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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 16 U 39/07
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 61 a.F.
Leistungsausschluss aufgrund grober Fahrlässigkeit nach § 61 VVG a.F. bei der Verwendung eines Gasbrenners zu Bauarbeiten im privaten Bereich.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

16 U 39/08

verkündet am: 9. Oktober 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Leistung aus der Gebäudeversicherung

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Februar 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der jetzt 71jährige Kläger wollte zusammen mit seinem Schwiegersohn in spe am Samstag, den 2. Juli 2005 das rückwärtig seines Gaststätten- und Wohngebäudes gelegene Flachdach mit Bitumenbahnen neu abdichten. Dabei verwendeten sie zum Erhitzen der Klebeschicht der Bahnen einen im Baumarkt neu erworbenen, 88 cm langen Gasbrenner "..." (Lichtbilder Anlage B9, Bl. 156ff.). Die Gebrauchsanweisung (Bl. 159ff.), aus der sich ergibt, dass der Brenner Flammentemperaturen bis 2000 º C zu erzeugen vermag, der Betrieb nur weit entfernt von brennbaren Stoffen oder fettigen Materialien erfolgen solle und fettfreie Schutzkleidung zu tragen sei, hatte er sich nicht durchgelesen und war ihm eingeräumtermaßen auch nicht etwa aus anderen Gründen geläufig. Als die beiden - streitig, ob bereits während der Bearbeitung der zweiten Bitumenbahn oder (so der Kläger) fünfzehn Minuten nach Abschluss der Arbeiten für diesen Tag - Brandgeruch bemerkten, war ein Löschen des unterdes ausgebrochenen Brandes schon nicht mehr möglich, da sich das Feuer in den unter dem angrenzenden Dachstuhl gelegenen Räumlichkeiten der Tochter bereits zu weit ausgebreitet hatte. Das Gebäude brannte weitgehend ab.

Der Beklagte, bei dem das Gebäude unter Einschluss der VGB 98 versichert war, ging nach Einholung eines Gutachtens zur Brandursache des Herrn P vom 10. Juli 2005 (Anlage K 1, Bl. 17ff., das offen lässt, ob der Brand auf einer Entzündung einer Bitumenbahn oder der ungeschützten Holzlatten des Dachstuhls beruhte) von einer grob fahrlässigen Herbeiführung aus. Er zahlte in der Folgezeit an die Realkreditgeberin des Klägers, die F-Bank e.G., gegen Abtretung der Realrechte eine Entschädigung von 183.505,70 €.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 240.944,79 € (angeblicher Zeitwertschaden abzüglich Leistung des Beklagten an die Realkreditgeberin) und Feststellung der Leistungspflicht auf die Neuwertspitze im Wiederherstellungsfall (angeblich 147.856,76 €) sowie Feststellung der Leistungspflicht auf Mietausfallentschädigung in Höhe von monatlichen 2.197,92 € bis zum Zeitpunkt der Zahlung von Zeitwertschaden und Neuwertspitze abgewiesen und der Widerklage auf Erstattung des von dem Beklagten an die Realkreditgeberin geleisteten Entschädigungsbetrags stattgegeben. Es hat gemeint, der Kläger habe den Versicherungsfall im Sinne von § 61 VVG grob fahrlässig herbeigeführt. Es könne dahin stehen, ob der Kläger zunächst das Bitumenmaterial oder die Holzlatten entflammt habe. Jedenfalls sei er zu nahe an das - am Flachdachrand montierte - Blech und an den Dachstuhl gekommen. Er habe allenfalls 60 cm von den Latten entfernt gearbeitet und dabei nach seiner Einlassung im Termin den Brenner geschwenkt, ohne sich ungeachtet seiner Unerfahrenheit vorher mit der Gebrauchsanleitung vertraut zu machen. Auch ohnedies habe sich ihm aufdrängen müssen, dass er brennbare Materialien, von denen er als Gebäudeeigentümer Kenntnis gehabt haben müsse, hätte abdecken oder jedenfalls die leichtentzündlichen Bereiche hätte überprüfen müssen.

Die Berufung rügt, das Landgericht habe den genauen Hergang des Brandes nicht offen lassen dürfen. Da Leistungsfreiheit nur infolge grob fahrlässiger Risikoverwirklichung entstehe, müsse geklärt werden, welche konkret vorzuwerfende Verhaltensweise dazu geführt habe. Daher habe das Landgericht auch feststellen müssen, bei welcher Temperatur sich Bitumen entzünde; die Annahme, der Brenner sei 1000 bis 2000 Grad Celsius heiß gewesen, sei ungedeckt; für das Erwärmen des Bitumens hätten auch 70 Grad ausgereicht. Auch zum Abstand der Flamme zum Blech habe das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Unrichtig sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Bitumenbahnen bis zum oberen Rand des Blechs geklebt worden seien. Die Dachlatte sei von dem Blech mindestens 80 cm entfernt gewesen. Insgesamt lasse sich daher nicht positiv feststellen, dass eine zu große Nähe zum Dachstuhl den Brand ausgelöst habe.

Die mangelnde Lektüre der Gebrauchsanweisung könne dem Kläger nicht ohne weiteres vorgehalten werden. Soweit sich daraus eine hohe Temperatur ergebe, komme es darauf nicht an, wenn, wie hier, nicht in unmittelbarer Nähe zu Brennbarem gearbeitet werde.

Das Landgericht habe nicht gebührend berücksichtigt, dass der Sorgfaltsmaßstab nach dem konkreten Verkehrskreis u. a. auch altersbedingte Unbeholfenheit berücksichtigen müsse - der Kläger sei ein damals 67jähriger Rentner ohne Handwerkskenntnisse.

Gegen subjektiv grobe Fahrlässigkeit spreche auch, dass der Kläger immerhin Vorkehrungen gegen einen Brandausbruch getroffen habe, nämlich - streitig - eine Wanne mit Wasser und einen Feuerlöscher bereitgestellt habe.

Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, die Bitumenbahnen seien auch längsseits erhitzt worden, sei das unrichtig. Der Kläger habe das im Termin nur deshalb so gesagt, weil er, bei dem das Leben seine Spuren auch im Hinblick auf Kombinationsgabe und geistige Beweglichkeit hinterlassen habe, durch die Aufklärungsbemühungen des Landrichters bedauerlicherweise reichlich irritiert worden sei. Tatsächlich sei nur die kurze Querkante umgeklappt und erhitzt worden, welche, da umgeklappt, an keiner Stelle an das Dach heran gereicht habe. Deshalb komme es auch auf das Schwenken nicht an.

Der Kläger beantragt,

unter Abweisung der Widerklage nach den erstinstanzlichen Anträgen des Klägers zu befinden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil, die Protokolle sowie die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg die Klage auf Leistung und Feststellung der Leistungspflicht aus der Gebäudeversicherung abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Erstattung des von dem Beklagten an die Realkreditgeberin geleisteten Entschädigungsbetrags verurteilt. Insbesondere hat die Kammer die streitentscheidende Frage des Maßes der Sorgfaltswidrigkeit des Klägers richtig beurteilt; denn dem Kläger ist eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles vorzuwerfen, die gemäß § 61 VVG zum Leistungsausschluss und dazu führt, dass der Beklagte, dessen Leistungspflicht gegenüber der Realkreditgeberin gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 VVG gleichwohl bestehen geblieben ist, mit der Zahlung an diese einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger erworben hat, welcher im Verhältnis der Parteien untereinander im Umfang der Befreiung von seiner restlichen Verbindlichkeit gegenüber der Bank ungerechtfertigt bereichert ist, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB 1. Fall.

1.

Unstreitig ist der Ausbruch des Brandes auf den Einsatz des Gasbrenners beim Verlegen der Schweißbahnen auf dem Flachdach des Hauses zurückzuführen. Das ergibt sich sachlich zweifelsfrei auch schon aus dem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den Arbeiten und dem Brandausbruch und der Tatsache, dass der Brandherd nach den unmittelbar einleuchtenden, insoweit unangegriffenen Feststellungen des Privatsachverständigen P (Anlage 1, Bl. 17ff.; Anlage B 10, Bl. 162ff.) im Bereich der Stirnseite der zweiten Schweißbahn (auf der Ostseite des Daches, im Bereich der Wohnung der Tochter) gelegen hat.

Aus der Verursachung durch den Gasbrenner folgt des Weiteren sachlogisch zwingend, dass dieser so heiß betrieben worden ist, dass er Baumaterialien hat entflammen können.

2.

Die Herbeiführung des Brandes beruht auch auf objektiv grober Fahrlässigkeit des Klägers im Umgang mit dem Gasbrenner.

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (std. Rspr. seit BGHZ 10, 16, vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Komm., 67. Auflage, § 277 Rn. 5 m.w.N.).

a)

Insoweit ist von folgenden Umständen auszugehen:

Der Kläger beabsichtigte die Verlegung von Schweißbahnen auf dem Flachdachteil des Hauses. Das Flachdach war im Süden und im Osten durch ein winkelförmig angelegtes, ausgebautes Dachgeschoss begrenzt. Über die Sparren des Daches war zur Abdichtung des Flachdaches ein 12 cm hohes Zinkblech verlegt, das, bis zum oberen Rand mit einer Bitumenschicht versehen, über den untersten Bereich der Sparren reichte, wohingegen die unterste Reihe der Dachpfannen über das Blech verlegt war. Zur Durchführung der Verlegearbeiten, nach seiner eigenen Aussage im Termin vom 14. Februar 2008 (Protokoll S. 2, Bl. 581) um die Bahnen direkt bis an die Unterkante des Blechs legen zu können, nahm der Kläger die unterste Pfannenreihe des südlichen Dachaufbaus auf, wodurch die Balkenlage im unteren Bereich freigelegt wurde. Die unterste Pfannenreihe des östlichen Dachaufbaus - dort, wo der Brand entstand - ließ er liegen.

Zu Beginn der Arbeiten haben der Kläger und sein Helfer das Flachdach abgefegt und es staubfrei gemacht. Weitere Vorbereitungen haben sie nicht getroffen (Protokoll S. 2, Bl. 581). Daneben will der Kläger - erklärtermaßen "nur dafür gedacht, falls mal am Flachdach selbst etwas passiert" (Protokoll S. 5, Bl. 584) - eine große Wanne voll Wasser mit einem nicht mehr erinnerlichen Schöpfgerät sowie einen Feuerlöscher auf das Dach gebracht haben.

Sodann haben die beiden damit begonnen, die zurechtgeschnittenen Schweißbahnen zu erhitzen und aufzukleben. Zum Einsatz kam dabei der bereits beschriebene Gasbrenner "...", den der Kläger wenig zuvor im Baumarkt erworben hatte. Der Kläger hatte keine Erfahrung im Umgang mit einem solchen Gerät. Im Baumarkt hatte er sich erklären lassen, dass damit jede Schlosserei und jeder arbeite (Protokoll S. 1, Bl. 580). Die Gebrauchsanweisung hatte er nicht zur Kenntnis genommen.

Die Verlegung ist dann in der Weise erfolgt, dass die Dachpappe der Länge nach umgeklappt und dann abschnittsweise erhitzt wurde, um die Verklebung zu ermöglichen. Ob der Kläger und sein Helfer dabei tatsächlich die erste Bahn vor seiner Wohnung (Südseite des Daches) nur auf das Blech gelegt (und nicht auch verschweißt) haben, weil - so der Kläger - die Bahn ja durch die unmittelbar auf dem Blech aufliegende unterste Pfannenreihe gehalten würde, mag offen bleiben. Nach dem Schreiben seiner Bevollmächtigten an die A - den Gaststätteninhaltsversicherer - vom 3. November 2005 (Anlage 11, Bl. 177) soll die Bahn sehr wohl auf das Blech geklebt worden sein, was sachlich auch allein sinnvoll erscheint. Denn jedenfalls die dem Dach abgewandte Längsseite der ersten Bahn und die anschließenden Längsseiten der zweiten Bahn sind verklebt worden, und zwar abwechselnd vom Kläger und seinem Helfer. So ergibt es sich aus dem genannten Schreiben an die Allianz, wonach die Bitumenbahn zunächst "mit der Längsseite aufgeklebt" wurde und erst am Ende die "Querseite stumpf", und so hat es der Kläger auch im Termin vom 14. Februar 2008 erklärt (Protokoll S. 4, Bl. 583). Auch aus der Replik (vom 7. November 2007, Bl. 531) ergibt sich nichts anderes; dort wird gegen die Zweifel des Sachverständigen P (Anlage B 12, Bl. 183) lediglich abgehandelt, dass an den Querseiten, an denen die Dachpfannen nicht abgenommen worden waren, die Bahnen stumpf an das Blech verlegt worden seien. Passgenau zu einer längsseitigen Erhitzung der Bahnen hatte der Kläger erstinstanzlich auch geschildert, er und sein Helfer hätten sich bei der Erhitzung abgewechselt, ebenso im landgerichtlichen Termin ausladende Schwenkbewegungen mit dem Brenner körperlich vorgeführt. Soweit der Kläger mit der Berufung nunmehr anführt, nur die jeweiligen Schmalseiten der Schweißbahnen seien erhitzt worden, kann er damit nicht gehört werden. Das Vorbringen ist neu im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO und steht darüber hinaus in offenbarem Widerspruch zum vorprozessualen Vorbringen und demjenigen erster Instanz. Angesichts der angeführten Stellen vermag auch seine Einlassung, er sei vom Landgericht im Termin verwirrt worden, nicht zu überzeugen, zumal für eine solche Irritation kein rechter Anhalt besteht: dem Protokoll zufolge hat sich der Kläger zu den an ihn gestellten Fragen in situationsadäquater Weise ausführlich und ins Einzelne gehend geäußert und hat seine Einlassung mit dem schriftsätzlichen Vorbringen im Wesentlichen übereingestimmt. Anzeichen für Verwirrung oder Überforderung sind dem Protokoll nicht ansatzweise zu entnehmen und zeigt auch die Berufung nicht auf. Schließlich wäre ein Verkleben allein der Querbahnen auch sachlich unverständlich; selbst für einen handwerklichen Laien ist offensichtlich, dass sich damit eine hinreichende Dichtigkeit des Daches nicht erreichen lässt.

An der Stirnseite der Bahn (zur Wohnung der Tochter hin) sind - so der Klägervortrag - die beiden Bahnen stumpf an das untere Ende des bitumengedichteten Blechs gelegt und verschweißt worden. Dabei ist, weil - s. o. - in Längsrichtung erhitzt worden ist, der Brenner - auch bei einem Umschlagen der Bahn am Kopfende in Querrichtung um 20 cm (Anlage 11 Bl. 178 untern) - bis nahe an das Blech herangeführt worden.

Im Bereich oberhalb des Kopfes der zweiten Schweißbahn ist dann der Brand entstanden.

b)

Unter den vorbezeichneten Umständen ist der Umgang des Klägers mit dem brandursächlichen Brenner als objektiv grob fahrlässig anzusehen.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Brand im letzten Detail nun auf der Entzündung der hölzernen Dachkonstruktion oder auf der Entzündung der Bitumenschicht auf dem Zinkblech beruhte. In beiden Fällen ist der Brenner erkennbar zu dicht an das Dach herangeführt worden und hat der Kläger die ihm obliegende Sorgfalt in gröblicher Weise außer Acht gelassen.

Ist - der auch nach Darstellung des Klägers (Berufungsbegründung S. 6, Bl. 634) unwahrscheinlichere Fall - der Brand auf eine Entzündung des Bitumens zurückzuführen, so ist dem im Umgang mit dem Gerät unerfahrenen Kläger vorzuwerfen, dass er, ohne sich über dessen Leistung, Handhabung und Gefahren näher zu informieren, die betroffenen Werkstoffe im Übermaß erhitzt und dies verkannt hat. Eine direkte Entflammung des Materials stellt fraglos einen krassen Handhabungsfehler dar. Zudem wäre der Brand in dieser Alternative im unmittelbaren und offen einsehbaren Arbeitsbereich entstanden; eine Entflammung dort kann und darf man einfach nicht übersehen.

Ist - der sehr viel wahrscheinlichere Fall - der Brand auf eine Entzündung der Dachkonstruktion zurückzuführen, so ist dem im Umgang mit dem Gerät unerfahrenen Kläger vorzuwerfen, dass er, ohne sich über dessen Leistung, Handhabung und Gefahren näher zu informieren, die Ausbreitung der Hitze auf die nahen brennbaren Stoffe beim schwenkenden Einsatz des Brenners dramatisch verkannt hat. Dass der Brenner geschwenkt worden ist, ergibt sich aus der Natur der Sache: Soll die Bitumenbahn abschnittsweise erhitzt und dann aufgeklebt werden, muss man den Brenner in dem jeweiligen Arbeitsbereich hin- und her bewegen. So hat es gemäß S. 7 des Urteils der Kläger auch selbst im Termin demonstriert. Auch in dieser Alternative ist die Entflammung als gröblich sachwidrig anzusehen: Angesichts der erheblichen Hitzeleistung und der weit reichenden offenen Flamme liegt die Gefahr einer Entzündung brennbaren Materials insbesondere bei großflächig schwenkenden Bewegungen, wie sie hier erforderlich waren, auf der Hand; brennbares Material befand sich in Gestalt der Dachkonstruktion auch in erkennbar gefährlicher Nähe zum unmittelbaren Arbeitsbereich, wobei unter den gegebenen Umständen ein Abstand von unter einem Meter keinesfalls als auch nur annähernd ausreichend, geschweige denn als weit im Sinne der Gebrauchsanleitung angesehen werden kann. Schließlich konnte nach Lage der Dinge ein Brand verheerende Schäden an dem Gebäude anrichten; gleichwohl hat der Kläger auch nach seinen eigenen Angaben hierzu keinerlei Überlegungen angestellt und entsprechend auch nichts unternommen, um diese Gefahr zu kontrollieren und ihr ggf. begegnen zu können.

Im einen wie im anderen Fall hat der Kläger gleichsam ein learning-by-doing praktiziert, das angesichts des Gefahrenpotentials des Gasbrenners und der auf dem Spiel stehenden Werte nur als grob unvorsichtig und nachgerade unerklärlich bezeichnet werden kann.

Entgegen der Auffassung der Berufung (Berufungsschrift S. 4 ff., Bl. 632 ff.) ist unerheblich, mit welcher Temperatur der Brenner betrieben worden ist. Die Temperatur reichte - hiervon ist bei unstreitiger Brandverursachung durch den Brenner auszugehen - allemal, um nahes brennbares Material zu entflammen. Dass mit einer besonders niedrigen Temperatur, namentlich nur mit 70 Grad gearbeitet worden wäre, trägt der Kläger selbst nicht vor und ist auch kaum plausibel, weil dann die Erhitzung sehr lange dauern würde.

Weil in beiden Sachverhaltsvarianten die Brandverursachung als grob fahrlässig anzusehen ist, bedarf es auch keiner Klärung, welche nun die wahre war. Eine dritte Möglichkeit der Brandentstehung ist nicht ersichtlich und unter dem Vorzeichen der eingeräumten Brandverursachung durch den Brenner auch nicht vorstellbar. Entsprechend vermag auch der Kläger, dem das Geschehen weiterhin nur unerklärlich erscheint, gegenüber den schlagenden Ausführungen des Privatgutachters P nicht einmal die theoretische Möglichkeit eines anderen Hergangs aufzuzeigen.

3.

Die Herbeiführung des Brandes ist auch als subjektiv grob fahrlässig anzusehen.

Das subjektive Element des Fahrlässigkeitsvorwurfs erfordert ein subjektiv unentschuldbares, schweres Verschulden. Dieses ist - in beiden denkbaren Sachverhaltsalternativen - gegeben.

Soweit eine Entflammung der Bitumenschicht in Rede steht, rechtfertigt sich der Vorwurf bereits aus dem Umstand, dass der Kläger eine praktisch vor seinen Augen sich vollziehende Brandentwicklung übersehen haben müsste. Jedenfalls hätte er es an zureichender Kontrolle bei der Bearbeitung ebenso wie bei der weiteren Beobachtung des von ihm mit großer Hitze behandelten Bereichs fehlen lassen. Darin liegt angesichts der Gefährlichkeit des Werkzeugs und der Gefahr für das Haus eine nicht mehr zu entschuldigende Leichtfertigkeit.

Soweit die Entflammung der Dachkonstruktion in Rede steht, hat der Kläger, obwohl er mit dem neu erworbenen Gerät und hinsichtlich der auszuführenden Arbeiten keinerlei Erfahrungen hatte, den Brenner zum Einsatz gebracht ohne Auseinandersetzung mit der Gebrauchsanleitung, ohne Anstellen irgendwelcher Erwägungen zu einer Gefährdung der angrenzenden Dachkonstruktion und ohne jede Vorkehrung für eine Wahrnehmung und ggf. Bekämpfung eines möglichen Brandes. Dieses Verhalten verdient angesichts der bei auch nur geringster Sorgfalt erkennbaren erheblichen Gefahr, die von der leistungsstarken, offen und ausladend lodernden Flamme des Brenners ausgeht, ebenfalls ohne weiteres den Vorwurf der Leichtfertigkeit und besonderen Sorglosigkeit. Tatsächlich hat der Kläger seine Gedankenlosigkeit auch schlüssig eingeräumt durch die Einlassung, Löscheinrichtungen allein für den Fall vorgehalten zu haben, dass mit dem Flachdach selbst etwas passiere. Daraus ergibt sich zwanglos, dass er an Risiken für das Dach überhaupt nicht gedacht hat. Genau das hat er auch mit dem Schriftsatz vom 7. November 2007, S. 4 (Bl. 534) schon ausdrücklich zugestanden: Danach haben weder er noch sein Gehilfe irgendwelche Bedenken gehabt, dass ein Brand entstehen könne. Im Schriftsatz vom 25. Februar 2008, S. 3 (Bl. 590) heißt es, dass unstreitig der Kläger das Bewusstsein von der Gefährlichkeit seines Handelns nicht hatte. Derlei Gedankenlosigkeit ist auch bei einem 67jährigen Laien wie dem Kläger nicht zu entschuldigen, selbst dann nicht, wenn er altersbedingt in gewissem Maße unbeholfen wäre (Berufungsschrift S. 9, Bl. 637), wofür in der nach seinem Auftreten im Termin vom 14. Februar 2008 ebenso wie im Termin vor dem Senat am 1. September 2008 nichts spricht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, § 543 Abs. 2 ZPO; es ging um rein tatsächliche Fragen.

Ende der Entscheidung

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