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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 3 WLw 22/04
Rechtsgebiete: HöfeO, BGB


Vorschriften:

HöfeO § 6
BGB § 242
BGB § 2254 ff.
1. Eine zuvor errichtete letztwillige Verfügung, mit der der Erblasser einen Dritten als Hoferben eingesetzt hat, kann im Grundsatz nicht durch eine nachfolgende formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 HöfeO wirksam widerrufen werden.

2. Im Einzelfall kann es unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ( § 242 BGB) ausnahmsweise geboten sein, die formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 HöfeO trotz einer vorhergehenden abweichenden Verfügung von Todes wegen durchgreifen zu lassen. Dies setzt voraus, dass sich das Verhalten des Erblassers nach den Umständen als rechtsmissbräuchlich erweist.


Beschluss

3 WLw 22/04

Verkündet am: 20. Juli 2004

In der Landwirtschaftssache

hat der 3. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 6. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 30. März 2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Meldorf vom 3. März 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 340.724 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um eine Hoferbschaft.

Der am 16. Oktober 2003 verstorbene Vater des Antragstellers, der Landwirt Peter Nikolaus .W., war Eigentümer eines Hofes mit 53 ha Eigenland, der in den Hofgrundbüchern von K. Blatt 25 und K. Blatt 63 verzeichnet ist.

Der verstorbene Herr Peter Nikolaus W. war seit dem 6. August 1965 mit der am 5. September 1946 geborenen Antragsgegnerin, der Mutter des Antragstellers, verheiratet. Diese hat seit der Heirat auf dem Hof mitgearbeitet. Herr Peter W. errichtete unter dem 10. März 1983 ein handschriftliches und von ihm unterschriebenes Testament, in dem er bestimmte, dass die Antragsgegnerin nach seinem Tod alleinige Erbin seines gesamten Vermögens sein solle.

Der am 21. Januar 1972 geborene Antragsteller ist das zweijüngste von sechs Kindern der Antragsgegnerin und ihres verstorbenen Ehemannes. Er absolvierte nach dem Hauptschulabschluss in den Jahren 1989 bis 1992 eine landwirtschaftliche Lehre und besuchte anschließend bis 1994 die Landwirtschaftsschule in Heide. Seit 1994 war er dauernd in dem Betrieb seines Vaters beschäftigt und erhielt zuletzt ein Nettogehalt von 800,00 €. Der Antragsteller ist seit 1997 verheiratet, hat zwischenzeitlich zwei Kinder und lebt mit der Familie im Hofgebäude in K..

Der Antragsteller hat in der eidesstattlichen Versicherung zur Urkundenrolle Nr. 561/2003 des Notars S.-B. vom 27. November 2003 angegeben, er habe zusammen mit seinen Eltern die Entscheidung eingeleitet, den Hof als Gemüseanbaubetrieb zu führen. Die Sortenauswahl habe er selbstständig durchgeführt und auch die Pflanztermine sowie den Pflanzenschutz bestimmt. Sein Vater habe sich hinsichtlich der Betriebsleitung auf den Bereich Buchführung und Organisation zurückgezogen. Den Verkauf habe er einvernehmlich mit dem Vater besprochen, bei Investitionen habe er ein weitgehendes Mitspracherecht gehabt. Die Ausweitung des Möhrenanbaus habe er wesentlich mitbestimmt. Ihm sei bekannt, dass sein Vater im Jahre 1983 ein handschriftliches Testament gefertigt habe, in dem er die Antragsgegnerin zur Alleinerbin eingesetzt habe. Damals sei er selbst allerdings erst elf Jahre alt gewesen. Eine ausdrückliche Hoferbenbestimmung sei in dem Testament nicht getroffen worden. Er selbst sei aber nach der Art seiner Ausbildung und der Beschäftigung auf dem Hof als Hoferbe vorgesehen gewesen. Seinerzeit sei gemeinsam zwischen ihm und seinen Eltern beschlossen worden, dass er den landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen solle. Die Antragsgegnerin habe zwar in den vergangenen Jahren auf dem Hof mitgearbeitet, jedoch nur einfache Arbeiten ausgeführt. Sie beherrsche letztlich die moderne Bewirtschaftung des Gemüseanbaus nicht und dürfte auch nicht dazu in der Lage sein, eine Betriebsbuchführung zu machen und die Gesamtorganisation sinnvoll zu leiten.

Der Antragsteller hat ausgeführt, er sei selbstverständlich bereit, seiner Mutter ein angemessenes Altenteil zu gewähren. Eine Einigung sei bislang aber nicht zustande gekommen. Er hat die Auffassung vertreten, durch Beschäftigung auf dem Hof gemäß den §§ 6 f. HöfeO zum Hoferben geworden zu sein.

Der Antragsteller hat beantragt,

ein Hoffolgezeugnis zu erlassen, das ihn als Hoferben aufweist.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag des Antragstellers abzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, sie sei durch Testament zur Hoferbin eingesetzt. Die Verfügung von Todes wegen datiere weit vor dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller auf dem Hof als Angestellter tätig geworden sei. Diese Erbeinsetzung bleibe trotz der späteren Beschäftigung des Antragstellers auf dem Hof wirksam. Sie - die Antragsgegnerin - sei in vollem Umfang hoffähig. Sie sei in sämtliche Tätigkeiten des Hofes involviert gewesen und habe den Hof gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann geführt. Es sei nicht richtig, dass sie nur einfache Arbeiten ausgeführt habe. Vielmehr sei sie vollumfänglich in der Lage, den geerbten Hof zu führen. Sie führe auch selbst die Betriebsbuchführung im Wesentlichen alleinverantwortlich durch.

Grundsätzlich wolle sie sich nicht dagegen sperren, dass der Sohn Peter den Hof weiterführe. Ein auch von ihr angestrebter Überlassungsvertrag sei bislang aber nicht zustande gekommen, weil keine Einigkeit über die Bedingungen hergestellt worden sei.

Die Antragsgegnerin hat ihrerseits bei dem Amtsgericht M. am 5. November 2003 zu dem Az.: 45 Lw 304/03 um die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses nachgesucht, das sie als Hoferbin ausweise. Sie hat dort auch die Auffassung vertreten, nicht nur Erbin kraft des handschriftlichen Testamentes, sondern auch Hoferbin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO geworden zu sein. Über diesen Antrag hat das Landwirtschaftsgericht noch nicht entschieden.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 3. März 2004 zurückgewiesen. Er habe nicht nach den §§ 6 f. HöfeO durch Beschäftigung auf dem Hof Hoferbe werden können, weil die Antragsgegnerin bereits zuvor testamentarisch zur Erbin und Hoferbin eingesetzt worden sei. Gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 HöfeO könne nur eine nach der Übertragung der Bewirtschaftung oder dem Beginn der Beschäftigung auf dem Hof erfolgte testamentarische Regelung möglicherweise unwirksam sein. Soweit in der Literatur auch eine entgegenstehende Auffassung geäußert werde, könne sie nicht geteilt werden, weil sie bereits dem Wortsinn der gesetzlichen Regelung widerspreche und auch einer Güterabwägung zwischen Testierfreiheit des Eigentümers und berechtigten Interessen des auf dem Hof Beschäftigten nicht gerecht werde.

Gegen diesen ihm am 18. März 2004 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 30. März 2004 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Antragsteller macht geltend:

Betrachte man die §§ 2253 ff. BGB, dann ergebe sich, dass durch eine neue letztwillige Verfügung eine wirksame ältere letztwillige Verfügung aufgehoben werden könne. Weil dies schon nach allgemeinem Erbrecht der Fall sei, habe § 7 Abs. 2 HöfeO den Fall einer testamentarischen Verfügung vor Übertragung der Bewirtschaftung i. S. d. § 6 Abs. 1 HöfeO nicht ausdrücklich regeln müssen. Im Fall des § 6 Abs. 1 Ziff. 1 bzw. Ziff. 2 HöfeO erfolge die letztwillige Verfügung gerade durch ein faktisches Verhalten des Hoferblassers. Diese letztwillige Verfügung hebe eine vorherige testamentarische Verfügung auf. § 7 Abs. 2 HöfeO solle nur darüber hinaus auch diejenigen schützen, die im Vertrauen darauf, dass sie durch Verfügung i. S. d. § 6 Abs. 1 HöfeO als Hoferben bestimmt worden seien, ihre Lebensdispositionen getroffen hätten. Dieses Vertrauen, dass nicht eine nachträgliche neue letztwillige Verfügung die faktische Hoferbenbestimmung beseitigen könne, werde in § 7 Abs. 2 HöfeO angesprochen.

Jedenfalls müsse der Antragsteller nach § 242 BGB geschützt werden. Er habe seit Jahren auf dem Hof mitgearbeitet und sei zusammen mit seiner Familie in den Hof und die Dorfgemeinschaft eingebunden. Er sei anderweitig kaum vermittelbar. Alle Geschwister seien davon ausgegangen, dass er Hoferbe werden solle. Eine Entscheidung dahingehend, dass er nicht Hoferbe geworden sei, würde für ihn eine außerordentliche Härte bedeuten. Selbstverständlich solle allerdings die Antragsgegnerin ein angemessenes Altenteil erhalten. Er sei auch bereit, ein entsprechendes Altenteilerhaus zu bauen.

Der Antragsteller beantragt,

das Landwirtschaftsgericht unter Aufhebung des Beschlusses vom 3. März 2004 anzuweisen, dem Antragsteller das Hoffolgezeugnis bezüglich des in den Grundbüchern von Kronprinzenkoog Blatt 25 und Kaiser-Wilhelm-Koog Blatt 63 verzeichneten Hofes zu erteilen, und zwar dergestalt, dass der Antragsteller als Hoferbe ausgewiesen ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin macht geltend:

Schon der Wortlaut des § 7 Abs. 2 HöfeO stehe der vom Antragsteller gewünschten Auslegung zwingend entgegen. Auch der Rückgriff auf die Systematik - insbesondere auf § 6 HöfeO - vermöge die Rechtsauffassung des Antragstellers nicht zu stützen. § 6 HöfeO sei als Fall der gesetzlichen Erbfolge anzusehen und stelle keine letztwillige Verfügung dar. Der Antragsgegnerin sei im Übrigen nicht verständlich, warum der Antragsteller das ihm zwischenzeitlich unterbreitete Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Altenteilvertrages, welches auch die Übertragung des Hofes beinhalte, nicht angenommen habe.

II.

Das Rechtsmittel ist als (einfache) Beschwerde zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat sofortige Beschwerde innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 22 Abs. 1 S. 1 FGG eingelegt. Die sofortige Beschwerde an das Oberlandesgericht ist gemäß den §§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, 22 LwVG gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse des Amtsgerichts eröffnet. Nach § 2 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 8. November 1991 (GVOBl 576) findet § 22 LwVG in den Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins aber keine Anwendung. Der Gesetzgeber des Landes Schleswig-Holstein hat damit von der durch § 20 Abs. 3 LwVG erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht, das Erbscheinsverfahren in Höfesachen dem klassischen Erbscheinsverfahren des bürgerlichen Rechts weitgehend anzugleichen. Es gelangen deshalb die allgemeinen Vorschriften des FGG über das Erbscheinsverfahren sinngemäß zur Anwendung, wie sich aus § 9 LwVG ergibt. Für die Anfechtung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts in den Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins steht das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde gemäß den §§ 19 ff. FGG zur Verfügung (Senat, SchlHA 1996, 44 f.; Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 7. Aufl. 1999, § 18 Rn. 62).

Das Rechtsmittel des Antragsgegners kann als einfache Beschwerde gegen die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts ausgelegt werden und ist mit dieser Maßgabe zulässig (vgl. Senat, a. a. O.).

Das Landwirtschaftsgericht hat aber den Antrag mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Der Antragsteller ist nicht gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 HöfeO Hoferbe geworden. Nach dieser Norm ist in der ersten Hoferbenordnung als Hoferbe in zweiter Linie der Miterbe berufen, hinsichtlich dessen der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, dass er den Hof übernehmen soll. Der Antragsteller hat eine landwirtschaftliche Ausbildung durchlaufen und ist seit einer Reihe von Jahren - durchgehend seit 1994, teilweise mitarbeitend aber auch schon zuvor während des Besuchs der landwirtschaftlichen Schule - auf dem Hof des Erblassers tätig gewesen. Er hat den Betrieb gemeinsam mit dem verstorbenen Vater - bei Mitarbeit allerdings auch der Antragsgegnerin - geführt.

In dem beiden Beteiligten durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 10. Mai 2004 bekannt gegebenen Senatsbeschluss vom 5. August 2003 (3 WLw 82/02) hat der Senat aber entschieden, eine zuvor errichtete letztwillige Verfügung, mit der der Erblasser die dortige Antragsgegnerin zur Hofvorerbin eingesetzt hatte, könne durch eine nachfolgende formlose Hoferbeneinsetzung nach § 6 Abs. 1 HöfeO nicht wirksam widerrufen werden. Der Senat folgt damit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur und nicht der gegenteiligen Meinung von Wöhrmann/Stöcker (a. a. O., § 7 Rn. 49), auf die sich der Antragsgegner stützt. An der genannten Entscheidung hält der Senat fest.

Der Antragsteller führt in der Beschwerdebegründung zwar zu Recht aus, dass das BGB in den §§ 2254 ff. die Möglichkeit des Widerrufs einer testamentarischen Verfügung vorsieht. Keiner der dort geregelten Fälle - Widerrufstestament, späteres Testament mit widersprechenden Verfügungen, Vernichtung oder Veränderung des bisherigen Testamentes, Rücknahme des Testamentes aus amtlicher Verwahrung - liegt hier jedoch vor. Das BGB bindet in den genannten Vorschriften den Widerruf des Testaments an bestimmte im Einzelnen vorgegebene Formen. Demgegenüber dienen die §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 HöfeO dem Vertrauensschutz zugunsten des betroffenen Abkömmlings und knüpfen ihre höferechtlichen Folgen allein an Realakte des Erblassers, ohne dass - wie in den Fällen der §§ 2254 ff BGB - ein ausdrücklicher Gestaltungswille erforderlich ist.

Es widerspricht aber dem den Regelungen der §§ 2254 ff. BGB zugrundeliegenden Gedanken der Rechtssicherheit, aus einem bloß tatsächlichen Verhalten zwingende Rückschlüsse auf den Testierwillen des Erblassers dahingehend zu ziehen, dass dieser ein früher errichtetes Testament widerrufen wolle. Insoweit ist von Bedeutung, dass die Rechtsfolge der Hoferbfolge in § 6 Abs. 1 S. 1 HöfeO kraft Gesetzes allein an ein tatsächliches Verhalten des Hofeigentümers anknüpft (Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes, Beschäftigung auf dem Hof) und ein erbrechtlicher Gestaltungswille des Erblassers nicht erforderlich ist. Es handelt sich dabei im Kern um eine gesetzliche Erbfolgeregelung (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Höfeordnung, 10. Aufl. 2001, § 6 Rn. 26) Auch in der Rechtsprechung wird entscheidend darauf abgestellt, dass die Fälle des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 HöfeO keinen Fall der Verfügung von Todes wegen darstellen, sondern vielmehr als Fälle der Intestaterbfolge anzusehen sind (OLG Oldenburg NJW-RR 2002, 1371, 1372).

Allein aus der Systematik der §§ 2254 ff. BGB lässt sich mithin entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für ihn nichts günstiges ableiten, weil eine der dort aufgeführten Formen des Widerrufs hier nicht eingehalten worden ist.

Der Senat hält - in Übereinstimmung mit seinem bereits genannten Beschluss vom 5. August 2003 - daran fest, dass sich auch aus § 7 Abs. 2 HöfeO nichts anderes ergibt. Denn danach ist nur eine nach Übertragung der Bewirtschaftung vorgenommene Bestimmung eines anderen zum Hoferben unwirksam. Es geht dabei also um die Konstellation, dass zunächst die Tatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 HöfeO erfüllt sind und dann die abweichende Hoferbenbestimmung erfolgt. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall, dass die Beschäftigung auf dem Hof erst nach einer vorherigen (abweichenden) Hoferbenbestimmung erfolgt, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (OLG Oldenburg a. a. O.; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, a. a. O., § 7 Rn. 12; vgl. nunmehr auch OLG Köln JMBlNW 2004, 8, 9).

Der allein entgegenstehenden Auffassung von Wöhrmann/Stöcker (a. a. O.) kann nicht gefolgt werden. Einer direkten Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall einer Beschäftigung i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 HöfeO erst nach der abweichenden testamentarischen Hoferbenbestimmung steht der eindeutige Wortlaut und der mögliche Wortsinn als Grenze einer Auslegung entgegen. Eine analoge Anwendung scheidet aus, weil eine Lücke nicht feststellbar ist, der Gesetzgeber vielmehr die hier fragliche Fallkonstellation ersichtlich bedacht und eine bewusst einschränkende Regelung getroffen hat (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes des 2. Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung, dort zu § 7 HöfeO Anm. 6, zitiert bei Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, a. a. O., Seite 472).

Die Beschwerde kann auch mit ihrem Hinweis auf § 242 BGB keinen Erfolg haben. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass es im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten sein kann, die formlose Hoferbenbestimmung nach § 6 Abs. 1 S.1 HöfeO trotz einer vorhergehenden abweichenden Verfügung von Todes wegen durchgreifen zu lassen (Senat, a. a. O.; OLG Oldenburg, a. a. O.; Lange/Wulff, a. a. O., § 7 Rn. 18; OLG Köln, a. a. O., jeweils unter Rückgriff auch auf die oben zitierte Begründung des Regierungsentwurfes). Eine Hoferbenstellung unter Rückgriff auf § 242 BGB muss jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Ein solcher Ausnahmefall setzt voraus, dass sich das Verhalten des Erblassers nach den Umständen des Einzelfalles als rechtsmissbräuchlich erweist. Das erscheint denkbar, wo etwa der Erblasser bei Übergabe der Bewirtschaftung oder im Rahmen der tatsächlichen Beschäftigung eine von ihm vorher getroffene (abweichende) Verfügung von Todes wegen gezielt und missbräuchlich verheimlicht und bei dem Betroffenen durch nachhaltige, dauerhafte Beschäftigung auf dem Hof den Eindruck erweckt hatte, Hofnachfolger zu werden, soweit dieser sich zusätzlich darauf eingestellt hat und die tatsächlich abweichend bestimmte Hoferbfolge und sein Ausschluss hiervon für ihn eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

Die bloße Tatsache mehrjähriger Beschäftigung eines Antragstellers auf einem Hof reicht für einen Ausnahmefall nicht aus. In die Betrachtung sind stets die berechtigten Belange des jeweiligen Antragsgegners einzubeziehen und es ist auch zu berücksichtigen, ob der Antragsteller im Falle einer Entscheidung zugunsten des Antragsgegners den Hof als etwaige Existenzgrundlage verliert (OLG Köln, a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen fehlen hier aber ausreichende Hinweise, um gestützt auf § 242 BGB zu Gunsten des Antragstellers einen Ausnahmefall anzunehmen. Allerdings hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung angegeben, ihm sei vor dem Tod seines Vaters nicht bekannt gewesen, dass dieser 1983 ein Testament zugunsten der Antragsgegnerin gemacht hatte. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der verstorbene Vater des Antragstellers diesem die abweichende testamentarische Einsetzung gezielt verheimlicht und ihm durch sein sonstiges Verhalten oder durch Äußerungen vermittelt hat, er werde Hoferbe. Insoweit ist zu bedenken, dass der Erblasser das Testament vor einer USA-Reise in einem Zeitpunkt verfasst hat, als der Antragsteller erst 11 Jahre alt war. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die 1946 geborene Antragsgegnerin auf dem fraglichen Hof seit der Eheschließung mitgearbeitet und diesen mit aufgebaut hat. Dem Antragsteller droht schließlich nicht der Verlust seiner Existenzgrundlage, denn die Antragsgegnerin möchte, dass er weiterhin auf dem Hof arbeitet und bietet ihm einen Hofüberlassungsvertrag mit Altenteilsregelung an.

Ohne Bedeutung ist die - wenig substantiiert vorgetragene - Annahme des Antragstellers, seine Mutter sei nicht wirtschaftsfähig. Die langjährige Mitarbeit der Mutter auf dem Hof ist nicht im Streit. Soweit der Antragsteller meint, seine Mutter sei nicht in der Lage, eine Betriebsbuchführung zu führen, gibt diese an, sie selbst übe die Betriebsbuchführung im Wesentlichen alleinverantwortlich aus. Das aber braucht letztlich nicht vertieft zu werden. Zwar scheidet gemäß § 6 Abs. 6 S. 1 HöfeO als Hoferbe aus, wer nicht wirtschaftsfähig ist. Das gilt jedoch nach S. 2 dieser Vorschrift nicht, wenn es sich um die Vererbung an den überlebenden Ehegatten handelt. Die Verweisung in § 7 Abs. 1 S. 2 HöfeO gerade auch auf § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO besagt, dass der Ehegatte des Hofeigentümers ohne Rücksicht auf seine Wirtschaftsfähigkeit zum Hoferben eingesetzt werden kann (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, a. a. O., § 7 Rn. 10; vgl. auch Wöhrmann/Stöcker, a. a. O., § 7 Rn. 29).

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nach den §§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, 44 f LwVG zu entscheiden. Da ein unbegründetes Rechtsmittel vorliegt, trägt der Antragsteller auch die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO i. V. m. § 45 Abs. 1 S. 2 LwVG ).

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ist entsprechend den §§ 20 S. 1 lit b, S. 2 HöfeVfO, 107 Abs. 2, 19 Abs. 4 KostO bestimmt worden (vgl. dazu Wöhrmann/Stöcker, a. a. O., § 18 Rn. 84). Er beträgt mithin das Vierfache des Einheitswertes, den die Antragsgegnerin in ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 4. November 2003 (Bl. 6 der beigezogenen Akte 45 Lw 304/03 AG Meldorf) mit 47.141,00 € + 38.040,00 € angegeben hat.



Ende der Entscheidung

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