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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: 7 W 45/05
Rechtsgebiete: GBO, FGG


Vorschriften:

GBO § 35
GBO § 35 Abs. 1
GBO § 35 Abs. 2
GBO § 35 Abs. 3
GBO §§ 78 ff.
FGG § 73
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

7 W 45/05

In der Grundbuchsache

betreffend das im Grundbuch von K., Bl. 123, Gemarkung K., Flur 3, Flurstück 21, eingetragene Grundstück,

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jaspersen, die Richterin am Oberlandesgericht Evermann und den Richter am Oberlandesgericht Braun

am 09.08.2005 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 08.11.2004 wird auf deren Kosten nach einem Beschwerdewert von 4.000,00 EUR zurückgewiesen.

I.

Die Antragsteller begehren die Berichtigung des Grundbuchs.

Sie machen geltend, sie seien die derzeit lebenden Erben und damit Rechtsnachfolger des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen und am .1943 in L.gestorbenen A. U..

Da beabsichtigt sei, das Grundstück samt abrissreifem Gebäude an einen Nachbarn zu veräußern, der unter Berücksichtigung der Abrisskosten zur Zahlung eines Betrages von 7.500,00 DM bereit sei, sei zuvor die Berichtigung des Grundbuchs erforderlich. Angesichts des Umstandes, dass der jeweilige Erbanteil der Antragsteller hinsichtlich des Grundstücks weniger als 3.000,00 EUR wert sei, müsse die Rechtsnachfolge nicht durch Erbschein nachgewiesen werden. Vor allem ein Erbschein nach A. U. sei nur schwer zu beschaffen, da er im heutigen Polen gestorben sei. Das Grundbuchamt könne sich vielmehr gem. § 35 Abs. 3 GBO auch mit anderen Beweismitteln begnügen, insbesondere die Versicherung an Eides statt zulassen.

Auf den Berichtigungsantrag der Antragsteller vom 03.02.2004, mit dem sie einzelne Erbscheine und im Übrigen eidesstattliche Versicherungen vorgelegt haben, hat sie das Amtsgericht Wolgast - Grundbuchamt - mit Zwischenverfügung vom 09.06.2004 aufgefordert, die Erbfolge in der Form gem. § 35 Abs. 1 GBO nachzuweisen.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 26.08.2004 hat das Amtsgericht seine Aufforderung wiederholt und ausgeführt, die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 GBO lägen nicht vor, da der Wert des Grundstückes ausgehend von den Angaben der Antragsteller über der gesetzlich festgelegten Grenze von 3.000,00 EUR liege. Auf den jeweiligen Erbanteil der Antragsteller könne nicht abgestellt werden.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Antragsteller unter dem 24.09.2004 Beschwerde eingelegt. Sie haben behauptet, die Vorlage der Erbscheine sei praktisch unmöglich. Im Übrigen sei die Auffassung des Amtsgerichts zu den Voraussetzungen des § 35 GBO falsch. Die Vorschrift regele allein die Erbfolge. § 35 Abs. 3 GBO sehe u. a. vor, dass der Antragsteller zur eidesstattlichen Versicherung zugelassen werden könne, wenn sein Anteil weniger als 3.000,00 EUR ausmache. Bei der Beurteilung, ob die Wertgrenze überschritten sei, könne nur auf die jeweiligen Anteile der einzelnen Erben abgestellt werden. Das Problem der Erbscheinbeschaffung trete naturgemäß auch nur dann auf, wenn - wie hier - sich die Erbengemeinschaft im Verlauf der Generationen verzweigt habe.

Nachdem das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hat, hat sie das Landgericht mit Beschluss vom 08.11.2004 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass ein Nachweis der Erbfolge mit Hilfe von eidesstattlichen Versicherungen nicht in Betracht komme. Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 3 GBO lägen nicht vor. Danach könne das Grundbuchamt bei der Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstückes von den in Abs. 1 und 2 der Vorschrift genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3.000,00 EUR wert sei. So liege der Fall hier nicht. Das Grundstück sei mehr wert als 3.000,00 EUR. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei mit dem Begriff "Anteil" in § 35 Abs. 3 GBO nicht der Erbteil gemeint. Vielmehr sei in dem Falle, dass ein Miteigentümer im Wege der Erbfolge eine Berichtigung des Grundbuches beantrage, der Wert seines Miteigentumsanteils ausschlaggebend für die Wertgrenze. Mit der Vorschrift sei nicht den Verzweigungen von Erbengemeinschaften im Verlaufe von Generationen Rechnung getragen worden, auch nicht unter erschwerendem Hinzukommen der Kriegswirren. Vielmehr habe es der Gesetzgeber bei Grundstücken von geringem Wert für hinnehmbar gehalten, insbesondere bei Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Erbscheinen usw., die Hürde beim Nachweis der Erbfolge abzusenken.

Auf den Inhalt des Beschlusses vom 08.11.2004 wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden liegenden Sachverhalts und der Begründung der Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer weiteren Beschwerde vom 25.11.2004, die sie mit Schriftsatz vom 13.07.2005 begründet haben.

Sie nehmen Bezug auf ihre Beschwerde vom 24.09.2004. Zudem weisen sie darauf hin, dass § 35 Abs. 3 GBO entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht bereits 1935, sondern erst 1942 in der so genannten Vereinfachungsnovelle eingefügt worden sei. Bei den Eigentümern bzw. Miteigentümern i. S. v. § 35 Abs. 3 GBO könne es sich im Übrigen durchaus auch um Gesamthandseigentümer handeln. Daher komme es logischerweise auch nur auf den Wert ihrer Anteile an. Nur dies entspreche auch dem Sinn der Ausnahmeregelung. Deren Zweck sei es, dem Antragsteller im Hinblick auf den geringen Wert des Grundstücks oder seines Anteils unwirtschaftliche Aufwendungen zu ersparen. Was für den Antragsteller aber unwirtschaftlich sei, hänge nicht davon ab, ob er Bruchteilseigentümer oder Mitglied einer Gesamthandsgemeinschaft sei. Dass die Beschaffung eines Erbscheins, wenn überhaupt möglich, hier nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich sei, liege auf der Hand angesichts dessen, dass der überwiegende Teil der Erben bereits die dritte Generation nach dem am .1943 in L., heutiges Polen, verstorbenen noch eingetragenen Eigentümer sei.

II.

Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 78 ff. GBO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Grundbuchberichtigung von der Vorlage der in § 35 Abs. 1 GBO genannten Unterlagen abhängig gemacht und das Landgericht die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Der angefochtene Beschluss lässt keine Verletzung des Rechts i. S. v. § 78 GBO erkennen.

Insbesondere haben Amtsgericht und Landgericht die Vorschrift des § 35 GBO rechtsfehlerfrei angewandt. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 GBO vorliegend nicht erfüllt. Nach dieser Ausnahmeregelung kann das Grundbuchamt zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks aufgrund Erbfolge von den in Abs. 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3.000,00 EUR wert ist und die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Amtsgerichts und des Landgerichts vermag auch der Senat hier einen solchen Ausnahmefall nicht festzustellen. Das Grundstück hat nach den eigenen Angaben der Antragsteller einen höheren Wert als 3.000,00 EUR. Nur auf diesen Wert ist vorliegend abzustellen. Demgegenüber kommt es auf den Wert des einzelnen Erbanteils der Antragsteller bezogen auf das Grundstück nicht an.

Sinn und Zweck der 1942 ins Gesetz eingefügten und später hinsichtlich der Wertgrenze konkretisierten Vorschrift war und ist es, die Gerichte und die Antragsteller bei geringwertigen Grundstücken oder Anteilen an Grundstücken von dem Aufwand zu entlasten, der mit der Beschaffung und Herstellung der gem. § 35 Abs. 1 und 2 GBO zum Nachweis der Erbfolge erforderlichen Unterlagen einhergeht, soweit er im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Der Gesetzgeber hielt es in solchen Fällen für hinnehmbar, sich hinsichtlich des Nachweises der Rechtsnachfolge mit einem geringeren Grad der Sicherheit und Überzeugung zu begnügen. Bei Rechtsnachfolge in einen geringwertigen Vermögensgegenstand soll dessen Verkehrsfähigkeit oder die Wiederherstellung der Verkehrsfähigkeit nicht von einem im Einzelfall unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten oder Mühe abhängen. Entscheidend ist demzufolge, hinsichtlich welchen Vermögensgegenstandes die Rechtsnachfolge festzustellen und nachzuweisen ist. Geht es um die Rechtsnachfolge eines als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragenen Eigentümers, ist hinsichtlich der normierten Wertgrenze der Wert des gesamten Grundstücks maßgebend. Ist die Rechtsnachfolge eines im Grundbuch eingetragenen - ideellen - Miteigentümers oder Mitglieds einer als Eigentümer eingetragenen Gesamthandsgemeinschaft nachzuweisen, kommt es lediglich auf den Wert des diesbezüglichen Anteils am Grundstück an. Nichts anderes meint die Literatur und Kommentierung, wenn dort angemerkt ist, dass es sich bei Eigentümer oder Miteigentümer im Sinne der Vorschrift auch um Gesamthandseigentümer handeln könne (vgl. KEHE-Herrmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 35 Rn. 13; Meikel-Roth, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 35 Rn. 32; Böhringer, Rechtspfleger 2000, 433). Um letzteren Fall geht es vorliegend nicht. Nicht die Rechtsnachfolge in einen Miteigentums- oder Gesamthandsanteil soll nachgewiesen werden, sondern die Erbfolge nach dem im Grundbuch als Alleineigentümer eingetragenen A. U.. Maßgebend ist daher der Wert des gesamten Grundstücks, der die normierte Wertgrenze übersteigt. Auf die Zufälligkeit, ob ein eingetragener Eigentümer von einer einzelnen Person beerbt wird, oder von einer aus mehreren Personen bestehenden Erbengemeinschaft kommt es hinsichtlich des maßgebenden Wertes ebenso wenig an, wie auf den Umstand, dass sich die Erbfolge im Laufe mehrerer Generationen üblicherweise verzweigt und möglicherweise eine Vielzahl von Erbfällen zu berücksichtigen ist.

Auf jene Umstände kann es vielmehr allenfalls bei der Prüfung der zweiten Voraussetzung des § 35 Abs. 3 GBO ankommen, ob der Nachweis mittels Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Da es bereits an der ersten Voraussetzung, der Unterschreitung der normierten Wertgrenze, fehlt, braucht der Senat die Unverhältnismäßigkeit im Sinne der Vorschrift nicht abschließend zu beurteilen. Der Senat merkt jedoch an, dass sich aus dem Vorbringen der Antragsteller und den Feststellungen des Amtsgerichts und des Landgerichts auch nicht ergibt, dass der gem. § 35 Abs. 1 GBO regelmäßig erforderliche Nachweis hier nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Dies liegt insbesondere nicht bereits deshalb auf der Hand, weil der eingetragene Eigentümer bereits 1943 im heutigen Polen verstorben ist. Soweit die zur Beantragung eines Erbscheins notwendigen Unterlagen (§§ 2354, 2356 BGB) vorhanden sind oder beschafft werden können, Gegenteiliges ist nicht vorgetragen, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Erlangung des Erbscheins beim nach § 73 FGG i. V. m. § 7 Zuständigkeitsergänzungsgesetz zuständigen Gericht unverhältnismäßige Mühe bereiten sollte. Ob bereits ein entsprechender Versuch unternommen wurde, kann dem Vorbringen der Antragsteller nicht entnommen werden. Soweit die Erbfolge darüber hinaus nicht bereits ohnehin durch Urkunden gem. § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen ist, ist ebenfalls nach den Angaben der Antragsteller nicht ersichtlich, dass die verbleibenden Nachweise unverhältnismäßige Schwierigkeiten oder Kosten (§ 107 KostO) bereiten würden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 2, 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO.

Der Beschwerdewert ergibt sich aus §§ 30, 131 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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