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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.08.2009
Aktenzeichen: 16 W 72/09
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RVG § 32
ZPO § 99
ZPO § 567
GKG § 66
GKG § 68
Gegen eine Streitwertfestsetzung durch das Landgericht als Rechtsmittelgericht ist die Beschwerde zum Oberlandesgericht statthaft.
16 W 72/09

Beschluss

In dem Zwangsversteigerungsverfahren

wegen Streitwertfestsetzung

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin vom 18. Mai 2009 gegen die Verfahrenswertfestsetzung in dem Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 13. Mai 2009 durch die Einzelrichterin am 12. August 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Auf Antrag der Gläubigerin, die gegen die Schuldnerin einen dinglichen Anspruch auf 10.225,84 € Grundschuldkapital mit 15 % Jahreszinsen seit dem 1. Januar 2005 hatte, wurde mit Beschluss vom 29. Februar 2008 die Zwangsversteigerung angeordnet. Der Verkehrswert wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. November 2008 auf 100.000,00 € festgesetzt.

Am 4. März 2009 beantragte die Schuldnerin Schuldnerschutz gemäß § 765 a ZPO unter Hinweis auf ein Kaufangebot in Höhe von 80.000,00 € (Bl. 192). Meistbietende im Zwangsversteigerungstermin am 4. März 2009 waren die Ersteher mit einem Bargebot von 63.500,00 € (Bl. 195).

Mit Beschluss vom 6. März 2009 hat das Amtsgericht den Grundbesitz den Meistbietenden zugeschlagen und zugleich bestimmt, dass Rechte in Höhe von 16.361,34 € bestehen bleiben. Im selben Beschluss hat es den Antrag der Schuldnerin auf Gewährung von Vollstreckungsschutz gem. § 765 a ZPO vom 4. März 2009 zurückgewiesen und ausgeführt, dass gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig sei (Bl. 211). Gegen den ihr am 13. März 2009 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin am 24. März 2009 durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Zuschlagsbeschwerde erhoben (Bl. 224) und diese mit Schriftsatz vom 15. April 2009 begründet (Bl. 230). Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 20. April 2009 nicht abgeholfen (Bl. 232). Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 13. Mai 2009 zurückgewiesen und entschieden, dass die Schuldnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Verfahrenswert von 5.000,00 € trage (Bl. 240). In der Folge ist eine Kostenrechnung über eine Gebühr gem. Nr. 2241 KV-GKG nach einem Wert von 5.000,00 € über 121,00 € ergangen (vorgeheftet).

Am 18. Mai 2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin im eigenen Namen gem. §§ 32 RVG, 66 GKG Beschwerde eingelegt und eine Festsetzung des Verfahrenswertes auf 63.500,00 € beantragt (Bl. 244). Unter dem 19. Mai 2009 hat das Landgericht den Verfahrensbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass § 54 GKG für die Zuschlagsentscheidung in der ersten Instanz, nicht aber für das Beschwerdeverfahren anwendbar sei, in dem sich der Wert nach dem Interesse des Beschwerdeführers gem. §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO richte (Bl. 246 a). Vor diesem Hintergrund sei der Wert des Beschwerdeverfahrens zu Recht auf 5.000,00 € festgesetzt worden, da es das Interesse der Schuldnerin gewesen sei, u. a. einen Aufschub zu erreichen, um eventuell eine anderweitige Befriedigung der Forderung der Gläubigerin erreichen zu können. Vor dem Hintergrund der Forderung der Gläubigerin sowie der bestehen bleibenden Rechte der in Abt. III Nr. 1 und 1 a eingetragenen Grundschulden sei der Wert auf rund ein Fünftel dieser Forderungen bestimmt worden (Stöber, ZVG, 19. Aufl., Einl. Rn 83.10.b).

Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin dem unter Hinweis auf BGH NJW-RR 2008, 360, wonach das Meistgebot als Gegenstandswert zugrunde zu legen sei, entgegengetreten war (Bl. 249), hat das Landgericht ihn darauf hingewiesen, dass es seinen Antrag vom 18. Mai 2009 als Gegenvorstellung werte, da ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 13. Mai 2009 nicht statthaft sei. Wie aus § 99 Abs. 1 ZPO folge, sei die Kostenentscheidung und damit erst recht die Wertfestsetzungsentscheidung nicht isoliert anfechtbar (Bl. 253). Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 28. Mai 2009 zur Zulässigkeit der Beschwerde auf § 68 GKG verwiesen und im Übrigen gem. § 69 a GKG vorsorglich die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt hatte (Bl. 261), hat das Landgericht mit Beschluss vom 5. Juni 2009 die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. § 69 a GKG als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 264). Sodann sind die Akten zum Amtsgericht Lübeck zurückgegeben worden. Der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin hat am 18. Juni 2009 beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Beschwerde und Untätigkeitsbeschwerde eingelegt (Bl. 334).

II.

Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss vom 13. Mai 2009 ist gem. §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 RVG statthaft. Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Werts einlegen, wenn - wie hier durch Beschluss vom 13. Mai 2009 - der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert, der nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist, gerichtlich festgesetzt wird.

Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass gem. § 567 Abs. 1 ZPO die sofortige Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Landgerichte stattfindet und das Landgericht hier im zweiten Rechtszug über eine Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübeck vom 6. März 2009 entschieden hat. Der Statthaftigkeit steht auch nicht entgegen, dass gem. § 99 Abs. 1 ZPO die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird und vorliegend wegen § 567 Abs. 1 ZPO ein Rechtsmittel in der Hauptsache nicht in Betracht kommt.

Maßgeblich für Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung sind, auch soweit es um das Rechtsmittel des Rechtsanwalts gemäß § 32 Abs. 2 RVG geht, allein die Regelungen im Gerichtskostengesetz. Gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt. Die Beschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 S. 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG beim nächsthöheren Gericht einzulegen. Nächsthöheres Gericht in diesem Sinne ist das Oberlandesgericht (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. März 2006 - 16 W 15/06 -; OLG Celle OLGR 2007, 198).

Die Regelung führt zwar dazu, dass die Streitwertfestsetzung einer weitergehenden Überprüfung unterliegt als die Hauptsacheentscheidung. Dies entspricht aber dem Gesetzeswortlaut und ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen gesetzgeberischen Willen, wonach die Beschwerde anders als nach § 25 Abs. 3 S. 2 GKG a. F. auch dann zulässig sein soll, wenn das Rechtsmittelgericht die Entscheidung erlassen hat (BT-Drucksache 15/1971 - Begründung S. 158; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 6426).

Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Wert der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 6. März 2009 ist mit 5.000,- € angemessen bewertet. Dem steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 18. Oktober 2007 - V ZB 141/06 - NJW-RR 2008, 360 den Gegenstandswert eines Verfahrens, dessen Gegenstand die Aufhebung eines Zuschlagsbeschlusses im Zusammenhang mit einem unwirksamen Gebot im ersten Versteigerungstermin war, nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses bestimmt und insoweit auf das Meistgebot abgestellt hat. Vorliegend ist, wie aus der Beschwerdebegründung vom 15. April 2009 folgt, Gegenstand des Beschwerdeverfahrens in der Sache der vor dem Zuschlag gestellte Antrag auf Vollstreckungsschutz, über den das Amtsgericht allerdings erst zusammen mit dem Zuschlagsbeschluss nach dem Versteigerungstermin entschieden hat. Da der nach dem Vortrag der Schuldnerin bei einem freihändigen Verkauf zu erzielende Kaufpreis von 80.000,- € bei Lastenfreiheit nur geringfügig über dem Betrag von 79.861,34 € liegt, der sich aus Meistgebot und bestehen bleibenden Rechten ergibt, ist das auf einen zeitweiligen Aufschub der Vollstreckung gerichtete Interesse der Schuldnerin, das nach §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist (Schneider/Herget, a.a.O., Rn 6419), mit einem Bruchteil der Forderungen der Gläubigerin und der bestehen bleibenden Rechte jedenfalls angemessen bewertet.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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