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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 07.09.2000
Aktenzeichen: 13 UF 207/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1601
BGB § 1602
BGB § 1603 I
BGB § 1610
BGB § 1611
BGB § 1615 l
Kann der Unterhaltsschuldner wegen seines geringen Einkommens nicht die Bedürfnisse aller Unterhaltsberechtigten erfüllen, so entfällt eine Mangelberechnung im Verhältnis zu den nicht ehelich geborenen Kindern und deren Mutter. Vielmehr sind vorrangig der Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau und der minderjährigen unverheirateten Kinder zu befriedigen.

SchlHOLG, 4. FamS, Urteil vom 07. September 2000, - 13 UF 207/99 -,


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 UF 207/99 91 F 109/98 AG Flensburg

Verkündet am: 07. September 2000

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Familiensache (Unterhalt)

des Herrn

Beklagten und Berufungsklägers,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

1.

2. gesetzlich vertreten durch die Klägerin zu 1., wohnhaft ebenda,

3. gesetzlich vertreten durch die Klägerin zu 1., wohnhaft ebenda,

Klägerinnen und Berufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigter:

hat der 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 24.08.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25.09.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Flensburg teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen in folgendem Umfang Unterhalt zu zahlen:

1. an die Klägerin zu 1.

a. für die Zeit vom 15.05. bis 31.12.1998 restliche 3.745,- DM,

b. für die Zeit vom 16.05. bis 31.06.1999 monatlich 42,- DM,

c. für die Zeit vom 01.07. bis 31.08.1999 monatlich 30,- DM,

d. für die Zeit vom 01.09. bis 31.10.1999 monatlich 11,- DM und

e. für die Zeit vom 01.10. bis 26.12.2000 monatlich 39,- DM;

2. jeweils an die Klägerin zu 2. und zu 3. zu Händen der Klägerin zu 1.

a. für die Zeit vom 01.05. bis 31.12.1998 restliche 200,- DM,

b. für die Zeit vom 01.01. bis 15.05.1999 über freiwillig gezahlte

224,- DM monatlich weitere 25,- DM monatlich,

c. für die Zeit vom 01.09. bis 31.10.1999 über freiwillig gezahlte

124,- DM monatlich hinaus weitere 25,- DM monatlich.

Im übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerinnen 4/5 und der Beklagte 1/5.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägerinnen auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerinnen verlangen die Zahlung von Unterhalt ab Mai 1998.

Die Klägerin zu 1. und der Beklagte lebten von August 1994 bis Mai 1998 eheähnlich zusammen. Der Beklagte hatte sich zuvor von seiner Ehefrau getrennt. Die Ehe ist geschieden. Aus der Verbindung der Klägerin zu 1. mit dem Beklagten sind die Klägerinnen zu 2. und 3. hervorgegangen. Im Mai 1998 zog der Beklagte aus der gemeinsamen Wohnung aus. Seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber war er noch bis Juli 1998 in Höhe von monatlich 210,- DM zum Unterhalt verpflichtet. Aus der Ehe hat er außerdem die am 1987 geborene Tochter A.

Der Beklagte war Busfahrer bei der Stadtwerke F. Zumindest bis September 1998 war er nebenberuflich als Hausmeister für das Wohnheim "" in Flensburg tätig.

Am 06.04.1999 erkrankte der Beklagte. Vom 18.05. bis 19.07.1999 erhielt er Krankengeld. Anschließend befand er sich auf einer von der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein bewilligten Kur bis zum 23.08.1999. In dieser Zeit erhielt er Übergangsgeld. Vom 24.08. bis 17.10.1999 erhielt er erneut Krankengeld. Anschließend wurde er in der Verwaltung der Stadtwerke eingesetzt. Nach dem sogenannten einheitlichen Reha-Entlassungsbericht der Rentenversicherung vom 14.09.1999 war er aufgrund anhaltender Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule nach links aus Sicherheitsgründen als Busfahrer nicht mehr einsetzbar.

Der Beklagte hat während des Zusammenlebens mit der Klägerin zu 1. einen Kredit aufgenommen. Diesen tilgt er mit monatlich 86,- DM. Gegenüber dem Sozialamt der Stadt Flensburg führt er eine Forderung mit monatlich 50,- DM zurück.

An die eheliche Tochter A zahlte der Beklagte bis August 1999 monatlich 318,- DM. Aufgrund einer vor dem Jugendamt der Stadt Flensburg errichteten Urkunde vom 03.02.2000 zahlt er an sie ab September 1999 107 % des jeweiligen Regelbetrages, und zwar bis Oktober 1999 der zweiten Altersstufe und ab November 1999 der dritten Altersstufe.

Die Klägerin zu 1. erhält Sozialhilfe und pauschaliertes Wohngeld.

Sie hat Unterhalt in Höhe von Beträgen verlangt, die auf einer entsprechenden Prozeßkostenhilfebewilligung des Familiengerichts beruhen; ab Januar 1999 waren dies monatlich 878,85 DM.

Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben Unterhalt nach der Einkommensgruppe 2 der Tabelle zum Kindesunterhalt verlangt. An sie zahlt der Beklagte freiwillig den Mindestunterhalt, ausgenommen für die Zeit von August bis Oktober 1999. Für diese Monate hat der Beklagte an jedes Kind nur 124,- DM monatlich gezahlt.

Das Sozialamt der Stadt Flensburg hat die auf das Amt übergangenen Unterhaltsansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung treuhänderisch auf die Klägerin zurückübertragen.

Das Amtsgericht hat den Klagen weitgehend entsprochen. Es hat dem Beklagten auch nach Beendigung seiner Hausmeistertätigkeit fiktiv weiterhin Nebeneinkünfte in Höhe von monatlich 300,- DM zugerechnet. Den Unterhalt für die Klägerin zu 1. hat es entsprechend demjenigen einer getrenntlebenden oder geschiedenen Ehefrau nach der 3/7 Quote berechnet, die Beträge für die Klägerinnen im Ergebnis allerdings im Rahmen einer Mangelfallberechnung gekürzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Familiengerichts verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er macht geltend:

Nebeneinkünfte dürften ihm nicht fiktiv zugerechnet, schon gar nicht ab Beginn seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Im übrigen seien von seinem Einkommen vor der Unterhaltsberechnung die Kreditkosten für das von ihm angeschaffte Kraftfahrzeug abzuziehen. Zu berücksichtigen seien auch seine Aufwendungen zur Anschaffung von Hausrat, nachdem er sich von der Klägerin zu 1. getrennt habe. Er fahre zur Arbeitsstelle mit dem eigenen Pkw 7 km. Der Höhe nach könne die Klägerin zu 1. nicht Unterhalt wie eine Ehefrau verlangen. Darüberhinaus sei der Unterhalt für sie schon jetzt auf die Zeit bis zum 26.12.2000 zu begrenzen, wenn die Klägerin zu 3. das dritte Lebensjahr vollendet haben werde. Schließlich sei grob unbillig, dass die Klägerin zu 1. ihn weiterhin in Anspruch nehme; denn sie habe verschwiegen, dass sie aus einer Erwerbstätigkeit in einer Arztpraxis an zwei Nachmittagen in der Woche Einkünfte erziele, von denen er behaupten müsse, dass sie monatlich 1.000,- DM netto betragen würden.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage der Klägerin zu 1. ab 01.01.1999 vollen Umfangs und im übrigen abzuweisen, soweit er, der Beklagte, verurteilt worden ist, höhere Unterhaltsbeträge an sie zu zahlen als restliche 3.745,- DM für die Zeit vom 15.05. bis 31.12.1998 und die Klagen der Klägerinnen zu 2. und 3. abzuweisen, soweit er, verurteilt worden ist, ab 01.09.1999 an sie Unterhalt über freiwillig gezahlte Beträge hinaus, zu zahlen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

die Klägerin zu 1. jedoch nur insoweit, als ihr Unterhalt bis zum 26.12.2000 zugesprochen worden ist.

Sie führen aus:

Der Bedarfsberechnung für sie, die Klägerin zu 1., sei der notwendige Eigenbedarf zugrundezulegen. Ihren vollen Eigenbedarf könne der Beklagte ohnehin nicht leisten. Er sei ihr auch nicht vom Amtsgericht zugesprochen worden.

Der Beklagte habe keine anerkennenswerten Gründe dafür vorgetragen, dass er die Hausmeistertätigkeit aufgegeben habe. Die Aufgabe sei mutwillig zu ihren Lasten erfolgt. Bestritten werde außerdem, dass er die Tätigkeit schon im September 1998 aufgegeben habe.

Sie, die Klägerin zu 1., sei bis zum Beginn der Mutterschutzfrist für die Klägerin zu 2. ganztägig als Arzthelferin tätig gewesen. Erst im November 1999 und damit lange nach dem amtsgerichtlichen Urteil habe sie wieder stundenweise die Tätigkeit aufgenommen, um nicht jeglichen Kontakt zur Berufstätigkeit zu verlieren. Sie verdiene monatlich 315,- DM, wovon 115,67 DM auf ihre Sozialhilfeleistungen angerechnet würden.

Wegen des Parteivorbringens im übrigen und einzelnen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die Gerichtsprotokolle verwiesen.

Der Senat hat die Klägerin zu 1. und den Beklagten persönlich angehört.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat ganz überwiegend Erfolg. Die Unterhaltsklagen sind nur in dem zugesprochenen Umfang begründet.

Die Klägerin zu 1. kann von dem Beklagten gem. § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB Unterhalt verlangen. Nach dieser Vorschrift ist der Vater eines Kindes verpflichtet, der Mutter, mit der er nicht verheiratet ist, Unterhalt zu gewähren, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach S. 3 der genannten Vorschrift beginnt diese Unterhaltspflicht frühestens vier Monate vor der Geburt und endet drei Jahre nach der Geburt, sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften für die Gewährung von Unterhalt sind erfüllt. Die Klägerin zu 1. betreut die Klägerinnen zu 2. und 3.. In der hier maßgeblichen Zeit von Mai 1998 bis Dezember 2000 kann deshalb von der Klägerin zu 1. eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden. Die Klägerin zu 3. ist noch nicht drei Jahre alt. Sie vollendet das dritte Lebensjahr erst am 26.12.2000.

Das Maß des Unterhalts für die Klägerin zu 1. bestimmt sich aufgrund des § 1615 l Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung der Bedürftigen. Bedürftige ist hier die Klägerin zu 1. Ihre Lebensstellung war in der Zeit von August 1994 bis zur Trennung von dem Beklagten geprägt von den Verhältnissen des Zusammenlebens mit ihm und den Klägerinnen zu 2. und 3. wie in einer auf Ehe gegründeten Familie. Der Beklagte hat allein verdient. Er hat unstreitig auch durch Nebentätigkeiten hinzuverdient, war andererseits jedoch seiner geschiedenen Ehefrau in gewissem Umfang und der ehelichen Tochter voll zum Unterhalt verpflichtet. Vor dem Zusammenleben mit dem Beklagten hat die Klägerin zu 1. ganztägig als Arzthelferin gearbeitet, und zwar noch bis zum Beginn der Mutterschutzfrist für die Klägerin zu 2.. Wenn die Klägerin zu 1. auf dieser Grundlage ihren Eigenbedarf mit monatlich knapp 1.200,- DM angibt, so ist dieses eher zu gering als zu hoch bemessen. Es bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, welcher Betrag nach der Lebensstellung der Klägerin tatsächlich angemessen wäre; denn sie hat deutlich weniger als 1.200,- DM verlangt. Das Familiengericht hat ihr auch nur geringere Beträge zugesprochen. Mangels Leistungsfähigkeit ist der Beklagte zudem nicht einmal im Stande, die vom Amtsgericht der Klägerin zu 1. zuerkannten Beträge zu zahlen.

Im übrigen bestimmt die in § 1615 l Abs. 3 S. 3 BGB geregelte Rangfolge, dass die (geschiedene) Ehefrau des Kindesvaters und minderjährige unverheiratete Kinder des Vaters der Kindesmutter vorgehen. Das bedeutet, dass in dem Falle, dass der Unterhaltsverpflichtete nur ein so geringes Einkommen erzielt, dass er damit die Bedürfnisse aller Unterhaltsberechtigten nicht erfüllen kann, eine Mangelfallberechnung, wie sie das Familiengericht vorgenommen hat, ausscheidet. Vielmehr sind vorrangig der Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau und der minderjährigen unverheirateten Kinder (auch der Kläger zu 2. und 3.) zu befriedigen, bevor geprüft werden kann, welcher Betrag dem Unterhaltsverpflichteten zur Deckung des eigenen Bedarfs und desjenigen der Kindermutter noch zur Verfügung steht. Dem gemäß § 1615 l BGB unterhaltsverpflichteten Vater muss schließlich nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Selbstbehalt von 1.600,- DM verbleiben. Es besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund, den Selbstbehaltsatz im Falle der Unterhaltspflicht gegenüber einer Mutter nicht ehelicher Kinder höher anzunehmen als gegenüber der geschiedenen oder getrenntlebenden Ehefrau.

Die Klägerinnen zu 2. und 3. können gem. den §§ 1601, 1602, 1603 Abs. 1 und 1610 BGB Unterhalt verlangen. Nach § 1610 Abs. 1 bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Diese wiederum leitet sich von der Lebensstellung der Eltern, bei alleiniger Barunterhaltspflicht eines Elternteils von dessen Einkommen ab und wird gegenüber aus Gründen der Gleichbehandlung bestimmt nach der Tabelle zum Kindesunterhalt.

Die den Klägerinnen im einzelnen zugesprochenen Beträge sind auf der Grundlage des anrechenbaren Einkommens des Beklagten errechnet.

Für das Jahr 1998 konnte das anrechenbare Einkommen des Beklagten mit monatlich 3.426,- DM festgestellt werden. Unstreitig erzielte der Beklagte ein Nettogehalt von monatlich im Durchschnitt 3.331,00 DM.

Aus seiner Nebentätigkeit als Hausmeister verdiente er

zusätzlich 300,00 DM.

Allerdings endete dieser zusätzliche Verdienst mit dem Oktober 1998; denn mit Schreiben vom 19.10.1998 hat der Beklagte diese Nebentätigkeit gekündigt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes und der Klägerinnen müssen diese die Kündigung hinnehmen. Die Zahlung des Mindestunterhalts für die Klägerinnen zu 2. und 3. steht außer Frage. Die Aufgabe dieser Nebentätigkeit können die Klägerinnen dem Beklagten unterhaltsrechtlich nicht vorwerfen. Er hat die Nebentätigkeit zusätzlich zu seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit ausgeübt. Nach Kündigung der Hausmeistertätigkeit hat er weiterhin die üblicherweise vollschichtige Berufstätigkeit ausgeübt.

Das Einkommen des Beklagten ist zu bereinigen um die Fahrtkosten mit monatlich 69,00 DM.

Hierbei handelt es sich zum einen um die Fahrtkosten für eine Monatskarte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Stadtbereich. Diese Kosten muss der Beklagte nach seiner glaubhaften Angabe gegenüber dem Senat in seiner persönlichen Anhörung bezahlen, obwohl er Mitarbeiter der F Stadtwerke GmbH ist. Gleiche Kosten würden im übrigen entstehen, wenn der Beklagte die Fahrtstrecke von 4 km an 230 Arbeitstagen zur Arbeitsstelle mit dem Pkw zurückgelegt. Höhere Fahrtkosten sind jedoch nicht abzugsfähig; denn der Beklagte hat nicht nachvollziehbar erklärt, dass er statt der in erster Instanz unbeanstandeten Strecke von 4 km eine solche von 7 km zur Arbeitsstelle zurücklegt.

Neben den Fahrtkosten berücksichtigt der Senat in ständiger Rechtsprechung nicht den Umstand, dass weitere Kosten durch die Rückführung eines Kredits für die Anschaffung eines Pkw getragen werden. Die Fahrtkosten, um welche das Nettoeinkommen eines Erwerbstätigen bereinigt wird, sind vielmehr so berechnet, dass in ihnen auch ein Anteil für die Anschaffung und Unterhaltung eines Pkw mit einberechnet ist. Das Einkommen des Beklagten ist auch nicht zu bereinigen um Aufwendungen, die der Beklagte für die Anschaffung von Hausrat nach seinem Auszug aus der Wohnung der Klägerin hatte. Hätte dem Beklagten nämlich Hausrat in der mit der Klägerin bewohnten Wohnung gehört, hätte er diesen mitnehmen können. Sofern er andererseits nach Scheidung seiner Ehe ihm zustehenden Hausrat seiner Ehefrau überlassen hat, kann dies nicht zu Lasten der Klägerinnen gehen.

Zu bereinigen ist sein Einkommen jedoch um die Raten zur Rückführung des zusammen mit der Klägerin zu 1. aufgenommenen Kredites in Höhe von

monatlich 86,00 DM

sowie um die Raten, die der Beklagte monatlich an das Sozialamt zurückzahlt in Höhe von 50,00 DM.

Danach verblieben dem Beklagten bis einschließlich

Oktober 1998 anrechenbar monatlich 3.426,00 DM,

und ab November 1998 3.126,00 DM.

Im Jahre 1999 erzielte der Beklagte ein anrechenbares Einkommen von monatlich im Durchschnitt 2.783,- DM.

Dieses ergibt sich wie folgt:

Aus der Verdienstabrechnung für Dezember 1999 errechnet sich ein Jahresnettoeinkommen von insgesamt 24.224,67 DM.

Dieses ist zu bereinigen um Fahrtkosten. Fahrtkosten entstanden jedoch nicht in der Zeit der Erkrankung des Beklagten und als er zur Kur war. Das war die Zeit vom 06.04. bis 17.10.. Somit sind Fahrtkosten nur für 5 1/2 Monate im Jahr angefallen. 5 1/2 x 69,- DM = 379,50 DM.

Zusätzlich erhielt der Beklagte vom 18.05. bis 19.07. und wiederum vom 24.08. bis 17.10., also an 117 Tagen Krankengeld von täglich 74,14 DM. Das sind 8.674,38 DM.

Zudem wurde ihm Übergangsgeld ausgezahlt in Höhe von 2.510,20 DM.

Das ergibt ein Jahresnetto von 35.029,75 DM.

Das sind monatlich 2.919,15 DM.

Abzüglich der Kreditrate von 86,00 DM

und der Rate an das Sozialamt mit 50,00 DM,

verbleiben anrechenbar 2.783,00 DM.

Für das laufende Jahr 2000 kann das anrechenbare Einkommen mit monatlich 2.859,- DM festgestellt werden.

Die Entgeltabrechnungen des Beklagten für Januar bis März weisen jeweils Nettogehälter von rund 2.867,00 DM aus. Damit auch die Sonderzahlungen für Urlaubs- und Weihnachtsgeld erfasst werden, kann dieses Nettogehalt auf den Jahresdurchschnitt hochgerechnet werden mit 1,05. Sodann ergeben sich rund 3.010,00 DM.

Dieses Einkommen ist zu bereinigen um die Fahrtkosten mit 69,00 DM.

Hinzuzurechnen ist jedoch die Steuererstattung, die der Beklagte für 1998 in Höhe von 644,12 DM erhalten hat. Das sind auf den Monat umgelegt rund 54,00 DM.

Abzüglich der Ratenzahlung an das Sozialamt mit 50,00 DM

und für den Kreditabtrag mit 86,00 DM

verbleiben anrechenbar die genannten 2.859,00 DM.

Dieses Einkommen erhöht sich in der Zeit ab 01.08.2000 nicht deshalb, weil der Beklagte seit dem mit seiner Lebensgefährtin zusammenwohnt und sie auch für ihn den Haushalt führt, wie die Klägerinnen meinen; denn zusätzliche Mittel fließen dem Beklagten durch diese Umstände nicht zu. Auch begründen sie keine Herabsetzung seines Selbstbehaltes.

Auf der Grundlage der festgestellten Einkommen des Beklagten ergibt sich im einzelnen folgende Unterhaltsberechnung:

Vom 15.05. bis 31.07.1998

anrechenbares Einkommen des Beklagten 3.426,00 DM

abzgl. Unterhalt an die geschiedene Ehefrau 210,00 DM

abzgl. A 318,- DM + 110,- DM = 428,00 DM.

Der vom Beklagten tatsächlich gezahlte Betrag von 318,- DM ist um das hälftige Kindergeld zu erhöhen, weil andernfalls der Kindergeldanteil des Beklagten Einkommen wäre, welches er an die Klägerinnen weiterleiten würde. Der Kindergeldanteil dient jedoch allein der Entlastung des dem jeweiligen Kind gegenüber zum Unterhalt Verpflichteten.

Klägerin zu 2. 375,00 DM

Klägerin zu 3. 375,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 2.038,00 DM

abzgl. großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 438,00 DM

Hinsichtlich der Klägerinnen zu 2. und 3. hat der Beklagte jeweils zu zahlen 375,- DM - 110,- DM = 265,- DM. Das Amtsgericht hat insoweit den Klägerinnen zu 2. und 3. zu Recht über freiwillig gezahlte 239,- DM hinaus weitere 26,- DM monatlich zugesprochen.

August bis Oktober 1998 (Wegfall der Verpflichtung, Ehegattenunterhalt zu zahlen; neue Tabelle zum Kindesunterhalt)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 3.426,00 DM

A 428,00 DM

Klägerin zu 2. 374,00 DM

Klägerin zu 3. 374,00 DM

verbleiben 2.250,00 DM

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 650,00 DM.

November und Dezember 1998 (Wegfall des Nebenverdienstes als Hausmeister)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 3.126,00 DM

A 428,00 DM

Klägerin zu 2. 374,00 DM

Klägerin zu 3. 374,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 1.950,00 DM

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 350,00 DM.

Die Summe der Ansprüche der Klägerin zu 1. vom 15.05. bis 31.12.1998 ergibt 3.745,00 DM.

01.01. bis 15.05.1999 (geändertes Einkommen; höheres Kindergeld)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.783,00 DM

A 318,- DM + 125,- DM = 443,00 DM

Klägerin zu 2. 374,00 DM

Klägerin zu 3. 374,00 DM

verbleiben 1.592,00 DM.

Damit ist der große Selbstbehalt von 1.600,00 DM

nicht gewahrt, so dass die Klägerin zu 1. mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten keinen Unterhaltanspruch mehr hat.

16.05. bis 30.06.1999 (das Amtsgericht hat den Klägerinnen zu 2. und 3. angesichts gesunkenen Einkommens des Beklagten nur noch den Mindestunterhalt zuerkannt)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.783,00 DM

A 443,00 DM

Klägerin zu 2. 349,00 DM

Klägerin zu 3. 349,00 DM

verbleiben 1.642,00 DM

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 42,00 DM.

Juli und August 1999 (neue Tabelle zum Kindesunterhalt)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.783,00 DM

A 443,00 DM

Klägerin zu 2. 355,00 DM

Klägerin zu 3. 355,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 1.630,00 DM

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 30,00 DM.

Die für die Zeit vom 01.05.1998 bis 31.08.1999 den Klägerinnen zu 2. und 3. vom Amtsgericht zugesprochenen Beträge sind nicht mit der Berufung angegriffen.

September und Oktober 1999 (für A höherer titulierter Unterhalt)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.783,00 DM

A 462,00 DM

Klägerin zu 2. 355,00 DM

Klägerin zu 3. 355,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 1.611,00 DM.

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 11,00 DM.

Für die Klägerinnen zu 2. und 3. verbleibt es für die Zeit vom 01.09. bis 31.10.1999 bei den ihnen vom Amtsgericht jeweils zugesprochenen 25,- DM monatlich über die freiwilligen Zahlungen des Beklagten hinaus; denn der Beklagte hat für September und Oktober 1999 (wie auch schon für den nicht angegriffenen Monat August 1999) an die Klägerinnen zu 2. und 3. nur jeweils 124,- DM monatlich gezahlt.

November und Dezember 1999 (Unterhalt für A nach der Altersstufe III; sie ist 12 Jahre alt geworden; 546,- DM).

Angesichts der höheren Unterhaltszahlung für A verbleibt für die Klägerin zu 1. kein Unterhaltsanspruch mehr. An die Klägerinnen zu 2. und 3. zahlt der Beklagte freiwillig je 230,- DM monatlich.

Januar bis September 2000 (geändertes Einkommen)

Anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.859,00 DM

A 546,00 DM

Klägerin zu 2. 355,00 DM

Klägerin zu 3. 355,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 1.603,00 DM.

Der Bedarf für die Klägerinnen zu 2. und 3. muss weiterhin der Einkommensgruppe 1 entnommen werden, weil andernfalls der Bedarfskontrollbetrag der Tabelle zum Kindesunterhalt nicht gewahrt wäre. Würde der Bedarf für die Klägerinnen zu 2. und 3. der Einkommensgruppe 2 entnommen werden, verbliebe dem Beklagten nicht der Bedarfskontrollbetrag von 1.600,- DM.

An A musste der Beklagte den für sie nach der Einkommensgruppe 2 titulierten höheren Betrag zahlen. Für die Vergangenheit muss es dabei verbleiben. Für die Zukunft, also ab Oktober 2000, ist der Beklagte jedoch gehalten, den Unterhaltstitel für A dahin abändern zu lassen, dass er auch an A nur noch den Mindestunterhalt zu zahlen hat; denn andernfalls würde A gegenüber den Klägerinnen bevorzugt behandelt.

An sich stünde der Klägerin zu 1. aufgrund der vorstehenden Berechnung ein Unterhaltsanspruch von monatlich 3,- DM zu. Von der förmlichen Zuerkennung dieses geringen Betrages ist jedoch in diesem Zeitraum abzusehen; denn der Beklagte zahlt für die Klägerinnen zu 2. und 3. zu Händen der Klägerin zu 1. ohnehin monatlich je 10,- DM mehr; denn er hat nach der Erhöhung des Kindergeldes zum Januar 2000 bisher darauf verzichtet, die bis dahin gezahlten Beträge von jeweils 230,- DM auf monatlich 220,- DM zu reduzieren (355,- DM - 135,- DM = 220,- DM).

Für die Zeit ab Oktober 2000

anrechenbares Einkommen des Beklagten 2.859,00 DM

A 510,00 DM

Klägerin zu 2. 355,00 DM

Klägerin zu 3. 355,00 DM

verbleiben verteilungsfähig 1.639,00 DM

großer Selbstbehalt 1.600,00 DM

Anspruch der Klägerin zu 1. 39,00 DM.

Dieser Anspruch ist gem. § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB auf die Zeit bis zum 26.12.2000 zu begrenzen. An diesem Tage wird die Klägerin zu 3. drei Jahre alt. Eine Zahlung über dieses Datum hinaus hat die Klägerin zu 1. auch nicht mehr beantragt.

Die Klägerin zu 1. hat die ihr zugesprochenen Ansprüche nicht gem. § 1615 l Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 1611 Abs. 1 BGB deshalb verwirkt, weil sie ihr seit November 1999 erzieltes Einkommen nicht schon mit der Berufungserwiderung vom 28.03.2000 mitgeteilt hat. Nach den genannten Vorschriften braucht der zum Unterhalt verpflichtete lediglich einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn u. a. sich der Unterhaltsberechtigte vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Dieses Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin zu 1. hat glaubhaft dargetan, dass sie den Umstand, dass sie ihre Erwerbstätigkeit als Arzthelferin stundenweise wieder aufgenommen hatte, mit ihrem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten besprochen hat. Dieser hat den Berufungsanwalt der Klägerinnen darüber nicht unterrichtet. Die Klägerin zu 1. braucht sich das Unterlassen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten nicht zurechnen zu lassen. Sie hat sich nicht vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht. Darüberhinaus konnte der von der Klägerin zu 1. erzielte und ihr im Ergebnis verbleibende Zusatzverdienst von monatlich 199,- DM auf keinen Fall Einfluss auf die Höhe des ihr zuerkannten Unterhaltsanspruchs haben; denn der Betrag von monatlich 199,- DM stand ihr zur Deckung des notwendigen Eigenbedarfs auf jeden Fall auch über denjenigen Betrag hinaus zu, den sie vorliegend eingeklagt hatte. Das ist eingangs der Entscheidungsgründe dieses Urteils aufgezeigt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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