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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: I Vollz (Ws) 5/04
Rechtsgebiete: StVollzG, StGB, GKG


Vorschriften:

StVollzG § 4 Abs. 2
StVollzG § 8
StVollzG §§ 23 ff.
StVollzG § 23 Satz 1
StVollzG § 25
StVollzG § 25 Nr. 1
StVollzG § 25 Nr. 2
StVollzG § 115 Abs. 4 Satz 1
StVollzG § 116 Abs. 1
StVollzG § 119 Abs. 4 Satz 1
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a)
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 60
GKG § 63 Abs. 3
GKG § 65
GKG § 71 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock -1. Strafsenat- BESCHLUSS

I Vollz (Ws) 5/04

In der Strafvollzugssache

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dally sowie die Richter am Oberlandesgericht Hansen und Zeng auf die Rechtsbeschwerde der Justizvollzugsanstalt Bützow vom 13. September 2004 gegen den Beschluss der 1. Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom 1. September 2004

nach Anhörung des Antragstellers und der Antragsgegnerin

am 15. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 1. September 2004 wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die 1. Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 250,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller verbüßt in der JVA Bützow zurzeit eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren wegen eines Verbrechens des schweren Raubes. Er beantragte am 3. Juni 2004, einen Besuch mit der in der Frauenabteilung der JVA Bützow inhaftierten Strafgefangenen H. B. zuzulassen. Diesen Antrag begründete er damit, dass er und Frau B. beabsichtigten, demnächst zu heiraten, sodass Absprachen zur Vorbereitung der Hochzeit erforderlich seien. Die JVA Bützow hat diesen Antrag abgelehnt.

Auf den Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer die ablehnende Entscheidung aufgehoben und die JVA Bützow "verpflichtet, dem Antragsteller einen oder mehrere Besuche der Gefangenen H. B. mit einer Gesamtdauer von bis zu 3 Stunden zu gestatten". Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass - unter Anwendung der Regelungen der §§ 23 ff. StVollzG - die Voraussetzungen eines Besuchsverbotes gemäß § 25 StVollzG nicht vorlägen. § 25 Nr. 2 StVollzG sei nicht anwendbar, da die inhaftierte Strafgefangene H. B. die Verlobte des Antragstellers sei; sowohl der Antragsteller als auch Frau Barth hätten erklärt, "einander heiraten zu wollen". Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärungen nicht ernst gemeint sein könnten, wenngleich das gegenseitige Eheversprechen "unvernünftig erscheine".

Das Besuchsverbot könne auch nicht auf § 25 Nr. 1 StVollzG gestützt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass durch den beantragten Besuch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre oder ein damit verbundener organisatorischer Mehraufwand bestünde. Zudem könne die "Übergabe verbotener Gegenstände, etwa von Drogen, ... wie bei anderen Besuchen" unterbunden werden.

Die JVA Bützow hat gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig, da es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

2. Der angefochtene Beschluss war gemäß § 119 Abs. 4 Satz 1 StVollzG aufzuheben, weil die Entscheidung zum Ausschluss des Besuchsverbotes so unzureichend begründet ist, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die ihm obliegende Rechtsprüfung verwehrt ist.

a) Allerdings hat die Strafvollstreckungskammer im Ansatz vertretbar die Versagung des beantragten Besuchs durch die JVA beanstandet.

aa) Der Senat hält es mit der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Zweibrücken StV 1986, 114; Calliess/Müller-Dietz StVollzG 10. Aufl. § 23 Rdn. 5; Joester/Wegner in AK-StVollzG 4. Aufl. § 23 Rdn 1, 15; Kaiser/Schöch, Strafvollzug, 5. Aufl. § 7 Rdn. 97 Fn. 341; Schwind in Schwind/Böhm StVollzG 3. Aufl. § 24 Rdn. 7; vgl. auch OLG Düsseldorf ZfStrVO 1990, 122 [zur Besuchszusammenführung von Eheleuten in der Untersuchungshaft]; a. A.: Arloth in Arloth/Lückemann StVollzG § 23 Rdn. 2, § 24 Rdn. 2, mit Hinweis auf § 8 StVollzG, allerdings ohne nähere Begründung) für grundsätzlich erwägenswert, bei der zu treffenden Entscheidung auf Erteilung einer Besuchserlaubnis für eine in einer anderen Anstalt inhaftierten Person die Vorschriften der §§ 23 ff. StVollzG anzuwenden. Nach dem Grundsatz des § 23 Satz 1 StVollzG hat jeder Gefangene das Recht, "mit Personen außerhalb der Anstalt" - im Rahmen der Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes - zu verkehren. Diese Regelung trifft also nur auf solche Personen nicht zu, die in der selben Anstalt inhaftiert sind. Sie enthält, umgekehrt betrachtet, zunächst keine Einschränkungen für Personen außerhalb dieser Anstalt, gilt also auch für in anderen Vollzugsanstalten einsitzende Gefangene (vgl. OLG Zweibrücken aaO; Calliess/Müller-Dietz aaO; Joester/Wegner aaO; Kaiser/Schöch aaO; Schwind aaO). Damit wird (auch) dem Vollzugsziel (§ 2 StVollzG) und den allgemeinen Vollzugsgrundsätzen (§ 3 StVollzG) Rechnung getragen, wonach der Isolation des Gefangenen - und den damit verbundenen Gefahren für Realitätssinn, Kommunikation und mitmenschliche Kontakte - entgegengewirkt und zugleich zum Aufbau neuer Beziehungen beigetragen werden soll (vgl. Kaiser/Schöch aaO § 7 Rdn. 97).

bb) Der Senat neigt ebenfalls dazu, dem Umstand, dass sich sowohl der Antragsteller als auch Frau B. in der selben Anstalt befinden, für die hier zu entscheidende Frage keine Bedeutung beizumessen. Aufgrund des vorgeschriebenen Trennungsprinzips (§ 140 Abs. 2 StVollzG) sind Frauen getrennt von Männern in besonderen Frauenanstalten unterzubringen. Sofern in Anstalten für Männer (lediglich) getrennte Abteilungen für Frauen vorgesehen werden (§ 140 Abs. 2 Satz 2 StVollzG), lässt sich daraus nicht ohne weiteres ableiten, dass es sich bei einem Besuch der Gefangenen insoweit lediglich um einen von den §§ 23 ff. StVollzG nicht erfassten sogenannten "Innenkontakt" handelt. Es wäre nämlich dann allein von organisatorischen Zufälligkeiten abhängig, in welcher JVA sich der Antragsteller befindet und wie die jeweilige Anstalt dem Trennungsprinzip nachkommt. Letztlich braucht diese Frage (noch) nicht entschieden zu werden, weil das Landgericht im Einzelnen nicht nachvollziehbar dargestellt hat, in welcher (organisatorischen) Form hier dem Trennungsprinzip Rechnung getragen wird (zum Begriff der "getrennten Anstalt" vgl. auch Böhm in Schwind/Böhm aaO § 140 Rdn. 2 mit Nachweisen). Zudem würden sich, sofern - wie die Beschwerdeführerin meint - hier die Grundregel des § 4 Abs. 2 StVollzG anzuwenden wäre, mit Blick auf ein etwaiges Besuchsverbot nach § 25 Nr. 1 StVollzG keine anderen (weitergehenden) Rechtsfragen stellen.

cc) Auf der Grundlage der §§ 23 ff. StVollzG hat die Strafvollstreckungskammer im Ansatz zutreffend ein Besuchsverbot nach § 25 Nr. 2 StVollzG verneint. Dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist noch ausreichend zu entnehmen, dass zwischen dem Antragsteller und Frau H. B. ein wirksames Verlöbnis und damit ein Angehörigenverhältnis im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB - dessen gesetzliche Definition aus Gründen der Rechtsklarheit im Strafvollzugsrecht zu übernehmen ist (BTDrucks. 7/918 S. 58) - besteht; die Besuchserlaubnis kann deshalb nicht mit der Begründung verweigert werden, dass zu befürchten sei, Frau B. habe einen schädlichen Einfluss auf den Antragsteller oder behindere seine Eingliederung.

Allerdings ist der Beschwerdeführerin zuzugeben, dass entsprechende Willenserklärungen, die auf ein Verlöbnis schließen lassen können, jeweils gegenseitig gegeben sein müssen. Dies hat das Landgericht indes nicht verkannt. Das Verlöbnis ist jedoch an keine Form gebunden, kann also auch in schlüssiger Weise erfolgen. Insbesondere kommt es nicht auf die Einhaltung (möglicherweise) üblicher Formen, wie etwa Ringwechsel oder Anzeige gegenüber Dritten, an (allg. Meinung, vgl. nur Wacke in MünchKomm-BGB 4. Aufl. § 1297 Rdn. 8 mit Hinweis auf Dig. 23, 1, 4, pr. [Ulpian]).

Zwar ist - wie sich auch hier zeigt - der Nachweis eines Verlöbnisses aufgrund der Formfreiheit, insbesondere wegen des nicht notwendigen Manifestationsaktes nach außen, mit besonderen Schwierigkeiten verbunden; das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - den Verlobten ein persönlicher Kontakt (bislang) verwehrt worden ist. Andererseits dürfen (auch deswegen) an die Anforderungen des Nachweises eines Verlöbnisses keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.

Der dem Senat aufgrund der allein erhobenen Sachrüge ausschließlich zur Prüfung unterliegende Rechtsbeschwerdeantrag (vgl. § 119 Abs. 2 StVollzG) deckt insoweit Rechtsfehler nicht auf. Die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer zu dieser Frage sind keineswegs fernliegend. Ergänzend ist zu bemerken, dass selbst bei Fehlen eines sicheren Nachweises jedenfalls nach dem Zweifelsgrundsatz vom Bestehen eines Verlöbnisses auszugehen gewesen wäre (vgl. Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 12; weitergehend [zu § 247 Abs. 1 Satz 1 StGB a.F.] BayObLG NJW 1961, 122 f., wonach es ausreichend sein soll, wenn ein Verlöbnis möglicherweise bestehe.). Für ein von der Beschwerdeführerin vorgetragenes "Scheinverlöbnis" fehlt es dagegen an tatsächlichen Anhaltspunkten.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass zu befürchten stünde, eine Vielzahl gleichgelagerter Verlöbnisse könnte sich in der JVA Bützow etablieren, durch Auflösung des Verlöbnisses und Eingehen eines neuen Verlöbnisses könne der Besuch beliebig anderer Partner begründet werden, sodass mit wechselnden Intimkontakten zu rechnen sei und somit der Prostitution Vorschub geleistet werde, ist dem entgegenzuhalten, dass jeweils im Einzelfall genau zu prüfen sein wird, ob das Rechtsinstitut des Verlöbnisses in der von der JVA geschilderten Art und Weise missbraucht wird. Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung, wonach verheiratete Strafgefangene aus Art. 6 GG keinen Rechtsanspruch darauf haben, die eheliche Gemeinschaft in der Vollzugsanstalt zu vollziehen; dies gilt erst recht für außereheliche Lebensgemeinschaften (vgl. BVerfG NStZ-RR 2001, 253; OLG Koblenz bei Matzke, NStZ 1998, 398, jeweils m. w. N.; vgl. auch Kaiser/Schöch aaO Rdn. 99; Schwind aaO § 24 Rdn. 12; krit.: Joester/Wegner aaO § 24 Rdn. 25). Schließlich kann - nach jeweiliger Einzelfallprüfung - die Besuchserlaubnis mit entsprechenden Beschränkungen (dazu noch unter 3.) versehen werden.

b) Die weitere Begründung des angefochtenen Beschlusses ist indes so lückenhaft, dass dem Senat die rechtliche Überprüfung, ob die Strafvollstreckungskammer die nach § 25 Nr. 1 StVollzG zu beurteilenden Rechtsbegriffe der ,Sicherheit und Ordnung der Anstalt" richtig erkannt und angewendet hat, verwehrt wird. Die im Beschluß des Landgerichts dargelegte Auffassung, die Voraussetzungen eines Besuchsverbots nach § 25 Nr. 1 StVollzG lägen nicht vor, beruht nicht auf einer umfassenden Prüfung aller entscheidungserheblichen Umstände, sondern allein auf einer durch Tatsachen nicht belegten Feststellung. Die tragenden Gründe der Entscheidung lauten wie folgt:

"Der von der Antragsgegnerin geltend gemachte organisatorische Mehraufwand besteht nicht, da sich die Gesamtbesuchszeit beider Gefangener durch den gegenseitigen Besuch nicht verlängert. Es entsteht somit auch kein größerer Personalaufwand, als wenn der Antragssteller und die Gefangene B. in derselben Zeit Besucher von außerhalb der Anstalt empfangen würden. Die Übergabe verbotener Gegenstände, etwa von Drogen, sowie die Absprache von gegen die Ordnung der Anstalt gerichteten Verhaltensweisen kann bei einem gegenseitigen Besuch ebenso gut und mit demselben personellen Aufwand unterbunden werden wie bei anderen Besuchen"

Der angefochtene Beschluß läßt - wie die JVA mit ihrer Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Falles vermissen. Zwar wird man bei Besuchen durch einen Strafgefangenen eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt (§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 25 Nr. 1 StVollzG) nicht generell unterstellen können; andererseits wird bei der Zulassung von Gefangenen als Besucher besondere Vorsicht und eine besonders sorgfältige Prüfung geboten sein, vor allem dann, wenn es sich - wie im Fall der JVA Bützow - durchweg um Gefangene handelt, die besonders schwere Straftaten begangen und besonders lange Freiheitsstrafen verbüßen. Gleichwohl kann aber in solchen Fällen nur nach Aufklärung und Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände entschieden werden, ob einer der Versagungsgründe des § 25 Nr. 1 StVollzG gegeben ist, wofür objektiv fassbare Anhaltspunkte vorliegen müssen (vgl. auch OLG Nürnberg NStZ 1984, 93, 94).

Der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer verhält sich zu diesen Erfordernissen nur unzureichend. Weder wird das Vorleben des Antragsstellers, die Zahl und Art seiner Vorstrafen, sein Vollzugsverhalten, der Stand der Vollstreckung, die Vollzugslockerung, seine Beziehung zur Außenwelt u. ä. eingehend dargestellt, noch lassen sich dem angefochtenen Beschluss auf die Person der Besucherin bezogene Angaben (z. B. Zahl und Art der Vorstrafen, Vollzugsverhalten) entnehmen. Die JVA hat in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung immerhin ausgeführt, dass beide Personen jeweils in der Subkultur der Anstalt verhaftet sein sollen; zudem seien beide wegen des Konsums von Betäubungsmittel in der Anstalt auffällig geworden. Der - möglicherweise auch vor diesem Hintergrund erteilte - Hinweis des Landgerichts an die JVA, die Übergabe von Drogen könne mit entsprechendem personellem Aufwand unterbunden werden, ersetzt weder die notwendige Tatsachenfeststellung noch deren rechtliche Bewertung.

Bei dieser Sachlage kann nicht abschließend geprüft werden, ob das Besuchsverbot gerechtfertigt war. Ob zudem auch die vom Landgericht festgelegte Dauer des Besuches und die Nichtauferlegung von Besuchsbeschränkungen berechtigt waren, vermag der Senat ebenfalls nicht zu beurteilen. Die Strafvollstreckungskammer hat hierzu keine konkreten Feststellungen getroffen. Daß es derartiger Feststellungen bedarf, hat sie zwar (möglicherweise) gesehen, wie ihrem im angefochtenen Beschluss enthaltenen Hinweis an die JVA zur Unterbindung der Übergabe verbotener Gegenstände zu entnehmen sein könnte. Dabei verkennt die Strafvollstreckungskammer jedoch, daß für ihre Entscheidung der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. Calliess/Müller-Dietz aaO § 115 Rdn. 3; Schuler in Schwind/Böhm aaO § 115 Rdn. 2; Volckart in AK-StVollzG aaO § 115 Rdn. 2, 28, jeweils m. Nachweisen) und sie daher selbst alle Tatsachen zu ermitteln hat, die für ihre Entscheidung von Bedeutung sind (OLG Nürnberg aaO). Diese Feststellungen selbst zu treffen, ist dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht verwehrt. Die Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer zur Nachholung der erforderlichen Ermittlungen und zu neuer Entscheidung (§ 119 Abs. 4 Satz 3 StVollzG) war daher unumgänglich.

3. Die Strafvollstreckungskammer wird zu beachten haben, dass Besuchsverbote wegen Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auch gegen Angehörige ausgesprochen werden können; regelmäßig ist aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst zu prüfen, ob nicht anstelle eines generellen Besuchsverbotes die Überwachung von Besuchen (§ 27 StVollzG) und die Durchsuchung des Besuchers (§ 24 Abs. 3 StVollzG) und des Gefangenen (§ 84 Abs. 1 StVollzG) als Besuchsbeschränkungen ausreichen (vgl. auch Kaiser/Schöch aaO Rdn. 102 f. mit Nachweisen). Sofern die Strafvollstreckungskammer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu dem - nicht fernliegenden - Ergebnis kommen sollte, dass ein Besuchsverbot im vorliegenden Fall nicht greift, werden Maßnahmen der Besuchsüberwachung (vgl. dazu auch OLG Celle NStZ 1981, 196; OLG Frankfurt ZfStrVO 1987, 112 f.; KG NStZ 1984, 94 f.; OLG Nürnberg bei Matzke, NStZ 1999, 445; LG Gießen StV 2001, 40 f.; LG Hamburg ZfStrVO 2000, 252, 254) zu bedenken sein; gegebenenfalls wäre auch eine Spruchreife im Sinne des § 115 Abs. 4 Satz 1 StVollzG gegeben, weil dann - anders als bisher - das auf der Rechtsfolgenseite bestehende Ermessen der JVA auf Null reduziert sein könnte (vgl. nur OLG Nürnberg NStZ 1998, 592; Arloth aaO § 115 Rdn. 12 f.).

III.

Gemäß §§ 65, 63 Abs. 3 GKG in Verbindung mit § 71 Abs. 2 GKG war die in der ersten Instanz erfolgte Streitwertfestsetzung ebenfalls aufzuheben und der Streitwert war auf 250,00 Euro festzusetzen. Der Streitwert im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz ist nach der sich aus dem Antrag des Betroffenen für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§§ 60, 52 Abs. 1 bis Abs. 3 GKG). Dass der Ursprungsantrag des Betroffenen keinen zu beziffernden Wert hat, bedeutet nicht, dass gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Streitwert auf 5.000,00 Euro festgesetzt werden könnte. Dieser Streitwert von 5.000,00 Euro ist nur ein Auffangwert, der dann anzunehmen ist, wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bemessung bietet.

So bedeutsam einerseits der Besuch für den Strafgefangenen ist, ist andererseits zu beachten, dass die Gesamtdauer der begehrten Besuchszeit vergleichsweise - auch mit Blick auf die Gesamtdauer seiner Strafe - gering ist. In Ausübung des dem Senat gemäß §§ 60, 52 Abs. 1 GKG zustehenden Ermessens hat er deswegen die Streitwertfestsetzung durch die Strafvollstreckungskammer aufgehoben und den Streitwert auf 250,00 Euro festgesetzt. Hierbei hat es der Praxis in ähnlich gelagerten Fällen (vgl. etwa OLG Hamm NStZ 1989, 495, 496; Volckart in AK-StVollzG aaO § 121 Rdn. 11 m. Nachweisen) Rechnung getragen. Angesichts der von dem Betroffenen hier auch selbst eingeschätzten Bedeutung der Sache erschien der festgesetzte Streitwert von 250,00 Euro angemessen.

Ende der Entscheidung

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