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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.07.2001
Aktenzeichen: 14 U 187/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 705
BGB § 730
BGB § 733
1) Dem nichtehelichen Partner steht ein Ausgleichsanspruch nach gesellschaftsrechtlichen Regeln (§§ 705, 730, 733 BGB) auch dann zu, wenn die Partner durch gemeinsame Leistungen zum Erwerb bzw. Bau und Erhaltung einer, zwar auf den Namen des anderen Partners im Grundbuch eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Immobilie beigetragen haben.

2) Ein Ausgleich für Arbeitsleistungen kommt nur dann in Betracht, wenn bei Auflösung der Gesellschaft die Früchte der geleisteten Arbeit in Gestalt einer messbaren Vermögensmehrung beim anderen Ehegatten noch vorhanden sind. "Handlanger- und Kochtätigkeiten" führen nur unter besonderen Voraussetzungen zu einer messbaren Vermögensmehrung.


Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ausgleichs (Zahlungs-)ansprüche nach Beendigung der ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen vor der Ehe erbrachter Arbeitsleistungen an dem Hausgrundstück des Beklagten geltend.

Zwischen den Parteien bestand seit 1985 eine Partnerschaft, im August 1997 heirateten die Parteien. Nur 3 Wochen nach der Hochzeit zog die Klägerin aus dem gemeinsamen bewohnten Haus des Beklagten in Struckum aus, am 4. Februar 1998 wurde die Ehe vom AG Husum rechtskräftig geschieden.

Seit 1991 lebten die Parteien zusammen, zunächst in einer Mietwohnung, 1996 zogen sie dann in den von ihnen renovierten Altbau in Struckum. Dieses Haus stand und steht im Alleineigentum des Beklagten, der es im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung erworben hatte. Zunächst wurde ein Anbau (Neubau) errichtet, den die Mutter des Beklagten im Aug. 1995 bezog. Anschließend begannen die Renovierungsarbeiten im Altbau. Die durchgeführten Bauarbeiten, die zu einem nicht unerheblichen Teil in Eigenleistung erbracht wurden, dauerten insgesamt ca. zwei Jahre (von Nov. 94 bis Nov. 1996).

Bereits bei Beginn der Bauarbeiten war klar, dass die Parteien heiraten wollten. Die Klägerin half bei der Renovierung und den anderen Arbeiten am Hausgrundstück, der Umfang der von ihr geleisteten Arbeiten ist jedoch streitig.

Die Klägerin unterschrieb am 20. Juli 1994 auch als Mitdarlehensnehmerin zwei Darlehensverträge des Beklagten bei der Vereins- und Westbank AG über 100.000,00 DM und über 50.000,00 DM. Die Darlehen waren zum Zweck der Finanzierung des Anbaus sowie der Übernahme und Renovierung des Objektes in Struckum gedacht. Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 28. April 1994 erwarb der Beklagte das Hausgrundstück als Alleineigentümer.

Zu einem nicht mehr aufklärbaren Zeitpunkt vor Abschluss der Renovierungsarbeiten ließ die Klägerin einen Vertragsentwurf ihres damaligen Arbeitgebers, einem Notar aus Husum, fertigen, wonach sie zu 1/4 Miteigentümerin des Hauses werden sollte. Der Verkehrswert des Hauses beläuft sich nach Angaben der Klägerin - die vom Beklagten nicht bestritten wurden - auf 400.000,00 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, im Jahr 1995 hätten die Parteien mündlich vereinbart, dass sie eine Miteigentumshälfte am Hausgrundstück bekommen sollte. Deshalb habe sie den Vertragsentwurf bei ihrem Arbeitgeber fertigen lassen. Der Beklagte habe darauf nur sehr zögerlich reagiert. Sie habe sich deshalb mit 1/4 begnügen wollen, die Sache sollte aus steuerlichen Gründen erst nach der Hochzeit geregelt werden. Im übrigen habe sie umfangreiche Hilfsarbeiten sowie sämtliche Büroarbeiten im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben geleistet. In der Zeit von Nov. 94 bis Nov. 1996 seien dies täglich 3 Stunden gewesen, auch der gesamte Urlaub sei für die Mitarbeit verwendet worden. Insgesamt habe sie 2.548 Stunden aufgewandt, für die sie 15 DM/Stunde verlange, insgesamt mithin 38.220,00 DM.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 38.220,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagerhebung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe sich den notariellen Vertragsentwurf nicht einmal durchgelesen, weil die Übertragung eines Miteigentumsanteils auf die Klägerin für ihn nicht in Frage gekommen sei. Die Klägerin habe auch nicht in dem Umfang Mitarbeit geleistet, wie sie vortrage. Es habe sich nicht um wesentliche Arbeitsbeiträge gehandelt, ein Wertzuwachs am Objekt sei dadurch nicht zu verzeichnen gewesen. Neben dem Beklagten hätten auch Geschwister und Bekannte mit überwiegend einschlägigen Handwerksberufen am Bau mitgearbeitet, insgesamt seien dies 9 Leute gewesen.

Das LG hat Beweis über den Umfang der klägerseits behaupteten Arbeitsleistung erhoben und mit Urteil vom 10. Juli 2000 der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 9.015,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.11.1998 zu zahlen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dem Grunde nach sei ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 733 Abs. 2 BGB gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ließe sich jedoch lediglich eine Arbeitsleistung von insgesamt 601 Stunden feststellen, deshalb sei die Forderung nur i.H.v. 9.015,00 DM (15 DM/Std) begründet.

Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Gründe:

Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch gemäß §§ 705, 730, 733 BGB ist schon dem Grunde nach nicht gegeben.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei den Parteien um geschiedene Eheleute handelt, ist infolge des Vorrangs des güterrechtlichen Ausgleichs (bei Zugewinngemeinschaft gemäß §§ 1372 ff. BGB) bereits zweifelhaft, ob hier überhaupt ein ergänzender Ausgleichsanspruch zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Betracht kommt. In das Anfangsvermögen im Sinne von § 1374 BGB sind auch die vor der Ehe entstandenen Vermögensrechte und Verbindlichkeiten einzurechnen (Staudinger-Thiele, BGB, Neubearbeitung 2000, § 1374 Rdnr. 16). Zu diesen Vermögensrechten gehören auch Forderungen eines Ehegatten gegen den anderen (Staudinger a.a.O. Rdnr. 6). Letztlich kommt es auf die Frage eines vorrangigen güterrechtlichen Ausgleichs jedoch nicht an, weil hier schon dem Grunde nach kein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch nach den §§ 730, 733 BGB gegeben ist.

Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Rechtsgemeinschaft besteht. Wenn die Partner nicht etwas besonderes unter sich geregelt haben, werden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet (BGH NJW 97, 3371 mit Hinweis auf BGHZ 77, 55, 59 = NJW 1980, 1520).

Ein Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ausnahmsweise allerdings dann bestehen, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben (BGH NJW 97, 3371). Dabei ist davon auszugehen, dass bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf das Erfordernis einer - auch stillschweigend vereinbarten - rechtsgeschäftlichen Begründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verzichtet werden kann und dem nichtehelichen Partner für seine Beiträge eine Auseinandersetzung nach gesellschaftsrechtlichen Regeln auch dann zugebilligt wird, wenn die Partner kein ausdrückliches Gesellschaftsverhältnis begründet haben (BGH FamRZ 1999, 1580, 1582; BGH MDR 1992, 679). Dies gilt u.a. für den Fall, dass beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswertes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere zum Bau und zur Erhaltung eines, zwar auf den Namen des anderen Partners im Grundbuch eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens beigetragen haben (BGH NJW 1992, 906 = WM 1992, 610, 611 m.w.N.). Mindestvoraussetzung dafür ist aber, dass die Parteien überhaupt die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam benutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (BGH NJW 1997, 3371, 3372 mit Hinweis auf BGH NJW-RR 1993, 774 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind in diesem Fall nicht erfüllt.

Hier deutet der Wille der Parteien bereits infolge der getroffenen Absprachen darauf hin, dass mit dem Anbau und der Renovierung des Objekts gerade kein gemeinschaftlicher Wert geschaffen werden sollte. Die Klägerin hat unstreitig selbst vor Beendigung der An- und Umbauarbeiten noch durch Vorlage eines schriftlichen Vertragsentwurfs ihres Arbeitgebers, eines Notars, versucht, wirtschaftlich als Miteigentümerin an dem Objekt beteiligt zu werden. Im Zuge seiner Parteivernehmung hat der Beklagte im Termin vom 26. Juni 2000 jedoch nochmals eindeutig erklärt, dass er keine dingliche Beteiligung der Klägerin am Hausgrundstück haben wollte. Er habe vielmehr seine Unterschrift unter den notariellen Vertragsentwurf verweigert, obwohl die Klägerin damit gedroht habe, ihre Arbeitsleistungen auf dem Bau einzustellen. Im Termin vom 26. Juni 2000 hat die Klägerin dann auch selbst erklärt, dass sie die dingliche Absicherung auch nur für ihre Mitunterschrift bei der Finanzierung haben wollte. Offensichtlich hatte die Klägerin bei der Erbringung der Arbeitsleistung mithin selbst nicht das Bewusstsein, hier einen gemeinschaftlichen Wert zu schaffen.

Aber auch eine Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt hier keine zweifelsfreien Anhaltspunkte für eine gemeinschaftliche Wertschöpfung. Solche Anhaltspunkte können sich zum Beispiel aus wesentlichen Beiträgen des Partners, der nicht Miteigentümer ist, ergeben. Ob das der Fall ist und welche Beiträge im einzelnen eine solche Annahme rechtfertigen, lässt sich nicht generell entscheiden, sondern hängt insbesondere von der Art des geschaffenen Vermögenswertes und den finanziellen Verhältnissen beider Partner in der konkreten Lebensgemeinschaft ab (BGH NJW 1997, 3371, 3372 m.w.N.). Hier ist zunächst einmal auf der Zeitschiene zu berücksichtigen, dass die Klägerin am Erwerb des Hausgrundstücks durch den Beklagten nicht beteiligt war, obwohl sie bereits eine Woche zuvor die beiden Darlehensverträge über insgesamt 150.000,00 DM als Mitdarlehensnehmerin unterschrieben hatte. Die Darlehen sollten der Finanzierung der Übernahme und Renovierung des alten Hauses und des neuen Anbaus dienen. Außerdem scheint ein tatsächlicher wesentlicher finanzieller Beitrag - bis auf verhältnismäßig geringfügige Aufwendungen für einen LBS-Bausparvertrag - nicht geleistet worden zu sein. Hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse der Parteien zum Zeitpunkt der Leistungserbringung war es so, dass die Klägerin als ReNo-Gehilfin angestellt und der Beklagte bis August 1995 bei der Bundeswehr war.

Die Arbeitsleistungen der Klägerin stellen ebenfalls keinen wesentlichen Beitrag für eine objektive gemeinschaftliche Wertschöpfung dar, so dass sich auch aus diesem Umstand kein Rückschluss auf die Absicht der Parteien zur Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes ziehen lässt. Dies gilt selbst dann, wenn man den Umfang der vom Landgericht festgestellten 601 Arbeitsstunden und die mit der Anschlussberufung behaupteten weiteren 65 Arbeitsstunden (insgesamt 666 Stunden) zugrunde legt. Ein Ausgleich für Arbeitsleistungen kann nur dann erfolgen, wenn - in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei unbenannten Zuwendungen während der Ehe (BGH FamRZ 1992, 910, 912) - bei Auflösung der Gesellschaft "die Früchte der geleisteten Arbeit in Gestalt einer messbaren Vermögensmehrung beim anderen Ehegatten noch vorhanden sind". Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Die Klägerin hat ihren Anspruch danach berechnet, welchen Betrag der Beklagte seinerzeit für andere Arbeitskräfte (Hilfskräfte) hätte aufwenden müssen, mithin welche Aufwendungen er durch die Arbeitsleistung der Klägerin erspart hat. Dies ist jedoch möglicherweise nicht entscheidend, denn die obere Grenze eines Ausgleichs in Geld stellt der Betrag dar, um den das Vermögen des Beklagten bei der Trennung der Parteien infolge der Arbeitsleistungen der Klägerin noch gemehrt war. Eine messbare Vermögensmehrung scheint bereits im Hinblick auf die Art der erbrachten Arbeitsleistungen (überwiegend Handlanger- und Kochtätigkeit) zweifelhaft. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass eine Vermögensmehrung bei dem Beklagten in Höhe des Wertes der Arbeitsleistungen der Klägerin von 9.990,00 DM (666 Stunden x 15,00 DM) stattgefunden hat, ist dieser Beitrag im Verhältnis zur gesamten Wertschöpfung (= Verkehrswert des Grundstücks: 400.000,00 DM abzüglich Erwerbspreis für das alte Gebäude 180.000,00 DM = Wertschöpfung: ca. 220.000,00 DM) nicht als wesentlich anzusehen (der behauptete Wert der Arbeitsleistungen beträgt nur 4,5 % der gesamten Wertschöpfung). Damit lässt sich auch aus den Umständen kein zweifelsfreier Rückschluss auf die Absicht beider Parteien ziehen, einen gemeinschaftlichen Wert im Sinne einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu schaffen.

Soweit die Klägerin meint, dass bereits der Umstand, dass das Objekt als Familienheim angeschafft, renoviert und mit Blick auf die künftige Ehe auch langfristig gemeinsam bewohnt werden sollte, nach der Lebenserfahrung eine Vermutung für die Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes begründe, kann dies nicht nachvollzogen werden. Voraussetzung für die Annahme eines Anscheinsbeweises ist ein typischer Geschehensablauf, d.h. ein Sachverhalt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge geschlossen werden kann (Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., vor § 284 Rdnr. 29). Ein solcher typischer Geschehensablauf ist nicht gegeben, denn nach der Lebenserfahrung lässt sich kein durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägtes Muster dahingehend aufstellen, dass vor der Ehe mit unterschiedlichen Beiträgen angeschaffte Vermögensgegenstände nach der Eheschließung wirtschaftlich beiden Partnern auch gemeinsam gehören sollen. Offensichtlich hat die Klägerin auch selbst nicht auf ein solches "Muster" vertraut, denn sie hat sich ja noch vor der Ehe ausdrücklich - wenn auch erfolglos - um eine wirtschaftliche Beteiligung in Form von Miteigentum an dem Hausgrundstück bemüht.

Im Ergebnis wäre hier zwar eine wirtschaftliche Beteiligung der Klägerin an den Früchten ihrer Arbeit wünschenswert, aufgrund der bestehenden Rechtslage, die nur ausnahmsweise in besonders krassen Fällen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch zubilligt, war jedoch wie erkannt zu entscheiden.

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