung dem Erklärungsgegner ein Zurückweisungsrecht nach §§ 174, 111 BGB analog zusteht (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 185 Rn. 2). Gem. § 174 Abs. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde zurückweist. Eine Vollmachtsurkunde, die mit dem ausgeübten Rechtsgeschäft im Original vorgelegt werden muss (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 174 Rn. 5), ist dem Kündigungsschreiben vom 01.09.2004 - unstreitig - nicht beigefügt worden. Es muss auch angenommen werden, dass der Kläger die Kündigung i.S. von § 174 Abs. 1 letzter Halbsatz BGB unverzüglich zurückgewiesen hat. Denn nach seiner - unwidersprochenen - Darstellung hat er, nachdem die nach Ausspruch der Kündigung langwierig geführten Vergleichsverhandlungen endgültig Anfang März 2005 gescheitert waren (vgl. Ss. vom14.03.2005, Bl. 4 = GA 4, Bd. I, mit den Schreiben vom 28.02.2005 und 01.03.2005) durch Ss. vom 14.03.2005 Klage eingereicht und darin die Unwirksamkeit der Kündigung sogleich auf das Fehlen der formellen Voraussetzungen, die Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Aufsichtsrat, gestützt (vgl. Ss. vom 14.03.2005, Bl. 3 = GA 3, Bd. I).

Nach allem erweist sich die ausgesprochene fristlose Kündigung des Klägers - mit dem Landgericht - als formell unwirksam.

4.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. 3 ZPO).

II.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat - in Übereinstimmung mit dem Landgericht und den Parteien (vgl. Beschluss vom 23.01.2007, Sitzungsprotokoll vom 23.01.2007, Bl. 3 = GA 161, Bd. 1) - auf der Rechtsgrundlage von §§ 47, 48 GKG, 3, 6 ZPO bestimmt und mit 137.660,28 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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