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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 26.09.2006
Aktenzeichen: 3 U 34/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 631 ff
Ein Vertrag über die Verteilung von Werbeflyern im Wege von Postwurfsendungen richtet sich nach den Bestimmungen des Werkvertrages. Beruft sich der Postkunde gegen die Vergütungsforderung auf mangelnde Erfüllung, muss er angesichts der Besonderheiten dieses Massengeschäftes zunächst Anhaltspunkte dafür substantiieren, dass die Flyer tatsächlich nicht oder nur lückenhaft verteilt worden sind. In Betracht kommt insbesondere der Vortrag von Umsatzeinbußen gegenüber vergleichbaren früheren Aktionen oder die Darlegung fehlender Resonanz auf die Werbemaßnahme.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 34/06

verkündet am: 26.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.01.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Einlösung von Lastschriften, nachdem der Beklagte die Klägerin zuvor im Dezember 2004 beauftragt hatte, insgesamt ca. 130.000 Flyer als Postwurfsendungen zu verteilen, in denen er für den Verkauf von Silvesterfeuerwerk in verschiedenen, nur für diesen Zweck kurzfristig angemieteten Geschäften warb. Der Beklagte macht geltend, er habe in den Läden in allerdings unterschiedlichem Umfang Umsatzverluste gegenüber den Vorjahren zu beklagen. Er erhebt die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und bestreitet, dass die Klägerin durchweg ordnungsgemäß verteilt habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme der erstattet verlangten Inkassokosten - stattgegeben und ausgeführt, der Beklagte könne mit seinem Einwand, die Handzettel seien zumindest in einzelnen Zustellbezirken nicht oder nicht ordnungsgemäß verteilt worden, nicht durchdringen, weil er keine konkreten Umstände dargelegt habe, aus denen auf eine mangelhafte Verteilung geschlossen werden könne, weshalb die Klägerin die ordnungsgemäße Leistung ihrerseits nicht im Einzelnen darlegen müsse.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten.

Der Beklagte macht geltend:

Die Klägerin habe keine konkreten Umstände zu den streitgegenständlichen Postwurfsendungen dargelegt, die die Erfüllung der Verträge vermuten lassen könnten. Er sei deshalb zu Unrecht zur Zahlung verurteilt worden.

Im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien sei abweichend von Ziffer 5 der AGB der Klägerin das Lastschriftverfahren per Postcard vereinbart worden.

Das Landgericht habe ausgeführt, welche Substantiierung seitens des Beklagten erforderlich sein solle, um eine Verpflichtung der Klägerin zur konkreteren Darlegung ordnungsgemäßer Erledigung der Verträge zu begründen. Dort werde auch erläutert, der Beklagte sei darauf mit Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2005 und durch das Gericht im Termin am Folgetag ausdrücklich hingewiesen worden. Das treffe aber nicht zu. Das Gericht habe auf die Aufrufe in den Medien (Spendenaufrufe wegen des Tsunami Ende 2004) hingewiesen sowie auf ein Parallelverfahren des Beklagten (beigezogene Akte 2 O 357/05 Landgericht Itzehoe), welches ebenfalls die hier fraglichen Umsatzeinbußen zum Gegenstand gehabt hätte.

Dem Gericht sei es nicht auf die Umsatzeinbußen angekommen. Es habe vielmehr ein Anerkenntnis des Beklagten dringend empfohlen und ausgeführt, auch die von der Klägerin angebotene Ermittlung der Zusteller für einzelne Straßenzüge würde nichts bringen, weil diese sich nicht an einzelne Werbeflyer würden erinnern können.

Vor diesem Hintergrund sei zu den Umsatzeinbußen nicht näher vorgetragen worden. Der Beklagte sei davon durch das Gericht geradezu abgebracht worden. Immerhin sei zuvor aber mit Schriftsatz vom 10. November 2005 bereits konkret benannt worden, dass die größten und nicht nachvollziehbaren Umsatzeinbußen in der A-Straße in B zu verzeichnen gewesen seien. Ein nochmaliger Hinweis hierauf und eine Korrektur der dortigen Angaben zu dem Vergleich der Läden A-Straße/C-Straße sei unterblieben.

Die Entscheidung des Landgerichts sei offenbar maßgeblich durch die Beiziehung der Akte zu dem Aktenzeichen 2 O 357/05 LG Itzehoe bestimmt worden. Es werde gebeten, diese Akte auch für die Berufung beizuziehen. Daraus ergebe sich, dass die Umsatzeinbußen ggf. auch durch eine Falschlieferung mitverursacht worden seien.

Im Übrigen sei nicht verständlich, warum der Klägerin nicht zuzumuten sei, die Verteilung der konkreten Postwurfsendungen zu kontrollieren und zu dokumentieren. Die Klägerin habe nicht ansatzweise den Verbleib von 130.000 Postwurfsendungen zu klären versucht. Nach ihren Angaben zu Protokoll umfasse ein Gebiet oder Stadtteil jeweils mehrere 100 Zustellbezirke, wobei zu jedem Zustellbezirk ca. 600 Haushalte gehören würden. Es könne nicht Aufgabe des Beklagten sein, ihm nicht bekannte Zustellbezirke zu ermitteln. Beworben worden seien Stadtteilzentren, die ein bestimmtes Einzugsgebiet hätten. Das Landgericht erwarte von ihm Auskünfte aus der Sphäre der Klägerin, in die er keinen Einblick habe. Er erwarte hingegen nichts anderes als eine angemessene Kontrolle durch die Klägerin, dass der Auftrag ausgeführt worden sei. Diese Überprüfung sei auch zeitnah erbeten worden, tatsächlich aber nicht erfolgt, weil die Klägerin keine Ermittlungen angestellt habe.

Dem landgerichtlichen Urteil Rechnung tragend würde nunmehr der Umsatz in den Läden mit Angaben von Straßennamen offengelegt und dem Umsatz des Vorjahrs gegenüber gestellt. Danach habe es die größten Einbußen mit 33,3 % bzw. 32,1 % in der C-Straße 220 und in der A-Straße 23 (jeweils in B) gegeben, die geringsten mit 9,3 % in D und mit 11,6 % am E-Platz 16 in B. Zu den Einzelheiten wird auf die Tabelle Bl. 125 f d.A. verwiesen.

Nach Angaben des Lieferanten des Beklagten hätten die Spendenaufrufe für die Opfer der Tsunamikatastrophe 2004 zu durchschnittlichen Umsatzeinbußen von 20 % geführt. Zum Beweis dafür, dass die Spendenaufrufe nicht zu Umsatzeinbußen beim Vertrieb von Feuerwerksartikeln von mehr als 20 % geführt hätten, werde Sachverständigenauskunft angeboten. Umsatzeinbrüche des Beklagten von zum Teil über 30 % seien aus diesem Aufruf jedenfalls nicht zu erklären, sodass er eine Ursache in der unterbliebenen oder zu späten Verteilung der Postwurfsendungen vermute. Dies möge nicht die einzige mögliche Ursache sein, aber es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, den Sachverhalt aufzuklären.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin erwidert:

Das landgerichtliche Urteil folge zu Recht der Rechtsauffassung des OLG Stuttgart. Danach könnten ihr Darlegungen, dass sie die Postwurfsendungen ordnungsgemäß insbesondere vollständig und fristgerecht verteilt habe, erst abverlangt werden, wenn der Beklagte Umstände konkret darlege, aus denen auf eine mangelhafte oder nicht erfolgte Erfüllung geschlossen werden könne. Gerade darauf sei er mit Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2005 verwiesen worden. Auch sei im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Tag später der richterliche Hinweis erfolgt, dass ein eingeschränkter Response nur sehr bedingt ein Indiz für unzulängliche Verteilung sei. Des Weiteren seien die Aufrufe in den Medien im Jahre 2004 besprochen worden, die nämlich nach der Flutwellenkatastrophe die Bevölkerung gebeten hätten, zu spenden statt in Silvesterfeuerwerk zu investieren. Der Beklagte habe Schriftsatznachlass erhalten, jedoch versäumt, entsprechend zu substantiieren. Er habe nicht nur die mangelnde Response nicht näher dargelegt, sondern auch die Wohnorte derjenigen Kunden nicht bekannt gegeben, die angeblich auf Befragen keine Werbung erhalten haben sollten. Die nachgeschobenen Angaben in der Berufungsbegründung seien verspätet.

Hinzuweisen sei darauf, dass es hier um ein Massengeschäft gehe, und die Klägerin nicht Nachweis über jeden einzelnen eingelegten Werbeflyer führen könne. Es könne nicht sein, dass sich ein Kunde seiner Zahlungspflicht mit der Behauptung entziehe, bei der letzten Werbeaktion Umsatzeinbußen erlitten zu haben. Wenn man so entscheiden wollte, dann bräuchte sie dieses Produkt überhaupt nicht mehr anzubieten.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, denn das Landgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung überwiegend stattgegeben.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem vertraglichen Verhältnis der Parteien über die Verteilung der Werbeflyer einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Der Beklagte hat die Klägerin am 20. bzw. 21. Dezember 2004 in 8 Fällen beauftragt, in bestimmten Gebieten der Stadt Bg sowie in D und F jeweils Werbeflyer als Postwurfsendung zu verteilen, wobei mit diesen Werbezetteln Feuerwerksartikel für Silvester beworben worden sind. Die Werbezettel sollten unterschiedlich entweder an alle Haushalte oder nur an Haushalte mit Tagespost verteilt werden. Letzteres bedeutet, dass der Postbote die Werbezettel nur bei solchen Haushalten in die Briefkästen einwirft, die an diesem Tag auch sonstige Post erhalten.

Mit einer derartigen vertraglichen Konstellation hatte sich auch bereits das OLG Stuttgart zu dem Aktenzeichen 5 U 163/01 zu befassen und dazu mit seinem Urteil vom 7. Mai 2002 ausgeführt, die zwischen den Parteien zustande gekommenen Verträge seien solche eigener Art mit werkvertraglichen Zügen. Gegenüber dem Werkvertrag bestehe die Besonderheit, dass wegen Abschnitt 5 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Post AG das Entgelt im Voraus, nämlich spätestens bei Einlieferung der Sendungen zu entrichten sei und dass eine Abnahme der Leistung durch den Besteller schon begrifflich ausscheide.

Dieser zutreffenden Einordnung folgt auch der Senat. Auf den schriftlichen Einlieferungsscheinen, die von dem Beklagten unterschrieben worden sind, wird eigens, und zwar unmittelbar vor der Unterschrift des Beklagten, auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Post AG für den Briefdienst Inland hingewiesen. Ein ausreichender Einbezug der AGB liegt damit vor. Es geht hier um die Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer, sodass § 305 Abs. 2 BGB wegen § 310 Abs. 1 BGB nicht eingreift. Die Vorleistungspflicht des Bestellers nach § 5 Abs. 2 der AGB ist zwischen den Parteien dadurch modifiziert, dass sie zusätzlich das sog. Postcard-Verfahren vereinbart haben. Im Rahmen dieses Verfahrens darf der Postcard-Kunde die Leistungen der Post im Wege des Lastschriftverfahrens begleichen.

Unabhängig von der Frage der Vorleistungspflicht ist der Beklagte zu Recht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung verurteilt worden, denn er hat den von ihm vorgebrachten Einwand fehlender Erfüllung oder jedenfalls die Mangelhaftigkeit dieser Erfüllung nicht ausreichend substantiiert. Für eine unzulängliche Erfüllung gibt es gerade im vorliegenden Fall vielmehr keinen Anhaltspunkt, sodass der Beklagte von der Klägerin nicht verlangen kann, die ordnungsgemäße Verteilung der Flyer näher zu belegen.

2.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass allerdings im Grundsatz die Klägerin die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen darlegen und beweisen muss, zumal sich die Beförderung der Postwurfsendungen und der Einwurf in die Briefkästen der Postkunden in ihrer Sphäre abspielt und der Beklagte darauf keine Einflussmöglichkeit hat. Auf der anderen Seite hat es aber - mit dem OLG Stuttgart in dem zitierten Urteil - im Rahmen der Bestimmung der Darlegungs- und Beweislast zu Recht berücksichtigt, dass es sich bei der Verteilung derartiger Werbezettel über die Post um ein Massengeschäft handelt und der Nachweis der Erfüllung auch für die Klägerin schwierig ist, weshalb die Anforderungen einerseits nicht überspannt werden dürfen und andererseits dem Postkunden auferlegt werden muss, seinerseits zunächst jedenfalls Anhaltspunkte dafür zu benennen und zu substantiieren, dass Postwurfsendungen tatsächlich nicht verteilt worden sein sollen. Von dem Postkunden kann erwartet werden, dass er die fehlende oder gegenüber berechtigten Erwartungen zurückbleibende Resonanz auf seine Werbeaktion näher schildert, etwaige Umsatzeinbußen substantiiert und auch deutlich macht, warum aus seiner Sicht andere nahe liegende Ursachen für etwaige Einbußen nicht in Betracht kommen. Derartige Darlegungen überfordern den Postkunden nicht und werden den Besonderheiten dieses Massengeschäftes gerecht.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte erstinstanzlich aber lediglich ausgeführt, er habe ungewöhnliche Umsatzeinbrüche gehabt, die in den verschiedenen Ladenlokalen allerdings unterschiedlich ausgefallen seien. Konkret benannt hat er nur den Laden in der A-Straße in B, der im Vorjahr der am besten laufende Laden gewesen sei, während Ende 2004 die Kosten nicht gedeckt worden seien. Im Verhältnis dazu seien in anderen Stadtteilen derartige Umsatzeinbrüche nicht zu verzeichnen gewesen. So sei das Geschäft in dem Nachbarstadtteil in der C-Straße mit gleicher Bevölkerungsstruktur "wie die Feuerwehr gelaufen". Der Beklagte hat an gleicher Stelle weiter vorgetragen, einzelne Kunden in den Stadtteilen, die in die Läden gekommen seien, hätten bestätigt, keine Werbung erhalten zu haben. Es fehlten aber erstinstanzlich jegliche Hinweise auf den Umfang etwaiger Umsatzeinbußen jeweils bezogen auf die 10 Läden. Es fehlte auch jegliche Substantiierung, wie viele Kunden in welchen Stadtteilen angegeben haben sollen, keine Werbung erhalten zu haben und es fehlte im Übrigen jeglicher weiterer Beweisantritt, insbesondere die Benennung der erwähnten Kunden.

Schon vor dem Landgericht ist aber der etwaige Umsatzeinbrüche verständlich machende Umstand besprochen worden, dass zum selben Zeitpunkt Ende 2004 die Tsunamikatastrophe in Asien zu Aufrufen geführt hat, Geld für die Opfer zu spenden, statt Silvesterfeuerwerk zu kaufen. Dort ist des Weiteren die beigezogene Akte 2 O 357/05 LG Itzehoe Gegenstand der Besprechung gewesen. In jenem Verfahren hatte der Lieferant des Beklagten gegen diesen eine noch offene Forderung von knapp 20.000,00 € wegen der Lieferung von Feuerwerksverkaufsmaterial für die Kampagne Ende 2004 geltend gemacht. Der Beklagte hatte u. a. eingewandt, auf Grund des Umstandes, dass ihm der Lieferant ein wesentliches, mit den fraglichen Flyern aber beworbenes Feuerwerkspaket nicht habe liefern können, sei es zu erheblichen Verkaufsproblemen gekommen und sei ihm ein Verlust von etwa 9.500,00 € entstanden.

Dem Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2005 Schriftsatznachlass zu neuem tatsächlichen Vorbringen im letzten Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2005 bewilligt worden. Dennoch hat er auch in dem dann folgenden Schriftsatz vom 17. Januar 2006 keine weitere Substantiierung zu seinem Vorwurf geleistet, die Klägerin habe teilweise nicht erfüllt.

a)

Soweit der Beklagtenvertreter in der Berufungsbegründung dem Landgericht vorwirft, in der mündlichen Verhandlung falsche Hinweise erteilt bzw. ihn in die Irre geführt zu haben, sodass er die dann abweichende Urteilsbegründung mit "Wut im Bauch" gelesen habe, kann der Senat dies bei Lektüre des Protokolls vom 21. Dezember 2005 und des unmittelbar zuvor eingereichten Schriftsatzes der Klägerin vom 20. Dezember 2005 nicht nachvollziehen.

In dem genannten Schriftsatz hat die Klägerin vielmehr ausgeführt, es sei bislang von Seiten des Beklagten nicht näher konkretisiert worden, für welche Bezirke bzw. Straßenzüge eine mangelhafte Verteilung der rund 130.000 Werbezettel gerügt werden solle. Auch werde bestritten, dass die Umsätze in einzelnen Verkaufsräumlichkeiten eingebrochen seien, hierzu werde von Beklagtenseite nicht konkret vorgetragen.

Zu beiden Punkten - welche Bezirke und Straßenzüge sind betroffen und wo sind Umsätze in welchem Umfang eingebrochen - finden sich in dem nachgelassen Schriftsatz des Beklagten aber keine weiteren Substantiierungen.

In dem angesprochenen Protokoll wird deutlich, dass das Gericht auf den Aufruf in den Medien Ende 2004 hingewiesen hat, die Ausgaben für das Silvesterfeuerwerk stark zu begrenzen und statt dessen zu spenden. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht dort weiter ausgeführt, eine eingeschränkte Resonanz auf die Werbezettel dürfte nur ein sehr bedingtes Indiz dafür sein, dass nicht auftragsgemäß verteilt worden sei. Diesen Hinweis konnte der Beklagte nicht dahin deuten, dass er die behaupteten Umsatzeinbrüche und insbesondere die auffallende Verteilung dieser Umsatzeinbrüche nur auf einzelne Straßenzüge nicht näher substantiieren sollte. Es musste ihm lediglich deutlich werden, dass es aus Sicht des Landgerichts einer Reihe von Indizien bedurfte und diese noch vorzutragen waren, um den Schluss als möglich erscheinen zu lassen, dass die Klägerin nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt haben könnte.

Ein Verfahrensfehler des Landgerichts liegt mithin nicht vor.

b)

Unabhängig davon lässt sich aber auch gerade unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens weiterhin nicht erkennen, dass eine fehlende oder unzureichende Verteilung der Werbeflyer in einzelnen Verteilungsbezirken überhaupt nur möglich erscheint und mithin die Klägerin ihrerseits Erfüllung näher darlegen und beweisen müsste.

Zieht man die Zahlen aus der vom Beklagten nunmehr eingereichten Tabelle seiner Umsätze zusammen, so ergibt sich für die 10 Läden in B und Umgebung per 2004 ein Umsatz von ... €. Demgegenüber berechnet sich der angegebene Umsatz 2003 (teilweise sind die Werte nur für 2002 genannt) mit ... €. Zieht man von dem Umsatz 2004 die beiden in 2002/2003 nicht besetzten Läden ab, dann steht ein dort noch in den anderen 8 Läden erzielter Umsatz von ... € der Summe von 99.514,69 € in 2003 oder 2002 gegenüber. Dieser Abzug der beiden 2002/2003 nicht besetzten Läden ist bei der Gegenüberstellung allerdings bereits zweifelhaft, denn eine größere Anzahl von Läden dürfte auch bedingen, dass sich die Kundenzahl für den einzelnen Laden insbesondere im Innenstadtbereich von B entsprechend reduziert.

Selbst wenn man aber die Summe von ... € in 2004 dem Betrag von ... € in 2002/2003 gegenüberstellt, muss doch berücksichtigt werden, dass der Beklagte nunmehr selbst einräumt, entsprechend den Mitteilungen seines Lieferanten müsse wegen der Spendenaufrufe für die Tsunami-Opfer von Umsatzeinbußen Ende 2004 für Feuerwerksartikel von bis zu 20 % ausgegangen werden. Dann aber stünde dem Betrag von ... € ein für Vergleichszwecke (ebenfalls) um 20 % zu reduzierender Umsatz 2003 von .... € gegenüber. Es besteht mithin nur noch eine geringfügige Differenz.

Der Beklagte selbst verweist im übrigen auch gerade im vorliegenden Berufungsverfahren auf die beigezogene Akte 2 O 357/05 LG Itzehoe. Dort hat er aber dargelegt, dass ihm sein Lieferant trotz rechtzeitiger Bestellung die mit den Werbeflyern beworbene preisgünstige Böllerzusammenstellung nicht geliefert habe, weshalb es zu Umsatzeinbußen nicht zuletzt auch deshalb gekommen sei, weil dieser Umstand in allen Läden den Kunden umfänglich habe erklärt und ihnen das Ersatzangebot habe schmackhaft gemacht werden müssen. In der Folge sei es zu großen Schlangen (!) vor den Läden gekommen und hätten einzelne Kunden sich deshalb anderweitig eingedeckt. Der Beklagte errechnet sich in der beigezogenen Akte wegen dieses Lieferproblems einen geschätzten Schaden von etwa 9.500,00 €.

Werden nur diese beiden von dem Beklagten selbst angegebenen umsatzeinschränkenden Umstände - Tsunami-Spendenaufrufe und Probleme des Warensortiments - berücksichtigt, dann ergibt sich bereits keinerlei Anhaltspunkt, dass auch nur in einem Stadtteil Werbeflyer nicht oder zumindest in spürbar mangelhafter Weise verteilt worden sein könnten.

c)

Der Beklagte legt darüber hinaus gerade in der beigezogenen Akte 2 O 357/05 dar, dass sein Geschäft sehr wesentlich von den Werbeflyern und den dort beworbenen Produkten abhängt, auf die die meist jugendlichen Kunden nämlich reagieren würden. Dies sei die neben der Schaufenstergestaltung wesentliche Maßnahme, um die Kunden in die jeweils nur zum Jahresende an unterschiedlichen Orten angemieteten Geschäftsräume zu locken. Kunden sind aber in allen Geschäften erschienen. Angesichts der unstreitigen Einbußen wegen der Spendenaufrufe und der Probleme des Warensortiments ist nicht im Ansatz zu erkennen, warum der Beklagte es dann auf der anderen Seite weiterhin für möglich hält, auch nur in einem der verschiedenen Verteilungsgebiete seien Werbezettel nicht oder jedenfalls spürbar unzulänglich verteilt worden.

Es kommt hinzu - auch das führt der Beklagte in der genannten Beiakte an -, dass das Feuerwerksgeschäft in sehr starker Weise einmal von dem angebotenen Sortiment - das nämlich mit den jeweiligen "Moden" gehen muss - abhängt und zum anderen von der umgebenden Konkurrenz, die nicht zuletzt durch das Sortiment der verschiedenen Discounter bestimmt wird. Von daher liegt auf der Hand, dass der Umsatz davon betroffen wird, ob in der jeweiligen Umgebung entsprechende Anbieter vorhanden sind und welches Angebot diese im Verhältnis zu dem Beklagten in dem jeweiligen Jahr machen. Dass diese Wettbewerbssituation stetig Veränderungen unterliegt und nicht jedes Jahr gleichmäßig sein muss, liegt nahe.

Die nunmehr vorgelegte Liste Bl. 125 f. ergibt unterschiedliche Umsatzeinbußen in den verschiedenen Läden gegenüber dem Vorjahr bzw. dem Jahr 2002, nämlich zwischen 33,3 % und 9,3 %. Es ist nachvollziehbar, dass je nach der Bevölkerungsstruktur in den umliegenden Gebieten insbesondere das Thema Spendenaufruf in unterschiedlichem Umfang zum Verzicht auf den Kauf von Feuerwerksartikeln geführt hat. Ein Indiz für Fehler bei der Verteilung der Flyer könnte deshalb allenfalls sein, wenn in benachbarten Gebieten mit ähnlicher Bevölkerungsstruktur sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielt worden wären. Der erstinstanzliche Vortrag, in der A-Straße sei der Umsatz zusammengebrochen, während im Nachbarstadtteil mit gleicher Bevölkerungsstruktur alles "wie die Feuerwehr" gelaufen sei, war aber sachlich falsch und musste im Berufungsverfahren korrigiert werden. Die Umsatzrückgänge in der A-Straße 23 und in der C-Straße liegen nämlich mit 32,1 bzw. 33,3 % fast gleich auf.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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