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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.07.2000
Aktenzeichen: 2 W 105/00
Rechtsgebiete: BVorm VG


Vorschriften:

BVorm VG § 1
Die Ausbildung zum Pastor am Theologischen Seminar des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden steht im Sinn des BVormVG einer abgeschlossenen Hochschulausbildung gleich.

SchlHOLG, 2. ZS. Beschluß vom 13. Juli 2000, - 2 W 105/00 -


Beschluß

2 W 105/00 7 T 233/00 LG Lübeck 4 XVII 5796 AG Lübeck

In der Betreuungssache

betreffend die am 15.6.1939 geborene Frau ...

beteiligt:

1. Herr ...

2. Bezirksrevisor bei dem Landgericht, Am Burgfeld 7, 23568 Lübeck,

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 26.6.2000 gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 19.6.2000 durch die Richter Lindemann, Schupp und Stapel am 13.7.2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Durch Beschluß vom 22.12.1998 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 1. zum Berufsbetreuer der mittellosen Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Behörden- und Postangelegenheiten bestimmt.

Der Beteiligte zu 1. hat nach dem Bestehen des Abiturs und der Ableistung eines freiwilligen Jahres in der Zeit vom 1.10.1977 bis zum Sommersemester 1982 10 Semester Theologie am Theologischen Seminar des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K. d. Ö. R. in Hamburg studiert und im Juli 1982 die Abschlußprüfung bestanden. Ausweislich seines Studienbuches umfaßte das Studium u. a. auch Vorlesungen, Seminare und Übungen auf den Gebieten der Psychologie, Entwicklungspsychologie, Gruppenpädagogik und -dynamik, Gerontologie, Ethik und Rhetorik. Von 1982 bis 1997 war er als Gemeindepastor in verschiedenen Orten der Bundesrepublik tätig. Von Mai 1997 bis April 1998 unterzog er sich einer Vollzeit-Ausbildung zum Familientherapeuten beim Lübecker Institut für Angewandte Psychologie. Ab Juli 1997 war er mit der Betreuung psychisch Kranker in der "Brücke" in Lübeck tätig. Im September 1998 nahm er seine Tätigkeit als gesetzlicher Betreuer auf.

Auf Vergütungsanträge des Beteiligten zu 1. vom 25.5.1999 und 2.12.1999 hat das Amtsgericht Vorschußzahlungen in Höhe von 4.405,68 DM (84,4 Stunden x 45 DM) und 3.074,58 (58,9 Stunden x 45 DM) festgesetzt. Den weitergehenden Antrag des Beteiligten zu 1., seine Tätigkeit mit 60 DM pro Stunde zu vergüten, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 23.3.2000 (Bl. 86 d. A.) zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß, auf den wegen der weiteren Sachdarstellung und Begründung Bezug genommen wird (Bl. 112 - 115 d. A.), für die Betreuung der Betroffenen in der Zeit vom 22.12.1998 bis 1.12.1999 mit einem Stundensatz von 60,- DM eine weitere Vergütung in Höhe von 2.493,42 DM inkl. Mehrwertsteuer festgesetzt. Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seiner - zugelassenen - sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das nach §§ 27, 29, 22, 56 g Abs. 5 FGG zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. Die Ausführungen des Landgericht halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

Daß der Beteiligte zu 1. als Berufsbetreuer der mittellosen Betroffenen nach § 1836 a BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG Vergütung aus der Staatskasse verlangen kann, steht außer Frage. Verfügt eine Berufsbetreuerin oder ein Berufsbetreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des BVormVG diese Vergütung auf 60 DM für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Durch eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung erworben sind die Fachkenntnisse, wenn sie im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden und die Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht sowie einen formalen Abschluß aufweist. Der Senat hat bereits mit Beschluß vom 16.3.2000 (OLG Report für Bremen, Hamburg und Schleswig 2000, 214) in Übereinstimmung mit dem BayObLG (Beschluß vom 15.9.1999 in BtPrax 2000, 32 f = Rpfleger 2000, 64) ausgesprochen, daß eine Ausbildung einer Hochschulausbildung gleichwertig ist, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissenstand nach Art und Umfang dem durch ein Hochschulstudium vermittelten entspricht. Dies hat das Landgericht zu Recht bejaht. Seine Feststellung, die Ausbildung des Beteiligten zu 1. habe eine staatliche Anerkennung dadurch gefunden, daß die Studenten am evangelisch-freikirchlichen theologischen Seminar in Hamburg gemäß Art. 2 § 2 der Verordnung zur Änderung zweier Verordnungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 11.7.1980 staatliche Förderungsmittel nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten, läßt insoweit Rechtsfehler nicht erkennen.

Frei von Rechtsirrtum hat das Landgericht weiterhin festgestellt, daß der Beteiligte zu 1. im Rahmen dieser Ausbildung auch besondere Fachkenntnisse erworben hat, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind. Der Senat hat bereits mit Beschluß vom 8.3.2000 (OLG Report für Bremen, Hamburg und Schleswig aaO. S. 214 f) ebenfalls in Übereinstimmung mit dem BayObLG (Beschluß vom 27.10.1999 in FGPrax 2000, 22 f = Bt. Prax 2000, 81 f) ausgesprochen, daß "Fachkenntnisse" bzw. "besondere Kenntnisse" Kenntnisse sind, die - bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei das Grundwissen je nach Bildungsstand und Ausbildung mehr oder weniger umfangreich sein kann. Für die Führung einer Betreuung "nutzbar" sind Fachkenntnisse, wenn sie ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohle der Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen. Notwendig ist insoweit nicht, daß die Kenntnisse das gesamte Anforderungsprofil der Betreuung abdecken. Vielmehr reichen Kenntnisse zur Bewältigung eines bestimmten Aufgabenkreises aus (Senat aaO. mwN.). Nicht entschieden hat der Senat bislang, ob mit dem BayObLG (FG Prax 2000,22, 23 = BtPrax 2000, 81, 82) zu verlangen ist, daß die Ausbildung - auch und gerade -in ihrem Kernbereich auf die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse ausgerichtet sein muß. Dazu besteht vorliegend ebenfalls kein Anlaß. Auch wenn das Landgericht sich ausdrücklich von der genannten Auffassung des BayObLG distanziert hat, tragen die tatsächlichen Feststellungen des Studienstoffes mit Hilfe des Studienbuches die Wertung, die betreuungsrelevanten Fächer gehörten zum Kernbereich der Ausbildung.

Die Notwendigkeit einer Entscheidung über die außergerichtlichen Auslagen im Verfahren der weiteren Beschwerde entfällt, weil dem Beteiligten zu 1. die Rechtsbeschwerde nicht mitgeteilt worden ist (Keidel/Kuntze/ Winkler/Zimmermann FGG 14. Aufl. . § 13 a Rn. 16).

Ende der Entscheidung

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