Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 7 U 76/04
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, SachenRBG


Vorschriften:

EGBGB § 2 a Abs. 1 S. 8
EGBGB § 6 Abs. 1
EGBGB § 6 Abs. 4
BGB § 195 a. F.
BGB § 197
BGB § 201 a. F.
BGB § 557 a. F.
BGB § 988
SachenRBG § 43
SachenRBG § 44 Abs. 1
Bei Nutzungsentschädigungsansprüchen aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 8 EGBGB handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, für die gemäß § 197 BGB.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen 7 U 76/04

Verkündet am: 03.02.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. J., die Richterin am Oberlandesgericht E. und den Richter am Landgericht R.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.05.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock (Az.: 2 O 13/03) wird zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.

Die Revision wird zugelassen.

5.

Berufungsstreitwert: 5.851,72 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt mit ihrer am 17.02.2003 bei Gericht eingegangenen Klage von der Beklagten Nutzungsentschädigung gem. Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 27.04.1998 i. H. v. 5.851,72 EUR für die Nutzung des Flurstücks 83/1 der Flur 1 der Gemarkung K..

Die Parteien waren Teilnehmer des mit Beschluss vom 03.01.1994 des Amtes für Landwirtschaft G. eingeleiteten Bodenordnungsverfahrens über das streitgegenständliche Grundstück, welches dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit bestandskräftigem Vermögenszuordnungsbescheid vom 28.04.1998 zurückübertragen wurde. Die Beklagte verteidigt sich gegen den Anspruch ausschließlich mit der Einrede der Verjährung. Hinsichtlich des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Rostock vom 21.05.2004 Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit jenem Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach gegeben wären, wäre die Forderung jedenfalls verjährt. Das Nutzungsentgelt gem. Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB sei eine regelmäßig wiederkehrende Leistung i. S. d. § 197 BGB a. F., so dass die Verjährungsfrist vier Jahre betrage. Es handele sich bei dem Nutzungsentgelt gerade nicht um eine feststehende Schuld, welche unter § 195 BGB a. F. und nicht § 197 BGB a. F. falle, weil die Zahlungspflicht frühestens am 01.10.1995 bzw. bei Vorliegen einer der drei Alternativen des Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB entstehe und erst mit der ungewissen Beendigung des Bodenordnungsverfahrens ende. Gemäß §§ 197, 201 BGB a. F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB seien deshalb bei Einreichung der Klage am 17.02.2003 alle Ansprüche spätestens mit Ablauf des 31.12.2002 verjährt gewesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 25.05.2004 zugestellte, Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 15.06.2004 bei Gericht eingegangenen Berufung, die sie, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.08.2004, mit am 30.07.2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Anspruch sei nicht verjährt. Die Verjährung richte sich nach § 195 BGB a. F. und nicht nach § 197 BGB a. F., weil es sich bei dem Nutzungsersatzanspruch nicht um wiederkehrende Leistungen handele.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.851,72 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 27.04.1998 i. H. v. 5.851,72 EUR aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB für das streitgegenständliche Grundstück zu.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Anspruch der Klägerin jedenfalls verjährt ist, weil es sich bei den Zahlungen aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB um regelmäßig wiederkehrende Leistungen handelt und damit die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F. gilt. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.

1.

Regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 197 BGB a. F. sind Ansprüche, die sich von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen richten, die in regelmäßig zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH VersR 1975, 450, 451). Das Nutzungsentgelt gem. Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB ist in zeitlicher Wiederkehr zu erbringen. Zwar verweist Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB dem Wortlaut nach nur hinsichtlich der Höhe auf den nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzins. Eine Regelung zur Art und Weise der Zahlung ist dadurch nicht getroffen, so dass sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, dass die Zahlungen des nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzinses nach § 44 Abs. 1 SachenRBG in vierteljährlichen Raten an den Grundstückseigentümer zu erfolgen haben. Allerdings soll auch bereits während des Bodensonderungsverfahrens das Nutzungsentgelt gezahlt werden (Staudinger/Rauscher , Bearbeitung 2003, Art. 233 EGBGB § 2 a Rn. 7). Dies bedeutet, worauf auch bereits das Landgericht zu Recht hingewiesen hat, dass mangels anderweitiger Regelung das Nutzungsentgelt täglich bis zum Ende des Bodensonderungsverfahrens zu zahlen ist. Daher handelt es sich auch nicht nur um eine Leistung, die für den Zeitraum, in dem das Bodenordnungsverfahren durchgeführt wird, geltend gemacht werden kann. Vielmehr liegen regelmäßig wiederkehrende Leitungen vor.

Soweit sich die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18.07.2003 - Az.: V ZR 275/02 - darauf beruft, dass auch der Anspruch auf Herausgabe von Gebrauchsvorteilen nach § 988 BGB nicht der Verjährung des § 197 BGB a. F. unterfalle und dies auch für den hier streitgegenständlichen Anspruch gelten müsse, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Anspruch aus § 988 BGB ist gerichtet auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen. Auch wenn sich die Höhe des Anspruchs häufig aus regelmäßig wiederkehrenden Leistungen, etwa fortlaufenden Mietzahlungen, errechnen lässt, steht die Höhe des jeweils zu zahlenden Betrages nicht fest, sondern bestimmt sich nach den tatsächlich gezogenen Nutzungen. Daher liegt insoweit auch nur eine einheitliche Leistung vor, die gefordert werden kann. Beim Anspruch aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB bestimmt sich die Höhe des in einem bestimmten Zeitraum zu zahlenden Nutzungsentgeltes nach dem gem. § 43 SachenRBerG zu zahlenden Erbbauzins. Lediglich die Dauer der Zahlungspflicht steht noch nicht fest, weil das Ende des Bodenordnungsverfahrens offen ist. Nach Auffassung des Senates ist daher der Anspruch auf Nutzungsentgelt gem. Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB eher mit dem Anspruch auf Entschädigung bei verspäteter Rückgabe der Mietsache gem. § 557 BGB a. F. vergleichbar, für den in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (BGHZ 68, 307, 309 ff), dass sich die Verjährung nach § 197 BGB a. F. richtet. Auch bei diesem Anspruch steht, anders als beim Anspruch nach § 988 BGB, die Höhe des in einem bestimmten Zeitraum zu zahlenden Entgeltes fest. Der mit § 197 BGB a. F. verfolgte Zweck, eine Ansammlung rückständiger wiederkehrender Leistungen und ein übermäßiges, möglicherweise existenzbedrohendes Anwachsen von Schulden zu verhindern, trifft daher auch auf einen Anspruch nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB zu. Soweit in Rechtsprechung und Literatur - teilweise ohne nähere Begründung - vertreten wird, § 197 BGB a. F. sei auf den Anspruch aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB nicht anwendbar (vgl. OLG Celle B. v. 14.12.2004, 4 U 219/04; Kühnholz in: Bamberger/Roth, Art. 233 § 2 a EGBGB Rn. 19; Staudinger/Rauscher, Art. 233 § 2 a EGBGB Rn. 100; Schwarze NJ 2001, 187; Schnabel ZOV 2001, 83) vermag sich der Senat dem, aus den o. g. Gründen, nicht anzuschließen.

2.

Bei Einreichung der Klage am 17.02.2003 war daher der Anspruch der Klägerin bereits verjährt. Gem. §§ 197, 201 BGB a. F. begann die vierjährige Verjährungsfrist jeweils mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Demnach endeten die Verjährungsfristen für die Nutzungsentgeltansprüche aus den Jahren 1995, 1996, 1997 jeweils am 31.12. der Jahre 2000, 2001, 2002. Die Nutzungsentgeltansprüche für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 27.04.1998 waren unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB mit Ablauf des 31.12.2002 verjährt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4.

Auf den Antrag der Klägerin war die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

Zurück