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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 13.01.2006
Aktenzeichen: 8 U 79/04
Rechtsgebiete: GUV, VOB/B, BGB, HGB, ZPO, AGB, AGBG


Vorschriften:

GUV § 2
GUV § 2 Nr. 1 b
GUV § 4
GUV § 5
GUV § 8
GUV § 8 Abs. 2
GUV § 11
GUV § 11 Nr. 1
VOB/B § 2 Nr. 3
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 6
VOB/B § 2 Nr. 7
VOB/B § 2 Nr. 7 Abs. 1
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 3
VOB/B § 11 Nr. 4
VOB/B § 16 Nr. 3
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
VOB/B § 17
VOB/B § 17 Nr. 3
VOB/B § 17 Nr. 4
VOB/B § 17 Nr. 5
VOB/B § 17 Nr. 6
BGB § 284 Abs. 1
BGB § 631 Abs. 1
HGB § 352
HGB § 353
ZPO § 282
ZPO § 286 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
AGB § 9
AGBG § 1
Die Vereinbarung eines gemeinsamen Sperrkontos keine Voraussetzung für die Einzahlung eines Einbehaltes. In der Aufforderung des Auftragnehmers zur Einzahlung ohne Angabe eines Sperrkontos ist ein konkludenter Verzicht auf die Wahl eines bestimmten Bankinstitutes zu sehen. Indem der Auftragnehmer ohne Angabe des Bankinstitutes eine Nachfrist setzt, gibt er zu erkennen, dass er mit jedem Geldinstitut einverstanden ist und die Wahl insoweit dem Auftraggeber überlässt.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 79/04

Verkündet am: 13.01.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 17.03.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock, Az.: 5 O 172/99, werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 149.664,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Restwerklohnansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit der Errichtung des Erweiterungsneubaus für das ...Hotel in ... Die Parteien hatte am 27.08.1998 einen Generalunternehmervertrag geschlossen, der für die Errichtung des Erweiterungsbaus einen Pauschalfestpreis in Höhe von 1.749.280,- DM sowie für die Abbrucharbeiten einen Pauschalfestpreis in Höhe von 48.720,- DM (jeweils brutto) vorsah. Gleichzeitig hatten die Parteien für die Überschreitung des Fertigstellungstermins eine hohe verschuldensunabhängige Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,- DM + Mehrwertsteuer pro Tag bis zum Erreichen von 10 % der Bruttoauftragssumme vereinbart. Im Rahmen der Abnahmen der Arbeiten im Innenbereich am 30.11.1998 bzw. 04.12.1998 verzichtete die Beklagte jeweils ausdrücklich auf die Geltendmachung der Vertragsstrafe. Bei der Abnahme des Außenbereichs - zugleich Endabnahme - am 01.02.1999 behielt sich die Beklagte dagegen die Vertragsstrafe vor. Die von der Klägerin am 01.04.1999 gestellte Schlussrechnung weist einen Restrechnungsbetrag in Höhe von 292.717,69 DM auf, der zugleich die Klagforderung darstellt. Mit der Schlussrechnung stellte die Klägerin neben den vereinbarten Pauschalfestpreisen auch Zusatzleistungen (Abbrucharbeiten, Mehrkosten, zusätzlich beauftragte Leistungen) in Rechnung und zog Minderkosten ab. Die Beklagte hat erstinstanzlich ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln geltend gemacht und mit dem Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 179.800,- DM brutto (= 10 % der Bruttoauftragssumme) aufgerechnet und eingewandt, die angeblichen Zusatzleistungen der Klägerin seien nicht ordnungsgemäß nachgewiesen.

Das Gericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme der Klage in Höhe von 125.225,46 € stattgegeben, davon 2.438,86 € Zug um Zug gegen Nachbesserung eines sachverständig festgestellten Mangels. Neben den vereinbarten Festpreisen hat das Landgericht insbesondere das protokollierte Besprechungsergebnis vom 30.11.1998 berücksichtigt und dieses als kaufmännisches Bestätigungsschreiben angesehen, dem die Beklagte nicht widersprochen habe. Der Werklohn sei auch insgesamt ohne Sicherheitsleistung fällig, da die Beklagte den Bareinbehalt nicht rechtzeitig auf ein Sperrkonto eingezahlt habe. Schließlich greife die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe nicht durch, da die Beklagte bereits zweimal auf die Geltendmachung einer Vertragsstrafe verzichtet habe, wodurch offen geblieben sei, ob die bisherige vertragliche Vertragsstrafenvereinbarung überhaupt noch Anwendung finden kann und soll.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Rostock vom 17.03.2004 - Az: 5 O 172/99 - Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil haben die Beklagte Berufung und die Klägerin Anschlussberufung eingelegt.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe nur einen Anspruch auf insgesamt 919.302,80 €, die bereits bezahlt seien. Das Landgericht habe die Zeugenaussagen nicht richtig gewürdigt, insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Zeugen der Klägerin lediglich Angestellte gewesen seien. Der Zeuge ... sei sich absolut sicher gewesen, dass am 30.11.1998 noch kein endgültiges Ergebnis erzielt worden sei, sodass die Bewertung des Besprechungsprotokolls als kaufmännisches Bestätigungsschreiben ausscheide. Im Übrigen habe der Geschäftsführer der Beklagten unmittelbar nach Erhalt des Protokolls per Telefon widersprochen. Bei diesem Telefonat sei der Zeuge ... anwesend gewesen. Dieses Beweisangebot habe das Landgericht ignoriert. In zweiter Instanz hat die Beklagte ergänzend dazu die Zeugin ... benannt. Das Schweigen auf das Besprechungsprotokoll habe letztlich den Generalunternehmervertrag (im Folgenden : GUV) auch nicht ändern können, da § 11 Nr. 1 des GUV für Änderungen die Schriftform vorsehe.

Das Recht zur Einbehaltung einer Gewährleistungssumme in Höhe von 5 % habe die Beklagte ebenfalls nicht verloren. § 8 Abs. 2 des GUV schließe bereits die Anwendung von § 17 Nr. 3 und 6 VOB/B aus. Im Übrigen habe die Vereinbarung eines gemeinsamen Sperrkontos im Sinne von § 17 Nr. 4 und 5 VOB/B gefehlt. Die tatsächlich am 10.10.2000 erfolgte Hinterlegung sei daher ausreichend und rechtzeitig gewesen.

Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Vertragsstrafe sei nicht verwirkt. Die bei den Teilabnahmen erklärten Verzichte stünden dem nicht entgegen, da nach herrschender Meinung der Vorbehalt für die Vertragsstrafe für die nicht rechtzeitige Erbringung der vertraglichen Gesamtleistungen erst bei der Abnahme der letzten Teilleistung zu erklären sei. Dies sei hier bei der Endabnahme am 01.02.1999 geschehen, so dass der Betrag in Höhe von 179.800,- DM in Abzug zu bringen sei.

Die Beklagte beantragt,

1. das angefochtene Urteil des Landgerichts ... - Geschäftszeichen: 5 O 172/99 - vom 17.03.2004 zu ändern und die Klage vollen Umfangs abzuweisen,

2. der Beklagten und Berufungsklägerin im Falle ihres Unterliegens zu gestatten, die Zwangsvollstreckung der Klägerin und Berufungsbeklagten abwenden zu dürfen durch Sicherheitsleistung, die in Gestalt einer schriftlichen Prozessbürgschaft eines als Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden darf, die bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ... hinterlegt werden kann.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenfällig zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin,

unter Abänderung des am 17.03.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts ... nach den Schlussanträgen der Klägerin im ersten Rechtszug zu erkennen.

Die Beklagte beantragt ergänzend,

die Anschlussberufung der Klägerin und Berufungsbeklagten kostenpflichtig abzuweisen;

hilfsweise, der Beklagten und Berufungsklägerin zu gestatten, die Zwangsvollstreckung der Klägerin und Berufungsbeklagten abwenden zu dürfen durch Sicherheitsleistung, die auch in Gestalt einer selbstschuldnerischen Prozessbürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erfolgen kann, die bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ..., hilfsweise des Amtsgerichts ... hinterlegt werden kann.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und akzeptiert insbesondere die Zug-um-Zug Verurteilung. Sie ist jedoch der Auffassung, das Gericht habe zu Unrecht die geltend gemachte zusätzliche Vergütung für die Abbrucharbeiten nicht zugesprochen. Es sei vorliegend nicht um Mengenänderungen innerhalb einer Pauschalposition gegangen, sondern darum, dass während der Ausführung der Arbeiten weitere Leistungen in Auftrag gegeben wurden, die zusätzlich zu vergüten seien nach § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B. Schließlich habe das Gericht zu Unrecht angenommen, der gesamte von der Beklagten gestellte GUV unterliege nicht der Inhaltskontrolle nach dem AGBG, da die Klägerin für die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des genannten Gesetzes darlegungs- und beweisfällig geblieben sei. Bereits erstinstanzlich habe sie vorgetragen, dass es sich bei der Vertragsstrafenklausel um eine formularmäßige, nicht ausgehandelte Vertragsbestimmung gehandelt habe.

Der Senat hat Beweis erhoben zur Frage des Widerspruchs gegen den Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 02.12.1998 durch Vernehmung der Zeugen Rainer ..., ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2005, Bl. 921-926 d.A., verwiesen.

II.

Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, haben in der Sache aber beide keinen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohnes in Höhe von 122.836,60 EUR sowie weiterer 2.438,86 EUR Zug um Zug gegen Nachbesserung des von der Klägerin anerkannten Mangels gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 des GUV, §§ 2 Nr. 7, 8 und 16 Nr. 3 VOB/B nebst Zinsen gemäß § 284 Abs. 1 BGB, §§ 352, 353 HGB und § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B.

A. Berufung der Beklagten

1. Die Beklagte kann mit ihrem Einwand, das Landgericht habe die Zeugenaussagen unzureichend gewürdigt, nicht durchdringen. Die Beklagte verkennt, dass es nicht darauf ankommt, ob auch eine andere Beweiswürdigung möglich oder vertretbar gewesen wäre. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist jedenfalls nicht zu beanstanden und deckt sich insbesondere mit dem Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002. Der Zeuge ... hat danach bei seiner Aussage zum Teil relativiert ("Also um es ehrlich zu sagen, von Abrechnungsgrundlagen weiß ich nichts."; "Im Einzelnen ist mir zu diesen Erklärungen von Herrn ... das so nicht mehr im Gedächtnis.") oder widersprüchlich geantwortet ("Und in diesem Gespräch gab es sich zu einzelnen Positionen auch Einigkeit, im Großen und Ganzen gab es aber keine Einigkeit"). Die Aussagen der Zeugen ... und ... waren dagegen sehr detailreich und nachvollziehbar. Sie sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht deshalb unglaubwürdig, weil es sich um Angestellte der Klägerin gehandelt hat; immerhin steht auch der Zeuge ... in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten.

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht das Besprechungsprotokoll vom 30.11.1998 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben gewertet.

a) Beide Vertragsparteien sind Kaufleute und haben sich am 30.11.1998 mündlich wie im Protokoll dargestellt geeinigt. Dieses haben die Zeugen ... und ... im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt. Letztlich käme es noch nicht einmal darauf an, da es gerade Sinn und Zweck eines kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist, im Falle eines nur mündlichen Vertragsschlusses auch die Tatsache der Einigung selbst und den Inhalt der Vereinbarung beweiskräftig festzuhalten. Konsequenterweise wird zu Beginn des Protokoll auch ausgeführt "... werden folgende Vereinbarungen getroffen ...". Zwar wäre das Bestätigungsschreiben wirkungslos, wenn es inhaltlich so weit vom Vorbesprochenen abweichen sollte, dass die Klägerin als Absenderin vernünftigerweise nicht mehr mit dem Einverständnis der Beklagten rechnen konnte. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof beispielsweise für den Fall bejaht, dass im Bestätigungsschreiben auf einen Vertrag Bezug genommen wurde, dessen Abschluss von der Gegenseite zuvor ausdrücklich verweigert worden war (vgl. BGH, Urteil vom 31.01.1994, NJW 1994, S. 1288). Darlegungs- und beweisbelastet für die wesentliche Abweichung des Bestätigungsschreibens vom Verhandlungsergebnis ist jedoch die Beklagte (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 148 Rdn. 21 [m.w.N.]), so dass selbst für den Fall, dass auch dem Zeugen ... zu glauben wäre, der Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gelten würde, da dann eine sog. non-liquet-Situation bestehen würde.

b) Die Beklagte hat das Schreiben unstreitig kurz nach der Besprechung erhalten.

c) Die Beklagte hat der Geltung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens nach dessen Erhalt auch nicht widersprochen. Der dafür beweispflichtigen Beklagten (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 148 Rdn. 21 [m.w.N.]) ist der Beweis des behaupteten Widerrufs nicht gelungen.

Der Zeuge ..., der nach der Behauptung der Beklagten damals der Gesprächspartner für die Widerspruchsäußerung gewesen sein soll, hat glaubhaft ausgesagt, es habe ein solches Telefongespräch nicht gegeben. Er hatte ein ausserordentlich gutes Detailwissen zu den damaligen Vorgängen, was nachvollziehbar darauf zurückzuführen ist, dass er kurz zuvor die ... Niederlassung der Klägerin übernommen hatte und so, besonders bei seinem ersten Bauvorhaben, darauf geachtet hat, dass "alles richtig abgewickelt wurde". Darüber hinaus ist er jetzt zudem nicht mehr für die Klägerin tätig. Seine Darstellung, er hätte nach einem solchen Telefonat, dessen Inhalt für das Bauvorhaben und die Firma extrem wichtig gewesen wäre, zweifellos reagiert und sofort die Rechtsabteilung eingeschaltet, ist für den Senat daher sehr glaubwürdig. Die Aussage des Zeugen ... dagegen war relativ oberflächlich und ungenau. Er konnte sich im Wesentlich nur daran erinnern, dass Herr ... die Einigung widerrufen und Herr ... sich mit seinem Mithören einverstanden erklärt hatte. Die Länge des Telefonates konnte er dagegen nicht einmal grob angeben. Die Angaben der Zeugin ... schließlich waren unergiebig. Sie wusste nur noch, dass Herr ... sich Anfang Dezember 1998 im Zusammenhang mit dem Erweiterungsbau des ... Hotels einmal sehr aufgeregt hatte und meinte sich zu erinnern, er habe zunächst Herrn ... angerufen und anschließend ein weiteres Telefonat geführt. An Details konnte sie sich - verständlicherweise - nicht mehr erinnern, zumal sie regelmäßig Telefonate vermittelt und dieser Vorgang immerhin sieben Jahre zurückliegt. Ob die Angaben der Zeugen ... und ... überhaupt glaubhaft und glaubwürdig sind und kein Verwertungsverbot (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 286 Rn 15b [m.w.N.]) besteht, kann letztlich offen bleiben. Der Beklagten wäre der Beweis gleichwohl nicht gelungen, da sich der Senat aufgrund der widersprechenden Zeugenaussagen nicht die Überzeugung im Sinne von § 286 Abs. 1 ZPO bilden kann, dass ein solches Telefonat stattgefunden hat .

d) Der mündlichen Einigung bzw. dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben steht die in § 11 GUV vereinbarte Schriftform für Änderungen des Vertrages nicht entgegen. Nach allgemeiner Meinung, der sich der Senat anschließt, können die Parteien den vereinbarten Formzwang jederzeit formlos aufheben (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 125 Rn. 14 [m.w.N.]). Entgegen der Ansicht der Beklagten haben die Parteien keine sogenannte doppelte Schriftformklausel vereinbart, die möglicherweise nicht ohne weiteres mündlich aufgehoben werden könnte. Dieses würde eine ausdrückliche Vereinbarung dazu voraussetzen, dass auch die Vereinbarung zur Schriftform nur schriftlich aufgehoben werden kann. Eine solche liegt hier nicht vor. Die Frage, ob sich die Beklagte nicht widersprüchlich verhält, wenn sie - unstreitig - zumindest zum Teil mündlich Leistungsänderungen in Auftrag gibt (z.B. Wintergarten, Anlage K 27), sich nach einer Gesamteinigung aber auf die Schriftformklausel "zurückziehen" will, braucht daher nicht entschieden werden.

e) Die Beträge im Einzelnen ergeben sich aus der Anlage K 15, Bl. 135 d.A.. Die vom Landgericht nachvollziehbar vorgenommene Abrechnung der Einzelpositionen wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug.

3. Auch der Einwand der Beklagten, sie habe das Recht zur Einbehaltung einer Gewährleistungssumme in Höhe von 5 % nicht verloren, da § 8 Abs. 2 des GUV bereits die Anwendung von § 17 Nr. 3 und 6 VOB/B ausschließe und die Vereinbarung eines gemeinsamen Sperrkontos im Sinne von § 17 Nr. 4 und 5 VOB/B gefehlt habe, greift nicht durch.

a) Der GUV sieht die Geltung der VOB/B in § 1 Ziff. 2.2 vor. Die Vereinbarung der Sicherheit in § 8 des GUV knüpft dabei direkt an § 17 VOB/B, der nur zur Anwendung kommt, wenn eine solche Sicherheit vereinbart wurde. § 8 des GUV ist insoweit offensichtlich unvollständig, denn es fehlt gerade eine Regelung zu der Frage, wie der Einbehalt zu erfolgen hat und zu welchen Zweck die Sicherheit dient. Beides ergibt sich erst durch eine Heranziehung von § 17 VOB/B. Woraus sich der Ausschluss von § 17 Nr. 6 VOB/B ergeben soll, hat die Beklagte nicht angegeben.

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch die Vereinbarung eines gemeinsamen Sperrkontos keine Voraussetzung für die Einzahlung des Einbehaltes. Vielmehr ist in der Aufforderung zur Einzahlung ohne Angabe eines Sperrkontos ein konkludenter Verzicht auf die Wahl eines bestimmten Bankinstitutes zu sehen. Indem der Auftragnehmer ohne Angabe des Bankinstitutes eine Nachfrist setzt, gibt er zu erkennen, dass er mit jedem Geldinstitut einverstanden ist und die Wahl insoweit dem Auftraggeber überlässt (vgl. Joussen in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 166 [m.w.N.]).

c) So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 30.5.2000 eine Nachfrist bis zum 21.06.2000 gesetzt. Die Beklagte hat zunächst die Einzahlung generell abgelehnt (Schriftsatz vom 20.6.00, Bl. 148 d.A.), dann aber mit Schriftsatz vom 3.7.00 (Anlage B12, Bl. 171 d.A.) gleichwohl eine Einzahlung avisiert. Da die Frist bis zur tatsächlich erfolgten Hinterlegung am 10.10.2000 längst verstrichen war, ist die Klägerin berechtigt, die sofortige Auszahlung des Betrages zu verlangen (§ 17 Abs. 3 S. 2 VOB/B) und braucht keine Sicherheit mehr zu leisten (vgl. Joussen in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 167 [m.w.N.])

4. Die Ausführungen des Landgerichts zur Vertragsstrafe sind ebenfalls zutreffend. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug und macht sich diese zu eigen.

a) Zu Recht geht die Klägerin davon aus, dass § 5 des GUV von der Beklagten vorformuliert und ohne individuelles Aushandeln in den auch im Übrigen von der Beklagten vorbereiteten Vertrag aufgenommen worden ist. Richtig ist ferner, dass die Frage, ob allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden : AGB) vorliegen oder nicht, sich nicht an dem Vertragswerk insgesamt entscheidet; einzelne Klauseln in sonst individuell gestalteten Verträgen können AGB sein (NJW 1979, 2387; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 18 [m.w.N.]). Der Klägerin ist auch darin zu folgen, dass § 5 des GUV , sofern es sich um eine AGB der Beklagten handelt, gem. § 9 AGB unwirksam wäre, denn die Klausel ist so formuliert, dass sie unabhängig von einem Verschulden der Klägerin zum Zuge kommen kann, was in AGB regelmäßig nicht vereinbart werden kann (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1013 (1015); Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdnr. 2049ff [m.w.N.]).

b) Der Vortrag der Klägerin rechtfertigt jedoch nicht die Feststellungen, dass es sich überhaupt um eine AGB handelt. Neben den genannten Voraussetzungen der Vorformulierung ohne individuelles Aushandeln ist es ein Merkmal allgemeiner Geschäftsbedingungen, dass die Vertragsbedingungen "für eine Vielzahl" von Verträgen vorformuliert sind (§ 1 AGBG). Wann das der Fall ist, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden. Wird die Klausel tatsächlich vielfach verwendet, so spricht eine Vermutung dafür, dass sie für diese vielen Fälle vorformuliert worden und dementsprechend als AGB anzusehen ist. Die wiederholte Verwendung ist andererseits nicht immer Voraussetzung dafür, dass von AGB gesprochen werden kann. Hat der Verwender die Klausel vorformuliert, so ist es für das Merkmal der Vielzahl wesentlich, ob der Verwender schon beim ersten Mal beabsichtigt, sie auch in weitere Verträge einzubeziehen .

Da die Absicht nicht ohne weiteres deutlich ist, sind alle Begleitumstände zu würdigen. Zu ihnen gehört eine gewisse Planmäßigkeit im Vorgehen des Verwenders in dem Sinne, dass er seine Geschäftspraxis erkennbar an der Absicht wiederholter Verwendung ausrichtet. Wird eine Klausel dagegen allein für einen konkreten Einzelvertrag vorformuliert, so dass von AGB zunächst nicht die Rede sein kann, dann bleibt es bei dieser Beurteilung, selbst wenn später die Vertragsbedingung in weitere Verträge Eingang findet und dort als AGB einzustufen ist (vgl. BGH, NJW 1997, 135).

Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte die Klausel tatsächlich vielfach verwendet hat. Gesichert ist nur die unstreitige Verwendung der Klausel bei der Einholung eines Angebotes der Fa. ... für dasselbe Bauvorhaben. Dass die Beklagte die Klausel gleichermaßen gegenüber mehrern Anbietern verwendet hat, ist unerheblich. Nach § 1 AGBG ergibt sich die Eigenschaft als AGB aus der Vorformulierung für viele Verträge, nicht für die Ausschreibung gegenüber mehreren Bietern, die auf den Abschluss nur eines Vertrags abzielt (vgl. BGH, NJW 1997, 135).

c) Das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss grundsätzlich der Vertragspartner des Verwenders darlegen und beweisen, der sich im Individualprozeß auf den Schutz des AGB-Gesetzes beruft (vgl. BGH, NJW 1992, 2160, 2162 [m.w.N.]). Der Vertragspartner kann seiner Darlegungslast unter Umständen jedoch schon durch Vorlage des mit dem Verwenders abgeschlossenen Vertrags genügen. Handelt es sich um einen Vertrag, der nach seiner inhaltlichen Gestaltung aller Lebenserfahrung nach für eine mehrfache Verwendung entworfen und gestellt wurde, so spricht der erste Anschein für einen vom Bauträger verwendeten Formularvertrag, der der Kontrolle durch das AGB-Gesetz unterliegt (vgl. BGH, NJW 1992, 2160, 2162 [m.w.N.]).

Der vorliegende Vertrag ist seinem ersten Anschein nach kein Formularvertrag, sondern speziell auf dieses Bauvorhaben zugeschnitten. Die Beklagte ist nicht etwa eine gewerblich tätige Bauträgerin, die erfahrungsgemäß mit Formularverträgen arbeiten, sondern eine Hotelbetreiberin. Auch kann nicht festgestellt werden, dass § 5 des GUV "den von Anwälten üblicherweise verwendeten Formularbüchern" entspricht, wie die Klägerin behauptet. Die Klägerin benennt insoweit auch kein konkretes Buch, in dem die hier verwendete Klausel vorkommen soll. d) Dem Landgericht ist jedoch darin zu folgen, dass sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht auf die Vertragsstrafenregelung berufen kann, da sie vor der Gesamtabnahme bereits zweimal auf die Geltendmachung der Vertragsstrafe verzichtet hat.

aa) Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass vorliegend die Vertragsstrafe für die Erbringung der Gesamtleistung vereinbart wurde, wie die Verwendung des Wortes "Endfertigstellungstermin" zeigt. Dieses hat zur Folge, dass der erforderliche Vorbehalt der Vertragsstrafe gemäß § 11 Nr. 4 VOB/B an sich bei der Abnahme der letzten Teilleistung, d.h. hier der Außenanlagen, zu erklären wäre (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdnr. 2060 [m.w.N.]).

bb) Von dieser Rechtslage ist das Landgericht entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht abgewichen, denn es hat nur den ausdrücklich erklärten Verzicht auf die Vertragsstrafe gewürdigt. Diese Würdigung ist nach Auffassung des Senates zutreffend.

(1) Der Verzicht der Beklagten auf die Vertragsstrafe bei den Teilabnahmen ist nicht eindeutig und daher auszulegen. Empfangsbedürftige Willenserklärungen - wie hier - sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 62. Aufl., § 133 Rn 9 [m.w.N.]).

(2) Der Beklagten kam es ausweislich des § 4 GUV entscheidend darauf an, dass sie die bereits vermieteten und noch von der Klägerin herzustellenden Räumlichkeiten der Allianz Versicherungs AG zur Verfügung stellen kann. Gleichzeitig war der Beklagten bekannt, dass es diverse Zusatzaufträge gegeben hatte. Aus diesem Grunde musste es aus der Sicht der Klägerin nicht fernliegend erscheinen, dass die Beklagte im Hinblick auf die pünktliche Fertigstellung des entscheidenden Bauteils auf die Vertragsstrafe insgesamt verzichtet, zumal sie ja nicht gehindert war, ihren eventuellen Schaden ggf. konkret geltend zu machen. Eine Einschränkung der Verzichte ist dem Abnahmeformular auch nicht zu entnehmen.

Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 27.09.2005 erstmals unter Beweisantritt behauptet hat, der Geschäftsführer der Beklagten habe gegenüber der Klägerin sowohl bei der Begehung am 30.11.1998 als auch bei der Begehung vom 04.12.1998 ausdrücklich erklärt, die noch ausstehende Schlussabnahme sei von dem Verzicht bezüglich der Vertragsstrafe nicht betroffen und die Vertreter der Beklagten hätten dieses akzeptiert, handelt es sich um neuen Vortrag. Dieses erstmals in der Berufungsinstanz neu vorgetragene Verteidigungsmittel ist gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO jedoch nicht mehr zuzulassen. Zum einen hätte zur Zulässigkeit dieses neuen Vorbringens gehört, zu der Frage Stellung zu nehmen, warum dieses Vorbringen nicht bereits in der ersten Instanz geltend gemacht worden ist (vgl. §§ 520 Abs. 3 Nr. 4, 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Dies hat die Beklagte versäumt. Zum anderen hat die Beklagte auch fahrlässig im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO gehandelt, indem sie entgegen ihrer allgemeinen Prozessförderungspflicht gemäß § 282 ZPO dies Behauptung nicht bereits in erster Instanz aufgestellt hat, zumal die Frage der Auslegung der beiden Vertragsstrafenverzicht auch erstinstanzlich breit diskutiert wurde.

(3) Die Ansicht der Beklagten, trotz der vorangegangenen Verzichte würde die gesamte Vertragsstrafe wiederaufleben, überzeugt nicht. Dieses hätte zur Folge, dass den ausdrücklich erfolgten Vertragsstrafenverzichten überhaupt keine Bedeutung zukommen würde. Dieses ist fernliegend und konnte von der Klägerin als Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auch nicht so verstanden werden. Allenfalls wäre denkbar, den Verzicht dahingehend auszulegen, dass damit die ursprüngliche Vereinbarung aufgehoben wurde, da das Bauvorhaben ja bis auf die Außenanlagen fertig war, um dann eine neue, andere Vereinbarung zu schließen (andere Zeiträume, andere Summe). Insoweit hat es die Beklage lediglich versäumt, vor dem Verzicht die neue Vereinbarung abzuschließen. Später ist es dazu offensichtlich nicht mehr gekommen.

B. Anschlussberufung

1. Soweit die Beklagte für die "Abbrucharbeiten laut LV" - so in der Anlage 2 zur Schlussrechnung (= Anlage K14) bezeichnet - statt der als Pauschalfestpreis vereinbarten 42.000,- DM 52.359,02 DM beansprucht, ist die landgerichtliche Entscheidung ebenfalls zutreffend. Zwar kann auch bei einer Pauschalpreisvereinbarung unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 7 VOB/B einen Ausgleich verlangt werden. Erforderlich wäre jedoch, dass die Klägerin substantiiert zu den Voraussetzungen vorträgt. Dieses ist hier nicht erfolgt; insoweit kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen werden.

a) § 2 Nr. 6 VOB/B ist nicht anwendbar, wenn es sich - wie hier - um Leistungen handelt, die im Leistungsverzeichnis bereits ausgeführt sind, sofern lediglich die Mengen des Leistungsverzeichnisses geändert wurden (vgl. Keldungs in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 14. Aufl., B, § 2 Nr. 6 Rdn. 262). Das Argument der Klägerin, bei Vertragsschluss habe man exakt gewusst, welche Abbruchleistungen erbracht werden müssen und deshalb in § 2 Nr. 1 b) des GUV eine Vergütung für zusätzliche Abbrucharbeiten vereinbart, greift nicht durch. Die Klägerin hatte auch für die Abbrucharbeiten einen Pauschalfestpreis und keinen Einheitspreis vereinbart. Die in § 2 Nr. 1 b) des GUV erwähnten zusätzlichen Leistungen können daher nicht einfach Mengenänderungen im Rahmen der pauschaliert bezahlten Arbeiten darstellen, vielmehr betrifft diese Regelung nur zusätzliche nicht im Leistungsverzeichnis genannte Arbeiten (s.a. unten Ziffer 2).

b) Anders als bei einem Einheitspreisvertrag ist bei einem Pauschalvertrag eine Abweichung von der Pauschalsumme nur sehr eingeschränkt möglich. Grundsätzlich kommt die Anpassung eines Pauschalpreises nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B lediglich dann in Betracht, wenn die ausgeführten Leistungen von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweichen, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht mehr zumutbar ist (§ 242 BGB). Da § 2 Nr. 3 VOB/B auf Pauschalverträge keine Anwendung findet (vgl. Keldungs in: Igenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 14. Aufl., B § 2 Nr, 7 Rdn. 302 [m.w.N.]) ist für diese Frage auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. Die Toleranzgrenze kann nicht in starren Prozentsätzen oder Regeln festgelegt werden. Mengenabweichungen können zur Änderung des Pauschalpreises erst dann führen, wenn sie etwa über 20 %- 25% liegen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdnr. Rdn. 1203 [m.w.N.] ). In diesem Fall sind auch nur die Mehrleistungen zu vergüten, die über den mit den Pauschalpreis gewöhnlich abgegoltenen Risikorahmen hinausgehen, denn es ist stets zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien bei einer Pauschalpreisabrede etwaige Mengenangaben bloß pauschalisieren wollten. Ansonsten würde zwischen einem Pauschalfestpreisvertrag mit relevanten Mengenüberschreitungen und einen reinen Einheitspreisvertrag kein Unterschied bestehen.

c) Im vorliegenden Fall bewegen sich die abgerechneten Summen noch in diesem von der Rechtsprechung anzunehmenden Bereich, da die Beklagte 24,6 % mehr erbracht hat. Ein Zahlungsanspruch für diese Mehrleistungen scheidet daher aus.

2. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf § 2 Nr. 1 b) des GUV die Vergütung für zusätzliche Abbrucharbeiten fordert, kann ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen werden. Entgegen der Auffassung der Anschlussberufungsführerin hat das Landgericht nicht übersehen, dass es sich um Abbrucharbeiten gehandelt hat, die von der vertraglichen Pauschale gar nicht erfasst waren. Vielmehr hat das Landgericht unter C. umfassend ausgeführt, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Vergütungsvoraussetzungen der abgerechneten zusätzlichen Abbrucharbeiten trägt, also diese nicht bereits von der Pauschalen erfasst sind, die Klägerin ihren Anspruch angekündigt hatte (§ 2 Nr. 8 VOB/B) und die Beklagte vor der Ausführung dieser Leistungen diese Arbeiten gefordert hat (§ 2 Nr. 6 VOB/B). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

a) Es mag durchaus zutreffen, dass die gesondert abgerechneten Abbrucharbeiten nicht von der Pauschale erfasst sind. Nach § 2 Nr. 6 VOB/B ist aber die vorherige Ankündigung des zusätzlichen Vergütungsanspruchs zwingende Voraussetzung um den zusätzlichen Vergütungsanspruch erfolgreich durchzusetzen. Eine solche hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Sinn dieser Regelung ist es, den Auftraggeber davor zu schützen, dass er mit Ansprüchen des Auftragnehmers überrrascht wird, mit denen er nicht gerechnet hat (vgl. Keldungs, a.a.O., Rdn. 265). Grundsätzlich soll dadurch vermieden werden (vgl. BGH, BauR 1996, 542), dass

- der Auftraggeber über eine etwaige zusätzliche Vergütungspflicht im Unklaren gelassen wird,

- er unter Umständen keine Gelegenheit hat, seine den zusätzlichen Vergütungsanspruch auslösende Anordnung zurückzunehmen oder zu ändern,

- sich rechtszeitig nötig werdende weitere Mittel zu beschaffen oder

- einen neuen Preis mit dem Auftragnehmer vor Ausführung der Zusatzleistung auszuhandeln .

b) Trotz dieses von der VOB/B festgelegten Ausschlusses eines zusätzlichen Vergütungsanspruchs bei dessen Nichtankündigun, ist in Ausnahmefällen eine zusätzliche Vergütung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zuzulassen. Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht gegeben.

aa) Entscheidend ist dabei einmal der durch die zusätzliche Leistungsanforderung hervorgerufene Mehraufwand, vor allem im Hinblick auf Material und Lohnkosten, und zum anderen die Bedeutung der Zusatzarbeiten in ihrem Verhältnis zu der von den bisher von der vertraglich vereinbarten Vergütung umfassten Leistungen, insoweit also die Frage der Verhältnismäßigkeit. Allerdings ist der Auftragnehmer darlegungs- und beweispflichtig für das Vorlegen dieses Ausnahmetatbestandes (vgl. BGH, BauR 1996, 542) und es sind strenge Anforderungen zu stellen, soweit es um die Darlegung und den Nachweis der hier maßgeblichen Einzelumstände angeht.

bb) Ein Ansatzpunkt könnte vorliegend der Umstand sein, dass bereits in dem GUV angedeutet wurde, dass möglicherweise weitere Abbrucharbeiten erforderlich sind und für diese bereits eine Preisvereinbarung getroffen wurde. Andererseits ergibt sich aus diesem Vertrag auch, dass das Baubudget des Auftraggebers knapp kalkuliert war (vgl. § 2 Nr. 7 des GUV), sodass der Bauherr insoweit schützenswert ist.

bb) Tatsächlich beruft sich die Klägerin auch nicht auf einen solchen Ausnahmetatbestand, sondern behauptet nach wie vor völlig unsubstantiiert, es seien während der Ausführung der Arbeiten Leistungen in Auftrag gegeben worden, die mit der ursprünglichen Pauschalposition nicht beauftragt waren. Insoweit ergibt sich bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil, dass die Beklagte diese pauschalen Ausführungen bestritten hat (S. 16 d. Urteils), gleichwohl hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz nichts Näheres zu diesen Umständen vorgetragen.

c) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Regelung der Geschäftsführung ohne Auftrag in Verbindung mit § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B berufen. Hat der Auftragnehmer nämlich unter Verletzung der vertraglich festgelegten Leistungspflichten gehandelt, indem er eigenmächtig ohne vorherige Ankündigung weitere Leistungen erbracht hat, so kommt diese Ausnahmeregelung grundsätzlich nicht zum Zug. Insoweit entspricht eine Verletzung der Informationspflicht weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, wie bereits die o. g. Zielrichtung der vorherigen Kostenankündigung belegt (vgl. auch Keldungs: in Ingenstau/Korbioin a.a.O., § 2 Nr. 8 Rdn. 326). Anders wäre dies lediglich bei plötzlichen Gefahren zu sehen, wie beispielsweise, wenn der Auftragnehmer einen ihm nicht in Auftrag gegebenen Abriss eines Gebäudes vornimmt, das nach dem Willen des Auftraggebers stehen bleiben sollte, der Abriss aber erfolgte um die Einsturzgefahr zu beseitigen und zugleich auch um die in Auftrag gegebene Arbeiten reibungslos ausführen zu können.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO und die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 GKG.

2. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Rechtsfortbildung und die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung nicht die Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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