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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 2 W 308/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 67
FGG § 12
FGG § 27
Bei einer Anmeldung zum Vereinsregister nach § 67 BGB obliegt dem Gericht in materieller Hinsicht im allgemeinen nur eine Prüfung dahin, ob die nachgesuchte Eintragung durch den Inhalt der beigefügten Urkunden gerechtfertigt wird oder ob sich insoweit Bedenken ergeben. Begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der in den Urkunden angegebenen Tatsachen hat das Gericht nach § 12 FGG nachzugehen. Für das Rechtsbeschwerdegericht ist die Prüfung dahin eingeschränkt, ob solche Zweifel möglich sind (hier: Versuchte Behebung von Zweifeln an der Wirksamkeit einer "Stichwahl" durch ein Nachtragsprotokoll).
2 W 308/04

Beschluss

In der Vereinsregistersache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde des Betroffenen vom 17.11.2004 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 9.11.2004 am 12.01.2005 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird bei einem Geschäftswert von 3.000,00 Euro zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Nach § 10 Nr. 1 der Vereinssatzung vom 24.01.1998 (VS) besteht der Vorstand des Vereins unter anderem aus dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden. Nach § 10 Nr. 2 Satz 1 VS werden die Vorstandsmitglieder auf der Jahresmitgliederversammlung jeweils auf zwei Jahre gewählt. Nach § 12 Nr. 5 Satz 2 VS erfolgen Abstimmungen in der Regel mit einfacher Mehrheit. Unter Nr. 9 der Niederschrift über die Jahrshauptversammlung am 21.02.2004 heißt es:

"Wahlen:

Wahl des 1. Vorsitzenden J. P.

57 ja - 3 nein - 4 Enthaltungen - 4 ungültig

Wahl des 2. Vorsitzenden

Zur Wahl vorgeschlagen

H. T. - K.P. -

M. T.- B. S. -

H. T. 13 Stm - K.P. 15 Stm -

M.T. 11 Stm - B. S..18 Stm

Stichwahl K. P. - B. S.

35 Stm 18 Stm

ungültig 9 Stm

Die Gewählten (J.P. und K.P.) nahmen die Wahl an."

Vom Notar eingereicht meldete der Vorstand - vertreten durch J. P. und K.P. - schriftlich die sich durch die Neuwahl ergebenden Änderungen zur Eintragung in das Vereinsregister an. Mit Schreiben vom 17.03.2004 wies das Amtsgericht den Notar darauf hin, dass die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden K. P. unwirksam sei, da die vorgenommene Stichwahl weder vom Gesetz noch von der Satzung gedeckt sei, und bat, die Anmeldung insoweit zurückzunehmen. Der Notar erwiderte, dass der stellvertretende Vorsitzende bei der Stichwahl die erforderliche einfache Stimmenmehrheit von 35 Stimmen erhalten habe. Durch Beschluss vom 7.04.2004 hat das Amtsgericht die Anmeldung hinsichtlich der Eintragung des stellvertretenden Vorsitzenden zurückgewiesen. Das Ergebnis der Stichwahl sei unverwertbar. Es hätte eine neue Abstimmung erfolgen müssen, an der alle alten und auch neue Kandidaten hätten teilnehmen können. Gegen diesen Beschluss hat der Notar am 16.04.2004 Beschwerde eingelegt und eine vom 1. Vorsitzenden und Schriftführer unterzeichnete Ergänzung vom 19.04.2004 zum Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 21.02.2004 eingereicht, in der es heißt:

"zu Ziffer 9.: Wahlen

Bei der als "Stichwahl" bezeichneten Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden haben sich auf Nachfrage des 1. Vorsitzenden als Versammlungsleiter weder die "alten" Kandidaten noch weitere neue Kandidaten zur Wahl gestellt."

Daraufhin hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 14.05.2004 angekündigt, nach § 12 FGG Beweis zu erheben durch Vernehmung der Kandidaten und der Protokoll -unterzeichner und um Angabe der ladungsfähigen Anschriften gebeten. Ferner hat es die Eintragung des neuen 1. Vorsitzenden verfügt. Der Notar hat gegen die Ankündigung der Beweisaufnahme ebenfalls Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen, weil begründete Zweifel bestünden, ob die Protokollberichtigung, die sich die Worte des gerichtlichen Beschlusses zu eigen mache, dem tatsächlichen Ablauf der Versammlung entspreche. Das Landgericht hat die Beschwerde vom 16.04.2004 zurückgewiesen mit der Begründung, mit Recht habe das Amtsgericht begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden geltend gemacht, weil eine Stichwahl in Gesetz und Satzung nicht vorgesehen sei und die nachgereichte Protokollergänzung die aufgezeigten Bedenken an der Richtigkeit der in der Urkunde angegebenen Tatsachen nicht auszuschließen vermöge. Gegen diesen Beschluss, auf den zur Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 193 bis 196 d.A.), richtet sich die weitere Beschwerde des Notars.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG zulässig. Insbesondere ist der beurkundende Notar ermächtigt, für alle Anmeldepflichtigen das Rechtsmittel einzulegen (OLG Köln NJW-RR 1994, 1547, 1548; Keidel/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 129 Rn. 7). Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

1. Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Prüfungspflicht des Registergerichts bei einer Anmeldung nach § 67 BGB grundsätzlich auf deren Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit erstreckt. In materieller Hinsicht obliegt dem Gericht im allgemeinen nur eine Prüfung dahin, ob die nachgesuchte Eintragung durch den Inhalt der beigefügten Urkunden gerechtfertigt wird oder ob sich in dieser Hinsicht Bedenken ergeben. Begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der in den Urkunden angegebenen Tatsachen hat das Gericht jedoch nach § 12 FGG nachzugehen (OLG Hamm NJW-RR 1997, 417, 418; NJW-RR 1990, 532; BayObLG NJW 1973, 2068, 2069). Für das Rechtsbeschwerdegericht ist die Prüfung dahin eingeschränkt, ob solche Zweifel möglich sind. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die Würdigung der Tatsachengerichte nicht zwingend sei oder eine andere Würdigung ebenso nahe liege (Senatsbeschluss vom 17.03.2004 Seite 4 - 2 W 37/04).

2. Die Beanstandung des Registergerichts, nach dem Wortlaut der Niederschrift über die Jahreshauptversammlung vom 21.02.2004 sei die Wahl des K. P. zum stellvertretenden Vorsitzenden unwirksam, trifft zu. Bei der Beschlussfassung im Verein ist mangels abweichender Bestimmung in der Satzung (vgl. § 40 BGB - vorliegend sieht die Satzung ausdrücklich eine einfache Mehrheit vor) - auch bei Wahlen (vgl. BGH NJW 1974, 184, 185; WM 1975, 1041) - die (einfache) Mehrheit nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen (BGH NJW 1982, 1585; 1987, 2430; OLG Köln NJW-RR 1994, 1547, 1549; Palandt/Heinrichs, 64. Aufl., BGB, § 32 Rn. 7 m.w.Nw.; Keilbach DNotZ 1997, 847, 855). Da nach diesem Grundsatz die relative Mehrheit (vgl. hierzu Keilbach a.a.O. S. 856 ff.) nicht ausreicht , war im ersten Wahlgang kein Kandidat gewählt, weil bei jedem Kandidaten die durch die Wahl anderer Kandidaten konkludent abgegebenen Nein-Stimmen überwogen. Die sich anschließende, im Protokoll als sog. Stichwahl ausgewiesene Wahl wäre unwirksam gewesen, weil eine solche weder im Gesetz noch in der Satzung vorgesehen ist (vgl. Keilbach a.a.O. S. 857, 858). Die Anerkennung einer solchen Wahl verbietet sich hier schon deshalb, weil - außer den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen - weitere Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen waren. Ferner hat beim Verein die Feststellung und Verkündung des Wahlergebnisses durch den Wahlleiter nicht die Wirkung eines konstitutiven, das Wahlergebnis fixierenden Aktes, weil das Gesetz kein (fristgebundenes) Anfechtungsrecht vorsieht (BGH WM 1975, 1041).

3. Die begründeten Zweifel der Tatsachengerichte am Inhalt des Nachtragsprotokolls vom 19.04.2004 erscheinen als möglich. Die unterschriebene Versammlungsniederschrift ist (nur) eine Privaturkunde. Anders als eine öffentliche Urkunde erbringt sie nicht den Beweis für ihren Inhalt und den bezeugten Vorgang, sondern nur dafür, dass ihr Inhalt von den Unterzeichnern herrührt (OLG Hamm NJW-RR 1997, 484, 485). Zwar darf das Registergericht den Feststellungen eines mit der Anmeldung eingereichten Protokolls grundsätzlich vertrauen. Hier aber ist die Niederschrift erst nachträglich erstellt und eingereicht worden, nachdem das Registergericht auf entsprechende Bedenken hingewiesen hatte. Es hätte nahegelegen, dass die Nachfrage des 1. Vorsitzenden, ob sich weitere Kandidaten zur Wahl stellen, falls erfolgt, angesichts ihrer Bedeutung bereits in die Niederschrift vom 21.02.2004 aufgenommen worden wäre. Bei einer solchen "Anpassungseinlassung" ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, sie entspreche möglicherweise nicht den Tatsachen. Das Registergericht war bereit, die Zweifel durch die Vernehmung der Kandidaten und Protokollunterzeichner aufzuklären (§ 12 FGG), was hierzu ein geeignetes Mittel ist. Dies hat der Betroffene abgelehnt, so dass die Zurückweisung der Eintragung gerechtfertigt ist.

Ende der Entscheidung

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