Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 14.05.2004
Aktenzeichen: 8 W 68/04
Rechtsgebiete: ZPO, RpflG, Ermäßigungssatz-AnpassungsVO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 78
ZPO § 91
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs.
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs.
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 104 Abs. 3
RpflG § 11 Abs. 1
Ermäßigungssatz-AnpassungsVO § 1
BRAGO § 28
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
1.

Die Reisekosten eines am dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten sind jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen ist (BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03)

2.

Dies ist nicht der Fall, wenn der Wohn- oder Geschäftsort der Partei in örtlicher Nähe zum Ort des Prozessgerichts liegt und die Partei Anlass hat, einen dort ansässigen Anwalt zu beauftragen. Ein solcher Anlass kann bestehen, wenn am Wohn- oder Geschäftsort der Partei kein Anwalt ansässig ist und der Ort nicht mehr als 50 km vom Prozessgericht entfernt liegt.

3.

Für die Frage der Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO ist es unerheblich, ob der auswärtige Anwalt "Hausanwalt" der Partei ist. Dem sachlichen Interesse der Partei, von einem Anwalt ihres Vertrauens vertreten zu werden, wird allein durch die Erweiterung der Postualtionsfähigkeit Rechnung getragen.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 8 W 68/04

In dem Kostenausgleichsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sabin, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Meyer und den Richter am Oberlandesgericht Lüdtke

am 14. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 19.12.2003, Az.: 3 O 300/01, wird nach einem Beschwerdewert von 168,52 Euro auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Nach dem Inhalt des Vergleiches vom 15.05.2003 vor dem Landgericht Schwerin haben die Klägerin 45 % und die Beklagte 55 % der Kosten des Verfahrens zu tragen. Mit Antrag vom 17.06.2003 hat die in L. ansässige Klägerin die Gebühren nach der Tabelle "West" berechnet und um Festsetzung der ihr wegen des aus L. zum Prozessgericht in Schwerin (einfache Entfernung ca. 70 km) anreisenden Prozessbevollmächtigten entstanden Kosten gebeten. Diese Auslagen hat die Rechtspflegerin antragsgemäß in den angefochtenen Beschluss vom 19.12.2003 eingestellt. Die in etwa 50 km Entfernung zum Sitz des Prozessgerichtes wohnende Beklagte hat mit Antrag vom 09.10.2003 ebenfalls die Gebühren nach der Tabelle "West" berechnet und für ihren aus H. (einfache Entfernung ca. 115 km) anreisenden Prozessbevollmächtigte Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für zwei Termine vor dem Landgericht in Schwerin geltend gemacht. In ihrem Beschluss hat die Rechtspflegerin die Festsetzung dieser Kosten der Beklagten abgelehnt und die Gebühren nach der Tabelle "Ost" berechnet. Es handele sich bei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten um einen Anwalt am dritten Ort, so dass daraus geschlossen werden könne, dass die Beklagte auch sogleich einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichtes hätte beauftragen und diesen schriftlich oder fernmündlich informieren können. Entsprechend der früheren Rechtsprechung des Senats hat die Rechtspflegerin für die ersparten fiktiven Aufwendungen der Partei für Fahrten zu einem Prozessbevollmächtigten nach Schwerin eine Kostenpauschale i. H. v. 20,45 Euro zugebilligt.

Gegen den am 14.12.2003 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.12.2003, eingegangen bei Gericht am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.01.2004 begründet. Da der Klägerin Fahrt- und Abwesenheitskosten zugestanden worden seien, verstoße der Beschluss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit Schriftsatz vom 18.03.004 hat die Beklagte ihre sofortige Beschwerde ergänzt, indem sie sich nunmehr auch gegen die Festsetzung ihrer Gebühren nur in Höhe von 90 % wendet. Unter Hinweis auf den Beschluss des XI. Zivilsenats vom 04.02.2003 (XI ZB 21/02) hat sie außerdem erneut die Ablehnung der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes gerügt und darauf hingewiesen, dass sie schon seit Jahren laufend von dem Prozessbevollmächtigten anwaltlich beraten und vertreten werde, wodurch sich "ein großes Vertrauensverhältnis gefestigt" habe. Im Übrigen seien mehrfache Besprechungen im Büro der Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen und die Geschäftsführung der Beklagten sei nicht in der Lage gewesen, die Informationen fernmündlich oder schriftlich dem Prozessbevollmächtigten zu übermitteln.

II.

Die gem. § 11 Abs. 1 RpflG i. V. m. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die Gebühren der Beklagte nach der Tabelle "West" berechnet (1.). Die Fahrtkosten für die Terminswahrnehmung des Prozessbevollmächtigten vor dem Landgericht in Schwerin können zwar grundsätzlich bis zur Höhe der Kosten eines in der Nähe der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig sein (2.). Bei einer Entfernung des Wohn- oder Geschäftssitzes der Beklagten von etwa 50 km vom Prozessgericht ist es der Partei aber zuzumuten, sogleich einen dort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen (3.).

1.)

Die Rechtspflegerin hat zu Recht die der Beklagten zu erstattenden Gebühren nach der Tabelle "Ost" i. H. v. jeweils 720,15 Euro in die Berechnung eingestellt. Gem. Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 26 a Satz 2 Einigungsvertrag i. V. m. § 1 Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung vom 15.04.1996 stehen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten lediglich 90 % der Gebühren zu, da er vor einem Gericht des Beitrittsgebietes für eine Mandantin aufgetreten ist, die ihren Sitz im Beitrittsgebiet hat. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das Urteil des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28.01.2003 (BVerfG 1 BvR 487/01 vom 28.01.2003), durch den Satz 1 der genannten Vorschrift des Einigungsvertrages für verfassungswidrig erklärt worden ist, den hier einschlägigen Satz 2 des Einigungsvertrages nicht erfasst. Auch der von der Beklagten in Bezug genommene Beschluss des XI. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 04.02.2003 ( XI ZB 21/02) steht dem nicht entgegen, da der Bundesgerichtshof in jenem Fall über die Erstattungsfähigkeit von Kosten einer in H. wohnenden und durch eine in H. ansässige Rechtsanwältin, die vor einem Landgericht in einem neuen Bundesland aufgetreten ist, zu entscheiden hatte.

2.)

Im Ergebnis zu Recht hat die Rechtspflegerin auch die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten zum Landgericht Schwerin als nicht erstattungsfähig angesehen. Gemäß der - hier einschlägigen - Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs ZPO sind die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht bei dem Prozessgericht zugelassen ist und am Ort des Prozessgerichtes auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Vorschriften des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO und § 91 Abs. 2 Satz 1, 1.Halbs. ZPO (zu einem solchen Fall siehe Beschluss vom 04.02.2003 - XI ZB 21/03) sind auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.

2.1

Einer Festsetzung der Reisekosten des Rechtsanwaltes der Beklagten steht allerdings entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin (anders auch Beschluss des Einzelrichters vom 14.04. 2004, 8 W 33/03) nicht bereits entgegen, dass die Beklagte einen Rechtsanwalt am dritten Ort beauftragt hat . Die Reisekosten eines am dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten sind jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen ist (Beschl. des I. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 18.12.2003 - I ZB 21/03). Da nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung - auch des Senates (Beschluss vom 12.03.2003 - 8 W 221/03; Beschluss vom 18.03.2003 - 8 W 58/03) - eine vernünftige und kostenbewußte Partei den für sie einfachen und naheliegenden Weg wählen darf, einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen, ist sie im Kosteninteresse nicht daran gehindert, einen am dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen, soweit dabei die Kosten eines am Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwaltes nicht überschritten werden (BGH a.a.O.).

Daraus folgt, dass die Partei im Normalfall für die auswärtige mündliche Verhandlung Fahrt- und Abwesenheitskosten ihres Prozeßbevollmächtigten geltend machen oder sich der Hilfe eines Unterbevollmächtigten bedienen kann, wobei auf Grund einer Vergleichsberechnung der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten mit den durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Gebühren die jeweils günstigste Möglichkeit ermittelt werden muß.

2.2

Auch liegt ein Ausnahmefall, in dem die Beklagte sogleich einen am Sitz des Prozessgerichtes residierenden Rechtsanwalt hätte mandatieren und sodann die Kosten für eine schriftliche oder fernmündliche Information oder die Kosten für eine oder mehrere Informationsreisen hätte geltend machen müssen, nicht vor. Dieser Weg ist der Partei nur dann zuzumuten, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird, wie beispielsweise bei gewerblichen Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung oder einem in rechtlich und tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit in der Erwartung, dass die Gegenseite keine Einwendungen erheben wird (Beschluss vom 16.10.2002 - VIII ZB 30/02; Beschluss vom 09.10.2003 - VII ZB 45/02). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, da es sich bei der Beklagten um ein Immobilienunternehmen ohne eigene Rechtsabteilung handelt. Auch lag dem Rechtsstreit keine in tatsächlicher Hinsicht einfache Angelegenheit zugrunde, die sich ohne ein persönliches Mandantengespräch hätte erledigen lassen können.

2.3

Die Beklagte kann die tatsächlich entstandenen Auslagen ihres Rechtsanwaltes am dritten Ort in voller Höhe nicht mit der Begründung geltend machen, es handele sich bei dem Prozessbevollmächtigten um ihren Vertrauensanwalt, der in den Prozeßstoff eingearbeitet gewesen sei. Die fiktiven Kosten eines Rechtsanwaltes am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei bilden vielmehr die Obergrenze dessen, was der Partei gem. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs ZPO vom Gegner erstattet werden kann. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs ZPO ist nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung auf die ex ante - Beurteilung einer wirtschaftlich denkenden Partei abzustellen (Beschluss des VIII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 16.10.2002 - VIII ZB 30/02). Auf besondere persönliche Interessen der Partei an der Beauftragung eines bestimmten Prozessbevollmächtigten kann sich die Beklagte daher nicht berufen. Die von der Beklagten eingewandte vorprozessuale Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten oder dessen ständige Tätigkeit für die Partei als sogenannter "Hausanwalt" berührt nicht deren wirtschaftliche Interessen, sondern beruht auf anderen subjektiven Erwägungen, die gem. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. ZPO unbeachtlich sind. Freilich wird man ein sachliches Interesse der Partei anerkennen können, von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu werden. Auch liegt es nahe, dass sowohl der Partei als auch ihrem Prozessbevollmächtigten eine sachliche Vorbefassung mit der Materie des zugrunde liegenden Rechtsstreites die Sachbearbeitung vereinfacht (OLG Düsseldorf in JurBüro 2001, 255). Der Gesetzgeber hat dieses offenkundige Interesse durch die Erweiterung der Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Rechtsanwälte durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechtes der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 02.09.1994 (BGBl. I, 2278) anerkannt. Diese Gesetzesänderung ist wesentlich mit dem Interesse der Mandanten begründet worden, von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens auch vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten zu werden (BGH - VIII ZB 30/02 sowie Beschluss vom 04.02.2003 - XI ZB 21/02). Eine darüberhinaus gehende Wirkung kommt dieser Gesetzesänderung indes nicht zu. Insbesondere ist die Frage der Erweiterung der Postulationsfähigkeit gem. § 78 ZPO von der Frage der Erstattungsfähigkeit nach § 91 Abs. 1 ZPO zu unterscheiden. Wenn der Gesetzgeber mit der Änderung der Postulationsfähigkeit zugleich auch eine Erweiterung der Kostenerstattungspflicht beabsichtigt hätte, hätte diesesr Wille seinen Niederschlag in einer Änderung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO finden müssen. So bleibt es bei der aus dieser Vorschrift folgenden gesetzlichen Wertung, dass es einerseits der freien Entscheidung der Partei unterliegt, einen Rechtsanwalt ihrer Wahl zu beauftragen, andererseits aber der dem Kostenrecht zugrundeliegende Grundsatz Geltung behält, wonach jede Partei die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der vollen Wahrung ihrer berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt. Bei der Entscheidung zwischen diesen widerstreitenden Interessen ist wesentlich auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat und aus deren Sicht sich keine Kostenersparnis ergeben hat. Der Umstand, dass die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammengearbeitet hat oder für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt keinen Grund dar, von dieser Regel abzuweichen (Beschluss vom 12.12.2002 - I ZB 29/02). Wirtschaftlich vernünftiger aus der Sicht beider Prozeßparteien ist stets die Beauftragung eines am oder in der Nähe des Wohn- oder Geschäftssitzes der Partei ansässigen Rechtsanwaltes, weil dadurch Reisekosten der Partei vermieden werden (BGH vom 16.10.2002 - VIII ZB 30/02; Beschluss vom 09.10.2003 - VII ZB 45/02; Beschluss vom 12.12.2002 - I ZB 29/02). Auch könnte eine möglicherweise bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet werden (§ 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO). Aus diesen Erwägungen folgt, dass der auswärtigen Partei im Höchstfall die Kosten eines an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwaltes erstattet werden können, nicht aber in Höhe der Kosten eines am dritten Ort ansässigen "Hausanwaltes".

3.

Im vorliegenden Fall kann die Beklagte die ihr entstandenen Kosten des auswärtigen Rechtsanwaltes aber auch nicht in Höhe der fiktiven Kosten eines Rechtsanwaltes an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz erstattet verlangen. Die aufgewendeten Rechtsanwaltskosten stellen - auch unter Berücksichtigung der vollen Wahrung der berechtigten prozessualen Belange der Beklagten - keine Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar. Die Beklagte trifft die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH v. 16.10.2002 a.a.O.). Danach hätte die Beklagte sogleich einen Rechtsanwalt am Sitz des in der Nähe gelegenen Prozeßgerichtes beauftragen können. Das Prozeßgericht liegt in einer für die Beklagte ohne großen Zeit- und Kostenaufwand leicht erreichbaren örtlichen Nähe ihres Wohn- und Geschäftssitzes in etwa 50 km Entfernung und am unmittelbaren Wohn- oder Geschäftssitz der Beklagten ist keine Rechtsanwaltskanzlei ansässig. Sie hätte daher ohnehin für das persönliche Kennenlernen des Prozeßbevollmächtigten und für die erforderliche Information einen gewissen Zeitverlust und Kosten auf sich nehmen müssen, auch wenn sie eine in näherer Entfernung zu ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässige Kanzlei beauftragt hätte. Das Recht der Partei, mit ihrem Rechtsanwalt ein persönliches Gespräch zu führen und die Sach- und Rechtslage zu erörtern, wird durch die Notwendigkeit einer kurzen Anreise nicht unzulässig geschmälert. Auch der Vergleich mit anderen Fällen zeigt, dass der Beklagten nichts ungewöhnliches zugemutet wird. Die Entfernung zur Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten und der zeitliche Aufwand halten sich noch im Rahmen dessen, was auch Parteien in Großstädten oder Ballungsgebieten für das Aufsuchen des Gerichtes oder ihres Rechtsanwaltes zugemutet wird. Die Beklagte würde daher, wollte man ihr die Erstattung fiktiver Kosten zugestehen, gegenüber anderen Parteien bevorzugt, die Kosten für Fahrten oder Wege innerhalb eines Wohnortes der Partei - ebenso wie Rechtsanwälte, die innerhalb ihres Kanzleiortes Fahrten zurücklegen - nicht erstattet bekommen. Dies gilt selbst dann, wenn sie von ihrer Kanzlei zum Gericht einen weiteren Weg zurücklegen müssen (Madert a.a.O. RdN 3 mit dem Beispiel der Großstadt Berlin), weil Reisekosten i.S.v. § 28 BRAGO nur entstehen, wenn die Grenzen der politischen Gemeinde überschritten werden, in denen die Partei oder der Rechtsanwalt wohnen (OLG Düsseldorf in MDR 1997, 1070; OLG Stuttgart in JurBüro 1984, 762). Würde man in Anlehnung an § 28 BRAGO als örtliche Nähe der Kanzlei zu dem Wohn- und Geschäftssitz der Partei stets die Grenze der politischen Gemeinde annehmen, hätte dies zwar den Vorteil einer größeren Rechtsklarheit, dem bei den Masseverfahren der Kostenfestsetzung eine wesentliche Bedeutung zukommt, andererseits würde dies zu willkürlichen Ergebnissen führen. Ob die Partei bei dem Besuch ihres Prozeßbevollmächtigten die politischen Grenzen überschreitet oder nicht, hängt nämlich von Zufälligkeiten ab, die eine unterschiedliche Entscheidung nicht rechtfertigen würden.

Für eine fiktive Vergleichsberechnung und eine Kostenerstattung ist daher im vorliegenden Fall kein Raum.

4.

Die fiktiven Reisekosten, die der Beklagten durch die Reisen zu einem Prozeßbevollmächtigten in S. entstanden wären, hat die Rechtspflegerin pauschal nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats mit 20,45 Euro bemessen. An der Bemessung dieser Pauschale hält der Senat fest (§ 287 ZPO).

Diese sind auch in jedem Fall als notwendig anzusehen und daher zu erstatten (Madert a.a.O. § 28, RdN 26).

5.

Der Gleichheitsgrundsatz wird durch diese Entscheidung schon deswegen nicht verletzt, weil die tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Klägerin andere sind. Sie hat einen Rechtsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz außerhalb des Beitrittsgebietes beauftragt und sich damit wirtschaftlich vernünftig verhalten.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Den Beschwerdewert hat der Senat in entsprechender Anwendung von §§ 12, 14 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück