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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.12.1999
Aktenzeichen: 13 U 26/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 416
ZPO § 592 ff
BGB § 368
Eine Quittung beurkundet nach der ihr innewohnenden Zweckbestimmung nur die Zahlung des auf ihr genannten konkreten Betrages und nicht irgendwelche weiteren Zusätze wie etwa "Rest ca. 10000 DM"
13 U 26/99 2 O 48/99 LG Itzehoe

Verkündet am: 23. Dezember 1999

Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil im Urkundenprozeß

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

der Frau,

Klägerin und Berufungsklägerin,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen in Schleswig -

gegen

Herrn,

Beklagten und Berufungsbeklagten,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dres. Tischler, Carstensen, Schulz und Punke in Schleswig -

hat der 13. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 02. Dezember 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Mai 1999 verkündete Schlußurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 85.000,- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 01. Januar 1992 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 145.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Einleitung der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Dem Beklagten wird die Ausführung seiner Rechte vorbehalten.

Das Urteil beschwert den Beklagten mit 85.000,- DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Urkundenprozeß aufgrund eines notariellen Schuldversprechens vom Beklagten 100.000,- DM nebst Zinsen.

Die Parteien sind miteinander verheiratet, leben jedoch seit Dezember 1998 voneinander getrennt. Durch notarielle Urkunde der Notarin J in haben sie am 08. Dezember 1988 Gütertrennung vereinbart. Im Rahmen dieser Vereinbarung hat sich der Beklagte unter Ziffer III. dazu verpflichtet, an die Klägerin 100.000,- DM zu zahlen, zahlbar in 5 Jahresraten von 20.000,- DM, die Gesamtsumme zahlbar bis zum 31. Dezember 1993. Bei nicht fristgerechter Zahlung einer Rate wurden Verzugszinsen in Höhe von 6 % jährlich vereinbart. Wegen der Einzelheiten der Zahlungsverpflichtung wird Bezug genommen auf die Anlage 1 zur Klage dort Ziffer III., Bl. 6 der Gerichtsakte.

Die Klägerin hat Klage im Urkundenprozeß erhoben, die notarielle Urkunde vorgelegt, behauptet, der Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Klagerhebung auf diese Verpflichtung nichts gezahlt und den Antrag angekündigt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.000,- DM zzgl. 6 % Zinsen seit dem 01. Januar 1990 zu zahlen.

Vor Zustellung der Klage hat der Beklagte am 21. Februar 1999 bei einem Treffen mit der Klägerin dieser 5.000,- DM in bar übergeben. Hierüber hat die Klägerin dem Beklagten eine Quittung erteilt, die neben dem Zahlbetrag von 5.000,- DM den handschriftlichen Zusatz des Beklagten "Abschlagszahlung der Verpflichtung ehemals 100.000,- DM, Rest ca. 10.000,- DM" enthält. Wegen des Inhalts und des Aussehens der Quittung wird Bezug genommen auf die Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Itzehoe vom 19. April 1999, Bl. 32 der Gerichtsakte.

Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 26.02.1999 die Klage bezüglich eines erstrangigen Teilbetrages der Zinsforderung in Höhe von 5.000,- DM in der Hauptsache für erledigt erklärt und nunmehr den Antrag angekündigt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.000,- DM zzgl. 6 % Zinsen seit dem 01. November 1990 zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. März 1999 haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in Höhe von 5.000,- DM in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.000,- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 01.11.1990 zu zahlen. Der Beklagte hat die Klagforderung in Höhe von 10.000,- DM anerkannt. Durch Teil-Anerkenntnis-Urteil vom gleichen Tag hat das Landgericht den Beklagten auf Antrag der Klägerin verurteilt, an die Klägerin 10.000,- DM zu zahlen.

Die Klägerin hat nunmehr beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.000,- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 01.11.1990 zu zahlen abzüglich der durch Teil-Anerkenntnis-Urteil zuerkannten Beträge von 10.000,- DM.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe die restliche Klagforderung in Höhe 90.000,- DM erfüllt und zwar in Einzelbeträgen von 10.000,- DM (1992), 20.000,- DM (1994), 15.000,- DM (1995), 20.000,- DM (1997), 20.000,- DM (1998) und 5.000,- DM (1999).

Zusätzlich hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 1999 die Quittung vom 21.02.1999, die aus Anlaß der Zahlung des unstreitigen Teilbetrages von 5.000,- DM gefertigt worden ist, vorgelegt und darauf hingewiesen, daß die Klägerin mit der Quittung bestätigt habe, daß er nur noch eine Restzahlung von 10.000,- DM schulde.

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, den über den Quittungsvorgang hinausgehenden ergänzenden Text habe der Beklagte nach ihrer Unterschriftsleistung eigenmächtig hinzugefügt. Wenn der Text schon bei Unterschriftsleistung vorhanden gewesen sein sollte, so fechte sie den Inhalt dieser Erklärung an.

Mit dem angefochtenen Schlußurteil hat das Landgericht die Restklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, durch Vorlage der Quittung vom 21. Februar 1999 habe der Beklagte den im Urkundenprozeß beachtlichen Beweis geführt, daß die 5.000,- DM eine Teilzahlung auf die Ursprungsforderung von 100.000,- DM dargestellt hätten und daß nach Zahlung dieses Teilbetrages nur noch 10.000,- DM offene Verbindlichkeiten bestünden. Soweit die Klägerin die Echtheit der Urkunde bestreite, habe sie dies nicht mit im Urkundenprozeß zulässigen Beweismitteln unter Beweis gestellt. Auch eine Anfechtung wegen Irrtums scheide aus. Wegen des weiteren Inhalts wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil.

Mit ihrer Berufung hält die Klägerin ihren Einwand aufrecht, der Beklagte habe nach der Unterschriftsleistung eigenmächtig und wahrheitswidrig den Zusatz über Abschlagszahlungen und die Restforderung hinzugefügt. Im übrigen ist sie der Auffassung, mit Vorlage dieser Quittung könne der Beklagte nicht in im Urkundenprozeß beachtlicher Weise die Erfüllung der Forderung über 100.000,- DM in Höhe von 85.000,- DM beweisen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 85.000,- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 01. Januar 1992 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet, nach der Unterschriftsleistung durch die Klägerin eigenmächtig den Text der Quittung ergänzt zu haben. Er behauptet, er habe aus den unregelmäßig fließenden Geschäftseinnahmen in der Zeit ab 1993 der Klägerin Teilbeträge zwischen 10.000,- DM und 20.000,- DM teils überwiesen, teils in bar ausgehändigt. Zur Stützung dieser Behauptungen legt er Unterlagen, im wesentlichen Ablichtungen von Kontoauszügen, vor. Wegen deren Inhalt wird Bezug genommen auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 19. November 1999 (Bl. 105 bis 153 GA). Soweit es eine Barzahlung in Höhe von 15.000,- DM im Januar 1995 betreffe, berufe er sich zum Beweis der Richtigkeit dieser Behauptung auf eine Vernehmung der Klägerin als Partei.

Im übrigen seien, da die Klägerin erstmals 1999 Zinsen geltend gemacht habe, ältere Zinsforderungen verjährt.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 02. Dezember 1999 die Klägerin als Partei zu der Behauptung vernommen, sie habe im Januar 1995 von dem Beklagten 15.000,- DM in bar ausgehändigt erhalten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 183 GA).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist begründet.

Sie hat durch Vorlage der notariellen Vereinbarung vom 08. Dezember 1988 in einer im Urkundenprozeß beachtlichen Weise dargelegt, daß ihr gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von noch 85.000,- DM zusteht.

Dem Beklagten ist es hingegen nicht gelungen, in gleicher beachtlicher Weise die Erfüllung der Forderung zu beweisen.

Die vorgelegte Quittung vom 21. Februar 1999 beweist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mehr als die - unstreitige - Tatsache, daß er an diesem Tag der Klägerin 5.000,- DM als Abschlagszahlung auf die Verpflichtung von ehemals 100.000,- DM in bar aushändigte. Hingegen beweist diese Quittung nicht, daß zu diesem Zeitpunkt insoweit nur noch eine Restforderung von 10.000,- DM bestand. Das gilt selbst dann, wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, daß die vorgelegte Quittung im Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung durch die Klägerin bereits den vollständigen Text enthielt.

Nur soweit es die unstreitige Zahlung von 5.000,- DM an diesem Tag betrifft, handelt es sich bei der vorgelegten Urkunde um eine Quittung, also um ein schriftliches Empfangsbekenntnis (§ 368 BGB) der Klägerin über den Empfang der 5.000,- DM. Insoweit geht es um das Bekenntnis einer Tatsache. Die Quittung ist daher Wissenserklärung und kein Rechtsgeschäft (Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., Rn. 2 zu § 368 m. w. N.).

Grundsätzlich kann der Schuldner seiner Beweisführungslast durch Vorlage einer Quittung genügen. Sie enthält ein außergerichtliches Geständnis des Gläubigers hinsichtlich des Leistungsempfanges und als solches ein Indiz für die Wahrheit der zugestanden Tatsache. Die Beweiskraft einer Quittung hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung und kann durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden (BGH, WM 1978, 849, ständige Rechtsprechung). Den Hauptbeweis hat die beweisbelastete Partei zu führen, den Gegenbeweis hinsichtlich derselben Tatsache ihr Gegner. Während der Hauptbeweis nur erbracht ist, wenn der Beweisführer dem Gericht die volle Überzeugung vom Eintritt der beweisbedürftigen Tatsache verschafft hat, ist der Gegenbeweis bereits geglückt, wenn durch ihn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird; daß sie als unwahr erwiesen wird, ist nicht nötig (BGH, a. a. O., 850, m. w. N.). Soweit der Schuldner darlegungs- und beweispflichtig für die Erfüllung der Schuld ist, braucht der Gläubiger durch Darlegung und ggf. Beweis von Indiztatsachen, die gegen die von ihm bestrittene Zahlung sprechen, die Überzeugung des Gerichtes bezüglich der Zahlung nur zu erschüttern; eine "zwingende Schlußfolgerung" gegen die vom Beklagten behauptete Zahlung ist für den Erfolg der Klage nicht erforderlich (BGH, a. a. O.). Der belegte Empfang von 5.000,- DM durch die Klägerin ist unstreitig, bedarf also keines Beweises. Der Beklagte will mit der Quittung aber auch den Nachweis führen, daß er insgesamt 90.000,- DM gezahlt hat. Dies soll sich aus dem Zusatz: "Rest ca. 10.000,- DM" ergeben.

Eine Auslegung dahin, daß die Urkunde eine Quittung über insgesamt 90.000,- DM beinhaltet, ist jedoch schon nach ihrem Wortlaut nicht möglich. Denn es wird nicht die Zahlung von 90.000,- DM quittiert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, daß noch ein Rest von ca. 10.000,- DM ehemaligen Verpflichtung über 100.000,- DM bestehen soll, wobei zudem offen bleibt, wie dieser Betrag - auch unter Berücksichtigung von aufgelaufenen Zinsen - errechnet worden ist. Tilgungsleistungen über 5.000,- DM hinaus sind aus der Urkunde hiergegen nicht bestimmbar.

Unabhängig davon wäre der Beweiswert der Quittung durch den eigenen wechselhaften Vortrag über die Tilgung der Schuld erschüttert.

Nach seinem Vortrag will er erst 1992 oder sogar 1993 mit der Zahlung einzelner Teilbeträge begonnen haben, zu einer Zeit, als er (1993) nach dem Inhalt der Vereinbarung bereits die Gesamtsumme von 100.000,- DM hätte gezahlt haben müssen. Da auch die behaupteten Einzelzahlungen von Summen zwischen 5.000,- DM und 20.000,- DM von der vereinbarten Ratenhöhe von 20.000,- DM abweichen, schuldete er gemäß Ziffer III. der notariellen Vereinbarung vom 08. Dezember 1988 der Klägerin bereits erhebliche Verzugszinsen, so daß die Teilzahlungen vorrangig auf die Zinsforderung zu verrechnen gewesen wären. Selbst wenn der Beklagte bis zum 21. Februar 1999 die von ihm behaupteten Teilzahlungen in Höhe von 85.000,- DM erbracht hätte, wäre - in Anbetracht der unstreitigen Zahlung von 5.000,- DM an diesem Tag - mangels anderweitiger Bestimmung die Hauptforderung der Klägerin nicht in Höhe von 90.000,- DM erloschen. Hinzukommt, daß er nach seinen eigenen Angaben vor dem Senat die behaupteten Zahlungen (1992 10.000,- DM, 1994 20.000,- DM, 1995 15.000,- DM, 1997, 20.000,- DM, 1998 20.000,- DM) nur geschätzt hat aufgrund seiner Erinnerung an Zahlungsvorgänge in der Vergangenheit. Schlüssig wird sein Vortrag auch nicht aufgrund der am 19.11.1999 eingereichten Kontoauszüge; denn aus ihnen läßt sich nicht auf die behaupteten Barzahlungen an die Klägerin schließen. Dies gilt auch für eine Überweisung des Klägers auf ein Girokonto der Beklagten vom 09. Juli 1993 in Höhe von 10.000,- DM, weil diese keinen Verwendungszweck enthält.

Eine behauptete Barzahlung von 15.000,- DM im Januar 1995 läßt sich durch die eingereichten Kontounterlagen nicht belegen. Hierzu legt der Beklagte einen Kontoauszug vom 25. September 1995 - also 8 Monate später - vor, der zudem eine Scheckbelastung in Höhe von 15.000,- DM ausweist. Darüberhinaus ergibt sich aus der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29. November 1999 eingereichten Anlage 1, daß dieser Scheck des Beklagten nicht der Klägerin, sondern seinem eigenen Geschäftskonto gutgeschrieben worden ist.

Soweit der Beklagte Kopien über eine Scheckeinreichung in Höhe von 3.800,- DM aus dem Jahre 1998 vorlegt, behauptet er selbst nicht, in dieser Höhe jemals eine Rate auf die Zahlungsverpflichtung aus der notariellen Urkunde vom 08. Dezember 1988 geleistet zu haben. Zudem ergibt sich aus der als Anlage 5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29. November 1999 eingereichten Bescheinigung der Volksbank Itzehoe vom 10. Dezember 1998, daß dieser Scheck nicht eingelöst, sondern auf dem Konto der Klägerin rückbelastet worden ist. Der Sachvortrag des Beklagten ist mithin in sich so widersprüchlich, daß ein etwaiger Beweiswert der Urkunde vom 21.02.1999 - soweit es um den Erhalt weiterer als 5.000,- DM geht - erschüttert ist. Der Beklagte muß daher die Erfüllung seiner Schuld beweisen. Er hat sich nur wegen seiner Behauptung er habe im Januar 1995 der Klägerin 15.000,- DM in bar ausgehändigt, auf Parteivernehmung der Klägerin berufen. Deren Vernehmung als Partei, die ein im Urkundenprozeß zulässiges Beweismittel ist (§ 595 Abs. 2 ZPO), hat diese Behauptung nicht bestätigt. Die Klägerin hat bekundet, sie habe von dem Beklagten im Januar 1995 überhaupt kein Geld erhalten, weder 15.000,- DM in bar noch irgendeinen anderen Betrag als Teilleistung auf dessen Verpflichtung zur Zahlung von 100.000,- DM aus der notariellen Urkunde vom 08. Dezember 1988. Die Klägerin ist glaubwürdig. Ihre Aussage ist glaubhaft. Einer Erklärung auf einer Quittung können - über das bloße Geständnis eines Leistungsempfanges hinaus - weitergehende, rechtsgeschäftiche Bedeutung zukommen, etwa ein Erlaß oder ein negatives Schuldanerkenntnis (vgl. Palandt, BGB, 58. Aufl. § 368 Rz. 2). Ein solches negatives Schuldanerkenntnis liegt in der bloßen Erklärung, die Restschuld belaufe sich auf ca. 10.000,- DM, nicht. Das wäre nur dann der Fall, wenn der schriftlichen Erklärung eine genaue Erläuterung der eingegangenen Zahlungen, der Verrechnung mit zu zahlenden Zinsen und damit die Möglichkeit für die Klägerin vorausgegangen wäre, die Summe von 10.000,- DM rechnerisch nachzuvollziehen. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Dann aber stellt der Wortlaut der Urkunde vom 21.02.1999 wegen seiner Unbestimmtheit kein negatives Schuldanerkenntnis dar.

Da die Klägerin die unstreitig vom Beklagten am 21. Februar 1999 gezahlten 5.000,- DM auf rückständige Zinsen verrechnet hat und der Beklagte in Höhe von 10.000,- DM aufgrund seines Anerkenntnisses verurteilt worden ist, ist er antragsgemäß im Urkundenprozeß aufgrund seiner Zahlungsverpflichtung aus der Urkunde vom 08. Dezember 1988 zur Zahlung von weiteren 85.000,- DM zu verurteilen.

Der Klägerin steht eine Zinsforderung gem. der vertraglichen Regelung unter Ziffer III. der notariellen Vereinbarung zu. Der Verjährungseinwand des Beklagten ergreift nur die vor dem 01. Januar 1991 fällig gewesenen Zinsen. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin als Anlage zum Schriftsatz vom 29. November 1999 vorgelegten Sicherungsvereinbarung der Parteien als Anlage zur Grundschuldbewilligung vom 13. Oktober 1995. In dieser Sicherungsvereinbarung erkennt der Beklagte an, daß er aufgrund der notariellen Urkunde vom 08. Dezember 1988 auch im Jahr 1995 der Klägerin noch 100.000,- DM nebst Zinsen schuldete. Hierin liegt zum einen ein weiteres Indiz dafür, daß der Beklagte auch bei Annahme der von ihm selbst behaupteten Teilzahlungen bis zum 21. Februar 1999 nicht bereits 85.000,- DM auf die Hauptforderung getilgt hatte, was den Beweis, den er mit Vorlage der Quittung von diesem Tag führen will, erschüttert. Zum anderen liegt in dieser Erklärung ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis (§ 208 BGB). Gem. § 197 BGB verjähren Zinsforderungen in vier Jahren. Hieraus ergibt sich, daß die Klägerin Zinsen ab 01. Januar 1991 geltend machen kann. Da sie jedoch die Teilzahlung von 5.000,- DM am 21. Februar 1999 auf die (älteste) Zinsforderung verrechnet hat und der Zinsanspruch für ein Jahr sich genau auf 5.000,- DM beläuft (100.000,- DM x 6 %), ist die Zinsforderung für das Jahr 1991 getilgt. Hieraus ergibt sich, daß die Klägerin Zinsen erst ab 01. Januar 1992 verlangen kann.

Da der Beklagte im Urkundenprozeß verurteilt wird, ist ihm nach § 599 Abs. 1 ZPO die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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