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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 11 U 165/02
Rechtsgebiete: BGB, InsO, StGB


Vorschriften:

BGB § 267
BGB § 1006
InsO § 35
InsO § 80
InsO § 81
StGB § 40
Die Bezahlung einer Geldstrafe durch Dritte kann rechtmäßig sein, ohne dass das Kapital zuvor in das Vermögen des Verurteilten gelangt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 165/02

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 24.09.2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 800 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Kaufmanns K. vom beklagten Land die Rückzahlung eines Betrages von 18.000 DM = 9.203,25 €. Nach ihrer Auffassung handelt es sich um einen Betrag, über die der Insolvenzschuldner K. unwirksam zu Lasten der Masse verfügt habe.

Gegen den Insolvenzschuldner K. war in einem Strafverfahren eine Gesamtgeldstrafe von 350 Tagessätzen zu je 100 DM verhängt worden, die durch Ratenzahlungen nur teilweise gezahlt worden war. Nach Ratenrückstand wurde am 18.09.2000 unter dem Aktenzeichen 545 Js 26643/97 V 45 StA Kiel ein Vollstreckungshaftbefehl zur Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe hinsichtlich des Restbetrages von noch 18.000 DM (entsprechend 180 Tagessätzen zu je 100 DM) erlassen.

Am 16.10.2000 wurde der Insolvenzschuldner K. von Polizeibeamten festgenommen.

Um der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu entgehen, bat der Insolvenzschuldner seine Ehefrau telefonisch, sie möge einen PKW Mercedes in Zahlung geben, um die 18.000,00 DM zu besorgen.

Die Ehefrau des Insolvenzschuldners überbrachte Rechtsanwalt S. - dem Anwalt des Insolvenzschuldners - daraufhin am 17.10.2000 18.000,00 DM.

Rechtsanwalt S. entnahm von diesem Betrag zunächst 1.000 DM für eigene Gebühren, ließ diesen Teilbetrag aber später aus seinem Büro wieder abholen und übergab sodann die 18.000 DM ungeschmälert den beiden den Insolvenzschuldner begleitenden Polizeibeamten. Diese zahlten den Betrag bei der Landesbezirkskasse ein.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners K. war bereits rund sieben Monate vorher am 15.03.2000 eröffnet worden.

Die von der Klägerin verlangte Auskehrung der 18.000,00 DM lehnte das beklagte Land ab.

Die daraufhin eingelegte Zahlungsklage wies das Landgericht als unbegründet ab.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie des Tenors und der Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die Darstellung des am 24. September 2002 verkündeten Urteils der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 27.9.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.10.2002 Berufung eingelegt und diese Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.12.2002 mit einem am 27.12.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit ihrer Berufung macht sie einen Teilbetrag von 800 € geltend.

Die Klägerin greift das landgerichtliche Urteil mit folgender Begründung an:

Das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, dass eine Massezugehörigkeit der 18.000 DM nicht feststehe. Bereits der Umstand, dass RA S. sich aus diesem Betrag 1.000 DM für seine Bemühungen entnommen habe, zeige überdeutlich, dass er das Geld als Vertreter des Schuldners K. entgegengenommen habe. Diese Vermutung liege auch deshalb nahe, weil der Schuldner die Ehefrau aufgefordert habe, zur Erlangung des Geldes einen PKW zu verwerten. Es werde bestritten, dass die Ehefrau Eigentümerin des PKW gewesen sei. Wenn RA S. aber das Geld als Vertreter des Schuldners entgegengenommen habe, stehe der Klägerin die Rechtsvermutung des § 1006 BGB zur Seite, die die Feststellung erlaube, dass der Schuldner Eigentümer gewesen sei. Die Tilgung der Geldstrafe sei rechtlich ohne Durchgangserwerb des Schuldners auch gar nicht möglich, weil Geldstrafen nach § 267 BGB nicht durch Dritte getilgt werden könnten.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 800,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.5.2002 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin stützt ihre Forderung auf §§ 35, 80, 81 InsO, sie macht damit ihr Recht geltend, die Masse in Besitz zu nehmen. Eine Verfügung des Schuldners über massezugehöriges Vermögen wäre nach § 81 InsO ihr gegenüber unwirksam.

Um einen Rückzahlungsanspruch durchsetzen zu können, hätte die Klägerin beweisen müssen, dass die 18.000 DM, die zur Begleichung der Geldstrafe des Insolvenzschuldners K. an die Landeskasse flossen, zur Masse gehören. Nur dann läge eine ihr gegenüber unwirksame Verfügung des Insolvenzschuldners K. zum Nachteil der Masse vor, aus der sich ein Herausgabeanspruch ergäbe.

Dieser Beweis ist ihr nicht gelungen.

Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.

Die Klägerin nimmt an, dass die 18.000 DM bzw. der Vermögensgegenstand, der zur Erlangung dieses Betrages verwertet wurde, schon vor dem 17.10.2001 zum Vermögen des Insolvenzschuldners gehörte.

Diese Annahme wird von ihr aber nicht ausreichend belegt, sie hat dafür auch keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen.

Indizien, die nicht schriftsätzlich vorgetragen waren und erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Berufungsrechtszug von der Klägerin vorgebracht wurden und die ihrer Meinung nach darauf schließen lassen, dass die Ehefrau des Insolvenzschuldners als dessen "Strohfrau" agiert, können für die Entscheidung in diesem Verfahren nicht mehr bewertet werden, denn solche neuen Argumente sind nach § 531 ZPO auszuschließen, weil die Klägerin sie schon erstinstanzlich hätte vorbringen können.

Allein die bereits erstinstanzlich eingeführte Behauptung, Frau K. habe kein Vermögen und kein Einkommen gehabt, reicht zum Nachweis nicht. Der einzig vorgelegte Beleg für eine Vermögenslosigkeit der Ehefrau - ein vom Ehemann ausgefüllter PKH-Vordruck, in dem in der Rubrik "Einkünfte der Ehefrau" nichts eingetragen ist - ist kein Beweis für eine Vermögenslosigkeit der Ehefrau. In jenem Formular hat der Schuldner K. nicht angegeben, dass die Ehefrau keine Einkünfte habe, die Rubrik ist vielmehr nicht ausgefüllt. Es finden sich dort weder Einträge zu Einkünften, noch ist das Feld "Keine Einkünfte" angekreuzt. Nach Vermögen der Ehefrau wird in jenem Formular überdies nicht gefragt.

Es genügt auch nicht, dass die Klägerin bestreitet, dass die Ehefrau Eigentümerin eines PKW gewesen sei, vielmehr muss sie Anhaltspunkte dafür liefern, dass der Schuldner über einen Vermögensgegenstand verfügt hat, der für die Aufbringung des Betrages verwertet wurde. Allein der Umstand, dass der Schuldner die Ehefrau gebeten hat, einen Mercedes zu verwerten, genügt dafür nicht, denn dies belegt nicht, dass der Schuldner einen ihm gehörenden PKW ansprach. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung selbst erklärt, sie habe als Insolvenzverwalterin in diesem Fall sogar Durchsuchungen zur Auffindung von Vermögenswerten des Schuldners veranlasst, ohne aber beweisen zu können, dass ihm ein Fahrzeug gehört habe.

Überdies steht auch überhaupt nicht fest, dass die Ehefrau den Betrag aus einer Fahrzeugverwertung erlöste, denn woher sie bis zum nächsten Tag das Geld erlangt hat, wissen beide Parteien nicht.

Selbst wenn die Ehefrau die 18.000 DM nicht aus eigenem Vermögen hätte aufbringen können - was keineswegs feststeht - , könnte damit noch nicht festgestellt werden, dass sie dann aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners selbst stammen müssen, weil die Ehefrau das Geld auch von Dritten beschafft haben könnte.

Die Klägerin kann auch nicht beweisen, dass der Betrag mit den Handlungen und Verfügungen vom 17.10.2000 in die Masse gelangt ist.

Die Klägerin könnte mit ihrem Begehren nur dann Erfolg haben, wenn die erkennbaren oder von der Klägerin beweisbaren äußeren Umstände des Vorgehens belegen, dass die Eheleute K. hier eine Vorgehensvariante gewählt oder praktiziert haben, die einen Durchgangserwerb des Ehemannes beinhaltet oder wenn ein Durchgangserwerb rechtlich angenommen werden müsste, um den Zahlungszweck - Tilgung der Geldstrafe - zu erfüllen. Beides lässt sich aber nicht feststellen.

Dass das Geld dem Schuldner von seiner Ehefrau durch Übergabe an seinen Verteidiger geschenkt oder darlehensweise hingegeben wurde, ergibt sich aus den geschilderten Abläufen nicht.

Motiv für die Tilgung einer Geldstrafe eines Angehörigen ist regelmäßig das Bedürfnis, den Angehörigen vor der Haft zu bewahren. Deshalb sind Angehörige häufig auch bereit, selbst Vermögen zu opfern, ohne dass dies stets mit Rückforderungsansprüchen verknüpft sein muss.

Es ist auch nicht anzunehmen ist, dass die leistende Ehefrau eine Übereignung an ihren Ehemann angestrebt haben oder auch nur für sinnvoll oder notwendig gehalten haben soll. Die Ehefrau hatte auch in zurückliegender Zeit die Raten auf die Geldstrafe des Mannes vom eigenen Konto gezahlt. Sie hätte auch jetzt das Geld selbst zur Polizei bringen oder selbst bei der LBZ einzahlen können.

Sowohl ihr, als auch RA S. war das Insolvenzverfahren bekannt. Eine Übereignung an den Schuldner konnten daher weder der anwaltliche Vertreter, noch die Ehefrau anstreben. Der Schuldner K. konnte selbst keinerlei Interesse am Erwerb des Geldbetrages haben, allen Beteiligten dürfte es ausschließlich darauf angekommen sein, das Geld der Landeskasse zufließen zu lassen.

Hier ist lediglich das schon für die früheren Geldstrafraten praktizierte Verfahren, das darin bestand, dass die Ehefrau die Geldstrafraten vom eigenen Konto unmittelbar zahlte, mit einem Umweg über RA S. wieder aufgegriffen worden.

Auch wenn die Ehefrau die insolvenzrechtlichen Besonderheiten nicht bedacht haben sollte, die einen Durchgangserwerb hier nachteilig erscheinen ließen, wäre eine Übereignungsabsicht nicht zu unterstellen, weil eine Übereignung nicht erforderlich war, um den angestrebten Zweck - Geldstrafentilgung bzw. Haftvermeidung - zu erreichen.

Der Vermögenswert, den die Ehefrau zur Begleichung der Strafe beschafft hatte, muss keineswegs zunächst in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein, um die Strafe tilgen zu können, denn auch Leistungen Dritter sind geeignet, gegenüber der Landeskasse diesen Zweck zu erfüllen.

Die Klägerin stützt ihre abweichende Rechtsauffassung - dass eine Leistung durch Dritte nicht möglich sei und deshalb ein Durchgangserwerb des Schuldners konstruiert werden müsse - auf § 267 BGB.

§ 267 BGB geht zunächst davon aus, dass eine Schuld auch durch Leistungen Dritter erfüllt werden kann, es sei denn, der Schuldner hat in Person zu leisten. Dabei ist "in Person zu leisten" gleichzusetzen mit "eine unvertretbare Leistung zu erbringen".

Die Klägerin stützt ihre Auffassung auf Kommentarstellen und ein Rechtsprechungszitat, die - auf den ersten Blick - den Eindruck erwecken, eine Strafe könne nicht durch Dritte getilgt werden

In der Kommentierung des § 267 BGB findet sich beim Münchner Kommentar unter Rdn. 7 nämlich die Feststellung:

Bei öffentlichrechtlichen Geldstrafen ist die Norm nicht anwendbar, weil es der Strafzweck verlangt, dass der Täter die ihm auferlegte Geldstrafe aus seinem eigenen Vermögen selbst trägt. Eine andere - zu verneinende - Frage ist, ob die Missachtung dieser Pflicht strafwürdiges Unrecht (§ 258 Abs. 2 StGB) darstellt. Der persönliche Charakter der Zahlungspflicht schließt auch nicht aus, dass der Täter zivilrechtlich Ersatz in Höhe des gezahlten Betrages, etwa wegen Verletzung einer vertraglichen Beratungspflicht, beanspruchen kann.

Auch im Palandt findet sich in älteren Auflagen (bis zur 59. Auflage) die Feststellung, die höchstpersönliche Leistungspflicht könne sich auch aus der Natur der Sache ergeben, so etwa bei Unterhaltsverpflichtungen oder bei Geldstrafen (BGH 23,224; RGSt 30,232), während in den neueren Auflagen der Hinweis auf die Geldstrafe fehlt.

Mit der (Natural-)Unterhaltspflicht wird der Fall einer unvertretbaren Leistung angesprochen, der der Geldstrafenzahlung nicht vergleichbar ist.

Bei der "höchstpersönlichen Leistung" des § 267 BGB geht es nicht darum, dass eine an sich vertretbare Leistung (wie z. B. eine Geldleistung) aus dem Vermögen einer bestimmten Person zu erfolgen hat, um einen bestimmten Zweck - wie z. B. den Strafzweck - zu erfüllen.

Die Entscheidungen, auf die beide Kommentare die Erkenntnis beziehen, besagen auch nichts darüber, ob nicht ein Dritter eine Strafe tilgen kann, sie befassen sich mit dieser Frage nicht.

Die BGH-Entscheidung, auf die sich die zitierte Kommentarstelle bezieht (BGH NJW 1957,586 = BGH 23, 224), enthält keinerlei Feststellung dazu, dass ein Dritter die Strafe nicht wirksam tilgen könne, sie wird nur eingeleitet mit dem Satz

"Es ist zwar zutreffend, dass der Täter, dem eine öffentlichrechtliche Strafe auferlegt ist, diese grundsätzlich aus seinem Vermögen selbst tragen muss."

Schon die Formulierung "grundsätzlich" lässt anklingen, dass hier weder etwas über ein generelles Verbot der Zahlung durch Dritte konstatiert werden soll, noch die Unwirksamkeit einer solchen Zahlung zur Diskussion steht. Der Satz beschreibt vielmehr lediglich den Strafzweck.

Es geht in der Entscheidung allein darum, ob es einen zivilrechtlichen Anspruch gegen einen Dritten geben kann, die bereits gezahlte Strafe zu erstatten, weil die Straftat auf einem Beratungsfehler des Dritten beruhte. Sogar dies bejaht der BGH jedenfalls für den Fall eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs.

Für öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse gilt gleicherweise, wie für zivilrechtliche Verbindlichkeiten, dass vertretbare Leistungen auch durch Dritte erbracht werden können, dies stellt beispielsweise § 48 AO für das Steuerschuldverhältnis ausdrücklich fest.

Die Begleichung einer Strafe durch einen Dritten nach deren Verhängung ist auch weder strafbar noch stets sittenwidrig.

Es gibt zwar Ausnahmefälle, in denen beides denkbar ist, wie z. B. den Fall, in dem sich ein Dritter vor Begehung einer Straftat zur Begleichung der Strafe verpflichtet (einen so gelagerten Fall erörtert das BAG in der von der Klägerin zitierten Entscheidung BAG NJW 2001, 1962) oder die Zahlung aus Mitteln bewirkt wird, die zu diesem Zweck nicht gedacht sind, so dass dann an eine Untreue gegenüber dem Belasteten zu denken ist (BGH NJW 1990, 990). Auch in jenen in der Rechtsprechung erörterten Fällen wird in den bezogenen Entscheidungen aber nicht in Frage gestellt, dass durch die Leistung des Dritten die Strafe getilgt werden kann, das BAG befasst sich ausschließlich mit der Frage, ob eine rechtsgeschäftliche Zusage, die Strafe zu übernehmen, einen klagbaren Anspruch ergeben kann und die genannte BGH-Entscheidung macht gerade deutlich, dass auch ein Dritter eine Strafe tilgen kann.

Für den Fall, dass ein Familienmitglied sich bereit findet, die Mittel für die Strafe eines Angehörigen aufzubringen, bedarf eine Sitten- oder Gesetzwidrigkeit keiner ernsthaften Diskussion. Solches Vorgehen ist weder verboten noch sittenwidrig.

Die mögliche Verfehlung des Strafzwecks kann an der Tilgungswirkung nichts ändern.

Damit, dass der Gesetzgeber als Strafe eine Leistung vorsieht und annimmt, die jeder erbringen kann und deren Herkunft die Vollstreckungsbehörde auch weder zu prüfen gedenkt, noch auch nur prüfen könnte, wird naturgemäß und für den Gesetzgeber erkennbar die Möglichkeit geschaffen, dass der Straftäter die Bestrafung nicht in jedem Fall am eigenen Leibe spürt. Das mag aus sanktionsrechtlichen Überlegungen bedauerlich sein, es gibt aber weder faktisch noch rechtlich eine Möglichkeit des Empfängers, bei der Annahme von Geld nach dessen Quelle zu differenzieren und ggf. die Annahme zu verweigern. Dies erwartet der Gesetzgeber auch nicht.

Der BGH prüft in einer Strafsache (abgedruckt in NJW 1991, 990 ff), ob die Begleichung einer Strafe durch einen Dritten eine Begünstigung darstellt. Die Erwägungen bezwecken zwar nicht die Prüfung der zivilrechtlichen Seite, beleuchten aber deutlich, dass unmittelbare Leistungen Dritter möglich, wirksam und nicht sanktioniert sind. Der Senat hatte die wesentlichen Passagen dieser Entscheidung bereits im PKH-Beschluss vom 17. Februar 2004 zitiert und verweist wegen der Einzelheiten der Ausführungen auf jenen Beschluss.

Der Konstruktion eines Durchgangserwerbs (beispielsweise durch eine Schenkung oder ein Darlehen) bedarf es daher nicht, um den Vollstreckungsanspruch des Staates durch eine Leistung der Ehefrau zum Erlöschen zu bringen. Auch eine direkte Leistung der Ehefrau ist rechtlich möglich und hätte den von ihr und dem Schuldner angestrebten Erfolg herbeigeführt. Ein durchsetzbares Rechtsverhältnis zwischen Ehefrau und Ehemann muss für die "Auslösung von Strafe" nicht bestehen.

Hätte daher die Ehefrau direkt an die Landeskasse bezahlt, wäre der Vermögenswert nicht zur Masse geflossen. Der Wert der Zuwendung kommt dem Verurteilten zwar zu gute, fließt aber nicht notwendig durch sein Vermögen. Auch bei einer Barzahlung bedarf es einer Rechtskonstruktion mit Durchgangserwerb, wie zum Beispiel einer Schenkung nicht.

Die Ausführungen der Klägerin zur Rückabwicklung rechtsgrundloser Leistungen im Dreiecksverhältnis sind nicht einschlägig, weil es für die dem beklagten Land zugeflossene Zahlung einen Rechtsgrund in der verhängten Geldstrafe gibt.

Sie helfen der Klägerin auch nicht bei der Begründung eines Zwischenerwerbs durch den Schuldner K., denn der "typische Fall" einer Tilgung durch Dritte, bei der eine Wertbewegung zwischen Schuldner und Drittem und eine weitere zwischen Gläubiger und Schuldner anzunehmen ist, liegt hier nicht vor. Der typische Fall liegt vor, wenn beide Wertbewegungen von den Absichten der Beteiligten getragen werden. Das ist hier gerade nicht festzustellen.

Die Übernahme einer Geldstrafe durch Angehörige wird von dem Leistenden regelmäßig nicht von dem Gedanken getragen, dem Schuldner Vermögen zuzuwenden, sondern allein von dem Wunsch, seine Freiheit zu erhalten.

In diesem wie auch in einem weiteren Punkt unterscheidet sich der hier zu entscheidende Fall maßgeblich von dem Fall, über den das Amtsgericht Hamburg in der von der Klägerin eingereichten, in NZI 2004, 323 veröffentlichten Entscheidung zu befinden hatte.

Dort stand fest, dass der Dritte, aus dessen Vermögen der zu untersuchende Betrag angeblich stammte, eigene Vermögensinteressen mit der Zahlung verbunden hatte und mit seiner Leistung eine Vermögensmehrung der Schuldnerin anstrebte. Außerdem war dort von einem Durchgangserwerb schon deshalb auszugehen, weil die Schuldnerin persönlich über diesen Betrag verfügt hatte.

Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass gegenseitige Zuwendungen von Ehepartnern untereinander im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Rechtsprechung mit einem im Familienrecht begründeten Vertrag oder Schuldverhältnis erklärt werden, ist für den vorliegenden Fall nicht entscheidend. Dieses Rechtsverhältnis ist maßgebend, wenn es um die Auseinandersetzung der Eheleute über solche früheren Zuwendungen geht. Ein solches Rechtsverhältnis begründet - anders als z. B. ein Darlehensvertrag oder ein wirksames Schenkungsversprechen - aber keine Möglichkeit eines Dritten, einen klagbaren Anspruch auf eine solche Zuwendung daraus herzuleiten. Ein solcher Anspruch ist der Klägerin deshalb nicht entgangen, sie hätte diesen Anspruch nicht für die Insolvenzmasse geltend machen können. Die Tilgung einer Geldstrafe durch einen Angehörigen bedarf auch auf der Grundlage der familienrechtlichen Rechtsbeziehung keines "Durchgangserwerbs".

Der Klägerin hilft beim Versuch, eine Massezugehörigkeit vor dem 17.10.2000 zu begründen, auch die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB nicht.

Die Vermutung des § 1006 BGB kann die Klägerin hier nur in der Variante des Abs. 3 nutzen, denn der Schuldner K. hatte nie unmittelbaren Besitz. Zunächst war allein die Ehefrau Besitzerin des Geldes, sie übergab es an RA S..

Dieser übergab es den vorführenden Polizeibeamten, die es bei der LBK einzahlten . Dabei wurde der Name des Schuldners als Einzahler allein deshalb angegeben, um damit eine Zuordnung zu seinem Strafvollstreckungsverfahren zum Ausdruck zu bringen. Polizeibeamte, die mit Strafvollstreckungsmaßnahmen befasst sind, nehmen solches Geld für die Landeskasse entgegen, nicht als Vertreter des Verurteilten.

Ob der Schuldner mit der Übergabe des Geldes an seinen Verteidiger mittelbarer Besitzer wurde, steht nicht fest.

§ 1006 BGB begründet keine Vermutung für das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses. Die Klägerin kann sich daher auf die Rechtsvermutung des § 1006 BGB erst dann berufen, wenn sie ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Schuldner K. und RA S. belegen könnte.

RA S. kann aber - wie schon das Landgericht festgestellt hat - ebenso als bloßer Bote im Auftrag der Ehefrau tätig geworden sein. Dies ist sogar wahrscheinlicher, als dass er sich als Besitzmittler für den Mandanten verstanden haben soll.

Allein der Umstand, dass RA S. zunächst einen Teil des Geldbetrages, der ihm von der Ehefrau des Schuldners übergeben wurde, als Kostenvorschuss für seine Bemühungen einbehielt, belegt ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen RA S. und dem Schuldner nicht, weil durchaus möglich, wenn nicht sogar naheliegend ist, dass die Ehefrau eines insolventen Mandanten auch die Bezahlung des anwaltlichen Beistandes zu übernehmen beabsichtigt oder der betroffene Anwalt eine Geldzahlung jedenfalls so versteht. Mit Geld, das dem Schuldner K. gehörte, hätte die Honorarschuld bei RA S. auch nicht mit Erfolg getilgt werden können, weil der Schuldner über solches Geld nicht zu verfügen befugt war. RA S. wusste vom Insolvenzverfahren und musste deshalb davon ausgehen, dass der Mandant nicht über die Mittel verfügte, um ihn zu bezahlen. Der Umstand, dass RA S. anschließend den Teilbetrag, den er als Honorar einbehalten hatte, wieder herausgegeben und an die Landeskasse weitergeleitet hat, zeigt allenfalls, dass er erkannt hatte, dass der gesamte Betrag ihm zweckbestimmt zur Geldstrafentilgung und nicht zur Begleichung von Honoraransprüchen übergegeben wurde, nicht aber, dass er angenommen hatte, dass es sich um Geld des Mandanten handele.

Auch wenn RA S. als Verteidiger oder sonst anwaltlicher Vertreter K.s diesen hätte vertreten dürfen (über den Inhalt des Mandats und der Vollmacht wird nichts vorgetragen), konnte er auch eine Übereignung an den Mandanten so lange nicht bewirken, als die Ehefrau keinen Übereignungswillen hatte. Die Ehefrau hatte feststellbar nur den Willen, die Strafe für ihren Mann zu bezahlen.

Zeugen für die von der Klägerin geäußerte Auffassung, die agierenden Personen hätten ihr Verhalten anders verstanden, nämlich als Schenkung oder Darlehen, benennt die Klägerin nicht. Nur das beklagte Land benennt die handelnden Personen als Zeugen für die Richtigkeit seiner gegenteiligen Interpretation.

Die Beweislast trägt aber die Klägerin.

Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben, weil das Landgericht zutreffend angenommen hat, dass nicht festzustellen ist, dass mit der Geldstrafenzahlung eine Verfügung zum Nachteil der Masse getroffen wurde.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO, 25 Abs. 2 GKG.

Anlass zur Zulassung der Revision sieht der Senat nicht. Der Senat weicht - wie aufgezeigt - nicht von der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs ab. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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