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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: 11 U 16/05
Rechtsgebiete: GG, BGB


Vorschriften:

GG Art. 34
BGB § 839
1. BSE-Tests dienen der Vorbereitung eines Verwaltungsakts und stellen hoheitliche Tätigkeit dar.

2. Das Kreisveterinäramt ist für die ordungsgemäße Durchführung der BSE-Tests verantwortlich. Der Kreis haftet für Fehler des - als Verwaltungshelfer - beauftragten Untersuchungslabors nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen.

3. Die Aufforderung zur Entnahme einer 2. BSE-Probe stellt ein Rechtsmittel iSd § 839 III BGB dar.

4. Zur Beweislast bei Unauswertbarkeit einer BSE-Probe.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 16/05

verkündet am: 7. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 1. August 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Januar 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 4.437,54 €.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadensersatz, weil sie ihm vorwirft, bei fünf Rindern die fehlende Auswertbarkeit von BSE-Proben verursacht zu haben, so dass die geschlachteten Rinder an die Tierkörperbeseitigungsanstalt überwiesen werden mussten. Die fehlende Auswertbarkeit der BSE-Proben soll nach der Behauptung der Klägerin darauf zurückzuführen sein, dass die Mitarbeiter des Beklagten entweder bereits bei der Probenentnahme fehlerhaft handelten oder, falls eine ordnungsgemäße Probe entnommen worden sein sollte, das Probematerial anschließend fehlerhaft behandelten. Gegenstand der Klage sind die von der Klägerin aufgewandten Einkaufspreise der betreffenden fünf Rinder und die angefallenen Fleischvernichtungskosten.

Die Schadensersatzforderung der Klägerin richtet sich nach der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, wonach ein Amtsträger Schadensersatz zu leisten hat, wenn er die einem Dritten gegenüber bestehende Amtspflicht schuldhaft verletzt, dadurch einen Schaden verursacht und ein Haftungsausschluss nicht eingreift.

Die nach dem Fleischhygienegesetz (FlHG) und der BSE-Untersuchungsverordnung (BSE-UntVO) vorzunehmenden BSE-Tests gehören zu den dem Staat obliegenden Überwachungsmaßnahmen und stellen somit eine hoheitliche Tätigkeit dar. Die BSE-Tests dienen der Vorbereitung eines anschließend zu erlassenden Verwaltungsakts, mit dem entweder die Freigabe des Fleisches des Schlachttieres oder dessen Vernichtung angeordnet wird (BGHZ 161, 7, 11; BGH VersR 2006, 698 ff.; LG Köln, NVwZ-RR 2004, 694, 695). In Schleswig-Holstein ist die Durchführung der Vorschriften des Tierseuchengesetzes gemäß § 1 Abs. 4 AGTierSG den Landkreisen als Kreisordnungsbehörden übertragen worden. Der Beklagte hat bei der Entnahme von BSE-Proben im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs gehandelt.

2.

Nach § 1 Abs. 1 BSE-UntVO müssen alle Rinder im Alter von mehr als 24 Monaten auf BSE untersucht werden. Die Tierkörper und Fleischnebenprodukte sind bis zur Vorlage des Testergebnisses vorläufig sicherzustellen. Liegt das Ergebnis des BSE-Tests vor und ist dieser negativ ausgefallen, ist die vorläufige Sicherstellung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 BSE-UntVO aufzuheben.

Aufgrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist eine Behörde verpflichtet, bei der Durchführung behördlicher Maßnahmen die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und nicht unnötig in die Rechte Dritter einzugreifen. Das Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen des vom Verwaltungshandeln Betroffenen gebietet es, dass die Behörde bei der Vornahme von BSE-Tests sich an die für die Durchführung maßgebenden Bestimmungen hält, um eine ordnungsgemäße Verprobung zu erreichen, damit das vorläufig sichergestellte Schlachtfleisch bei negativem Testergebnis freigegeben werden kann.

Für einen ordnungsgemäßen BSE-Test ist es erforderlich, dass eine verwertbare Probe aus der sog. Obex-Region entnommen wird. Die Probe muss ein Mindestgewicht von 0,35 g bei einer eindeutig zuzuordnenden Probe aus der Obex-Region oder von 0,5 g bei einer Probe aus der Obex-Region des Hirnstamms des Rindes haben. Zu den Amtspflichten des Beklagten gehört es, wie die Klägerin zutreffend ausführt, eine verwertbare Probe zu entnehmen und diese anschließend ordnungsgemäß zu behandeln.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt der Beklagte nicht gegen seine Amtspflichten, wenn er bei zweifelhafter Verwertbarkeit einer Probe aufgrund von schlachtungsbedingten Vorschädigungen oder sonstiger Fehlerquellen nicht von einer Probeentnahme absieht, denn dies würde zwingend zur anschließenden Vernichtung des Schlachtfleisches führen. Hingegen könnte die Entnahme einer Probe aus einer geschädigten Obex-Region möglicherweise dazu führen, dass die Probe trotz der Vorschäden auswertbar ist. Ob dies der Fall ist, kann der Beklagte bei der Probeentnahme noch nicht beurteilen, weil die endgültige Auswertung der Probe einem Labor überlassen wird. Der Vortrag der Klägerin im Beweissicherungsverfahren zeigt, dass es sinnvoll ist, sich nicht auf die vorläufige Beurteilung der Mitarbeiter des Beklagten bezüglich der Verwertbarkeit der BSE-Proben zu verlassen, sondern auch bei zweifelhaften Proben eine Laboruntersuchung vorzunehmen. Im Beweissicherungsverfahren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2001 (BA 156) vorgetragen, dass die Fleischbeschauer des Beklagten bei der BSE-Schnelltestuntersuchung 66 entnommene Proben als nicht beprobbar eingeschätzt hätten. Die anschließende Laboruntersuchung habe hingegen ergeben, dass lediglich neun Proben nicht beprobbar gewesen seien. Die verbliebenen 57 Proben habe das Labor für die Durchführung des BSE-Schnelltests als geeignet erachtet. Dieser Vortrag der Klägerin ergibt, dass die Entnahme vorgeschädigten Probematerials das mildere Mittel gegenüber der sofortigen Zurückweisung einer Probeentnahme darstellt, so dass der Beklagte auch bei Entnahme einer zweifelhaften Probe rechtmäßig handelt. Eine Erörterung der als vorläufig unverwertbar eingeschätzten BSE-Proben mit Mitarbeitern der Klägerin hat diese vor den hier in Rede stehenden BSE-Schnelltests weder verlangt noch war diese aufgrund des zügigen Schlachtvorgangs, der bei der Entnahme von BSE-Proben ein zügiges Vorgehen erforderlich machte, zu erwarten, denn die Mitarbeiter der Klägerin waren, wie die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, mit ihrer eigenen Arbeit beschäftigt und konnten die Mitarbeiter des Beklagten bei der Probeentnahme nicht beobachten. Demnach hat die Klägerin keine organisatorische Maßnahme für die Beurteilung zweifelhafter BSE-Proben getroffen.

Als weitere Amtspflichtverletzung führt die Klägerin in der Berufungsbegründung eine fehlende Dokumentation der Probeentnahmen an. Des weiteren rügt sie, dass die Bescheinigungen über die fehlende Auswertbarkeit der BSE-Proben (Bl. 10 - 14 d.A.) nicht ausreichend begründet seien. Ob die Klägerin mit diesen erstmals in der Berufungsbegründung erhobenen Vorwürfen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist, weil sie aufgrund vorheriger Tatsachenkenntnis die entsprechenden Einwendungen ohne weiteres bereits im ersten Rechtszug hätte einführen können, kann offen bleiben, weil eine rechtliche Beurteilung des Vorbringens der Klägerin unter Berücksichtigung der Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung möglich ist.

Frau Dr. W., die als Sachbearbeiterin des Beklagten tätig ist, hat den Verfahrensablauf der Probeentnahmen bis zur Mitteilung des Probeergebnisses und der daraufhin zu treffenden Maßnahmen dahingehend geschildert, dass das BSE-Probematerial am Tag der Probeentnahme nachmittags oder abends an das Labor eingesandt werde. Das Laborergebnis liege am nächsten Tag vor. Wenn das Testergebnis negativ ausgefallen sei, liege die entsprechende Mitteilung sofort vor. Bei einem positiven Testergebnis dauere es etwas länger, weil ein weiterer Test möglich sei. Bei einem Schnelltest müsse ein Probematerial von 0,5 g vorhanden sein. Für weitere Proben müssten weitere Teile der Obex-Region vorhanden sein. Bei zweifelhaften Proben werde dies im Tagesprotokoll vermerkt. Bei einer nicht auswertbaren Probe werde dies der Klägerin durch einen schriftlichen Verwaltungsakt mitgeteilt. In einem derartigen Fall würden die betreffenden Tiere vorläufig ausgesondert. Sonstige Produkte des Tieres würden vernichtet.

Der Vertreter der Klägerin hat die vorläufige Aussonderung der Tiere bestritten und erwidert, die Probeentnahme sei nur sinnvoll, wenn die Obex-Region unbeschädigt und somit auswertbar sei. Der Beklagte müsse, falls eine Probe beschädigt sei, dies dokumentieren. Die Mitarbeiter des Beklagten seien nur angelernt und könnten deshalb bei der Probeentnahme Fehler begehen. Wenn Mitarbeitern des Beklagten bei der Probeentnahme Fehler unterlaufen seien, müssten sie eine neue Probe entnehmen.

Der Beklagte hat eine Pflicht zur Dokumentation und Mitteilung des Testergebnisses an die Klägerin nicht verletzt. Ob der Beklagte die für zweifelhaft gehaltenen Proben kennzeichnen musste, kann offen bleiben, weil eine derartige Kennzeichnung nicht für das Ergebnis des BSE-Tests maßgebend war. Ob die vorläufige Sicherstellung des geschlachteten Rindes aufgehoben werden durfte, richtete sich allein nach dem Befund des vom Beklagten beauftragten Labors, so dass dieses das Ergebnis des BSE-Schnelltests zu dokumentieren hatte. Für etwaige Fehler bei der Durchführung oder Dokumentation des BSE-Tests haftet allerdings der Beklagte, weil er das Labor mit der Erfüllung eigener Verwaltungsfunktionen beauftragt hat (BGH VersR 2006, 698 ff.). Die ausreichende Dokumentation des Testergebnisses erfolgte dadurch, dass das Labor das Testergebnis dem Beklagten mitteilte und dieser daraufhin der Klägerin die Bescheinigung über die fehlende Auswertbarkeit der BSE-Probe mitteilte. Ob eine weitere Begründung in den Bescheinigungen über die fehlende Auswertbarkeit der BSE-Proben oder die Beifügung von Unterlagen über die durchgeführten Tests notwendig waren, kann offen bleiben, weil die Klägerin es unterlassen hat, vom Beklagten eine weitere Begründung der Bescheinigungen zu verlangen, so dass ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.

Der Begriff des Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist weit zu fassen. Hierzu gehören alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder die Unterlassung der gebotenen Tätigkeit richten und die Beseitigung oder Berichtigung einer fehlerhaften Amtshandlung bezwecken. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden sind deshalb als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB anzusehen (BGHZ 123, 1, 7 f.).

Die Klägerin hätte unmittelbar nach Erhalt der Bescheinigungen über die Untauglichkeit der entnommenen BSE-Proben den Beklagten auffordern müssen, die Ergebnisse des Labortests durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen zu belegen, um entweder eine weitere Probe zu erreichen oder die Vernichtung des Schlachtfleisches zu verhindern. Ohne einen derartigen Rechtsbehelf, der bereits in der Erinnerung einer Behörde an die Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu sehen ist, musste die Klägerin damit rechnen, dass die Testunterlagen nach Ablauf einer gewissen Frist vernichtet werden würden. Bei den massenhaft durchgeführten BSE-Tests war nicht zu erwarten, dass die Testergebnisse, die bereits im Jahr 2001 vorlagen, fünf Jahre lang bis zum Eingang der Berufungsbegründung aufbewahrt werden würden. Wenn eine entsprechende Erinnerung an die Aufbewahrung der BSE-Proben und die schriftlichen Testergebnisse keinen Erfolg gehabt hätte und der Beklagte auch einer Aufforderung zu einer näheren Begründung der erteilten Bescheinigungen nicht nachgekommen wäre, hätte die Klägerin notfalls gegen die erlassenen Verwaltungsakte Widerspruch einlegen und Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung stellen müssen.

Der Haftungsausschluss des § 839 Abs. 3 BGB scheitert nicht daran, dass die Aufforderung zur weiteren Begründung der fehlenden Auswertbarkeit der BSE-Proben sinnlos gewesen wäre, weil die betreffenden Rinder bereits in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt vernichtet worden waren und somit eine rechtswidrige Amtshandlung nicht mehr hätte verhindert werden können. Soweit der letzte Satz der Bescheinigungen zum Ausdruck bringt, dass das betreffende Tier der Tierkörperbeseitigungsanstalt überwiesen worden sei, ist dies nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 1. August 2006 dahin zu verstehen, dass der Beklagte die Überweisung angeordnet hat. Da diese Überweisung noch vollzogen werden musste und hierfür eine weitere Ausführungsfrist notwendig war, hätte die Klägerin die Beseitigung der betreffenden Rinder durch einen sofortigen Rechtsbehelf verhindern können. Diesen Rechtsbehelf hätte die Klägerin spätestens bei der Abholung der betreffenden Rinder geltend machen können.

3.

Die Schadensersatzforderung der Klägerin nach § 839 BGB ist nicht begründet, weil die Klägerin nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht hat, dass ein amtspflichtwidriges Verhalten von Mitarbeitern des Beklagten die fehlende Auswertbarkeit der BSE-Proben verursacht hat.

Den Geschädigten trifft grundsätzlich die Beweislast dafür, dass ein Amtsträger eine Amtspflichtverletzung begangen hat (Palandt-Sprau, BGB, 65. Aufl., Rz. 84 zu § 839). Deshalb hat die Klägerin und nicht der Beklagte die Einzelheiten der Amtspflichtverletzung zu substantiieren und zu beweisen.

Ob eine Amtspflichtverletzung vorliegt, ist zwischen den Parteien streitig. Da die Untauglichkeit der Probeentnahmen entweder auf unsachgemäßer Vorbehandlung der Schlachtrinder durch Mitarbeiter der Klägerin oder auf einem unsachgemäßen Verhalten der Mitarbeiter des Beklagten beruhen kann, muss die Klägerin den Beweis erbringen, dass die Unverwertbarkeit der BSE-Proben allein vom Beklagten verursacht wurde.

Aufgrund des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat die Klägerin nicht den Beweis erbracht, dass der Beklagte die Untauglichkeit der BSE-Proben durch unsorgfältige Entnahme oder anschließende sachwidrige Behandlung verursacht hat.

Der Sachverständige Prof. P. hat ausgeführt, die vom Beklagten bei der Probeentnahme angewandte hydropneumatische Wasserdruckmethode sei sachgerecht, schnell und effektiv. Soweit der Sachverständige im Rahmen eines Ortstermins mehrere untaugliche BSE-Proben untersucht hat, beruhte die Untauglichkeit überwiegend auf der von der Klägerin verwendeten Schlachttechnik. Als Hauptursachen hat er die mechanische Rollenenthäutung und Fehler beim Absetzen des Rinderkopfes bezeichnet. Soweit der Sachverständige in Einzelfällen sowohl eine in den Verantwortungsbereich der Klägerin als auch des Beklagten fallende Ursache für möglich gehalten hat, fehlt es an der Feststellung, dass ein Fehler des Beklagten bei der Entnahme von BSE-Proben schadensursächlich gewesen sein muss. Auch wenn in Fällen, in denen eine Schadensursache allein in den Verantwortungsbereich einer Partei fällt, eine Entlastungspflicht dieser Partei angenommen werden kann, greift dieser Grundsatz hier nicht ein, weil Schadensursachen aus den Verantwortungsbereichen beider Parteien in Betracht kommen und sogar eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die von der Klägerin verwendete Schlachttechnik zu einer überdurchschnittlich hohen Anzahl nicht verwertbarer Proben führt.

Der Klägerin stehen keine Beweiserleichterungen aufgrund der zwischen den Parteien streitigen Tatsache zu, dass sich der Vorgang der Probeentnahme im ausschließlichen Wahrnehmungsbereich der Mitarbeiter des Beklagten befindet. Von den für die Untauglichkeit der BSE-Proben in Frage kommenden Ursachen befindet sich ein Teil im Wahrnehmungsbereich der Klägerin und ein weiterer Teil möglicherweise im alleinigen Wahrnehmungsbereich des Beklagten. Wenn zwei Ursachen in Frage kommen, von denen eine vom Geschädigten und die andere vom Schädiger zu verantworten ist, ist es dem Geschädigten ohne weiteres möglich, den Beweis auch ohne Beweiserleichterungen dadurch zu führen, dass er die ihm vorgeworfene Schadensursache entkräftet. In einem derartigen Fall würde feststehen, dass allein der Schädiger für den Schadenseintritt verantwortlich gemacht werden kann.

Die Klägerin kann sich nicht im Hinblick darauf, dass die BSE-Proben inzwischen vernichtet worden sind, auf eine vorwerfbare Beweisvereitelung durch den Beklagten berufen. Dies wäre nur der Fall, wenn ein missbilligenswertes Verhalten vor oder während des Prozesses dazu geführt hätte, dass die Beweisführung einer Partei unmöglich gemacht oder erschwert wird (Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., Rz. 14 a zu § 286).

Die BSE-Proben befanden sich nach Ausführung des BSE-Tests in dem vom Beklagten beauftragten Labor. Die Vernichtung der BSE-Proben findet in einem beauftragten Labor im üblichen Geschäftsverkehr statt. Der Klägerin war dies als Betreiberin eines Schlachtzentrums aufgrund der ständigen Handhabung und ihres einschlägigen Wissens bekannt. Wenn sie darauf Wert legte, die BSE-Proben zum Nachweis für ein amtspflichtwidriges Verhalten des Beklagten verwerten zu können, hätte sie ohne weiteres die Aufbewahrung der BSE-Proben einschließlich etwaiger Dokumentationen sowie die Vornahme eines weiteren BSE-Tests mit dem verbleibenden Probematerial verlangen können. Die dem Gutachten des Sachverständigen Prof. P. vom 15. Mai 2001 beigefügten Fotos zeigen, dass die Probenbehälter und die Gewebeproben für die amtliche BSE-Untersuchung eine beachtliche Größe haben. Wenn die Klägerin die Vornahme einer zusätzlichen BSE-Untersuchung nicht verlangte, musste sie damit rechnen, dass das verbleibende Probematerial im üblichen Geschäftsgang vernichtet wurde. Deshalb fällt es in den Verantwortungsbereich der Klägerin, dass sie trotz vorhandener Möglichkeit ein in Frage kommendes Beweismittel nicht sicherte.

4.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 63 Abs. 2 GKG. Ein Anlass zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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