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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 16 W 155/02
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 13
GVG § 17 a
1. Enthält ein Vertrag mit einer Gemeinde sowohl privatrechtlich als auch öffentlich-rechtlich geprägte Regelungen, kommt es für die Bestimmung des Rechtsweges auf den Gesamtcharakter des Vertragsverhältnisses insgesamt an.

2. Überwiegen die privatrechtlichen Elemente, ist der ordentliche Rechtsweg auch dann gegeben, wenn die konkrete Klage auf eine öffentlich-rechtlich geprägte Bestimmung gestützt wird.


16 W 155/02

Beschluss

In dem Rechtsstreit

wegen Rechtsweges

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 3. Dezember 2002 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 26. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Chlosta sowie die Richter am Oberlandesgericht Meinert und Haack am 28. Januar 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten nach einem Beschwerdewert von 6.670 € zurückgewiesen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten aufgrund einer vertraglichen Regelung den Rückbau eines Carports. Der Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtsweges und hat beantragt, den Rechtsstreit an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in Schleswig zu verweisen.

Die Klägerin, Landeshauptstadt Kiel, verkaufte am 24. August 2000 an den Beklagten ein ca. 1.400 qm großes unbebautes Grundstück in bester Stadtlage an den Beklagten für den Bau eines Einfamilienhauses zu einem Kaufpreis von 1.500.000 DM.

Der Vertrag enthielt nicht nur die üblichen kaufvertragsrechtlichen Regelungen, sondern in § 7 eine Verpflichtung des Beklagten, eines Bauunternehmers mit Sitz in der Nachbargemeinde Altenholz, den Sitz einer Holding ab dem 1. Januar 2001 auf Dauer nach Kiel zu verlegen. Ferner verpflichtete sich der Beklagte in § 6 des Kaufvertrages, die Bauplanung und Bauausführung sowie die bauliche Unterhaltung und evtl. baulichen Ergänzungen unabhängig vom öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahren vorher mit der Stadt abzustimmen.

Nach § 6 Abs. 2 ist auch die Freiflächengestaltung abstimmungspflichtig.

In Ausführung zu § 6 des genannten Kaufvertrages schlossen die Parteien am 21.November 2001 einen weiteren Vertrag. Nach § 1 d dieser Ausführungsvereinbarung vom 21. November 2001 ist Ausführung und Höhenlage der einzelnen Bauteile eines noch zu errichtenden Carports festgelegt. Gemäß § 2 Abs. 2 ist der Beklagte zum Rückbau verpflichtet, falls er gegen die Ausführungsvereinbarung verstößt.

Mit ihrer beim Landgericht Kiel eingereichten Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten Rückbau des inzwischen errichteten Carports, weil der Beklagte die festgelegten Höhenmaße um bis zu 52 cm überschritten habe.

Der Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten. Er ist der Ansicht:

Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handele es sich nicht um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 13 GVG. Es liege vielmehr eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gem. § 40 VwGO eröffnet sei. Neben der zivilrechtlichen Vereinbarung über den Grundstückskauf sei in dem Vertrag auch eine städtebaurechtliche Vereinbarung enthalten, die dem öffentlichen Recht zuzurechnen sei. Es handele sich um einen "gemischten" Grundstückskaufvertrag. Für die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs komme es nur auf die Rechtsnatur dieser Abstimmungsverpflichtung an. Da diese Verpflichtung allein bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Aspekte zum Inhalt habe, könne ihr öffentlich-rechtlicher Charakter nicht zweifelhaft sein. Die beiden Vertragsteile des Erwerbsgeschäfts einerseits und der Abstimmungsverpflichtung andererseits ließen sich sachlich voneinander trennen, da sie nicht im Synallagma stünden und auch sonst nicht aufeinander bezogen seien. Die Vereinbarung vom 21. November 2001 stelle sich lediglich als Konkretisierung der in dem seinerzeitigen Grundstückskaufvertrag vereinbarten Abstimmungsverpflichtung dar, was ihr nicht den öffentlich-rechtlichen Charakter nehme, ihn vielmehr unterstreiche.

Die Vorgabe über zulässige Maximalhöhen baulicher Anlagen könne die Klägerin nämlich nur bauordnungsrechtlichen und/oder bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Landesbauordnung oder des Baugesetzbuchs entnehmen. Mit fiskalischem Handeln habe die Vorgabe einer Abstimmungsverpflichtung nichts zu tun. Vergleichbare Vertragsgestaltungen verwende die Klägerin auch bei anderen Grundstücksverkäufen. Dabei handele es sich um den Versuch, dauerhaft hoheitlich auf Grundstücke Privater Zugriff nehmen zu können. Die Klägerin wolle sich Einflussnahmemöglichkeiten sichern, die sie bei rechtzeitigem Erlass einer Gestaltungssatzung nach § 92 LBO öffentlich-rechtlich hätte durchsetzen können. Die Klägerin handele weder aus fiskalischen noch aus nachbarrechtlichen, sondern aus stadtplanerischen Motiven.

Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht:

Die vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen bestünden nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages unabhängig von öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahren. Der Zweck dieser Regelung sei es gewesen, ihr über ihre gesetzlichen öffentlich-rechtlichen Befugnisse hinaus auf die künftige Baugestaltung des Grundstückes Einfluss zu verschaffen. Eine derartige Verpflichtung des Beklagten habe sie nur durch fiskalisches Handeln erreichen können, weil eine öffentlich-rechtliche Einflussnahme auf die Ausführung des Carports nicht möglich gewesen sei. Nach § 69 LBO seien solche Bauten völlig genehmigungsfrei.

Im vorliegenden Falle habe es sich um eine besonders sensible Baugestaltung gehandelt, weil sich das Grundstück zum einen in einer im Stadtbild besonders hervorgehobenen Lage befinde und sie, die Klägerin, zudem auch Eigentümerin des bebauten Nachbargrundstücks sei, dessen Mieter wegen der nachbarlichen Beeinträchtigung bereits mit rechtlichen Konsequenzen gedroht hätten.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss entschieden, der ordentliche Rechtsweg sei gegeben.

In den Gründen ist ausgeführt:

Die Regelung zur Abstimmung der Bebauung des Grundstücks in § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages sei Bestandteil des privat-rechtlich zu beurteilenden Kaufvertrages. Bei dem Verkauf des Grundstücks an den Beklagten habe ein fiskalisches Handeln der Klägerin vorgelegen. Zwar könne ein privat-rechtlicher Vertrag auch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung enthalten. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Die Verpflichtung zur Abstimmung solle gerade unabhängig vom öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahren bestehen. Der Klägerin sei es erkennbar darauf angekommen, zusätzlich zu dem öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahren Einfluss auf die Bebauung des an den Beklagten verkauften Grundstücks nehmen zu können. Dies erkläre sich besonders daraus, dass die Klägerin Eigentümerin des Nachbargrundstücks sei. Zudem lege der Vertrag vom 21.November 2001 Details der Bebauung fest, die sich nicht aus den Normen des öffentlichen Baurechts ergäben, sondern lediglich privat-rechtlich vereinbart werden könnten.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GFG statthaften und auch form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor:

Zu Unrecht habe das Landgericht den öffentlich-rechtlichen Charakter der vereinbarten Abstimmungspflicht verneint. Die Klägerin sei einerseits Trägerin der Planungshoheit nach dem Baugesetzbuch, andererseits auch untere Bauaufsichtsbehörde. Darüber hinaus besitze sie die Befugnis zum Erlass örtlicher Bauvorschriften auf der Grundlage des § 92 LBO. Folglich betreffe die vereinbarte Abstimmungspflicht ausschließlich die hoheitliche Tätigkeit der Klägerin auf dem Gebiet des Planungs- und des Bauordnungsrechts. Insoweit nehme die Klägerin nicht mehr am allgemeinen Privatrechtsverkehr teil, wenn sie von ihm die vorherige Abstimmung seiner Bauvorhaben mit ihr verlange. Der Klägerin gehe es mit der Vereinbarung der Abstimmungsverpflichtung allein darum, ihre öffentlich-rechtlichen, hoheitlichen Befugnisse bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Art außerhalb der dafür vorgesehenen Verfahren (§§ 73, 74 und 75 LBO) zu sichern und durchzusetzen. Damit verfolge die Klägerin keinerlei fiskalische Ziele, sondern allein hoheitliche/öffentlich-rechtliche. Da sich die streitige Abstimmungsverpflichtung in einer Vielzahl von Grundstückskaufverträgen der Klägerin wiederfinde, die diese mit Privaten abschließe, und zwar unabhängig davon, ob die Klägerin Eigentümerin eines Nachbargrundstücks sei oder nicht, gehe der Hinweis des Landgerichts auf Nachbarinteressen der Klägerin fehl. Fehlerhaft sei auch die Ansicht des Landgerichts, der Vertrag vom 21. November 2001 lege Details der Bebauung fest, die sich nicht aus den Normen des öffentlichen Baurechts ergeben würden, sondern lediglich privatrechtlich vereinbart werden könnten. Sowohl im Wege einer Satzung nach § 10 BauGB (Bebauungsplan), wie auch in einer Ausgestaltungssatzung nach § 92 LBO könnten die Regelungen getroffen werden, die die Klägerin ihm, dem Beklagten, in der Vereinbarung vom 21. November 2001 abverlange.

Die Klägerin verteidigt den angefochtenen Beschluss, weil sie sich im streitgegenständlichen Vertrag ausdrücklich gerade nicht auf öffentlich-rechtliche Bestimmungen gestützt habe und auch keine der darin getroffenen Vereinbarungen alternativ durch Verwaltungsakte hätte regeln können. Wie jedem Eigentümer könne es ihr als Fiskus nicht verwehrt sein, ihre Interessen im jeweiligen Falle wahrzunehmen und vertraglich zu fixieren. Sie habe als Nachbarin ein fortbestehendes Interesse an der konkretren Baugestaltung, wie das auch unter Privatnachbarn häufig der Fall sei und nicht selten durch entsprechende Dienstbarkeiten grundbuchlich gesichert werde, sofern der Nachbar diese durchzusetzen vermöge.

Der gemäß § 568 Satz 1 ZPO zur Entscheidung berufene Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten bleibt erfolglos. Der Senat folgt im Ergebnis der Beurteilung des Landgerichts, dass auf der Grundlage des Klagevorbringens keine öffentlich-rechtliche, sondern eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit der Parteien vorliegt. Das Landgericht hat deshalb zu Recht den ordentlichen Rechtsweg als gegeben erklärt, § 13 GVG.

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmS OGB BGHZ 97, 312, 313 f.; BGHZ 102, 280, 283).

Da die Parteien hier nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander stehen, sondern die Klägerin ihren Anspruch gegen den Beklagten aus einem Vertrag herleitet, kommt es für die Rechtsweg-abgrenzung darauf an, ob Gegenstand und Zweck des Vertrages dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen sind. Dabei ist für den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einer Privatperson typisch, dass er an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakte tritt (vgl. § 54 Satz 2 VwVfG; § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X).

Mit dieser Abgrenzung ist allerdings noch kein ausschlaggebendes Entscheidungskriterium für die Bestimmung des richtigen Rechtsweges gegeben, wenn der streitige Vertrag, aus dem ein Kläger seine Ansprüche herleitet, sowohl privatrechtlich als auch öffentlich-rechtlich geprägte Regelungen enthält. Käme es für die Beurteilung des zutreffenden Rechtsweges darauf an, aus welchem Teil des Vertrages der Kläger seine Rechte herleitet, könnte der sofortigen Beschwerde der Beklagten der Erfolg nicht versagt bleiben.

Zu Unrecht hat das Landgericht allein aus dem Umstand, dass der Grundstückskaufvertrag der Parteien vom 24. August 2000 grundsätzlich als privatrechtlich zu beurteilen sei, den Schluss gezogen, auch die in § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages vorgesehene Regelung zur Abstimmung der Bauplanung und Bauausführung mit der Klägerin als Verkäuferin sei privatrechtlicher Natur, weil fiskalisches Handeln vorliege.

Das Gegenteil wäre zutreffend. Die Überwachung von Bauplanung und Bauausführung ist eine typische öffentlich-rechtliche Aufgabe der Klägerin, für deren Wahrnehmung die einschlägigen bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Normen des öffentlichen Rechts maßgeblich sind. Der Zweck des § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages besteht darin, den damit vorgegebenen öffentlich-rechtlichen Handlungsspielraum der Klägerin gegenüber dem normalen Baugenehmigungsverfahren zu erweitern, wie die Klägerin auch nicht in Abrede nimmt. Das mag im Wege der vertraglichen Vereinbarung zulässig sein, ändert aber nichts am Gegenstand und Zweck der Abstimmungsverpflichtung, betrachtet man sie isoliert ohne Rücksicht auf die übrigen Bestandteile des Vertrages.

Zu Unrecht hebt die Klägerin in ihrer Beschwerdeerwiderung darauf ab, mangels einer entsprechenden Gestaltungssatzung habe sie öffentlich-rechtlich keinen Einfluss auf die Baugestaltung des Bauvorhabens der Beklagten nehmen können. Was die Befugnis zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes anbelangt, ist der Gesichtspunkt mangels Rechtsgrundlage offensichtlich richtig.

Es ist aber gerade der Sinn öffentlich-rechtlicher Verträge, durch Vereinbarung den Rechtszustand herbeizuführen, der bei rechtzeitiger Schaffung der rechtlich zulässigen Rechtsgrundlage auch durch Verwaltungsakt hätte gesetzt werden können. Weder Gegenstand noch Zweck einer solchen Vereinbarung ändern sich dadurch, dass solche Rechtsgrundlagen zur Zeit nicht gegeben sind. Es kommt nach allgemeiner Ansicht nur darauf an, ob der Regelungsgegenstand einer vertraglichen Vereinbarung generell durch normen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts geprägt ist. Die Klägerin selbst räumt ein, dass es in ihrem vorliegenden Fall um besonders sensible Fragen der Baugestaltung gegangen sei, weil es sich bei dem verkauften Grundstück um eine im Stadtbild besonders hervorgehobene Lage handele. Zu Recht weist der Beklagte folglich darauf hin, dass die Klägerin im vorliegenden Falle durch Vereinbarung der Abstimmungsverpflichtung Aufgaben der Bauplanung und der Bauaufsicht wahrnehmen wollte. Es mag sein, dass die Klägerin daneben auch aus nachbarrechtlichen Interessen gehandelt hat. Diese haben jedoch in der Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden. Üblicherweise lässt sich ein Privater, der ein unmittelbar angrenzendes Grundstück an Fremde verkauft, seine nachbarrechtlichen Interessen durch entsprechende Dienstbarkeiten grundbuchlich absichern. Diesen Weg ist die Klägerin hier nicht gegangen. Sie hatte dazu, weil sich der Beklagte zu der umfassenden Abstimmungsverpflichtung bereit erklären musste, auch keine Veranlassung.

2. Gleichwohl kann der Beklagte mit seiner bei isolierter Betrachtung des § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages begründeten Auffassung, es liege eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, im Ergebnis nicht durchdringen, weil es für die Frage, ob die Klägerin ihren Anspruch aus einem bürgerlich-rechtlichen Vertrag oder aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag herleitet, nicht auf den Vertragsteil ankommt, aus dem sie ihren konkreten Anspruch herleitet, sondern auf den Charakter des Vertragsverhältnisses insgesamt. Es unterliegt für den Senat keinem Zweifel, dass der Vertrag vom 24. August 2000 seinem Schwerpunkt nach ein Grundstückskaufvertrag ist, der lediglich zusätzliche öffentlich-rechtlich geprägte Elemente enthält. Da es nur hierauf für die Frage der Rechtswegeabgrenzung ankommt, kann die Beschwerde des Beklagten im Ergebnis keinen Erfolg haben. Allerdings ist die Maßgeblichkeit dieser Gesamtbetrachtung nicht unumstritten.

a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Rechtswegeabgrenzung beim Streit aus Verträgen die Auffassung vorherrschend, maßgeblich sei, wo der Schwerpunkt der gesamten Vereinbarung liege. Entscheidend sei, welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gebe (BGH NJW 1980, 826; NJW 1985, 1892, 1893; NJW 1987, 773; NJW 1992, 1237, 1238). Auch der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich dieser "Gepräge-Theorie" in seiner Entscheidung vom 11. Februar 1993 (BVerwGE 92, 56, 59) angeschlossen.

Folge der Anwendung dieser "Gepräge-Theorie" ist, dass bei einem Vertrag mit Schwerpunkt im Zivilrecht durch die ordentlichen Gerichte auch dann zu entscheiden ist, wenn der geltend gemachte Anspruch ausschließlich auf den Teil des Vertrages gestützt wird, der - isoliert betrachtet - nach Gegenstand und Zweck ausschließlich oder ganz überwiegend durch Normen des öffentlichen Rechts geprägt ist. Aufgabe der Zivilgerichte ist es dann auch zu überprüfen, ob der gewählten vertraglichen Regelung, um die gestritten wird, keine öffentlich-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze entgegen stehen und der Vertrag deshalb insoweit nicht gegen § 134 BGB verstößt. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass die zivilrechtliche Entscheidung nahezu ausschließlich in der Anwendung öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundsätze besteht (so in BGH NJW 1985, 1892 f., bei einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Fallgestaltung).

b) Demgegenüber wird in der Rechtsprechung zu "gemischten" Verträgen auch die Auffassung vertreten, für die Rechtswegabgrenzung komme es darauf an, auf welchen Teil des Vertrages der Kläger seinen Anspruch stütze (BVerwG DÖV 1981, 878; BGH NJW 1998, 909; auch die vom Beklagten vorgelegte Entscheidung OVG Schleswig NordÖR 2002, 309).

Diese Abgrenzung hat den Vorteil, dass im konkreten Streitfall das sachkundigere Gericht entscheidet. Sie hat den Nachteil, dass mehrere Rechtsstreitigkeiten aus unterschiedlichen Anlässen trotz Vorliegens eines einheitlichen Gesamtvertrages vor Gerichten verschiedener Gerichtsbarkeiten geführt werden könnte, was zu unterschiedlichen Beurteilungen der jeweils aus dem anderen Rechtsgebiet mit zu entscheidenden Fragen führen kann. Vorteil dieser Auffassung ist wiederum, dass der Gesichtspunkt der Sachnähe für die Bestimmung des jeweils betreffenden Rechtsweges fruchtbar gemacht werden kann. Die Aufspaltung der rechtsprechenden Gewalt in fünf verschiedene Gerichtsbarkeiten durch Artikel 95 GG findet ihre innere Rechtfertigung nur in dem Bestreben nach möglichst zweckmäßigem und sicherem Rechtsschutz. Deshalb spricht viel dafür, auch die Abgrenzung der Rechtswege vorzugsweise unter diesem Gesichtspunkt vorzunehmen (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 13 GVG Rn. 21 mwN).

c) Der Senat folgt der vorherrschenden Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach es bei "gemischten" Verträgen für die Bestimmung des Rechtsweges allein darauf ankommt, wo der Schwerpunkt des Gesamtvertrags liegt, ohne Rücksicht darauf, worum im Einzelfall gestritten wird.

Diese Auffassung hat den Vorteil einfacher Anwendbarkeit. Die Frage, wo der Schwerpunkt einer vertraglichen Vereinbarung liegt, welcher Teil dem Vertrag also das entscheidende Gepräge gibt, ist für die Parteien vorprozessual in aller Regel zuverlässig zu beurteilen. Streit kann es nur in Ausnahmefällen geben, wenn ein "gemischter" Vertrag mit gleichwertigen Regelungselementen aus verschiedenen Rechtsgebieten vorliegt, die unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten unterfallen.

Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen unterbindet die "Gepräge-Theorie" im Regelfall langwierige Auseinandersetzungen über die Prozessvoraussetzungen des richtigen Rechtweges. Dabei setzt § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz aller Gerichtsbarkeiten voraus (dazu Zöller/Gummer, aaO., § 17 GVG Rn. 5; vor §§ 17 - 17g GVG Rn. 2). §§ 17 Abs. 2 und 17 a Abs. 5 GVG, aber auch § 513 Abs. 2 ZPO n.F. zeigen, dass der Gesetzgeber dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und Zurückdrängung des Streits über Zuständigkeitsfragen größeres Gewicht beimisst als der Frage einer in jedem Fall herbeizuführenden Entscheidung der sachnächsten Gerichtsbarkeit mit der vermuteten höchsten Kompetenz.

Zwar ließe sich aus dem letztgenannten Gesichtspunkt um Umkehrschluss auch herleiten, dass es deshalb besonders notwendig sei, bereits bei der Abgrenzung der Rechtswege selbst der Frage der Sachnähe für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits besondere Bedeutung beizumessen. Das ist zwar ein gewichtiges Argument für den unter Nr. 1 b dargestellten Lösungsansatz. Letztlich ist dieses Argument aber nicht durchschlagend. Sachgerechtigkeit im Einzelfall wäre nämlich durch eine erhebliche Komplizierung der Klärung der maßgeblichen Abgrenzungskriterien erkauft. Vermehrte Rechtswegestreitigkeiten wären voraussehbar. Ziel der Neufassung der Vorschriften über die Rechtswegverweisungen durch das 4. VwGOÄndG vom 17.12.1990 ist es aber in erster Linie gewesen, den für die Parteien meist unergiebigen wie langen Streit über den richtigen Rechtweg zu vereinfachen und zu verkürzen (Zöller/Gummer, aaO., vor §§ 17 - 17 b GVG Rn. 2). Dann aber verdient auch schon bei der Abgrenzung der Rechtswege voneinander die einfacher zu handhabende Theorie den Vorzug. Das ist die "Gepräge-Theorie". Es muss in Kauf genommen werden, dass bei ihrer Anwendung die ordentlichen Gerichte bei "gemischten" Verträgen im Einzelfall auch überwiegend öffentlich-rechtlich geprägte Streitfragen zu entscheiden haben. Angesichts von § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist dies unbedenklich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Den Beschwerdewert hat der Senat auf 1/3 des Hauptsachewertes festgesetzt, §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Die Zulassung der Beschwerde beruht auf § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG. Die Frage, wie bei öffentlich-rechtlich und bürgerlich-rechtlich "gemischten" Verträgen der Rechtsweg zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit abzugrenzen ist, hat wegen unterschiedlicher Rechtsprechung nach wie vor grundsätzliche Bedeutung. Nur durch die Zulassung der Beschwerde wird dem Bundesgerichtshof die Möglichkeit eröffnet, zu dieser Frage erforderlichenfalls den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen.

Ende der Entscheidung

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