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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: 11 U 11/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
Zu den Pflichten eines Rechtsanwaltes gehört es, Klaganträge so zu formulieren und zu stellen, dass damit das klägerische Rechtsschutzziel erreicht, das klägerische Interesse im Falle des Obsiegens durchgesetzt werden kann.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 11/07

verkündet am: 31. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Dezember 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner 8.392,77 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2006 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.392,77 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten vertraten die Klägerin im Jahre 2001 im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die A AG, mit dem die Klägerin den Anschluss einer Windkraftanlage (im Folgenden: WKA) an das Netz der A AG erreichen wollte. Die seinerzeit vor dem Landgericht Itzehoe erhobene Klage gegen die A AG (5 O 88/01) wurde rechtskräftig auf Kosten der Klägerin abgewiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass dies auf eine Schlechterfüllung der anwaltlichen Pflichten der Beklagten zurückzuführen sei. Sie begehrt deshalb den Ersatz der von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits gegen die A AG.

Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten mit Urteil vom 14. Dezember 2006 abgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte (Bl. 195, 205 d. A.) und begründete (Bl. 211 ff. d. A.) Berufung der Klägerin.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 14.12.2006 - 3 O 152/06 - aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 8.392,77 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2006 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 185 - 192 d. A.) und die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung anwaltlicher Pflichten gegen die Beklagten.

Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagten ihre anwaltlichen Pflichten dadurch verletzt haben, dass sie in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 vor dem Landgericht Itzehoe unzureichend zur Frage der Ablehnung eines Netzanschlusses durch die A AG vorgetragen und Beweis angeboten haben. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob es als eine Verletzung anwaltlicher Pflichten zu bewerten ist, dass die Beklagten den besagten Rechtsstreit 5 O 88/01 nicht für erledigt erklärt haben.

Die Beklagten haben die ihnen gegenüber der Klägerin obliegenden anwaltlichen Pflichten jedenfalls dadurch schuldhaft verletzt, dass sie einen Klageantrag empfohlen und in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 gestellt haben, der nicht dem erklärten Rechtsschutzziel der Klägerin entsprach.

Die Klägerin wollte nach ihrem Vortrag mit der Klage gegen die A AG erreichen, dass

a) ihre WKA an dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt angeschlossen wurde und

b) die A AG alle Netzdaten offen legte, mit denen sich feststellen ließ, ob der von der A AG angebotene Verknüpfungspunkt technisch und wirtschaftlich am günstigsten war.

Diesem Vorbringen sind die Beklagten nicht hinreichend entgegengetreten. Für dessen Richtigkeit spricht im Übrigen auch das Informationsschreiben der Klägerin vom 09.05.2001 (Bl. 152 ff. d. A.).

Nach dem somit zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin ging es ihr darum, den Anschluss an einem bestimmten, für sie technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt durchzusetzen und zu diesem Zweck die Daten zu erhalten, mit denen sie selbst ermitteln und kontrollieren konnte, welcher Anschlusspunkt technisch und wirtschaftlich am günstigsten war. Dieses Ziel konnte mit dem tatsächlich in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 gestellten Klageantrag nicht erreicht werden, weil er nur allgemein auf den Anschluss an das Netz der A AG gerichtet war, ohne einen bestimmten Standort zu benennen. Richtigerweise hätte die Klägerin (Stufen-)Klage auf Auskunft über die technischen Gegebenheiten erheben und nach der Auskunftserteilung beantragen müssen, die A AG zu verurteilen, ihre - der Klägerin - WKA an dem nach der Auskunft wirtschaftlich und technisch günstigsten Verknüpfungspunkt anzuschließen.

Das hätten die Beklagten bei gehöriger Sorgfalt auch erkennen können und die Klägerin entsprechend beraten müssen.

Wenn sie so vorgegangen wären, hätte die Klägerin in dem Prozess gegen die A AG die Anträge gestellt, die ihrem erklärten Rechtsschutzziel entsprachen. Dann hätte sie in diesem Rechtsstreit obsiegt und die von ihr als Schaden geltend gemachten (der Höhe nach unstreitigen) Prozesskosten in Höhe von 8.392,77 € nicht tragen müssen.

Der Schaden der Klägerin ist auch nicht um die Kosten des Vergleichs gemindert, den die Klägerin nach dem Rechtsstreit 5 O 88/01 mit der A AG geschlossen hat. Wenn die Klägerin in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 obsiegt hätte, hätte sie sich nicht mit der AAG vergleichen müssen, um den erstrebten Anschluss an das Netz der A G zu erreichen. Die dadurch verursachten Rechtsverfolgungskosten wären ihr daher erspart geblieben. Sie sind deshalb auch nicht als "Sowieso-Kosten" schadensmindernd zu berücksichtigen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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