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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 3 WLw 39/06
Rechtsgebiete: RSG, GrdstVG


Vorschriften:

RSG § 4
GrdstVG § 2
Die unterschiedlichen Grundstücksbegriffe im Grundstücksverkehrsgesetz - dort ist das Grundstück im Rechtssinne gemeint - und im Reichssiedlungsgesetz - dort ist das Grundstück im wirtschaftlichen Sinne gemeint - führen bei der Frage nach der Notwendigkeit der Genehmigung eines Kaufgeschäftes und der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn die Veräußerung auch der Genehmigung nach dem GrdstVG bedarf, was innerhalb der Freigrenzen nach § 2 Abs. 3 GrdstVG nicht der Fall ist.
3 WLw 39/06

Beschluss

In der Landwirtschaftssache

betreffend Einwendungen gegen die Versagung der Genehmigung des Grundstückskaufvertrages vom 24. August 2005 - UR-Nr. ..... -

hat der 3. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 12. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Niebüll vom 16. März 2006 geändert:

Es wird festgestellt, dass der notarielle Kaufvertrag vom 24. August 2005 - UR-Nr. ... nicht der Genehmigung des Amtes für ländliche Räume bedarf. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 20.000,00 €.

Gründe:

I.

Die Antragsteller kauften mit notariellem Vertrag vom 24. August 2005 von Frau A. aus deren im Grundbuch von B. Blatt ... eingetragenem Grundbesitz von rund 13 ha die im Bestandsverzeichnis unter den laufenden Nummern 4, 5 und 6 eingetragenen Flurstücke ... der Flur ... der Gemarkung B. mit einer Größe von 1,2003 ha, 1,0120 ha und 1,0042 ha, zusammen mithin landwirtschaftliche Flächen von 3,2165 ha zum Kaufpreis von 20.000,00 €. Den Antrag des Notars auf Genehmigung des Vertrages nach § 2 Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) bzw. Erteilung eines Negativattestes nach § 5 GrdstVG lehnte das Amt für ländliche Räume als Genehmigungsbeörde fristgerecht innerhalb der Frist des § 6 GrdstVG mit Bescheid vom 17. November 2005 ab unter gleichzeitiger Bekanntgabe, dass die Beteiligte zu 3) ihr Vorkaufsrecht gemäß §§ 4 Abs. 1, 6 Reichssiedlungsgesetz (RSG) ausgeübt habe. Zur Begründung führte die Genehmigungsbehörde aus, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG bedeute, weil sie Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche. Die Antragsteller seien keine Landwirte. Demgegenüber sei ein hauptberuflicher Landwirt vorhanden, der die landwirtschaftlichen Flächen für die Aufstockung seines entwicklungsfähigen Betriebes zu dem im Vertrag vereinbarten Kaufpreis erwerben wolle und könne. Für diesen wolle die Beteiligte zu 3) die Flächen erwerben. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller fristgerecht einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung eingereicht.

Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, die Veräußerung habe gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG keiner Genehmigung bedurft, weil jedes der veräußerten Flurstücke unterhalb der Freigrenze von 2 ha gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Durchführung des Grundstücksverkehrsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein liege. Jedes der Flurstücke sei ein eigenständiges Grundstück im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes. Denn das Grundstücksverkehrsgesetz verstehe unter einem Grundstück ein Grundstück im Rechtssinne, also einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf die Art der Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen sei. Die Veräußerung mehrerer Grundstück im Rechtssinne sei auch dann nicht genehmigungspflichtig, wenn sie in ihrer Summe die Genehmigungsfreigrenze überschritten. Anderenfalls würde, wie bereits Hötzel in Agrarrecht 1983, 176, überzeugend ausgeführt habe, durch die Hintertür der wirtschaftliche Grundstücksbegriff in das Genehmigungsverfahren eingeführt, obgleich der Gesetzgeber vom Begriff des Grundstücks im Rechtssinne ausgegangen sei.

Zu berücksichtigen sei, dass die Eigentümerin ohne weiteres nacheinander die Grundstücke im Rechtssinne innerhalb der Freigrenze hätte veräußern können, ohne dass dies grundstücksverkehrsrechtlich zu beanstanden gewesen wäre. Die Zusammenfassung dieser Grundstücke in einem Vertrag sei lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit erfolgt. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff -definiert als Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen - finde nur in der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG Anwendung, wo nämlich zwischen dem Grundstück und einer Mehrheit von Grundstücken differenziert werde und es um die unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung dieser Grundstücke gehe. Diese Vorschrift sei indes hier nicht anwendbar, weil die Veräußerung wegen Unterschreitung der Freigrenzen gar nicht genehmigungspflichtig sei.

Die Antragsteller haben beantragt,

festzustellen, dass der Kaufvertrag nicht der Genehmigung des Amtes für Ländliche Räume bedürfe.

Die Beteiligte zu 3) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Reichssiedlungsgesetz verstehe unter Grundstück nicht das Grundstück im Rechtssinne, sondern stelle auf die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit ab. Das entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. Dazu hat sie auf die Entscheidung des Senats vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 - verwiesen, der die Veräußerung von zwei Grundstücken der Größe von 1,775 ha bzw. 1,6997 ha zugrundegelegen hätte und in der davon ausgegangen worden sei, dass die Freigrenze nach dem Reichssiedlungsgesetz überschritten worden sei.

Das angehörte Amt für Ländliche Räume hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3) gemäß § 4 RSG seien erfüllt. Entscheidend sei, dass landwirtschaftliche Grundstücke von mehr als 2 ha veräußert worden seien, die zusammenlägen und eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Sie seien zu einem einheitlichen, nicht nach einzelnen Flurstücken aufgegliederten Kaufpreis verkauft worden. Die Zusammengehörigkeit werde auch dadurch untermauert, dass die Flurstücke in einer Einheit an einen Pächter verpachtet seien, der die Fläche seit Jahren in einem Stück bewirtschafte. Natürliche Grenzen seien zwischen den Flurstücken nicht gegeben und nicht zu erkennen. Im Übrigen seien die Flurstücke im Bestandsverzeichnis unter derselben Wirtschaftsart und Lage erfasst. Die Qualifizierung der Flurstücke als ein einheitliches Grundstück sei daher gerechtfertigt.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Feststellungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, immer dann, wenn zusammenhängend liegende und bewirtschaftete Grundstücke von mehr als 2 ha verkauft würden, bestehe die Genehmigungspflicht nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Hiervon sei auch der Senat in dem Verfahren 3 WLw 21/04 in einem vergleichbaren Fall ausgegangen. Die Betrachtungsweise der Antragsteller, die sich lediglich auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes beziehe, überzeuge nicht. Einzubeziehen sei auch das Reichssiedlungsgesetz. Danach sei von einem in beiden Gesetzen gleichen Grundstücksbegriff auszugehen, weil ansonsten ein Vorkaufsrecht bestehen, auf der anderen Seite aber Genehmigungsfreiheit vorliegen könnte.

Mit der sofortigen Beschwerde halten die Antragsteller daran fest, dass das Grundstücksverkehrsgesetz unter einem Grundstück das Grundstück im Rechtssinne und nicht im wirtschaftlichen Sinne verstehe, wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden habe. Die Frage, ob eine Mehrheit von Grundstücken räumlich oder wirtschaftlich zusammenhänge, sei gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG lediglich bei der Verkleinerung oder Aufteilung eines wirtschaftlichen Grundstücks zu beantworten. Daraus könne ohne weiteres der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Frage der räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit mehrerer Grundstücke für die Frage der Genehmigungspflicht im Falle der Veräußerung mehrerer Grundstücke im Rechtssinne unbedeutend sei, soweit die einzelnen Grundstücke die Freigrenze von 2 ha nicht überschritten.

Die Beteiligte zu 3) und die Genehmigungsbörde verteidigen den angefochtenen Beschluss.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 22 LwVG, 22 Abs. 1 FGG statthaft, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat in der Sache auch Erfolg.

Der Feststellungsantrag ist zulässig, weil die Antragsteller damit der Sache nach ein Negativzeugnis gemäß § 5 GrdstVG begehren. Er ist auch begründet.

Das Veräußerungsgeschäft ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG i.V.m. dem Gesetz des Landes Schleswig-Holstein zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung des Grundstücksverkehrsgesetzes vom 21. Februar 1996 (GVOBl. Schl.-H, Seite 231) genehmigungsfrei. Danach bedarf die Veräußerung von Grundstücken, die nicht größer als 2 ha sind, keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz.

Die Frage, was unter Grundstück im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes zu verstehen ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 19. Dezember 1967 (BGHZ 49, 145, 146) entschieden. Er hat dort ausgesprochen, das Grundstücksverkehrsgesetz verstehe unter einem Grundstück das Grundstück im Rechtssinne (und nicht im wirtschaftlichen Sinne), also einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes ohne Rücksicht auf die Art der Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen ist, und vertritt dies in ständiger Rechtsprechung (z. B. BGH AgrarR 1971/72, 121, 122; BGH AgrarR 1985, 300; BGH AgraR 1986, 211). Dies entspricht auch der heutigen Auffassung in der Literatur (Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2004, § 1 GrdstVG Anm. 4.1.3, Seite 203; Hötzel, Freigrenzen im Grundstücksverkehrsrecht, AgrarR 1983, 176; Haegele, Die Beschränkungen im Grundstücksverkehr, 3. Aufl. 1970, Rn. 71 i. V. m. Rn. 26).

Da die veräußerten Flurstücke unter eigenständigen Nummern im Bestandsverzeichnis geführt werden, handelt es sich grundstücksverkehrsrechtlich um drei Grundstücke im Rechtssinne. Ist aber vom Grundstück im Rechtssinne auszugehen, so ist die Übertragung mehrerer Grundstücke, die jeweils unter der Freigrenze liegen, nicht genehmigungsbedürftig. Dabei ist es unerheblich, ob die Übertragung verschiedener Grundstücke in einem Vertrag oder in mehreren selbständigen Vereinbarungen vorgesehen ist. Ein nach § 134 BGB unzulässiges Umgehungsgeschäft würde auch bei getrennten Veräußerungen nicht vorliegen (BGH AgrarR 1986, 211). Das wäre nur dann der Fall, wenn aus einem einzelnen Grundstück im Rechtssinne nach einem einheitlichen Plan mehrere Trennstücke, die jeweils unterhalb der Freigrenze, zusammen aber über der Freigrenze liegen, gebildet und dann gleichzeitig oder nacheinander veräußert werden. In einem solchen Fall bestände ein innerer Zusammenhang zwischen den Rechtsgeschäften und handelte es sich nach einem einheitlichen Plan um ein Zerstückelungsgeschäft zur Umgehung der Freigrenzen, das deshalb als eine Einheit behandelt werden und genehmigungsbedürftig wäre BGH NJW 1993,648; (Netz, a.a.O., § 2 GrdstVG, Anm. 4.2.13.3.2). Ein solches Zerstückelungsgeschäft ist hier indes nicht gegeben. Ausweislich des beigezogenen Grundbuchs von B. Blatt ... sind die im Bestandsverzeichnis zur laufenden Nr. 4, 5 und 6 am 6. August 1988 vom Grundbuch B. Blatt ... übertragen worden, mithin seit Jahrzehnten drei selbständige Grundstücke im Rechtssinne.

Wenn auch das Grundstücksverkehrsgesetz unter Grundstück nur das Grundstück im Rechtssinn versteht, können die Länder im Rahmen der ihnen in § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG eingeräumten Ermächtigung nicht nur festlegen, dass die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe genehmigungsfrei ist, sondern auch normieren, dass zusätzlich gewissen wirtschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung getragen sein muss (BGHZ 49, 145, 148) oder für die Freigrenzen auch auf einen Grundstücksbegriff im wirtschaftlichen Sinne abstellen (Netz, a. a. O., § 1 GrdstVG, Anm. 4.1., Seite 203 ff.). So hat Baden-Württemberg beispielsweise in § 1 des Gesetzes über die Freigrenze im land- und forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehr in der Fassung vom 14. März 1994 (GBl. Seite 181) u. a. bestimmt, dass von der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 GrdstVG die Veräußerung eines Grundstücks, das weder selbst noch zusammen mit anderen Grundstücken des Veräußerers, mit denen es eine zusammenhängende Fläche bildet, ausgenommen ist, wenn bestimmte Größen nicht überschritten werden. § 46 Abs. 1 S.1 des Ausführungsgesetz des Landes Sachsen vom 12. Dezember 1997 (GVBl. 1997, S. 638) bestimmt, dass - abgesehen von Veräußerungen an Gemeinden, Verwaltungsverbänden oder Landkreise - alle Veräußerungen von Grundstücken, die eine bestimmte Größe nicht überschreiten keiner Genehmigung bedürfen. Gleichzeitig ist in § 46 Abs. 1 S.2 des Ausführungsgesetzes aber geregelt, dass dann, wenn das Grundstück mit anderen Grundstücken des Veräußerers eine zusammenhängende Fläche bildet, als Grundstück im Sinne von S. 1 die jeweils einheitlich bewirtschaftete Fläche gilt. In Bayern bedarf nach dem Zweiten Verwaltungsreformgesetz vom 28.3.2000 (Bayr. GVBl. 2000, S. 136; bei Netz. S. 98) die Veräußerung bis zu einer Größe vom 2 ha keiner Genehmigung. Anderes gilt nach Art. 2 Abs. Nr. 2 des Ausführungsgesetzes aber, wenn innerhalb von drei Jahren vor der Veräußerung aus dem gleichen Grundbesitz im Rahmen der Freigrenze land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke veräußert worden sind und bei Einrechnung dieser Veräußerung die Fläche von 2 ha erreicht wird.

Derartige wirtschaftliche Bezüge hat der Gesetzgeber in Schleswig-Holstein indes nicht normiert. Er hat, dem Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG entsprechend, lediglich bestimmt, dass "die Veräußerung von Grundstücken, die nicht größer als 2 ha sind", keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf und hat damit den Grundstücksbegriff im Rechtssinne, wie er dem Grundstücksverkehrsgesetz zugrunde liegt, uneingeschränkt übernommen.

Zwar mag die vom Schleswig-Holsteinischen Gesetzgeber gewählte Freigrenze von 2 ha, die mit der Grundstücksgröße für das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht gemäß § 4 Abs. 1 RSG korrespondiert, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber möglicherweise eine Harmonisierung zwischen dem Grundstücksverkehrgesetz und dem Reichssiedlungsgesetz hat herbeiführen wollen. Anders als in § 2 Abs. 1 GrdstVG ist im Bereich des Reichssiedlungsgesetzes bei der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts weiterhin der wirtschaftliche Grundstücksbegriff maßgebend (BGH NJW 1997, 1073, 1074). Grundstück ist danach jeder einheitlich bewirtschaftete Grundbesitz. Es kommt nicht entscheidend darauf an, wie das Grundstück im Grundbuch eingetragen ist, insbesondere, ob es auf einem oder mehreren Grundbuchblättern verzeichnet ist oder im Bestandsverzeichnis eigenständige Grundstücksnummern hat, sondern allein auf die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit (Senat SchlHA 1997, 159, 160; 2001, 287, 288, Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 -). Es entspricht feststehender Rechtsprechung und Literaturmeinung, dass bei Veräußerung mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke, die jeweils unter der Größe von 2 ha liegen, zusammen aber die Größe von 2 ha überschreiten, für die Größe von 2 ha aufwärts gemäß § 4 Abs. 1 RSG die Summe der Grundstücke maßgeblich ist, wenn der veräußerte Grundbesitz ein Grundstück im wirtschaftlichen Sinne ist (BGH AgrarR 1985, 300; AgrarR 2001, 382; Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 - Seite 9/10; Netz, a. a. O., § 4 RSG Anm. 4.35.3.1.6, Seite 988; Pikalo-Bendel, Grundstücksverkehrsgesetz, § 27 II.1. zu § 4 Abs. 1 RSG a) ee), Seite 1110; Hörsting, Agrarrecht 1998, 180, 185). Dies rechtfertigt es aber nicht, trotz Fehlens einer gesetzlichen Regelung im Ausführungsgesetz zum Grundstücksverkehrsgesetz, durch die wirtschaftliche Erwägungen in das Grundstücksverkehrsgesetz hineingetragen werden, wie es etwa in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen geschehen ist, ohne irgendeine Andeutung im Gesetzestext des Ausführungsgesetzes in Schleswig-Holstein wirtschaftliche Erwägungen in den Gesetzestext hineinzuinterpretieren. Das Ausführungsgesetz in Schleswig-Holstein entspricht wörtlich dem Gesetzestext in § 2 Abs. 3 Nr. 3 GrdstVG., dem der Grundstücksbegriff im Rechtssinne zugrunde liegt. Dann aber gilt dieser Grundstücksbegriff uneingeschränkt auch für das Ausführungsgesetz. Denn bei verständiger Würdigung muss davon ausgegangen werden, dass mit ein und demselben Begriff in einem Ausführungsgesetz, das wörtlich der Ermächtigungsgrundlage entspricht, aufgrund der es ergangen ist, auch dasselbe gemeint ist wie mit dem entsprechenden Begriff in der Ermächtigungsgrundlage, wenn wie hier nichts abweichendes bestimmt ist.

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof für den Anwendungsbereich der Freigrenzenregelung in Nordrhein-Westfalen gemäß dem Ausführungsgesetz zum Grundstücksverkehrsgesetz vom 14. Juli 1981 (GVOBl. S. 403, abgedruckt auch bei Netz, aaO. S. 135), die der Regelung in Schleswig-Holstein wörtlich entspricht, lediglich eine andere Größe für die Freigrenze vorsieht, bereits entschieden, dass bei Veräußerung mehrerer Flurstücke mit eigenen Nummern im Bestandsverzeichnis, von denen jedes innerhalb der Freigrenze liegt, die in ihrer Summe die Freigrenze aber überschreiten, die Veräußerung auch dann genehmigungsfrei ist, wenn die Grundstücke aufgrund eines einheitlichen Vertrags übertragen werden sollen (BGH AgrarR 1986, 211; ebenso Netz, aaO, § 2 GrdstVG, Anm. 4.2.13.3.3, S. 299).

Die unterschiedlichen Grundstücksbegriffe im Grundstücksverkehrsgesetz und Reichssiedlungsgesetz führen im Ergebnis bei richtiger Rechtsanwendung nicht zu widersprüchlichen Entscheidungen. Denn die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 RSG nur dann unter bestimmten Voraussetzungen möglich, "wenn die Veräußerung einer Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vom 28. Juli 1961 (Bundesgesetzblatt I S. 1091) bedarf", was innerhalb der Freigrenze nach § 2 Abs. 3 GrdstVG aber gerade nicht der Fall ist (Haegele. Die Beschränkungen im Grundstücksverkehr, 3. Aufl. Rn. 72. Netz, daO, § 4 RSG, Anm. 4.35.3.1.6.3, Beispiel 8, S. 996; Hötzel AgraR 1983, 176, 178, 179). Soweit der Senat in der Entscheidung 3 W 21/04 - der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend - ausgeführt hat, das § 4 Abs. 1 RSG das Grundstück im wirtschaftlichen Sinne meint, ändert dies nichts daran, das für die Ausübung des Vorkaufsrechts weitere Voraussetzung ist, dass die Veräußerung überhaupt einer Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf, auch wenn das in der genannten Entscheidung nicht ausdrücklich erörtert worden ist. Das aber ist vorliegend nicht der Fall.

Der Senat hält es für billig, dass es bei dem Grundsatz der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt, dass jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen trägt. Eine Erstattungsanordnung nach § 45 LwVG zu Lasten der Beteiligten zu 3) wäre nicht angemessen, weil sie aufgrund der früheren Senatsentscheidung 3 W 21/04, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag, davon ausgehen durfte, dass im Grundstücksverkehrsgesetz und im Reichssiedlungsgesetz identische Grundstücksbegriffe gelten.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 36 Abs. 2 LwVG i. V. m. § 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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