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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 08.04.2009
Aktenzeichen: I WsRH 5/09
Rechtsgebiete: StrRehaG, HHG, StGB, VStGB, SGB XII, StVollstrO, StPO


Vorschriften:

StrRehaG § 13 Abs. 1
StrRehaG § 14 Abs. 1
StrRehaG § 14 Abs. 4
StrRehaG § 15
StrRehaG § 16 Abs. 2
StrRehaG § 16 Abs. 2 Satz 1
StrRehaG § 17
StrRehaG § 17 Abs. 1
StrRehaG § 17 Abs. 5
StrRehaG § 17a
StrRehaG § 17a Abs. 1
StrRehaG § 17a Abs. 2
StrRehaG § 17a Abs. 2 Satz 1
StrRehaG § 17a Abs. 2 Satz 3
StrRehaG § 18
StrRehaG § 19
StrRehaG § 25 Abs. 1 Satz 3
StrRehaG § 25 Abs. 1 Satz 4
HHG § 2 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 63
VStGB § 7
SGB XII § 28 Abs. 2
SGB XII § 40
SGB XII § 82 Abs. 1 Satz 1
SGB XII § 82 Abs. 2
StVollstrO § 44b Abs. 1 Satz 1
StPO § 127 Abs. 3
StPO § 309 Abs. 2
StPO § 473
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock -Senat für Rehabilitierungssachen- BESCHLUSS

I WsRH 5/09

In dem Rehabilitierungsfolgeverfahren

hat der Senat für Rehabilitierungssachen des Oberlandesgerichts Rostock auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg - Rehabilitierungskammer - vom 04.12.2008 - 6 RhGE 24/08 -, mit dem sein Bescheid vom 06.05.2008 aufgehoben und die Sache zu neuer Bescheidung des Antragstellers - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts - an ihn zurückverwiesen wurde, am 8. April 2009 beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 seines Tenors aufgehoben.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Beschwerdeführers vom 06.05.2008 - III Reha 4250/1E - 216/07 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Notwendige Auslagen des Antragstellers werden nicht erstattet.

Gründe:

Das Beschwerde führende Land wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die ihm vom Landgericht unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 2008 auferlegte Verpflichtung, über den Antrag des Beschwerdegegners auf Zuerkennung einer besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, weil keiner der Versagungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG vorliege.

Das Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.

I.

1.

Der Antragsteller war durch Urteil des Kreisgerichts Demmin vom 30. September 1981 - S 102/81 - wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts (§ 213 Abs. 1 und 4 StGB/DDR) und Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 Ziffer 2, Abs. 2 der Anordnung zum Schutze der Staats-grenze der DDR zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, die er in der Zeit zwischen dem 17. Mai 1981 und dem 16. März 1982 vollständig in den Untersuchungshaft- bzw. Strafvollzugsanstalten Neustrelitz, Schwarze Pumpe und Luckau verbüßt hat.

Sein Versuch, die damalige DDR zu verlassen, beruhte dabei nicht auf einer wie auch immer gearteten Unzufriedenheit mit den dortigen allgemeinen politischen oder sozialen Verhältnissen oder mit dem SED-Unrechtsregime. Das Unterfangen war weder Ausdruck eines politischen Protests noch Konsequenz politischer Verfolgung, sondern entsprang ausweislich der in den später gegen den Antragsteller ergangenen strafrechtlichen Verurteilungen zu seinen persönlichen Verhältnissen getroffenen Feststellungen allein dem Wunsch, seinen desaströsen familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen zu entfliehen und der Sorge, ihm könnten wegen seiner bereits damals zutage getretenen kriminellen Neigungen und seiner extremen sexuellen Devianz in seiner bislang vertrauten Umgebung erhebliche Nachteile drohen (vgl. Urteil des Kreisgerichts Demmin vom 27.05.1988 - S 59/88, S. 3; Urteil des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) vom 23.06.1993 - 25 KLs 31/93, S. 4 ff.; Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.12.2002 - 23 Ks 30/01, S. 6).

Mit rechtskräftigem Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg - Kammer für Rehabilitierungsverfahren - vom 10. Januar 1995 - I RhB 4/95 - wurde das Urteil des Kreisgerichts Demmin vom 30. September 1981 unter gleichzeitiger Rehabilitierung des Antragstellers für rechtsstaatswidrig erklärt, aufgehoben und festgestellt, dass der Freiheitsentzug zu Unrecht erlitten worden ist.

2.

Auf Antrag des Beschwerdegegners gewährte ihm das damals zuständige Amt für Rehabilitierung und Wiedergutmachung beim Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern mit rechtskräftigem Bescheid vom 24. Oktober 1995 gem. § 17 Abs. 1 StrRehaG eine Kapitalentschädigung für die rechtswidrig erlittene Haft in Höhe von zunächst 6.050,00 DM. Mit weiterem, ebenfalls rechtskräftigen Bescheid vom 21. Januar 2000 erfolgte gem. § 17 Abs. 5 StrRehaG eine Nachzahlung in Höhe von 550,00 DM.

Ausschlussgründe nach § 16 Abs. 2 StrRehaG wurden im Zuge dieses Verfahrens von der Bewilligungsbehörde nicht geltend gemacht, obwohl der Antragsteller bereits in den Jahren 1988, 1993 und im Juli 1995 dreimal wegen schwerster Sexualstraftaten und versuchten Mordes zu langjährigen Freiheitsstrafen und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt worden war.

3.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2007 beantragte der Beschwerdegegner beim nunmehr zuständigen Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern auch die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG. Dies lehnte die Behörde mit Bescheid vom 06.05.2008 - III Reha 4250/1E - 216/07 - mit der Begründung ab, der Antragsteller sei durch Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 - 23 Ks 30/01 - u. a. wegen Mordes rechtskräftig zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er habe durch die dem zugrundeliegende Tat und die damit verbundene Vernichtung menschlichen Lebens gegen den Grundsatz der Menschlichkeit verstoßen, weshalb der Ausschlussgrund des § 16 Abs. 2 StrRehaG gegeben sei.

Gegen diesen ihm am 16. Mai 2008 zugestellten Bescheid wandte sich der Antragsteller mit einem am 26. Mai 2008 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Neubrandenburg, der vom Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2008 ergänzend begründet wurde. Darin wird unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung der Auffassung der Beschwerdeführerin entgegengetreten, der Antragsteller habe durch die Begehung des Mordes gegen Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen. Keine der Taten, wegen derer er bislang abgeurteilt wurde, habe einen vom strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz - unausgesprochen - vorausgesetzten Bezug zum Unrechtssystem der ehemaligen DDR aufgewiesen, was sich überwiegend schon aus den Begehungszeitpunkten ergebe. Der zur Begründung des ablehnenden Bescheides herangezogene Ausschlussgrund des § 16 Abs. 2 StrRehaG liege deshalb nicht vor. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs nach § 17a StrRehaG verbleibe es hingegen dabei, dass der Antragsteller, was rechtskräftig feststehe, seinerzeit rechtsstaatswidrig verurteilt und zu Unrecht bestraft worden sei, was ihn für sein Leben gezeichnet habe. Insoweit sei er nicht Täter, sondern Opfer, dem die beantragte Ausgleichsleistung zustehe.

4.

Das Landgericht Neubrandenburg ist dieser Ansicht gefolgt. Es hob mit Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 6 RhGE 24/08 -, dem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt am 18.12.2008, den Bescheid des Antragsgegners vom 6. Mai 2008 auf und wies die Sache zu neuer Bescheidung - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts - an den Antragsgegner zurück. Zugleich gewährte es dem Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Beistands "als notwendigem Verteidiger".

Zur Begründung stellte die Kammer unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien und zwei Entscheidungen des Senats und des Kammergerichts Berlin darauf ab, dass die in § 16 Abs. 2 StrRehaG normierten Ausschlussgründe nur vorlägen, wenn der betreffende Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhang mit Tätigkeiten zu Gunsten des Unrechtssystems der DDR gestanden habe (sog. Systembezug). Das sei vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Der Antragsteller habe mit den abgeurteilten Taten weder das Unrechtssystem der SED unterstützt, noch seien sie sonst politisch motiviert gewesen. Eine dem Ausschlussgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) vergleichbare Bestimmung, wonach Leistungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn der Antragsteller wegen allgemein kriminellen Unrechts ohne Systembezug zu Strafen in bestimmter Höhe verurteilt wurde (sog. Unwürdigkeitsklausel), habe der Gesetzgeber in das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz eingedenk des gänzlich anderen Regelungszwecks bewusst nicht aufgenommen.

Hiergegen wendet sich die Bewilligungsbehörde mit ihrer Beschwerde vom 13. Januar 2009, die am selben Tage bei dem Landgericht Neubrandenburg eingegangen ist.

Sie verteidigt darin ihre zur Ablehnung des Antrags genommene Begründung, der Beschwerdegegner habe durch den abgeurteilten Mord im Sinne von § 16 Abs. 2 StrRehaG gegen Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen. Das von der Rechtsprechung aufgestellte Erfordernis, die Versagungsgründe müssten einen Bezug zum Unrechtssystem der DDR aufweisen, ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch sei solches den Gesetzesmaterialen zu entnehmen. Im Wege teleologischer Auslegung der Norm sei bei einem Vergleich mit anderen Entschädigungsregelungen, etwa dem Häftlingshilfegesetz, davon auszugehen, dass der Gesetzgeber es nur versehentlich versäumt habe, eine dem § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG entsprechende Unwürdigkeitsklausel auch in das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz aufzunehmen. Sollte man eine derartige Auslegung für nicht zulässig erachten, müsse § 16 Abs. 2 StrRehaG, der dann alternierende Prinzipien in anderen Gesetzen systemwidrig unberücksichtigt lasse, als verfassungswidrig angesehen werden.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers ist dem Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 25.01.2009 unter Wiederholung seiner bereits bekannten anderen Rechtsauffassung entgegengetreten.

II.

Das gem. § 25 Abs. 1 Satz 4, § 13 Abs. 1 StrRehaG statthafte und zulässig angebrachte Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.

Zwar liegt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keiner der Versagungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG vor (1.), jedoch ist der Antragsteller infolge seiner derzeitigen Unterbringung nach § 63 StGB und bis zu einer etwaigen Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug oder aus der Sicherungsverwahrung nicht im Sinne von § 17a Abs. 1 StrRehaG "in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt" (2.).

1.

Versagungsgründe nach § 16 Abs. 2 StrRehaG liegen in der Person des Antragstellers nicht vor.

a)

Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass nur solche Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit zur Versagung von sozialen Ausgleichsleistungen nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz führen können, die einen sachlichen Bezug zum Unrechtssystem der DDR aufgewiesen haben, weil die Berechtigten z. B. freiwillig und gezielt, insbesondere durch das konspirative oder klandestine Eindringen in die Privatsphäre Anderer und den Missbrauch des ihnen von den Opfern entgegengebrachten persönlichen Vertrauens Informationen über Mitbürger gesammelt und an die - auch in der DDR als repressiv und menschenverachtend bekannte - Staatssicherheit weitergegeben und es dabei jedenfalls in Kauf genommen haben, dass diese Informationen zum Nachteil der denunzierten Personen, namentlich zur Unterdrückung ihrer Menschen- und Freiheitsrechte, benutzt werden (vgl. zu dieser Einschätzung der Staatssicherheit der DDR: BGH NJ 1994, 283 ff.; 1995, 165; 1996, 52; zum erforderlichen Systembezug der Verstöße: Senatsbeschlüsse vom 25.05.1994, VIZ 1995, 63; vom 09.09.1996 - II WsRH 102/95; vom 16.01.1999 - II WsRH 101/95, vom 03.02.2003 - I WsRH 18/98; vom 14.07.2003 - I WsRH 21/02 und vom 10.02.2004 - I WsRH 3/03).

Diese Auslegung entspricht der überwiegenden Auffassung auch anderer Obergerichte (vgl. KG VIZ 1995, 431; BayVGH, Beschl. vom 30.05.2001 - 12 B 97.685 - insoweit offengelassen durch BVerwG VIZ 2003, 202; ThürOLG VIZ 1995, 128; OLG Dresden OLG-NL 1996, 19; 47; OLG Jena, NJ 2002, 324; KG, NJ 1997, 435; VIZ 2002, 184; so auch Hellmann, VIZ 1995, 201 ff.; Wermelskirchen, NJ 2008, 342, 347). Die Einschränkung ist zwar dem Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie ergibt sich aber bei einer systematischen Gesamtbetrachtung aus Sinn und Zweck der Regelung über die Gewährung sozialer Ausgleichsleistungen nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (so andeutungsweise auch BVerwG, Urteil vom 27.03.2006 - 5 C 30/05, Rdz. 17 zitiert nach juris) und lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit den Materialien zur Entstehungsgeschichte der Norm entnehmen.

Gesetzgeberisches Anliegen bei der Schaffung des Ausschlusstatbestandes in § 16 Abs. 2 Satz 1 StrRehaG war in erster Linie, dass diejenigen Personen nicht in den Genuss von sozialen Ausgleichsleistungen gelangen sollten, die sich selbst als Stützen des Regimes erwiesen bzw. zur Aufrechterhaltung des Systems wesentlich beigetragen hatten, und zwar auf eine Weise, die zugleich einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit darstellte (vgl. OLG Rostock VIZ 1995, 63). In den Genuss der Entschädigung für die Opfer der Gewaltherrschaft sollen nicht auch die Täter kommen (amtl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 12/1608 Sub. 2 a zu § 16 StrRehaG, S. 24 oben; Tappert in Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG 1993, § 16 Rdn. 18 ff.; Peifer in Herzler/Ladner/Peifer/Schwarze/Wende, Rehabilitierung - Potsdamer Kommentar 1997, § 16 Rdz. 18).

b)

Die Frage, ob § 16 Abs. 2 StrRehaG ein durch Auslegung des Wortlauts zu ermittelndes oder ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal enthält, wonach der zur Versagung von sozialen Ausgleichsleistungen führende Verstoß einen wie auch immer definierten Systembezug zu einem institutionalisierten, staatlichen oder quasistaatlichen Herrschaftssystem aufweisen muss, das vom Antragsteller direkt oder mittelbar unterstützt oder zu seinem Vorteil ausgenutzt worden ist, kann indes vorliegend dahinstehen, weil die Taten, wegen derer der Beschwerdegegner bisher verurteilt worden ist, entgegen der Auffassung der Bewilligungs-behörde weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit im Sinne dieser Norm verstoßen haben.

aa)

Zwar ist der Antragsteller wegen schwerster Tötungs-, Sexual- und anderer Gewaltverbrechen massiv vorbestraft.

(1) Bereits vor der politischen Wende verurteilte ihn das Kreisgericht Demmin am 27. Mai 1988 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten wegen versuchter Vergewaltigung und unbefugter Benutzung von Kraftfahrzeugen, weil er unter anderem versucht hatte, ein 14jähriges Mädchen in dessen Kinderzimmer zu vergewaltigen, nachdem er zur Nachtzeit über das Dach in das Wohnhaus eingedrungen war (Az.: S 59/88 [131-45-88]).

(2) Am 23. Juni 1993 verurteilte ihn das Bezirksgericht Frankfurt (Oder) rechtskräftig wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung eines Kindes, versuchter Vergewaltigung in zwei Fällen, diese in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sexuellem Missbrauch eines Kindes und Entführung gegen den Willen einer Frau zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten und ordnete seine Unterbringung in einem psychiatrischem Krankenhaus an (Az.: 25 KLs 31/93). Nach den Feststellungen missbrauchte der Antragsteller ein 11jähriges Mädchen, nachdem er es unter Vorhalt eines Messers gewaltsam in einen Lkw gezerrt, in einen Kasten gesperrt und so zum Tatort gebracht hatte. Außerdem versuchte er vergeblich, ein anderes 12jähriges Mädchen in der gleichen Absicht gewaltsam in seinen Pkw hineinzuziehen. Schließlich zwang der Antragsteller in einem weiteren Fall ein Mädchen unter Vorhalt eines Messers und der Drohung, es umzubringen, gewaltsam in einen Lkw und fuhr das Opfer in ein Waldgebiet, wo er sich in massiver Weise an ihm verging. Der Maßregelanordnung lag zugrunde, dass die Steuerungsfähigkeit des Antragstellers aufgrund einer "sexualpathologischen Triebabweichung" (Sodomie mit nekrofilen Tendenzen und heterosexuelle Pädophilie) jeweils erheblich vermindert war.

(3) Am 1. Juni 1995 verurteilte ihn das Landgericht Neubrandenburg wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, versuchter Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und ordnete seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an (Az.: III Ks 3/94). Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Antragsteller während eines Urlaubs aus dem Maßregelvollzug im April 1994 ein 12jähriges Mädchen gewaltsam in einen PKW gezerrt und in einem Waldgebiet wiederholt massiv sexuell missbraucht hatte, bevor er es in der Absicht, sich noch an dem leblosen Körper zu vergehen, so lange würgte, bis er glaubte, es getötet zu haben.

(4) Durch Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 - 23 Ks 30/01 - wurde der Antragsteller schließlich wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem Totschlag in zwei Fällen und zugleich in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Nach den Feststellungen stach der Antragsteller anlässlich einer Ausführung aus dem Maßregelvollzug in der Wohnung seiner Mutter mehrfach gezielt mit einem Messer auf einen Pfleger ein, in der Absicht, diesen zu töten. Hierdurch wollte der Antragsteller seine Flucht ermöglichen und Wut und Hass auf den Maßregelvollzug abreagieren. Anschließend stach er mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz aus Wut und Hass und um seine Flucht zu ermöglichen mit dem Messer auf seine Mutter ein, bevor er mit der gleichen Motivation wie gegenüber dem Pfleger mit Tötungsvorsatz einen Sozialpädagogen niederzustechen versuchte. Auf der anschließenden Flucht erschlug der Antragsteller mit einem Spatenstiel einen Rentner, um die Wegnahme von dessen PKW zu ermöglichen. Anhaltspunkte für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei Tatbegehung ergaben sich nicht.

bb)

Gleichwohl hat der Antragsteller mit diesen Taten nicht im Sinne von § 16 Abs. 2 StrRehaG gegen die "Grundsätze der Menschlichkeit" verstoßen. Er ist auch als Täter schwerster allgemeiner (Gewalt-)Kriminalität nicht Adressat dieser Norm.

Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, die einen Verstoß gegen die "Grundsätze" der Menschlichkeit verlangt, muss es sich zumindest um Handlungen handeln, die nicht nur im Einzelfall Rechtsgüter eines anderen verletzen, sondern die nach Art, Umfang oder Schädigungsfolgen bzw. dem Zusammenhang, in dem sie stehen, geeignet sind, die "Grundsätze" zu berühren.

Dieses Verständnis entspricht der einfachgesetzlichen Ausformung, die der Begriff des "Verbrechens gegen die Menschlichkeit" in § 7 des Völkerstrafgesetzbuches - VStGB - (Art. 1 des Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26.06.2002; BGBl. I, S. 2254) erfahren hat. Danach liegt auch im Falle der Tötung eines anderen Menschen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht stets, sondern nur dann vor, wenn die Tat "im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung" erfolgt ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 VStGB).

Das Begriffsverständnis ist bei systematischer Betrachtung auf andere Bestimmungen des Bundesrechts übertragbar, die Rechtsfolgen daran knüpfen, wie es hier bei § 16 Abs. 2 StrRehaG der Fall ist (vgl. dazu eingehend und mit zahlreichen Nachweisen BVerwGE 125, 344 = NVwZ 2006, 945 zu § 5 Nr. 1 lit. b BVFG vom 22.12.1999).

cc)

Der Antragsteller hat mit den abgeurteilten Taten auch nicht gegen die "Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit" im Sinne von § 16 Abs. 2 StrRehaG verstoßen. Zwar gehört zu den allgemein anerkannten und unveräußerlichen Menschenrechten insbesondere auch das Recht eines jeden Menschen auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das vor staatlicher Willkür zu schützen ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit ist (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 2 und 15 EMRK). Gleichwohl handelt es sich bei den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit im Ansatz und Kern um staatsgerichtete Anforderungen an die Gestaltung der Rechts- und Verfassungsordnung eines demokratischen Rechtsstaats und nicht um an das einzelne Individuum gerichtete Handlungsanforderungen oder -verbote (BVerGE 19, 1, 4 zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 BVFG a.F.; und wiederum eingehend BVerwGE 125, 344 zu § 5 Nr. 1 lit. b BVFG vom 22.12.1999).

Dieses staatsgerichtete und -bezogene Verständnis des Begriffs der "Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit" liegt auch dessen Verwendung in § 16 Abs. 2 StrRehaG zugrunde. Auch schwerste Straftaten Einzelner im Bereich allgemeiner Kriminalität gegen in einer rechtsstaatlichen Ordnung zu schützende Rechtsgüter geben deshalb nur Anlass für eine nach der staatlichen Schutzpflicht für Leib und Leben gebotenen Strafverfolgung und -vollstreckung durch ein rechtsstaatlich verfasstes Gemeinwesen (BVerwGE 125, 344).

Die gravierenden Taten des Antragstellers erfüllen deshalb trotz ihrer weitreichenden Folgen ersichtlich auch diesen Ausschlussgrund nicht.

c)

Auch die dritte Alternative des § 16 Abs. 2 StrRehaG liegt offensichtlich nicht vor. Es gibt keinerlei tatsächliche Anhaltpunkte dafür, dass der Antragsteller eine von ihm wie auch immer innegehabte "Stellung" im Unrechtssystem der DDR zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.

2.

Der Antragsteller ist damit zwar Berechtigter im Sinne von § 17 Abs. 1 StrRehaG. Er ist infolge seiner derzeitigen Unterbringung im Maßregelvollzug und solange sein Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung fortdauert jedoch nicht im Sinne von § 17a Abs. 1 StrRehaG "in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt".

a)

Zwar gelten gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 StrRehaG grundsätzlich alle nach § 17 Abs. 1 StrRehaG Berechtigten, deren Einkommen die in § 17a Abs. 2 Satz 3 der Vorschrift bestimmten Einkommensgrenzen, nämlich bei alleinstehenden Personen das Dreifache des Eckregelsatzes nach § 28 Abs. 2 in Verbindung mit § 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), mithin derzeit (3 x 351 EUR =) 1.053 EUR, nicht übersteigt, als "in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt", wobei die Ermittlung des anzurechnenden monatlichen Einkommens entsprechend § 82 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII vorzunehmen ist und bestimmte Renteneinkünfte unberücksichtigt bleiben sollen (§ 17a Abs. 2 Satz 2 StrRehaG).

b)

Bei der so definierten "Bedürftigkeit" handelt es sich indes, wie sich schon aus der Wortwahl ergibt ("gelten"), lediglich um eine gesetzliche Fiktion. Dieser Weg einer pauschalierten Zuwendung wurde allein deshalb gewählt, um ein im Einzelfall möglicherweise kompliziertes, zeit- und arbeitsaufwändiges Prüfungsverfahren zur Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe einer ggfs. zu gewährenden Zahlung zu vermeiden, das auch für die oftmals schon betagten und gelegentlich noch immer wegen des seinerzeit erlittenen Unrechts traumatisierten Antragsteller mit zusätzlichen Belastungen verbunden gewesen wäre (vgl. BT-Drs. 16/4842 S. 7; Redebeiträge der Abgeordneten MdB Voßhoff [CDU/CSU], Pau [DIE LINKE] und Dr. Dressel [SPD] anlässlich der Aussprache über den Gesetzentwurf während der 102. Sitzung des 16. Deutschen Bundestages am 13. Juni 2007, S. 10462 ff. des stenografischem Protokolls).

Das ändert aber nichts daran, dass es sich bei der "besonderen Zuwendung" nach § 17a StrRehaG, ungeachtet der gerade deshalb vielfach von Opferverbänden vehement geäußerten Kritik, im Kern um eine soziale Ausgleichsleistung handelt (so schon die Überschrift des 3. Abschnitts des StrRehaG), einen "Sozialausgleich, durch den die Armut (der Berechtigten) gelindert werden soll" (kritisch wegen dieses Ansatzes deshalb MdB Pau a.a.O.), eine "soziale Hilfeleistung" im Gesamtgefüge der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze, die "immer eher einen Versorgungs-, denn einen Entschädigungscharakter tragen" (so die Sachverständige Guckes; Protokoll der 59. Sitzung des Rechtsausschusses des 16. Deutschen Bundestages vom 07.05.2007, S. 3). Die von einigen Sachverständigen im Rahmen der öffentlichen Anhörung durch den Rechtsausschuss alternativ vorgeschlagene Aufnahme eines einkommensunabhängigen Sockelbetrages von 150 EUR sowie eines Zuschlages von 100 EUR nur für sozialbedürftige Personen (vgl. a.a.O. S. 8, 20), die in einen entsprechenden Änderungsantrag zum Gesetzentwurf durch die Fraktion der FDP mündete (BT-Drs. 16/5532 S. 8), fand keine Mehrheit.

Bei der Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG handelt es sich, wie schon der gewählte Begriff der "Entschädigung" erkennen lässt, um eine echte Wiedergutmachung in Form von pauschaliertem Schadenersatz für einen durch eine rechtsstaatswidrig erlittene Freiheitsentziehung hervorgerufenen immateriellen Schaden, die auch dann gewährt wird, wenn es bei den Opfern zu keinen weiteren, bis heute fortdauernden wirtschaftlichen, gesundheitlichen oder sonstigen materiellen Beeinträchtigungen gekommen ist. Demgegenüber setzt die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG und der Unterstützungsleistung nach § 18 StrRehaG bewusst eine aktuelle "Bedürftigkeit" der Berechtigten voraus. Insoweit handelt es sich um eine besondere Form staatlicher bzw. staatlich geförderter Sozialhilfe, um eine "Versorgung" (so auch § 16 Abs. 3 StrRehaG). Für Leistungen nach § 17a StrRehaG folgt dies auch daraus, dass bestimmte Einkommensgrenzen festgesetzt worden sind, bei deren - auch künftiger - Überschreitung der Anspruch entfällt. Ferner wird sowohl zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens wie auch bezüglich der Höhe einer zu gewährenden Zuwendung bewusst auf Regelungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch verwiesen. Weiteres Indiz für den sozialrechtlichen Charakter der Norm ist die Bestimmung des § 19 StrRehaG, die eine Härteregelung zwar für Fälle vorsieht, in denen eine (von der wirtschaftlichen Situation unabhängige) Kapitalentschädigung nicht gezahlt wird, die aber auf die entscheidend von einer konkreten Bedürftigkeit des Berechtigten abhängige besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG keine, auch keine analoge Anwendung findet (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.02.2009 - 7 A 11155/08, 7 D 10888/08). Schließlich sprechen auch Unpfändbarkeit und Nichtübertragbarkeit des Anspruchs (§ 17a Abs. 5 StrRehaG) für diese Auslegung.

c)

Die Einführung der "SED-Opferpension" für "wirtschaftlich Bedürftige" war seitens des Gesetzgebers zugleich als - überfällige - "Anerkennung und Würdigung des Widerstandes der ehemaligen politischen Häftlinge gegen die SED-Diktatur" gedacht. Mit ihr sollte für Opfer politischer Verfolgung in der DDR eine nicht nur symbolische Anerkennung der Nachteile und Schädigungen geschaffen werden. Sie sollte "sichtbarer Ausdruck für den besonderen Wert (sein), den unsere Gesellschaft dem Handeln von Menschen beimisst, die sich gegen die Diktatur der SED gewehrt und um den Preis erheblicher persönlicher und sozialer Nachteile und unter Einsatz ihres Lebens für Freiheit und Demokratie eingesetzt haben" (vgl. den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD "Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur - Eckpunkte für ein Drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz", BT-Drs. 16/4167 S. 3; ebenso gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, für ein Drittes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR, BT-Drs. 16/4842, S. 1, 5; vgl. auch die bereits erwähnten Äußerungen der im Rechtsausschuss dazu gehörten Sachverständigen und die Aussprache vom 13.06.2007 über den Gesetzentwurf im Plenum des Deutschen Bundestages).

d)

Unter Berücksichtigung all dessen hält der Senat eine am objektivierten Willen des Gesetzgebers orientierte, einschränkende Auslegung der Norm jedenfalls dahingehend für zulässig und geboten, dass Personen, die sich aufgrund rechtskräftiger strafrichterlicher Entscheidung in Freiheitsentziehung befinden, auch dann nicht "in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind", wenn sie rechnerisch die Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG erfüllen.

aa)

Während der gesamten Dauer einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung werden die betroffenen Personen im Sinne einer umfassenden Daseinsvorsorge angemessen und ausreichend aus Mitteln des Staates alimentiert und mit allem versorgt, was sie zum Leben brauchen. Das betrifft am Beispiel der u.a. in Brandenburg und damit für den Antragsteller noch geltenden bundesrechtlichen Regelungen des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) neben Unterkunft (§§ 17 ff.) und Verpflegung (§ 21) auch Kleidung (§ 20 Abs. 1), medizinische Versorgung und Behandlung (§§ 56 ff., 136) sowie im Bedarfsfall die Zahlung eines Taschengeldes (§ 46). Selbst arbeitstherapeutische Beschäftigung und Maßnahmen zur gezielten Aus- und Fortbildung werden, wenn und soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen, aus staatlichen Mitteln bezahlt (§§ 37 ff.). Im Bedarfsfall können weitere gezielte soziale Hilfen hinzukommen (§§ 71 ff.). Entsprechende Bestimmungen finden sich im derzeit auf den Antragsteller Anwendung findenden Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetz (§§ 1, 3, 5, 15, 17, 28 ff., 36, 38 ff BbgPsychKG).

Anders als diejenigen Berechtigten nach § 17 Abs. 1 StrRehaG, die sich in Freiheit befinden und dort zur Bestreitung selbst der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens wie Wohnung incl. Nebenkosten, Kleidung und Nahrung auf ein ausreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen angewiesen sind, und die nur unter vergleichsweise engen Voraussetzungen zur Sicherung des Existenzminimums ergänzende staatliche Leistungen, beispielsweise in Form von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe, erhalten, was für die Berechtigten durch Leistungen nach § 17a StrRehaG gerade vermieden oder abgemildert werden soll, bekommen Strafgefangene, im Maßregelvollzug Untergebrachte und Sicherungsverwahrte alles, was sie unter den dort vorherrschenden konkreten Bedingungen sowie unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der freiheitsentziehenden Maßnahme zum Leben benötigen, ohnehin aus Mitteln der Vollzugsbehörde oder anderer staatlicher Kostenträger (so zur Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO in Bezug auf Strafgefangene und deren Eigengeld i.S.d. § 52 StVollzG: BGH, Beschluss vom 16.07.2004 - IXa ZB 287/03 - zitiert nach juris). Ihr Lebensunterhalt ist auch ohne Rückgriff auf ihr aus Arbeitsentgelt gebildetes Eigengeld gedeckt. Zudem ist es diesem Personenkreis nicht gestattet, während der Dauer der Inhaftierung oder Unterbringung Geldmittel in beliebiger Höhe zur persönlichen Verfügung zu haben, um sich damit zusätzliche Annehmlichkeiten zu verschaffen (§§ 22, 33, § 39 Abs. 3, §§ 46, 47 StVollzG).

bb)

Es ist aber nicht Sinn und Zweck der besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG und wäre mit deren sozialhilferechtlicher Komponente schlechthin unvereinbar, bereits angemessen versorgten Gefangenen oder Untergebrachten die Ansparung, je nach Haftdauer u.U. beträchtlichen, letztlich vom Steuerzahler finanzierten, jedenfalls bzgl. des Anspruchs unpfändbaren (§ 17a Abs. 5 StrRehaG) und nicht einmal auf andere Sozialleistungen anzurechnenden (§ 16 Abs. 4 StrRehaG) Vermögens zu ermöglichen, während dies in Freiheit befindlichen Berechtigten, die das Geld dort wegen ihrer Bedürftigkeit zur Finanzierung eines angemessenen Lebensstandards tatsächlich benötigen und einsetzen müssen, praktisch verwehrt ist.

Aus eben diesem Grund sind Leistungen der allgemeinen Sozialhilfe an Gefangene zum einen entweder ausgeschlossen (vgl. z.B. § 7 Abs. 4 SGB II) oder davon abhängig, ob der Zweck des Vollzugs der Freiheitsstrafe oder die Eigenart des Vollzugs die Hilfeleistung ausschließt. Zum anderen richtet sich ein etwaiger Bezug danach, ob der mit der Hilfeleistung verfolgte Zweck während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erreicht werden kann; schließlich - unter dem Aspekt des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG - nunmehr § 2 SGB XII) - danach, ob der Bedarf, dessentwegen die Hilfe begehrt wird, bereits anderweitig gedeckt ist, etwa gerade im Rahmen des Vollzugs der Freiheitsstrafe (BVerwG, Urteil vom 04.11.1976, zitiert nach juris).

cc)

Abgesehen davon, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die mit § 17a StrRehaG eingeführte "SED-Opferrente" als einer Art "Ehrenpension" für Opfer politischer Verfolgung in der DDR, die sich "gegen die Diktatur der SED gewehrt und um den Preis erheblicher persönlicher und sozialer Nachteile und unter Einsatz ihres Lebens für Freiheit und Demokratie eingesetzt haben", gedacht ist (vgl. dazu oben II.2 c), was auf den Antragsteller nicht zutrifft, ist er auch unter Anlegung der zuletzt angeführten sozialen Kriterien weder aktuell noch in überschaubarer Zeit zur Ermöglichung eines auch in Ansehung seiner früheren "Opferrolle" angemessenen Lebensstandards auf besondere Zuwendungen nach § 17a StrRehaG angewiesen.

Er befand sich zunächst ab dem 9. September 1992 für das Verfahren 25 KLs 31/93 des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) in Untersuchungs- bzw. nach am selben Tag eingetretener Rechtskraft des Urteils vom 23. Juni 1993 in Organisationshaft. Am 14. Juli 1993 erfolgte seine bis heute andauernde Überstellung in den Maßregelvollzug nach § 63 StGB. Die abwechselnde Vollstreckung der Maßregeln aus dem vorgenannten Urteil sowie aus dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 1. Juni 1995 - III Ks 3/94 - war nur während seiner sechsmaligen Flucht in den Jahren 1994 bis 2002 zeitweilig unterbrochen. Gegenwärtig wird wieder die mit Urteil des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Juni 1993 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Brandenburg vollzogen. Sobald die Voraussetzungen des § 44b Abs. 1 Satz 1 StVollstrO vorliegen, wird diese zur Vollstreckung der gleichartigen Maßregel aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 - 23 Ks 30/01 - unterbrochen werden. Sollte der Maßregelvollzug eines Tages gänzlich abgeschlossen sein, würde es alternativ zum Vollzug restlicher, durch Anrechnung noch nicht verbüßter Freiheitsstrafen und/oder der angeordneten Sicherungsverwahrung kommen.

Dass der unverändert hochgefährliche Antragsteller jemals wieder in Freiheit entlassen werden wird, ist derzeit nicht absehbar und eher unwahrscheinlich (vgl. zuletzt den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 07.05.2008 - 20 StVK 163/07 -, mit dem die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde).

III.

Die Verfahrensweise des Landgerichts in dieser Sache gibt dem Senat Anlass zu folgendem Bemerken:

Bei der Entscheidung über die Zuerkennung einer besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, weil sowohl die Anspruchsvoraussetzungen wie auch die Höhe der ggfs. zu gewährenden Leistung gesetzlich festgelegt sind und der Bewilligungsbehörde insoweit kein Ermessen eingeräumt ist.

Nachdem die Kammer auf den Antrag des Beschwerdegegners auf gerichtliche Entscheidung - zutreffend - festgestellt hatte, dass keiner der Versagungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG vorliegt, hätte sie deshalb entsprechend § 25 Abs. 1 Satz 3 und 4, § 15 StrRehaG, § 309 Abs. 2 StPO die Sache nicht zur weiteren bzw. abschließenden Entscheidung "unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts" an die Bewilligungsbehörde zurückgeben dürfen, sondern selbst durchentscheiden müssen (vgl. für das strafgerichtliche Beschwerdeverfahren Meyer-Goßner StPO, 51 Aufl. § 309 Rdz. 9; OLG Düsseldorf, MDR 1993, 375).

VI.

Soweit dem Antragsteller mit dem angefochtenen Beschluss ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Beistands für das Verfahren vor dem Landgericht gewährt worden ist, wird dies mit der Beschwerde offensichtlich nicht angegriffen, was zudem wegen der Beschränkungen in § 127 Abs. 3 ZPO auch nicht möglich gewesen wäre. Die Entscheidung hat insoweit Bestand.

V.

Verfahrenskosten werden nicht erhoben, § 14 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Satz 4 StrRehaG. Die Auslagenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 4, § 25 Abs. 1 Satz 4 StrRehaG, § 473 StPO.

Ende der Entscheidung

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