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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 7 U 132/02
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, KO


Vorschriften:

InsO §§ 179 ff.
InsO § 179 Abs. 2
InsO § 179 Abs. 3
InsO § 182
ZPO § 189
ZPO § 240
ZPO § 264 Nr. 3
ZPO § 295
ZPO § 301
ZPO § 511 a
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
KO § 148
Eine zunächst zulässig eingelegte Berufung des Insolvenzverwalters wird unzulässig, wenn sich die Haftungsquote für die streitige Forderung voraussichtlich auf Null beläuft.

In diesem Fall kann ausnahmsweise die Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit dem Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses begründet werden.


Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES TEILURTEIL

7 U 132/02

Verkündet am: 28.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.11.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten wird als unzulässig verworfen mit folgender Maßgabe:

Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Rostock vom 25.03.2004 wird - soweit es Gegenstand der Berufung des Beklagten ist - aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass die Forderung der Klägerin i.H.v. 76.253,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2000 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe von 15 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 15,950 mm lang, 14,5 Thysen Thermodach-Platten VS 58 als geöffnetes Paket 15,950 mm lang, 4 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 10,730 mm lang, 2 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 10,730 mm lang sowie 5 Stück Stahlriegelprofil IPE 330 a 292,70 kg sowie

sowie

ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für die Kosten des Verfahrens erster Instanz i.H.v. 3.070,00 EUR sowie ein Kostenerstattungsanspruch für die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz i.H.v. 4.105,10 EUR zur Insolvenztabelle betreffend die Geschäftsnummer 9 IN 194/04 (AG Neubrandenburg) festgestellt werden.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.

Die Revision wird nach Maßgabe der Gründe zugelassen.

5.

Dem Beklagten, wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A mit Wirkung ab 23.05.2006 bewilligt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat gegen die ursprüngliche Beklagte und Gemeinschuldnerin (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) Restwerklohnansprüche geltend gemacht. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 18.07.2002 verwiesen. Das Landgericht hat der Klage teilweise unter Klageabweisung im Übrigen stattgegeben. Auch insoweit wird auf das o. g. Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Streithelferin haben Berufung eingelegt; im Laufe des Berufungsverfahrens hat auch die Klägerin ihr Klagebegehren geltend gemacht, soweit das Landgericht Neubrandenburg es mit o. g. Urteil für unbegründet erachtet hat.

Nach Beweisaufnahme hat der Senat durch Versäumnisurteil vom 25.03.2004 die Berufung der Gemeinschuldnerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Streithelferin die Gemeinschuldnerin antragsgemäß verurteilt. Während der Einspruchsfrist hat das Amtsgericht Neubrandenburg am 01.04.2004 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 07.04.2004 hat der Prozessbevollmächtigte der Gemeinschuldnerin vorsorglich und fristwahrend Einspruch eingelegt, gleichzeitig aber auf das eröffnete Insolvenzverfahren hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 17.05.2004 hat sich der Prozessbevollmächtigte der Gemeinschuldnerin für den Beklagten bestellt.

Die Klägerin hat die vom Landgericht zuerkannte Forderung inkl. Zinsen und zzgl. Verfahrenskosten zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Beklagte hat die Forderungen bestritten. Mit Schriftsatz vom 23.11.2005 hat die Klägerin unter Vorlage einer Abschrift aus der Insolvenztabelle den Rechtsstreit aufgenommen und folgenden Antrag angekündigt:

Die Forderung der Klägerin i.H.v. 94.856,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus sowie die Kosten des Verfahrens für die erste Instanz i.H.v. 3.837,50 EUR gem. Kostenfestsetzungsantrag vom 17.06.2002 sowie die Kosten für die zweite Instanz i.H.v. 5.131,38 EUR gem. Kostenfestsetzungsantrag vom 27.02.2004 Zug um Zug gegen Übergabe von

- 15 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 15,950 mm lang,

- 14,5 Thysen Thermodach-Platten VS 58 als geöffnetes Paket 15,950 mm lang,

- 4 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 10,730 mm lang,

- 2 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 10,730 mm lang sowie

- 5 Stück Stahlriegelprofil IPE 330 a 292,70 kg

werden zur Tabelle festgestellt.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme von

- 15 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 15,950 mm lang,

- 14,5 Thysen Thermodach-Platten VS 58 als geöffnetes Paket 15,950 mm lang,

- 4 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 10,730 mm lang,

- 2 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 10,730 mm lang sowie

- 5 Stück Stahlriegelprofil IPE 330 a 292,70 kg

in Verzug befindet.

Im Rahmen der anberaumten mündlichen Verhandlung am 22.06.2006 hat die Klägerin eine beglaubigte Fotokopie aus der Insolvenztabelle vorgelegt. Der Beklagte hat sodann Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 25.03.2004 erhoben. Der Senat hat die Parteien mit Ladung zur mündlichen Verhandlung am 02.11.2006 aufgefordert, zum Gegenstandswert gem. § 182 InsO vorzutragen.

Der Beklagte trägt vor:

Die Quote der Tabelle sei voraussichtlich Null. Die Berufung sei gleichwohl weiterhin zulässig, weil für die Zulässigkeit der Berufung der Wert des Beschwerdegegenstandes im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung maßgeblich sei. Der Beklagte sei zudem veranlasst, der Feststellung der Klageforderung zur Insolvenztabelle durch Einlegung der Berufung und Durchführung des Berufungsverfahrens zu widersprechen, um unbegründete Regress- bzw. Schadensersatzforderungen des bzw. der Bürgen zu vermeiden. Wenn er unbegründete Forderung in die Insolvenztabelle eintrüge, mache er sich gegenüber den Prozessbürgen ggf. schadensersatzpflichtig. Bereits das Risiko einer solchen Inanspruchnahme des Beklagten durch die Prozessbürgen führe dazu, dass der Beschwerdegegenstand im vorliegenden Fall 600,00 EUR deutlich übersteige.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 25.03.2004 aufzuheben und unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Neubrandenburg vom 08.07.2002 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt:

Die Forderung der Klägerin in Höhe von 94.856,21 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus sowie die Kosten des Verfahrens erster Instanz in Höhe von 3.837,50 € gemäß Kostenfestsetzungsantrag vom 17.06.2002 sowie die Kosten für die 2. Instanz in Höhe von 5.131,38 € gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.02.2004 werden zur Tabelle festgestellt.

hilfsweise:

Die Forderung der Klägerin i.H.v. 94.856,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus sowie die Kosten des Verfahrens für die erste Instanz i.H.v. 3.837,50 EUR gem. Kostenfestsetzungsantrag vom 17.06.2002 sowie die Kosten für die zweite Instanz i.H.v. 5.131,38 EUR gem. Kostenfestsetzungsantrag vom 27.02.2004 Zug um Zug gegen Übergabe von

- 15 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 15,950 mm lang,

- 14,5 Thysen Thermodach-Platten VS 58 als geöffnetes Paket 15,950 mm lang,

- 4 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 10,730 mm lang,

- 2 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 10,730 mm lang sowie

- 5 Stück Stahlriegelprofil IPE 330 a 292,70 kg

werden zur Tabelle festgestellt.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme von

- 15 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 15,950 mm lang,

- 14,5 Thysen Thermodach-Platten VS 58 als geöffnetes Paket 15,950 mm lang,

- 4 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 als Paket 10,730 mm lang,

- 2 Stück Thysen Thermodach-Platten VS 58 10,730 mm lang sowie

- 5 Stück Stahlriegelprofil IPE 330 a 292,70 kg

in Verzug befindet.

Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, ihr Interesse am Berufungsverfahren sei auf die Verwertung der ihr durch den Beklagten nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils überlassenen Sicherheiten gerichtet; die Höhe der Quote im Insolvenzverfahren stehe für die Klägerin nicht im Vordergrund. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 02.11.2006 hat sie sodann - insoweit übereinstimmend mit dem Beklagten und der Streithelferin - erklärt, dass für den ausgeurteilten Betrag gem. dem angegriffenen Urteil des Landgerichts zwei Bürgschaften bestellt seien. Bei der einen Bürgschaft handele es sich um eine Höchstbetragsbürgschaft der Deutschen Bank über 50.000,00 EUR. Eine weitere Bürgschaft habe ein ehemaliger Gesellschafter der Gemeinschuldnerin gestellt, die der Höhe nach die Klageforderung einschließlich der Zinsen und Kosten des Rechtsstreits in voller Höhe abdecke. Bei einem Antrag gem. §§ 179 ff. InsO bleibe das bis dahin zuständige Gericht auch weiterhin zuständig.

Die Streithelferin hat ihre Berufung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 02.11.2006 zurückgenommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unzulässig und zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Hierüber ist gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil zu befinden, weil der Rechtsstreit insoweit entscheidungsreif ist und nicht davon abhängt, wie über die Berufung der Klägerin zu entscheiden ist. Ein Widerspruch zwischen dem Teilurteil und dem Schlussurteil ist nicht denkbar. Hinsichtlich der Berufung der Klägerin sind die Parteien im Beschluss vom heutigen Tag auf die Bedenken hinsichtlich ihrer Zulässigkeit hinzuweisen.

1.

Zwar ist die noch von der Insolvenzschuldnerin eingelegte Berufung zulässig gewesen und hat der Beklagte gegen das Versäumnisurteil des Senates vom 25.03.2004, mit dem die Berufung zurückgewiesen worden ist, rechtzeitig Einspruch eingelegt (vgl. a.). Jedoch ist im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 02.11.2006 das Rechtsschutzbedürfnis des Beklagten am Berufungsverfahren entfallen (vgl. b.).

a.

Während der Einspruchsfrist betreffend das o. g. Versäumnisurteil ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet worden. Hierdurch ist der Prozess unterbrochen worden (§ 240 ZPO). Die Klägerin ist befugt gewesen, den Rechtsstreit aufzunehmen, nachdem sie ihre streitgegenständliche Forderung einschließlich der Verfahrenskosten zur Tabelle angemeldet und der Beklagte diese bestritten hat. Zwar sieht § 179 Abs. 2 InsO dem Wortlaut nach bei Vorliegen eines vollstreckbaren Schuldtitels wie z. B. eines Versäumnisurteils nur die Aufnahme durch den Insolvenzverwalter oder einen anderen befugten Dritten vor. Nach allgemeiner Ansicht (vgl. u. a. MünchKommInsO-Schumacher, § 179 Rn. 44; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 240 Rn. 13 a. E.) ist bei einer Verzögerung der Aufnahme seitens des Insolvenzverwalters aber auch der Gläubiger zur Aufnahme befugt, da einer neuen Klage die Einrede der Rechtshängigkeit entgegengehalten werden könnte. Von einer Verzögerung in diesem Sinne kann ausgegangen werden, nachdem das Versäumnisurteil bereits am 25.03.2004 ergangen ist und der Beklagte bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 23.11.2005, mit dem die Klägerin den Rechtsstreit hat aufnehmen wollen, untätig geblieben ist.

Die Aufnahme des Rechtsstreits durch die Klägerin ist wirksam. Unerheblich ist, dass der Schriftsatz vom 23.11.2005 dem Beklagten nicht zugestellt worden ist. Das Fehlen der Zustellung ist durch tatsächliche Kenntnisnahme gem. §§ 189, 295 ZPO geheilt worden (vgl. hierzu Zöller/Greger a. a. O., § 250 Rn. 5 a. E.).

Der Wirksamkeit der Aufnahme hat allerdings zunächst entgegengestanden, dass die Klägerin ihrem Schriftsatz nicht gem. § 179 Abs. 3 InsO einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle beigefügt hat, sondern nur eine unbeglaubigte Abschrift. Diesen Mangel hat die Klägerin jedoch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.06.2006 geheilt.

Der Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil vom 25.03.2004 auch rechtzeitig am 22.06.2006 Einspruch eingelegt. Die Einreichung des Schriftsatzes der Klägerin vom 23.11.2005 und dessen tatsächliche Kenntnisnahme seitens des Beklagten noch im Mai 2006 hat die seit Insolvenzeröffnung am 01.04.2004 unterbrochene Einspruchsfrist noch nicht wieder in Lauf gesetzt, weil es an der Vorlage eines beglaubigten Auszuges aus der Tabelle gem. § 179 Abs. 3 InsO gefehlt hat. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 21.02.2002, II ZR 231/98, ZIP 2000, 705, 706) handelt es sich bei der Vorlage eines beglaubigten Auszuges aus der Tabelle um eine Sachurteilsvoraussetzung für die Aufnahme, die von Amts wegen zu prüfen ist. Solange es an einer rechtswirksamen Aufnahme fehlt, befindet sich der Rechtsstreit weiterhin im Stadium der Unterbrechung gem. § 240 ZPO. Die Einspruchsfrist hat deshalb erst mit Vorlage eines beglaubigten Auszuges aus der Tabelle im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.06.2006 begonnen. Der Einspruch des Beklagten vom selben Tag ist damit rechtzeitig. Die Frage, ob der Beklagte jedenfalls rechtzeitig mit Schriftsatz vom 07.05.2006 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hat und sich damit die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung offengehalten hat, kann dahinstehen.

b.

Der zulässige Einspruch hat das Berufungsverfahren in den Stand vor Erlass des Versäumnisurteils zurückversetzt (§§ 539 Abs. 3, 342 ZPO). Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 02.11.2006 hat der Beklagte an der Durchführung des Berufungsverfahrens allerdings kein Rechtsschutzinteresse mehr gehabt.

aa.

Da der Beklagte nicht dargetan hat, dass die Quote zugunsten der Klägerin mehr als Null beträgt, ist davon auszugehen, dass sich die Beschwer des Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auf Null belaufen hat. Der Rechtsmittelstreitwert ist nicht nach dem Nennwert der zur Tabelle festgestellten Forderung, sondern nach der voraussichtlich auf sie entfallenden Insolvenzquote zu bemessen (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1999, IX ZR 197/98, WM 2000, 211 ff.). Dies gilt sowohl für § 148 KO als auch für § 182 InsO. Beide Vorschriften gelten sowohl für den Gebühren- als auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert unter Einschluss des Wertes des Beschwerdegegenstandes i. S. v. § 511 a ZPO, und zwar auch im Fall eines Rechtsmittels des Verwalters gegen die erstinstanzliche Feststellung einer Forderung zur Konkurs- bzw. Insolvenztabelle (vgl. BGH, Beschl. v. 28.01.2002, II ZB 23/01, NZI 2002, 549).

Grundsätzlich spielt eine derartige Reduzierung der Beschwer für die Zulässigkeit einer Berufung keine Rolle, wenn - wie hier - im Zeitpunkt der Berufungseinlegung die Beschwer gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hinreichend gewesen ist. Zwar hat der BGH ausgeführt, dass grundsätzlich erst auf der Grundlage der in der letzten mündlichen Berufungsverhandlung gestellten Anträge entschieden werden könne, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes die Berufungssumme erreiche. Ebenso wie ein zunächst beschränkter Berufungsantrag, der die Berufungssumme unterschreite, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erweitert werden könne, soweit die Erweiterung von der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung gedeckt sei, sei es zu beachten, wenn die Berufung zunächst unbeschränkt eingelegt worden sei und erst mit der Berufungsbegründung oder später Anträge angekündigt bzw. gestellt würden, die hinter der Beschwer zurückblieben (vgl. BGH, Beschl. v. 09.11.2004, VIII ZB 36/04, NJW-RR 2005, S. 714, 715). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf den Fall, dass der Berufungsführer von sich aus die für die Beschwer maßgeblichen Faktoren verändert (vgl. hierzu u. a. Zöller/Gummer/Heßler a. a. O., § 511 Rn. 14 m.w.N. zur Rechtsprechung).

bb.

Auch wenn sich grundsätzlich aus einer hinreichenden Erwachsenheitssumme ein Rechtsschutzbedürfnis herleiten lässt (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 03.11.1971, IV ZR 26/70 BGHZ Bd. 57, 224, 225 f.; Zöller/Gummer/Heßler a.a.O., Vor § 511 Rn. 11), ist vorliegend ein Rechtsschutzbedürfnis des Beklagten am Berufungsverfahren nicht (mehr) ersichtlich.

Das Rechtsschutzinteresse stellt keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels dar. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist im Allgemeinen gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Allenfalls kann in besonders gelagerten Fällen eine Prüfung angezeigt sein, ob trotz Vorliegens der Beschwer im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist. In solchen Fällen kann dann ausnahmsweise die Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit dem Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses begründet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 03.11.1971, a.a.O.). Vorliegend ist solch ein Ausnahmefall gegeben.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass sich die Haftungsquote auf Null beläuft. Der Beklagte verfolgt mit der Berufung damit kein wirtschaftlich nachvollziehbares Ziel mehr. Soweit er vorbringt, die Zug-um-Zug-Verurteilung sei zu Unrecht erfolgt, mag das Vorbringen zutreffend sein. Indes wird er durch die Zug-um-Zug-Verurteilung nicht belastet. Sie beinhaltet ebenso wenig eine Pflicht, die Gegenstände in Empfang zu nehmen, wie ein Recht der Klägerin, ihm die Gegenstände aufzudrängen. Die Argumentation des Beklagten, er müsse unberechtigte Feststellungsbegehren abwehren auch zugunsten anderer Gläubiger, verfängt bei einer Haftungsquote von Null nicht. Der Beklagte kann auch nicht geltend machen, er müsse etwaigen Regress- bzw. Schadensersatzforderungen vorbeugen. Bei der maßgeblichen Haftungsquote sind auch diese Forderungen ohne wirtschaftlichen Wert. Persönliche Regresspflichten des Beklagten als Verwalter sind nicht ersichtlich, spielen aber auch keine Rolle, weil sie nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ein Rechtsmittel des Beklagten zu begründen vermögen, das er als Verwalter der Masse eingelegt hat. Da auch alle Verfahrenskosten bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung angefallen sind, ist ebensowenig ein Kosteninteresse ersichtlich. Und schließlich kann sich der Beklagte nicht auf ein etwaiges Interesse der Klägerin berufen, das Berufungsverfahren durchzuführen. Ein Interesse des Gegners ist grundsätzlich ohne Belang für die Beantwortung der Frage, ob der Rechtsmittelkläger beschwert ist oder ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse hat (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 11.05.2005, XII ZB 63/05, FamRZ 2005, 1064, 1065 für die Beschwer des zur Auskunft Verurteilten).

Für den Senat ist schließlich auch folgende Überlegung relevant: Wäre die Insolvenz in erster Instanz eingetreten, hätte sich der Streitwert im Weiteren nach § 182 InsO bestimmt (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 29.06.1994, VIII ZR 28/94, ZIP 1994, 1193, 1194). Hätte schon das erstinstanzliche Urteil die jetzt begehrte Feststellung ausgesprochen, wäre die Berufung des Beklagten unzulässig gewesen. Der zufällige Umstand, dass die Insolvenz in erster oder zweiter Instanz eintritt, kann keine Rolle spielen für die Frage, ob ein Rechtsmittelverfahren zulässig ist bzw. bleibt.

c.

Die Berufung des Beklagten ist nach alledem zu verwerfen. Die ausgesprochene Maßgabe ergibt sich daraus, dass es sich bei der Umstellung auf die begehrte Feststellung zur Insolvenztabelle gem. § 264 Nr. 3 ZPO nicht um eine Klageänderung handelt (vgl. u.a. OLG Hamm, Urt. v. 06.07.1992, 31 U 13/92, ZIP 1993, 444, 445 f.). Die Identität des jeweils geltend gemachten Anspruches bleibt unberührt (vgl. MünchKommInsO-Schumacher, § 180 Rn. 23). Eine trotz der Insolvenz erfolgte Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter müsste als Feststellung der bestrittenen Forderungen zur Tabelle ausgelegt werden, da die Gründe eindeutig ergeben würden, dass es sich um eine Insolvenzforderung und nicht um eine Masseverbindlichkeit handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 29.06.1994, a.a.O.).

Die tenorierten Verfahrenskosten, die zur Tabelle festzustellen sind, ergeben sich aus den von der Klägerin geltend gemachten Kosten unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin zumindest 80 % der Kosten erster und zweiter Instanz vor Eintritt des Insolvenzverfahrens beanspruchen kann.

2.

Der Senat sieht sich gehindert, zur Sache selbst im Rahmen einer Hilfsbegründung Stellung zu nehmen, soweit er die umgestellte Klageforderung für begründet erachtet. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Hilfsbegründungen in der Sache im Falle einer unzulässigen und deshalb zu verwerfenden Berufung als nicht geschrieben zu behandeln (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 23.10.1998, Lw ZR 3/98, MDR 1999, 181). Ob anderes gilt, wenn nur die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet ist, kann dahinstehen, weil der Senat die Revision zulässt. Im Übrigen wäre eine Hilfsbegründung nicht denkbar, ohne sich möglicherweise zum Schlussurteil in Widerspruch zu setzen.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 ZPO zugelassen wegen der Rechtsfrage, ob eine zunächst zulässig eingelegte Berufung des Insolvenzverwalters unzulässig wird, wenn sich die Haftungsquote für die streitige Forderung voraussichtlich auf Null beläuft.

Ende der Entscheidung

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