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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 2 W 16/06
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 15

Entscheidung wurde am 20.10.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete, Orientierungssatz und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
1. Der Notar und die Instanzen des Notarbeschwerdeverfahrens haben im Falle der Abtretung eines Anspruchs auf Auskehrung eines auf Anderkonto verwahrten Betrages grundsätzlich die Frage zu prüfen und zu entscheiden, wer Empfangsberechtigter ist.

2. Bei begründeten Zweifeln über die Person des Empfangsberechtigten hat der Notar den hinterlegten Betrag vorläufig in Verwahrung zu nehmen, bis die als empfangsberechtigt in Betracht kommenden Personen übereinstimmende Erklärungen abgegeben haben, oder die Frage der Empfangsberechtigung im Zivilprozess entschieden ist.

3. Es bleibt unentschieden, ob die Prüfung des Beschwerdegerichts sich darauf zu erstrecken hat, ob die Entscheidung des Notars in jeder Hinsicht berechtigt oder ob sie lediglich im Rahmen eines ihm einzuräumenden Ermessens fehlerfrei ist.

4. Wird dem Notar ein Ermesssensspielraum eingeräumt, so kann ein Ermessensfehler seiner Entscheidung darin liegen, dass er versäumt hat, die Frage der Empfangsberechtigung durch Fragen an die Beteiligten aufzuklären.


2 W 16/06

Beschluss

In der Notarbeschwerdesache nach § 15 BNotO

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 12.04.2005 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 18.11.2004 durch die Richter ............... am 15.03.2006 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 3. hat den übrigen Beteiligten deren im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 15.164,00 Euro.

Gründe:

I.

Durch Vertrag vom 23.08.2004 verkaufte der Beteiligte zu 1. sein Hausgrundstück in P. zum Preis von 85.000,00 Euro (Urk.-Ro. 312/04 des eingangs genannten Notars) an E.. Den Kaufpreis nahm der Notar in Verwahrung. Gemäß Urkunde vom 7.09.2004 trat der Beteiligte zu 1. von seiner Forderung gegen die Käuferin einen Teilbetrag in Höhe von 59.164,00 Euro an die "E. K. Hausverwaltung ......................" ab. Unterschrieben ist die Erklärung von dem Beteiligten zu 1. und für die "K. Verwaltung" von der Beteiligten zu 2. Gemäß Urkunde vom 10.09.2004 trat der Beteiligte zu 1. seinen Kaufpreisanspruch gegen die Käuferin und seine gegenwärtigen und/oder zukünftigen Auszahlungsansprüche gegen den Notar an den Beteiligten zu 3. ab. Diese Urkunde ist von den Beteiligten zu 1. und 3. unterschrieben. Der Beteiligte zu 3. zeigte die Abtretung vom 10.09.2004 am 29.09.2004 beim Notar an, die Beteiligte zu 2. für die "E. K. Hausverwaltung" die Abtretung vom 7.09.2004 am 29.10.2004 mit der Bitte, die Zahlungsanweisung nur auf "unser Konto (folgen Angaben)" vorzunehmen. Mit Schreiben vom 9.11.2004 bat der Beteiligte zu 3. den Notar, aus dem abgetretenen Betrag 16.000,00 Euro an ihn zu überweisen. Mit Schreiben vom 14.11.2004 teilte der Beteiligte zu 1. dem Notar mit, die "E. K." habe er Mitte August 2004 wegen ständig anstehender Auslandsaufenthalte an die Beteiligte zu 2. übertragen. Aus dem Kaufpreis sei ein Guthaben in Höhe von 59.136,00 Euro, mindestens 43.136,00 Euro auf das geänderte Konto "B. W. (= Beteiligte zu 2.) /E. K. Verwaltung" (folgen Angaben) auszukehren.

Wegen der streitigen Empfangsberechtigung der Beteiligten zu 2. und 3. hat der Notar unter dem 18.11.2004 einen Vorbescheid erlassen, wonach er beabsichtige, vom Notaranderkonto einen Teilbetrag von 16.0000,00 Euro an den Beteiligten zu 3. auszukehren. Gegen die Rechtsgültigkeit der Abtretungserklärung vom 7.09.2004 bestünden Bedenken. Aus ihr lasse sich die genaue Bezeichnung bzw. Identität des Zessionars und des Rechtsunterzeichners nicht entnehmen. Hierüber sei auch kein Nachweis geführt worden.

Gegen diesen Vorbescheid hat der Beteiligte zu 1. Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der noch offene restliche Kaufpreisanspruch über 16.000,00 Euro stehe gemäß der Abtretungserklärung vom 7.09.2004 der "E. K. Hausverwaltung" zu und sei an diese auszukehren. Der Beteiligte zu 3. ist dem entgegengetreten. Der Vorsitzende der Beschwerdekammer hat zur Aufklärung der Empfangsberechtigung Telefonate geführt u. a. mit der Beteiligten zu 2., deren Ehemann und dem Beteiligten zu 1. (Vermerk ohne Datum Bl. 36/37 d.A.). Die Beteiligte zu 2. hat sich schriftlich unter dem 16.02.2005 erklärt (Bl. 45 d.A.). Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, soweit der Vorbescheid die beabsichtigte Auszahlung an den Beteiligten zu 3. im Umfang von 836,00 Euro umfasst. Im übrigen hat es den Vorbescheid aufgehoben und den Notar angewiesen, einen Betrag von 15.164,00 Euro weiter auf seinem Notaranderkonto zu verwahren und erst auf übereinstimmende Anweisung der Beteiligen zu 2. und 3. an den von diesen bestimmten Empfänger auszuzahlen. Gegen diesen Beschluss, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 52 bis 55 d.A.) richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3..

II.

Die nach §§ 27, 29 FGG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat ausgeführt: Bei begründeten Zweifeln über die Empfangsberechtigung mehrerer Prätendenten sei der hinterlegte Betrag durch den Notar weiter zu verwahren und die Beteiligten auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. So liege es hier. Es sei insbesondere nicht offenkundig, dass die Abtretung vom 7.09.2004 unwirksam sei. Die Ermittlungen der Kammer hätten ergeben, dass es sich dabei nicht um ein offenkundiges Insichgeschäft gehandelt habe. Vielmehr werde geltend gemacht, der Betrag sei an die Beteiligte zu 2. abgetreten worden. Auf Grund der Angaben des Beteiligten zu 1., durch die Abtretung habe die Beteiligte zu 2. Geld in die Hand bekommen sollen, um in der Zeit seiner Abwesenheit für die Hausverwaltung Geld bezahlen zu können, auf Grund ferner der Antwort der Beteiligten zu 2., ihr stünden noch restliche 15.164,00 Euro zu, lasse sich nicht feststellen, dass die vorgelegte Abtretungsurkunde vom 7.09.2004 offensichtlich unwirksam sei.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Notar und die Instanzen des Notarbeschwerdeverfahrens haben im Falle der Abtretung des Anspruchs auf Auskehrung eines auf Anderkonto verwahrten Betrages grundsätzlich die Frage zu prüfen und zu entscheiden, wer Empfangsberechtigter ist. Bei begründeten Zweifeln über die Person des Empfangsberechtigten hat der Notar den hinterlegten Betrag vorläufig in Verwahrung zu nehmen, bis die als empfangsberechtigt in Betracht kommenden Personen übereinstimmende Erklärungen abgegeben haben, oder die Frage der Empfangsberechtigung im Zivilprozess entschieden ist (KG DNotZ 1999, 994, 998; OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1582,1583; OLG Hamm DNotz 1994, 120, 122; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 4. Aufl., § 15 Rn. 68). Diese "begründeten Zweifel" hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei bejaht. Seine Tatsachenfeststellung ist für das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich bindend. Mit der weiteren Beschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die tatsächlichen Folgerungen des Tatrichters nicht die einzig möglichen sind, oder dass eine andere Schlussfolgerung ebenso nahe oder noch näher gelegen hätte (Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 42 m.w.Nw.). Seine Schlussfolgerung, die Abtretung vom 7.09.2004 sei nicht offensichlich unwirksam, weil der Beteiligte zu 1. der Beteiligten zu 2. auf diesem Wege habe Geld verschaffen wollen, damit sie in der Zeit seiner Abwesenheit für die E. K. Hausverwaltung Ausgaben bestreiten könne, ist auf Grund des Ermittlungsergebnisses möglich. Dabei kann hier offenbleiben, ob die Prüfung des Beschwerdegerichts sich darauf zu erstrecken hat, ob die Entscheidung des Notars in jeder Hinsicht berechtigt (so mit guten Gründen Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 15 Rn. 104) oder ob sie lediglich im Rahmen eines ihm eingeräumten Ermessens fehlerfrei ist (so ohne Begründung Schippel/Reithmann, BNotO, 7. Aufl., § 15 Rn. 85; Winkler, BeurkG, 15. Aufl., § 4 Rn. 5). Auch wenn man den eingeschränkten Prüfungsumfang annimmt, liegt hier ein Ermessensfehler des Notars vor, weil er - wie vom Landgericht nachgeholt - versäumt hat, durch eine formlose und gezielte Befragung der Beteiligten zu 1. und 2. der Frage nachzugehen, wer die Zedentin der Abtretung vom 7.09.2004 ist. Denn die Abtretungserklärung vom 7.09.2004 und die Abtretungsanzeige vom 29.10.2004 sind von der Beteiligten zu 2. unterzeichnet. Dann wären ihm möglicherweise - wie dem Landgericht - begründete Zweifel an der Empfangsberechtigung gekommen und er wäre zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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