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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 22.08.2002
Aktenzeichen: 11 U 30/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 78
ZPO § 78 Abs. 2
ZPO § 378 Abs. 2
ZPO § 378 Abs. 1
BGB § 198
BGB § 201
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 15
BRAGO § 16 Satz 1
BRAGO § 16 Satz 2
BRAGO § 19 Abs. 7
BRAGO § 18 Abs. 1 Satz 2
Zur Frage, inwieweit ein Rechtsanwalt seinen Mandanten gebührenrechtlich aufklären muß, wenn er einen Korrespondenzanwalt beauftragt, der aufgrund eigener Postulationsfähigkeit auch als Prozessbevollmächtigter hätte tätig werden können.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 30/2001

Verkündet am: 22. August 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jahncke, den Richter am Oberlandesgericht Philipp und die Richterin am Oberlandesgericht Gutbier für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26. Januar 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 7.773,10 DM = 3.974,32 €.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

1.) Die Kläger waren als erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Beklagten in mehreren beim AG P. anhängigen Familiensachen des Beklagten anwaltlich tätig. Ihre Gebühren wegen ihrer Tätigkeit im Verfahren auf Auskunft und Trennungsunterhalt, im Ehescheidungsverfahren, im einstweiligen Anordnungsverfahren wegen Unterhalts und im weiteren einstweiligen Anordnungsverfahren wegen Zahlung eines Prozesskostenvorschusses haben die Kläger in der Klageschrift abgerechnet. Daraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 19.500,60 DM. Die Auftragserteilung über die Korrespondenzanwälte und die Gebührenhöhe entsprechend der in den genannten Verfahren entfalteten Tätigkeit sind unstreitig, denn der Beklagte erhebt keine gebührenrechtlichen, sondern materiell-rechtliche Einwendungen. Demnach steht fest, dass die Kläger die eigenen gebührenrechtlichen Ansprüche aufgrund des Anwaltsauftrags und der tatsächlich erfolgten Vertretung des Beklagten schlüssig vorgetragen haben.

Die Kläger machen weiterhin aufgrund einer Abtretungsvereinbarung vom 12./13. April 2000 die Korrespondenzgebühren der Rechtsanwälte J. und Partner in H. gemäß Rechnungen vom 12. April 2000 über 2.840,96 DM und 659,21 DM geltend. Auch insoweit ist unstreitig, dass der Beklagte den Korrespondenzanwälten einen Anwaltsauftrag erteilt hat. Die Abtretung der Anwaltsgebühren an die Kläger begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil im Verhältnis zwischen Verkehrsanwalt und Prozessbevollmächtigten kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vorliegen kann. Soweit noch im ersten Rechtszug gebührenrechtliche Einwendungen erhoben worden sind, sind sie in der Berufungsbegründung nicht weiter verfolgt worden (Fotokopierkosten und Zahlung eines weiteren Vorschusses von 1.400 DM).

2.) Der Beklagte beauftragte Anfang 1996 den H.er Anwalt Dr. V., ein Scheidungsverfahren einzuleiten. Bereits seit 1987 hatte der Beklagte von seiner Ehefrau getrennt gelebt. Da das Scheidungsverfahren beim AG P. durchgeführt werden musste, beauftragte Rechtsanwalt Dr. V. durch Schreiben vom 20. Februar 1996 die Kläger mit der Vertretung des Beklagten und vereinbarte Gebührenteilung, da Rechtsanwalt Dr. V. die im Scheidungsverfahren erforderlichen Schriftsätze fertigen wollte. Die weitere Korrespondenz sollten die Kläger mit Rechtsanwalt Dr. V. führen. Am 19. Februar 1996 wurde der Ehescheidungsantrag gestellt, so dass es zum Scheidungsverfahren 49 F 64/96 AG P. kam.

Am 06. März 1996 erhob die Ehefrau des Beklagten Klage gegen ihn auf Auskunft und Zahlung von Trennungsunterhalt, wodurch es zum Verfahren 49 F 89/96 AG P. kam. Auch in diesem Verfahren traten die Kläger als Prozessbevollmächtigte des Beklagten auf, während Rechtsanwalt Dr. V. als Korrespondenzanwalt tätig wurde. Im Gegensatz zum Scheidungsverfahren war entsprechend der damaligen Regelung des § 78 ZPO eine Vertretung durch die Kläger nicht erforderlich, weil auch Rechtsanwalt Dr. V. beim Familiengericht P. gemäß der damaligen Fassung des § 78 Abs. 2 ZPO postulationsfähig gewesen wäre. Im Hinblick darauf hält der Beklagte die Korrespondenzanwaltstätigkeit im Trennungsunterhaltsverfahrens für unnötig. Im Übrigen vermisst er eine ausreichende Belehrung über die mit der Korrespondenzanwaltstätigkeit verbundenen Mehrkosten.

Ein Rechtsanwalt schuldet seinem Mandanten grundsätzlich ungefragt keinen Hinweis auf die entstehenden Kosten, weil ein Mandant regelmäßig davon ausgehen muss, dass mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts Gebühren verbunden sind. Ausnahmsweise kann sich nach Treu und Glauben eine Hinweispflicht auch ohne Nachfrage des Mandanten ergeben, wenn etwa bei ungewöhnlichen Gegenstandswerten die sich daraus ergebenden hohen Gebühren das erstrebte Ziel wirtschaftlich sinnlos machen können und die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Vermögensinteressen des Mandanten derart hohe Gebühren als zweifelhaft erscheinen lassen (BGH NJW 1980, 2128, 2130; 1998, 136, 137; 1998, 3486, 3487).

Eine Belehrungspflicht über entstehende Mehrkosten kann sich unter Umständen bei der Einschaltung eines Verkehrsanwalts ergeben. Dies gilt vor allem dann, wenn der bisherige Prozessbevollmächtigte nach Abschluss einer Instanz als Verkehrsanwalt tätig werden will, weil in einem derartigen Fall der Mandant häufig nicht übersehen kann, ob der Anwalt noch aufgrund des ursprünglichen oder aufgrund eines neuen Auftrags tätig wird. Deshalb soll eine Korrespondenzgebühr einem Anwalt, der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist, dann nicht zugebilligt werden, wenn der Anwalt Anlass zur Annahme hat, sein Mandant gehe davon aus, dass sich die bisherige Beiordnung auch auf die Tätigkeit als Verkehrsanwalt im Berufungsverfahren erstrecke und wenn er die Partei gleichwohl nicht auf die Entgeltlichkeit seiner weiteren Tätigkeit hinweist. Diese Rechtsauffassung ist verallgemeinerungsfähig und führt zu dem Ergebnis, dass immer dann, wenn nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere wegen des Verhaltens eines Partners Zweifel bestehen, ob der andere die möglichen Folgen seines Handelns übersieht, ein Hinweis auf das Zustandekommen eines Vertrags und die daraus sich ergebende Entgeltlichkeit erforderlich ist (BGH NJW 1991, 2084, 2086; OLG Koblenz MDR 1993, 180, 181 f.; Zugehör-Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung, Rz. 208; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl., Rz. I 169).

Eine Belehrungspflicht besteht im Gegensatz zur Fortsetzung der Tätigkeit des bisherigen Prozessbevollmächtigten als Korrespondenzanwalt nach Instanzbeendigung in den Fällen nicht, in denen der Mandant von vornherein den beim Prozessgericht nicht zugelassenen Anwalt als Korrespondenzanwalt beauftragt und die Notwendigkeit der zusätzlichen Beauftragung eines beim Prozessgericht zugelassenen Anwalts für den Mandanten ohne Weiteres ersichtlich ist.

Rechtsanwalt Dr. V. konnte im Scheidungsverfahren nur als Korrespondenzanwalt tätig werden, weil ihm die Postulationsfähigkeit beim Familiengericht P. fehlte. Daraus ergab sich auch für den Beklagten ohne Weiteres, dass zwei Anwälte eingeschaltet werden mussten. Für den Beklagten konnte deshalb nicht zweifelhaft sein, dass bei Tätigkeit eines H.er sowie eines P.er Anwalts zusätzliche Gebühren entstehen müssten, weil beide Anwälte ihre Gebühren gesondert abrechnen würden. Da Rechtsanwalt Dr. V. nicht bereits als Prozessbevollmächtigter tätig war, konnte im Gegensatz zu dem in der Entscheidung BGH NJW 1991, 2084 angeführten Fall kein Missverständnis dahingehend aufkommen, ob die Korrespondenztätigkeit durch einen bisherigen Auftrag abgegolten wurde. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte die erforderlichen Besprechungen allein mit Rechtsanwalt Dr. V. führte, der daraufhin Schriftsätze anfertigte und an die Kläger weiterleitete, die ihrerseits die Schriftsätze an das Familiengericht P. einreichten, wusste auch der Beklage, dass zwei verschiedene Anwälte arbeitsteilig tätig wurden. Diese Tätigkeit wurde über längere Zeit während des Scheidungsverfahrens bis zur Mandatsbeendigung ausgeübt.

Wenn eine Partei die ständige schriftliche und mündliche Information des Prozessbevollmächtigten durch einen anderen, am Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt hinnimmt und auch die eigenen Erklärungen zur Sache während des Verfahrens in erster Linie über diesen Rechtsanwalt leitet, liegt ein gebührenpflichtiger Verkehrsanwaltsauftrag vor (Zugehör-Sieg, a. a. O., Rz. 208). Für den Beklagten war deshalb ohne Weiteres erkennbar, dass er den Vorteil, die erforderlichen Besprechungen mit einem an seinem Wohnort ansässigen Anwalt führen zu können, während die eigentliche Prozessvertretung durch P.er Anwälte wahrgenommen werden sollte, mit zusätzlichen Gebühren bezahlen musste. Unter diesen Umständen ist die Annahme einer Belehrungspflicht über Mehrkosten nicht gerechtfertigt.

Ob im Trennungsunterhaltsverfahren auch eine Belehrung über Mehrkosten unterbleiben durfte, könnte zweifelhaft sein, bedarf aber keiner Entscheidung. Im Verfahren wegen Trennungsunterhalts war eine Korrespondenztätigkeit zwar nicht zwingend erforderlich, aber sachlich vertretbar. Nachdem bereits vorher das Scheidungsverfahren anhängig gemacht worden war und die Ehefrau im Scheidungsverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung Unterhalt verlangte, war es zweckmäßig, dass die Kläger nicht nur im Scheidungsverfahren die Unterhaltsfrage klärten, sondern ihnen auch wegen des Trennungsunterhalts ein Prozessauftrag erteilt und Rechtsanwalt Dr. V. in beiden Verfahren lediglich als Verkehrsanwalt tätig wurde. Da es in beiden Unterhaltsbereichen zu Überschneidungen kommen musste, weil im Trennungsunterhaltsverfahren und im Rahmen der einstweiligen Anordnung die Einkommensverhältnisse des Beklagten dargestellt werden mussten, hätte die Gefahr bestanden, dass es zu Abweichungen gekommen wäre, wenn die Kläger lediglich im Scheidungsverfahren als Prozessbevollmächtigte aufgetreten wären. Darüber hinaus wären, wenn Rechtsanwalt Dr. V. bereit gewesen wäre, im Trennungsunterhaltsverfahren als Prozessbevollmächtigter aufzutreten, Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder entstanden, die der Beklagte auch wenn diese für einen einzelnen Termin sich in einem überschaubaren Rahmen hielten, ohnehin zusätzlich zu zahlen gehabt hätte. Wie viel Verhandlungstermine notwendig werden würden, war allerdings nicht abzusehen. Demzufolge bestand ohne Weiteres die Möglichkeit, dass die Mehrkosten durch die Tätigkeit eines Verkehrsanwalts sowie eines Prozessbevollmächtigten sich in einem tragbaren Rahmen halten würden.

Auch wenn durch die Tätigkeit eines Verkehrsanwalts und eines Prozessanwalts Mehrkosten entstanden, war Rechtsanwalt Dr. V. weder verpflichtet, dem Beklagten zu empfehlen, entweder ihn im Trennungsunterhaltsverfahren als Prozessbevollmächtigten zu beauftragen oder in beiden Verfahren die Kläger unmittelbar zu beauftragen und von einem Verkehrsanwaltsauftrag aus Kostengründen abzusehen, sondern er musste allenfalls auf entstehende Mehrkosten hinweisen und dem Mandanten, der an einer Beauftragung sowohl eines Prozessbevollmächtigten als auch eines Verkehrsanwalts ein berechtigtes Interesse haben konnte, die Entscheidung überlassen (BGH NJW 1998, 136, 137).

Rechtsanwalt Dr. V. hat in seiner Vernehmung durch das Landgericht ausgesagt, dass er im Fall der Korrespondenztätigkeit auf die anfallenden Korrespondenzgebühren hinweise, was nach seiner Erinnerung auch im vorliegenden Fall gegenüber dem Beklagten geschehen sei. Regelmäßig erkläre er den Mandanten, dass eine derartige Korrespondenzgebühr möglicherweise nicht erstattungsfähig sei, selbst wenn ein Obsiegen eintreten sollte. Nur im Ausnahmefall könnte anders verfahren werden. Der Regelfall sei die eingangs geschilderte Verfahrensweise. Nach so langer Zeit könne er nicht mehr sagen, ob er den Beklagten damals darauf hingewiesen habe, dass im Unterhaltsverfahren - im Gegensatz zum Scheidungsverfahren - er, der Zeuge, auch persönlich hätte vor dem Familiengericht P. auftreten können. Er könne sich beim besten Willen heute nicht daran erinnern, was er dem Beklagten im Einzelnen gesagt habe.

Aufgrund der Vernehmung des Dr. V. spricht Vieles dafür, dass dieser den Beklagten über zusätzliche Korrespondenzanwaltsgebühren aufgeklärt hat. Selbst wenn die letzte Gewissheit darüber fehlen sollte, ob Rechtsanwalt Dr. V. den Beklagten entsprechend seiner üblichen Handhabung über die Mehrkosten belehrt hat, bedeutet dies nicht, dass deshalb die Korrespondenzgebühren nicht zu zahlen wären. Da die Aufklärung über zusätzliche Kosten eine Anwaltspflicht ist, deren Verletzung eine positive Forderungsverletzung darstellt, ist der Mandant grundsätzlich dafür beweispflichtig, dass er über die Mehrkosten nicht aufgeklärt worden ist (BGH NJW 1998, 136, 137). Dieser Beweis ist nicht geführt worden.

Die Beweisführung wäre dem Beklagten durch die Anwendung des § 378 Abs. 2 ZPO nicht erleichtert worden. Abgesehen davon, dass der Beklagte beweisen muss, dass die Belehrung über Mehrkosten unterblieben ist und üblicherweise keine Aktenvermerke über unterbliebene Belehrungen, sondern im Regelfall über erfolgte Belehrung angelegt werden, war Rechtsanwalt Dr. V. nicht mehr im Besitz der Handakte, weil er die frühere Sozietät nicht ganz im Einvernehmen mit den früheren Sozien verlassen hat und die Handakte in der früheren Sozietät verblieben war. Ein Zeuge ist zur Vorbereitung seiner Aussage gemäß § 378 Abs. 1 ZPO nur verpflichtet, sein Wissen vor der Vernehmung durch Einsichtnahme in Aufzeichnungen zu überprüfen, wenn diese sich in seinem Besitz befinden oder ihm zugänglich sind (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., Rz. 1 zu § 378). Bei einer streitigen Sozietätsauseinandersetzung ist dies zu verneinen, wenn ein Zeuge mit den frühren Sozien erst eine Auseinandersetzung um die Herausgabe der Handakte führen muss. Deshalb ist es nicht erforderlich, den Zeugen Dr. V. erneut zu vernehmen und ihm vorher eine Auflage zu machen. Demnach steht fest, dass der Beklagte den ihm obliegenden Beweis, über Mehrkosten im Trennungsunterhaltsverfahren nicht belehrt worden zu sein, nicht geführt hat, so dass letztlich auch offen bleiben kann, ob eine Belehrungspflicht überhaupt bestanden hat.

3.) Die Zahlungspflicht hinsichtlich der Verkehrsanwaltsgebühr kann auch nicht aufgrund einer Teilungsvereinbarung zwischen den Klägern und den Verkehrsanwälten verneint werden. Das zur Akte gereichte Schreiben vom 20. Februar 1996 (Bl. 118 d. A.) ergibt zwar eine Gebührenteilung, enthält aber keinen Hinweis darauf, dass dem Beklagten lediglich die Prozessgebühren, nicht jedoch die Verkehrsanwaltsgebühren in Rechnung gestellt werden sollten. Ein etwaiger den Mandanten begünstigender Charakter einer Teilungsvereinbarung würde im Übrigen einer vorherigen Belehrung über entstehende Mehrkosten, die Rechtsanwalt Dr. V. üblicherweise den Mandanten erteilt, widersprechen.

4.) Der Beklagte ist der Auffassung, die Korrespondenzgebühren seien verjährt. Dieser nicht näher begründete Einwand führt allerdings nicht zum Erfolg.

Die Verjährung von Anwaltsgebühren tritt gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB nach 2 Jahren ein, beginnt aber gemäß §§ 198, 201 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BRAGO hängt der Lauf der Verjährung nicht von der Mitteilung der Kostenrechnung ab. Für die Verjährung ist allein auf die Fälligkeit nach § 16 Satz 1 oder 2 BRAGO abzustellen. Nach § 19 Abs. 7 BRAGO wird die Verjährung durch einen Kostenfestsetzungsantrag unterbrochen.

Die Verkehrsanwälte waren zumindest bis in das Jahr 1997 tätig und haben am 11. und 12. Mai 1999 Kostenfestsetzungsantrag gestellt, so dass die Verjährung rechtzeitig unterbrochen wurde. Innerhalb der erneuten Verjährungsfrist ging die Klage wegen der Verkehranwaltsgebühren am 14. April 2000 rechtzeitig ein.

5.) Der Beklagte ist der Auffassung, er hätte darüber belehrt werden müssen, dass durch ein frühzeitiges Anerkenntnis Kosten hätten vermieden werden können. Ein derartiges Anerkenntnis sei zwecks Klaglosstellung erforderlich gewesen, weil er ohnehin monatlich 2.035,82 DM Unterhalt gezahlt habe. Spätestens nach Zustellung der Klage habe ein Teilanerkenntnis abgegeben werden müssen. Dann wäre dem Beklagten die streitwerterhöhende Auskunftsklage erspart geblieben. Insgesamt wären wegen geringerer Streitwerte auch geringere Prozesskosten entstanden.

Ein Anwalt ist nicht verpflichtet, seinem Mandanten allein zwecks Minderung des Kostenrisikos ein Anerkenntnis oder Teilanerkenntnis zu empfehlen. Hierzu ist er nur verpflichtet, wenn nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage das Bestehen des Anspruchs nicht zweifelhaft sein kann, Gegenrechte ausgeschlossen werden können, keine Chancen auf vergleichsweise Ermäßigung der Forderung bestehen und auch sonstige Vorteile wie das Hinausschieben der Zwangsvollstreckung nicht vorliegen (Rinsche, a. a. O., I 433 m. w. N.).

Nach der Aussage des Zeugen Dr. V. ist es dem Beklagten darum gegangen, dass nach seiner Auffassung seine Ehefrau aufgrund eines langjährigen Studiums und einer weiteren Ausbildung in der Lage gewesen sei, ihren eigenen Unterhalt zu verdienen. Auf die Erwerbsobliegenheit hatte der Beklagte bereits im anwaltlichen Schreiben des Dr. V. vom 16. Juli 1987 hingewiesen. Wenn somit die Frage, ob die getrenntlebende Ehefrau eine Erwerbsobliegenheit traf, zu klären war, musste ein Teilanerkenntnis aus Kostengründen nicht empfohlen werden, weil zumindest in Betracht kam, dass die Ehefrau den Unterhaltsbedarf ganz oder überwiegend durch eine Erwerbstätigkeit decken konnte. Auch wenn die Aussichten, den Unterhaltsanspruch wegen der Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu reduzieren, als nicht besonders hoch einzustufen waren, weil die Ehefrau schon 58 Jahre alt war und auf dem Arbeitsmarkt voraussichtlich nur noch geringe Chancen gehabt hätte, ließ eine Beschäftigungsmöglichkeit sich nicht ausschließen und konnte auch als Argument für den Abschluss eines Vergleichs verwendet werden, um die Ehefrau wegen des bestehenden Risikos zum Nachgeben zu bewegen. Auf die Tatsache, dass die Frage der Erwerbsobliegenheit problematisch sein könnte, ist der Beklagte nach der Aussage des Dr. V. hingewiesen worden.

6.) Der Beklagte wirft den Klägern vor, sie hätten einen überhöhten Unterhaltsvergleich abgeschlossen. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass nicht die Abgabe eines Anerkenntnisses, sondern der Abschluss eines überhöhten Unterhaltsvergleichs Gegenstand der im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Schadensersatzforderung ist. Die Hilfsaufrechnung greift allerdings nicht ein, weil den Klägern keine Pflichtverletzung aufgrund des in Gegenwart des Beklagten abgeschlossenen Unterhaltsvergleichs vorzuwerfen ist.

Der von einem Anwalt für den Mandanten abgeschlossene Vergleich darf nicht nur unter rein rechtlichen Gesichtspunkten gesehen werden. Da auch finanzielle oder wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen können, muss dem Anwalt bei der Frage, ob ein Vergleich abgeschlossen werden soll, ein großer Ermessensspielraum zugestanden werden. Dies gilt vor allem, wenn der Vergleich zur Vermeidung einer umfangreichen Beweisaufnahme, aus rein wirtschaftlichen Erwägungen oder bei unsicherer, höchstrichterlich bisher noch nicht geklärter Rechtslage geschlossen wird (Fischer, Tendenzen der Rechtsprechung des BGH zum Anwaltshaftungsrecht, NJW 1999, 2993, 2995 m. w. N.).

Vor Abschluss des Vergleichs lag bereits die einstweilige Anordnung des Familiengerichts vom 11. Juni 1996 vor, wonach der Beklagte einen monatlichen Unterhalt von 2.659,55 DM zahlen sollte. In diesem Beschluss hat das Familiengericht ausgeführt, die Ehefrau sei mit 58 Jahren auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu vermitteln, weil sie seit 1971 keiner Berufstätigkeit nachgegangen sei und der Abschluss ihres Studiums nunmehr 15 Jahre zurückliege. Des Weiteren hat das Familiengericht aufgrund des Einkommens des Beklagten den Unterhaltsanspruch im Einzelnen berechnet. Später ist es aufgrund geänderter Einkommensverhältnisse zu neuen Berechnungen des Unterhaltsanspruchs gekommen. Soweit das Familiengericht im Verhandlungstermin vom 22. April 1997 einen Elementarunterhalt von monatlich 1.611 DM vorgeschlagen hat, lag der tatsächlich abgeschlossene Vergleich über einen monatlichen Elementarunterhalt von 1.800 DM im Rahmen des bei Abschluss eines Vergleichs bestehenden Ermessens, mit dem Ungewissheiten und insbesondere die Fortsetzung eines Rechtsstreits im Berufungsverfahren vermieden werden sollen. In diesem Zusammenhang ist der Behauptung des Beklagten, seine frühere Ehefrau sei auch zum Abschluss eines Vergleichs über einen Elementarunterhalt von monatlich 1.600 DM bereit gewesen, nicht nachzugehen, weil es sich bei dieser von den Klägern bestrittenen Behauptung allenfalls um einen geheimen Vorbehalt gehandelt haben kann. Wenn dem Beklagten im Gegensatz zu den Klägern bekannt gewesen sollte, dass seine Ehefrau sich auch über einen geringeren Unterhalt verglichen hätte, hätte es nahegelegen, dass der Beklagte die Kläger hiervon unterrichtet und den Abschluss eines Vergleichs über 1.800 DM monatlichen Elementarunterhalt verweigert hätte. Da den Klägern die untere Grenze der Vergleichsbereitschaft der Ehefrau des Beklagten nicht bekannt war und der abgeschlossene Vergleich sich im Rahmen des einem Anwalt zuzubilligendem Ermessens hielt, fehlt es für die Hilfsaufrechnung bereits an einer anspruchsbegründenden Pflichtverletzung.

7.) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 19 Abs. 3, 25 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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